Die neuen Kardinäle: Wen Papst Franziskus befördert, wen nicht


Die neuen Kardinäle von Papst Franziskus und was sich daraus ablesen läßt(Vati­kan) Am Ende des sonn­täg­li­chen Ange­lus gab Papst Fran­zis­kus frü­her als erwar­tet die Namen der neu­en Kar­di­nä­le bekannt, die er am 22. Febru­ar im Rah­men des ersten außer­or­dent­li­chen Koni­sto­ri­ums sei­nes Pon­ti­fi­kats zu Kar­di­nä­len erhe­ben wird. Es wird 19 neue Kar­di­nä­le geben, von denen 16 unter 80 Jah­re und damit in einem Kon­kla­ve wahl­be­rech­tigt sein wer­den. Was läßt sich aus den Ernen­nun­gen her­aus­le­sen? In wel­che Rich­tung zielt der argen­ti­ni­sche Papst? 

Keine „automatischen“ Kardinalserhebungen mehr

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Die Ernen­nun­gen fol­gen weit­ge­hend dem, was Katho​li​sches​.info bereits vor­an­ge­kün­digt hat­te (sie­he eige­nen Bericht Die neu­en Kar­di­nä­le von Papst Fran­zis­kus – Ver­such einer Topo­gra­phie). Die Liste der neu­ernann­ten Pur­pur­trä­ger läßt erken­nen, daß Papst Fran­zis­kus nicht gedenkt, die Erz­bi­schofs­sit­ze, die von alters her mit der Kar­di­nals­wür­de ver­bun­den sind, bin­dend zu beach­ten. Zumin­dest nicht jene der soge­nann­ten Ersten Welt. Der Papst trifft sei­ne Ent­schei­dun­gen wie er will als auto­kra­ti­scher Herr­scher. So sieht es das Petrus­amt vor, so nimmt er sein Amt wahr, exten­si­ver als sei­ne Amts­vor­gän­ger, vor allem Bene­dikt XVI. Die Erz­bi­schö­fe, die bis­her auto­ma­tisch auch mit der Kar­di­nals­wür­de rech­nen konn­ten, gibt es nicht mehr. Getrof­fen hat es dies­mal vor allem Ita­li­en, die USA und Bel­gi­en. Zu den nicht Berück­sich­tig­ten gehört etwa der Erz­bi­schof von Turin, Msgr. Cesa­re Nosi­glia. Ita­li­en wird künf­tig kei­ne acht resi­die­ren­den Kar­di­nä­le mehr im Kon­kla­ve haben. Das bedeu­tet aber nicht, daß es mor­gen nicht auch einen Erz­bi­schof von Lyon, Wien, Mün­chen oder Bar­ce­lo­na tref­fen könnte.

Südachse

Zwei­tens ver­schiebt der Papst die Ach­se im Kir­chen­se­nat Rich­tung süd­li­che Hemi­sphä­re. Den ersten Schritt hat er gesetzt, soll­te er den Schnitt bei­be­hal­ten, wird das näch­ste Kon­kla­ve deut­lich latein­ame­ri­ka­ni­scher, afri­ka­ni­scher und asia­ti­scher sein. Zu den nicht Berück­sich­tig­ten gehö­ren auch die mit Rom unier­ten Ost­kir­chen, vor allem die gemar­ter­ten Kir­chen des Nahen Ostens, aber auch die ukrai­ni­sche Grie­chisch-katho­li­sche Kirche.

Richtungsentscheidung: abgestrafte Ratzingerianer Moraglia (Venedig) und Leonard (Brüssel)

