(Paris) Das kleine Dorf Fontgombault in Berry in Zentralfrankreich ist vor allem durch die altrituelle Benediktinerabtei bekannt. Aber auch durch seinen streitbaren katholischen Bürgermeister. Trotz laizistischer Staatsdoktrin beginnt er Gemeinderatssitzungen mit einem Gebet. Fontgombault bildet eine eigenständige Gemeinde und zählt 258 Wähler. 70 Wähler sind Mönche der Abtei. Das treibt einigen Kirchenfeinden die Wut ins Gesicht. Erst recht seit Jacques Tissier, der langjährige Bürgermeister von Fontgombault, gegen das neue Gesetz zur „Homo-Ehe“ Stellung bezog. Die Gegner des Bürgermeisters lassen nun Mönche aus den Wählerlisten streichen, um die anstehende Kommunalwahl zu beeinflussen.
Bürgermeister: „Es gibt ein Naturrecht, das über den Gesetzen der Menschen steht“
Im Mai 2013 war die „Homo-Ehe“ in Frankreich gegen heftige Widerstände aus dem Volk von der sozialistischen Regierung durchgedrückt worden. Jacques Tissier, seit 1977 Bürgermeister von Fontgombault und praktizierender Katholik, sagte im vergangenen November in einem Zeitungsinterview: „Es gibt ein Naturrecht, das über den Gesetzen der Menschen steht.“ Am 24. Oktober hatte der Gemeinderat auf seinen Antrag hin einstimmig einen Beschluß gefaßt, daß Gemeinderegierung und Gemeinderat geschlossen zurücktreten, sollte die Gemeinde gezwungen werden, eine „Trauung“ von zwei Homosexuellen durchführen zu müssen. Es ist bekannt, daß sich der Bürgermeister vor wichtigen Entscheidungen mit dem Abt des Klosters bespricht.
Durch den Beschluß wurden auch Befürworter der „Homo-Ehe“ und Kirchengegner auf das kleine Dorf aufmerksam. Sie riefen öffentlich Homosexuelle dazu auf, sich absichtlich im Rathaus der zentralfranzösischen Gemeinde „trauen“ zu lassen, um den Rücktritt des „skandalösen“ Bürgermeisters mit seinen „schockierenden“ Thesen zu erzwingen. Doch bisher fand sich niemand, diese Provokation in die Tat umzusetzen. So verwalten Jacques Tissier und seine katholische Ratsmehrheit noch immer den beschaulichen zehneinhalb Quadratkilometer großen Ort.
Kommunalwahlen: Wählerlisten verändern, um neue Mehrheiten zu schaffen
Am 23. und 30. März finden in Frankreich jedoch Kommunalwahlen statt. Die Absetzung des Bürgermeisters ist nicht gelungen und die Aussichten auf eine andere Mehrheit scheinen nicht sonderlich groß zu sein. So wollen die politischen Gegner Tissiers und der Mönche, die sich als „Liste der Empörten“ konstituiert haben, das Gewicht der Katholiken auf dem Verwaltungsweg verringern, indem sie Mönchen das Wahlrecht absprechen.
„Wir haben genug von den katholischen Talaren“
Die Wahliste „Empörte von Fontgombault“ behauptet, daß ein Teil der Mönche nicht wahlberechtigt sei. „Die Mönche haben schon zu lange ein politischen Gewicht in unserer Gemeinde. Das muß sich ändern. Wir haben genug von den katholischen Talaren“, so André Antigny, der Anführer der „Empörten“ im antiklerikalen Tonfall, der als Bürgermeisterkandidat seiner Liste antritt. Bereits vor sechs Jahren hatte er Tissier erfolglos herausgefordert. Nun sucht er einen anderen Weg. Er wandte sich an das Gericht von Chateauroux und verlangte die Streichung von Mönchen aus den Wählerlisten von Fontgombault.
Starker Nachwuchs in Abtei: bereits fünf Tochtergründungen
Die Richter gaben dem „empörten“ Antigny nicht in allem recht, ordneten aber die Streichung von zehn Mönchen an. Immerhin vier Prozent der Wählerschaft. Begründet wurde die Maßnahme damit, daß diese Mönche nicht mehr in Fontgombault leben würden, sondern in der Abtei Saint-Paul de Wisques. Von der Abtei Fontgombault wurden wegen des zahlreichen Nachwuches in den vergangenen 40 Jahren fünf Tochtergründungen geschaffen, vier Abteien und ein Priorat. Die Benediktinerabtei von Wisques ist die jüngste Neugründung. Um genau zu sein, wurden die altrituellen Mönche von Fontgombault von den neurituellen Mönchen von Wisques gebeten, die Abtei zu übernehmen, da deren Konvent mangels Nachwuchses zu klein geworden war.
Der Anwalt der Abtei Fontgombault erhob Einspruch gegen den Gerichtsentscheid, weil die Übersiedlung der Mönche nach Wiques noch nicht definitiv sei. Die Wiederbelebung der dortigen Abtei ist am 10. Oktober 2013 erfolgt, doch die Zusammensetzung des dortigen neuen Konvents sei noch nicht definitiv. Die Mönche sind daher noch immer in der Gemeinde Fontgombault gemeldet.
„Mönche behindern Laizität unserer Gemeinde“
Die „Liste der Empörten“ entstand nach dem Gemeinderatsbeschluß vom 24. Oktober gegen das „Homo-Ehe“-Gesetz. Es handelt sich um den Zusammenschluß der alten Linken und Antiklerikalen des Dorfes unter neuer Bezeichnung. Traditionell sitzen zwei Mönche im Gemeinderat. „Das ist nur angemessen“, sagt Bürgermeister Tissier. „Wir legen wert auf diese Präsenz. Die Abtei macht ein Viertel unserer Gemeinschaft aus. Damit sind die Mönche mit zwei Vertretern sogar deutlich unterrepräsentiert.“ Ganz anderer Meinung ist der „empörte“ Antigny: Die Mönche „behindern die Laizität unserer Gemeinde“.
Der Anwalt der Abtei legte Einspruch beim Kassationsgerichtshof in Paris ein. Für ihn steht fest: „Das einzige Ziel der ‚Empörten‘ ist es, Wähler des gegnerischen Lagers zu eliminieren. Das aber widerspricht Geist und Buchstabe unserer Demokratie.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Abbey de Fontgombault