Drit­tens läßt die erste Ernen­nungs­run­de auch eine Rich­tungs­ent­schei­dung erken­nen. Papst Fran­zis­kus setz­te sei­ne Distanz gegen­über dem Kir­chen­ver­ständ­nis Bene­dikts XVI. fort. Die vom deut­schen Theo­lo­gen­papst gegen hef­ti­ge Wider­stän­de in klei­nen Schrit­ten voll­zo­ge­ne Erneue­rung der Katho­li­schen Kir­che durch Rück­be­sin­nung auf das Wesent­li­che, vor allem auf die Lit­ur­gie, die zwei­tau­send­jäh­ri­ge Tra­di­ti­on und eine Les­art des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils weg von zer­set­zen­den Expe­ri­men­ten und zer­stö­re­ri­schen Brü­chen hin zu einer Wie­der­ge­win­nung der Kon­ti­nui­tät, will der neue Papst mög­lichst annul­lie­ren. Nach dem per­so­nel­len Umbau der Römi­schen Kurie, die noch im Gan­ge ist, sind die Ratz­in­ge­ria­ner auch die gro­ßen Aus­ge­schlos­se­nen bei den Kar­di­nals­er­nen­nun­gen. Gemeint sind damit jene Kir­chen­ver­tre­ter, die in beson­de­rer Wei­se dem Vor­gän­ger­papst inhalt­lich nahe­stan­den und des­sen Linie ver­tre­ten. Das gilt vor allem für den Patri­ar­chen Fran­ces­co Mora­glia von Vene­dig und Erz­bi­schof André-Joseph Léo­nard von Mecheln-Brüs­sel. Gera­de Bel­gi­en, wo die Kir­che unter dem Dau­er­be­schuß radi­ka­ler Kir­chen­geg­ner lei­det und Erz­bi­schof Leo­nard bereits zahl­rei­che skan­da­lö­se Angrif­fe gegen sei­ne Per­son erdul­den muß­te, dar­un­ter auch zwei Femen-Attacken, wäre die Erhe­bung in den Kar­di­nals­stand ein Signal zu sei­ner Stär­kung und Unter­stüt­zung gewe­sen. Da Papst Fran­zis­kus den weni­ger expo­nier­ten Erz­bi­schof Vin­cent Nichols von West­min­ster zum Kar­di­nal ernann­te, der zuletzt wegen der Tole­rie­rung von „Homo-Mes­sen“ von der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on gemaß­re­gelt wor­den war, sprach gegen Erz­bi­schof Leo­nard nicht die Tat­sa­che, daß er einer euro­päi­schen Diö­ze­se vor­steht, son­dern sei­ne „kon­ser­va­ti­ve“ Einstellung.

Der „Protegé“ und die Kirchenpolitik von Franziskus

Bereits gemut­maßt wur­de, daß der Papst mit den Kar­di­nals­er­he­bun­gen auch ita­lie­ni­sche Kir­chen­po­li­tik betrei­ben könn­te, obwohl er gera­de den Rück­zug des Pap­stes aus der Bischofs­kon­fe­renz zu sei­nem Pro­gramm erklärt hat­te. Wäh­rend tra­di­tio­nel­le Erz­bi­schofs­sit­ze wie Turin und vor allem Vene­dig leer aus­gin­gen, der eine weil er Ita­lie­ner ist, der ande­re weil er Ita­lie­ner und der fal­schen Rich­tung ange­hört, wur­de ein ita­lie­ni­scher Bischof zum Kar­di­nal erho­ben, der kei­nem „Kardinals“-Bistum vor­steht. Erz­bi­schof Gual­tie­ro Bas­set­ti von Peru­gia ist Vize-Prä­si­dent der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz für Mit­tel­ita­li­en und gilt als „Pro­te­gé“ des Pap­stes. Obwohl Papst Fran­zis­kus andeu­te­te, auf sein Vor­recht zu ver­zich­ten, den Vor­sit­zen­den und den Sekre­tär der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz zu ernen­nen, ernann­te er jüngst nicht nur einen neu­en Sekre­tär, son­dern tat es gegen jede Gepflo­gen­heit im völ­li­gen Allein­gang. Erz­bi­schof Bas­set­ti berief er zum Mit­glied der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on und sei­ne nun­meh­ri­ge Erhe­bung in den Kar­di­nals­stand deu­tet dar­auf­hin, daß er dem­nächst den noch von Bene­dikt XVI. ernann­ten Vor­sit­zen­den der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, Ange­lo Kar­di­nal Bag­nas­co durch Bas­set­ti erset­zen will.
Erz­bi­schof Bas­set­ti nahm 2011 für das alt­ri­tu­el­le Insti­tut Chri­stus König und Hoher­prie­ster an einer Meß­fei­er in der außer­or­dent­li­chen Form des Römi­schen Ritus teil, bei der zwei Schwe­stern des Insti­tuts ihm gegen­über die ewi­gen Gelüb­de ableg­ten. Im sel­ben Jahr zele­brier­te er selbst ein Hei­li­ges Meß­op­fer im Alten Ritus in Peru­gia, bei dem die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta den Altar­dienst versahen.

Ähn­li­ches wie in Ita­li­en mit dem Affront gegen Patri­arch Mora­glia und der Ernen­nung von Erz­bi­schof Masset­ti geschah auch auf den Phil­ip­pi­nen. Statt mit Erz­bi­schof Jose S. Pal­ma vo Cebu den Ober­hir­ten der größ­ten Erz­diö­ze­se und Vor­sit­zen­den der Phil­ip­pi­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz des katho­li­ken­rei­chen Insel­staa­tes zu ernen­nen, ernann­te Papst Fran­zis­kus den Ober­hir­ten eines nach­ran­gi­gen Erz­bis­tums, das noch nie mit der Kar­di­nals­wür­de ver­bun­den war.

Mit Bischof Chi­b­ly Lang­lois von der Kari­bik­in­sel Hai­ti fin­det sich in der Liste sogar ein resi­die­ren­der Pur­pur­trä­ger, der kei­nem Erz­bis­tum vorsteht.

Msgr. Capovilla und die signalhafte Auszeichung für das Konzil

Unter den drei „per­sön­lich“ ernann­ten Kar­di­nä­le, ver­dien­te Prie­ster und Theo­lo­gen, die bereits das 80. Lebens­jahr voll­endet und im Kon­kla­ve nicht mehr wahl­be­rech­tigt sind, fällt vor allem der 98jährige Erz­bi­schof Loris Fran­ces­co Capo­vil­la auf, der gesprä­chi­ge ehe­ma­li­ge per­sön­li­che Sekre­tär von Papst Johan­nes XXIII. Papst Fran­zis­kus hat­te ihn nur einen Monat nach sei­ner Wahl nach Rom gebe­ten, um sich mit ihm zu tref­fen. Neben der außer­pro­to­kol­la­ri­schen Hei­lig­spre­chung von Papst Johan­nes XXIII. eine wei­te­re Aus­zeich­nung für das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil? Der eme­ri­tier­te Erz­bi­schof von Pam­plo­na, Msgr. Fer­nan­do Seba­stián Agui­lar CMF ist hin­ge­gen des Pap­stes Ver­trau­ens­per­son was die Kir­che in Spa­ni­en anbelangt.

Die Liste der neuen Kardinäle

Römi­sche Kurie

  • Pie­tro Paro­lin, Titu­lar­erz­bi­schof von Acqua­pen­den­te, Staatssekretär
  • Loren­zo Bal­dis­se­ri, Titu­lar­erz­bi­schof Dio­cle­tia­na, Gene­ral­se­kre­tär der Bischofssynode
  • Ger­hard Lud­wig Mül­ler, Erz­bi­schof, Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on für die Glaubenslehre
  • Benia­mi­no Stel­la, Titu­lar­erz­bi­schof von Midi­la, Prä­fekt der Kleruskongregation

Resi­die­ren­de Kardinäle

  • Euro­pa
  • Vin­cent Nichols, Erz­bi­schof von West­min­ster (Groß­bri­tan­ni­en)
  • Gual­tie­ro Bas­set­ti, Erz­bi­schof von Peru­gia-Cit­tà  del­la Pie­ve (Ita­li­en)
  • Nord­ame­ri­ka
  • Gérald Cyprien Lacroix, Erz­bi­schof von Qué­bec (Kana­da)
  • Latein­ame­ri­ka
  • Leo­pol­do José Bre­nes Solór­za­no, Erz­bi­schof von Mana­gua (Nika­ra­gua)
  • Ora­ni Joà£o Tem­pe­sta OCis, Erz­bi­schof von Rio de Janei­ro (Bra­si­li­en)
  • Mario Aure­lio Poli, Erz­bi­schof von Bue­nos Aires (Argen­ti­ni­en)
  • Ricar­do Ezza­ti And­rel­lo SDB, Erz­bi­schof von Sant­ia­go del Cile (Chi­le)
  • Chi­b­ly Lang­lois, Bischof von Les Cayes (Haï ti)
  • Afri­ka
  • Jean-Pierre Kut­wa, Erz­bi­schof von Abi­djan (Elfen­bein­kü­ste)
  • Phil­ip­pe Nakel­len­tu­ba Oué­drao­go, Erz­bi­schof von Ouag­adou­gou (Bur­ki­na Faso)
  • Asi­en
  • Andrew Yeom Soo jung, Erz­bi­schof von Seo­ul (Korea)
  • Orlan­do B. Que­ve­do OMI, Erz­bi­schof von Cota­ba­to (Phil­ip­pi­nen)

Der Papst, der nicht so leicht vergißt

Zu den bei Papst Fran­zis­kus in Ungna­de Gefal­le­nen gehört, wie erwar­tet wur­de, der fran­zö­si­sche Domi­ni­ka­ner Jean-Lou­is Bruguà¨s. Der Papst aus Argen­ti­ni­en setz­te ihn bereits als Sekre­tär der Bil­dungs­kon­gre­ga­ti­on ab und schob ihn auf den Posten eines Biblio­the­kars und Archi­vars der Hei­li­gen Römi­schen Kir­che ab. Pater Bruguà¨s hat­te sich der Ernen­nung von Vic­tor Manu­el Fer­nan­dez zum Rek­tor der Katho­li­schen Uni­ver­si­tät von Bue­nos Aires wider­setzt. Den aber woll­te der dama­li­ge Erz­bi­schof von Bue­nos Aires, Jor­ge Mario Berg­o­glio auf die­sem Posten haben. Fer­nan­dez gilt als beson­de­rer treu­er Weg­ge­fähr­te des nun­meh­ri­gen Pap­stes und sein Reden­schrei­ber. Papst Fran­zis­kus ver­gißt nicht so leicht.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Tempi

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