Der Vatikan unter Papst Franziskus ein Paradies der Berater


Vatikan das neue Paradies der internationalen Beraterkonzern(Vati­kan) McK­in­sey, Pro­mon­to­ry, Ernst&Young, KPMG: Mit dem neu­en Pon­ti­fi­kat begann auch im Vati­kan ein Wett­lauf, die erle­sen­sten und kost­spie­lig­sten Bera­ter­fir­men der Welt in Sachen Orga­ni­sa­ti­on und Finan­zen zu enga­gie­ren. Die Welt als „glo­ba­les Dorf“ macht sie unent­behr­lich und vor allem sind es sie selbst, die sich unent­behr­lich machen. Eine System aus Effi­zi­enz und Gewinn­stre­ben, das sich selbst stän­dig neu erfin­det und an Macht stän­dig zunimmt. Kein Finanz­mi­ni­ster kommt mehr ohne sie aus, weil sie längst den Durch­blick ver­lo­ren haben. Aus die­sem Grund schrei­ben die Bera­ter­fir­men bereits die Geset­ze selbst, die von der Poli­tik abge­seg­net wer­den. Auch in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Die Poli­tik am Gän­gel­band eines Dut­zend inter­na­tio­na­ler Bera­tungs­un­ter­neh­men, die in wes­sen Inter­es­se arbei­ten? Einen Über­blick dar­über, wie sich die­se Unter­neh­men in den ver­gan­ge­nen zehn Mona­ten im Vati­kan breit gemacht haben vom Vati­ka­ni­sten San­dro Magister.

Sind externe Berater besser?

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Die jüng­ste Beauf­tra­gung erging an McK­in­sey zur Aus­ar­bei­tung eines Plans, um die Orga­ni­sa­ti­on der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel des Hei­li­gen Stuhls zu moder­ni­sie­ren und effi­zi­en­ter zu machen. „Das genüg­te, um unter den Mit­ar­bei­tern des Vati­kans in die­sem Bereich Panik aus­zu­lö­sen“, so der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster. Mit der Zahl der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel wuchs auch die Zahl der Mit­ar­bei­ter, jedoch ohne Koordination.

Pater Feder­i­co Lom­bar­di, Vati­kan­spre­cher und Lei­ter des Pres­se­am­tes des Hei­li­gen Stuhls wur­de mit dem ame­ri­ka­ni­schen Jour­na­li­sten Greg Bur­ke vom Opus Dei ein Seni­or Com­mun­ca­ti­ons Advi­ser zur Sei­te gestellt. Sei­ne Stel­le ist mit eige­nem Büro am Staat­s­e­kre­ta­ri­at ange­sie­delt. Sein genau­es Tätig­keits­feld ist jedoch nicht ganz klar.

Stellenvermehrung

Der am Ende des Pon­ti­fi­kats von Bene­dikt XVI. ernann­te neue Prä­si­dent der Vatik­an­bank IOR Ernst von Frey­berg brach­te mit Max Hohen­berg und Mar­kus Wie­ser zwei Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­fis von Com­mu­ni­ca­ti­ons & Net­work Con­sul­ting mit.

Das von Pater Lom­bar­di gelei­te­te Radio Vati­kan sen­det mit einem Jah­res­haus­halt von 22 Mil­lio­nen Euro in zahl­rei­chen Spra­chen und gestal­tet die dazu­ge­hö­ren­de Inter­net­sei­te in eben­so vie­len Ausgaben.

Schließ­lich gibt es den Osser­va­to­re Roma­no, die offi­ziö­se Tages­zei­tung des Pap­stes mit Aus­ga­ben in meh­re­ren Spra­chen und dazu­ge­hö­ren­den Inter­net­sei­ten und das Cen­tro Tele­vi­si­vo Vati­ca­no (CTV). Im Gegen­satz zu Radio und Tages­zei­tung ver­zeich­net der Fern­seh­sen­der statt­li­che Ein­nah­men wegen der exklu­si­ven Über­tra­gungs­rech­te für Auf­nah­men des Pap­stes. Aller­dings ste­hen dem der­zeit enor­me Aus­ga­ben gegen­über, um die Sen­de­tech­nik von Sony und ande­ren gro­ßen Unter­neh­men auf neue­sten Stand brin­gen zu lassen.

Nicht zuletzt gibt es auch den Päpst­li­chen Rat für die sozia­len Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel. Eigent­lich wäre er die haus­in­ter­ne Ein­rich­tung, um die Auf­ga­ben zu bewäl­ti­gen, die nun McK­in­sey anver­traut wur­den. Die Grün­de, wes­halb exter­nen, nam­haf­ten Unter­neh­men, trotz der ver­hält­nis­mä­ßig weit höhe­ren Kosten der Vor­zug gege­ben wird, kön­nen viel­fäl­tig sein. Der Vati­kan folgt dar­in den mei­sten west­li­chen Regie­rungs­par­tei­en und Regie­rungs- und Verwaltungsapparaten.

Mit Papst Franziskus kamen die Global Players

Die Ent­schei­dung, daß nach der Abdan­kung von Papst Bene­dikt XVI. auch im Vati­kan plötz­lich die im Wirt­schafts- und Poli­tik­be­trieb inter­na­tio­nal heu­te all­ge­gen­wär­ti­gen Bera­ter­fir­men ein- und aus­ge­hen, geht direkt auf Papst Fran­zis­kus zurück. Sei­nen Ein­tritt von außen in die Gepflo­gen­hei­ten und Rück­sich­ten der Römi­schen Kurie gestal­te­te er auf sei­ne Art. Er setzt auf eini­ge per­sön­li­che Bera­ter, denen er sein Ver­trau­en schenkt und umgeht die Rück­sicht­nah­me durch exter­ne Beru­fun­gen, die kir­chen­in­ter­ne Ein­rich­tun­gen außen vor lassen.

Dazu gehör­te es auch, daß Papst Fran­zis­kus zum höchst umstrit­te­nen Mit­tel von Inter­views greift, wie selbst von höch­sten Kir­chen­ver­tre­tern, wie Joa­chim Kar­di­nal Meis­ner kri­ti­siert wur­de. Kei­nes sei­ner bis­he­ri­gen Inter­views, die für gro­ßes Auf­se­hen sorg­ten, gab er den haus­ei­ge­nen Medi­en des Vati­kans: eines gewähr­te er der Civil­tà  Cat­to­li­ca sei­nes Jesui­ten­or­dens und eines dem kir­chen­feind­li­chen Super­lai­zi­sten Euge­nio Scal­fa­ri von La Repubbli­ca. „Es wur­de schnell klar, daß Papst Fran­zis­kus es vor­zieht, nach sei­nem Kopf zu han­deln“, so San­dro Magi­ster. Weder Vati­kan­spre­cher Lom­bar­di noch der Medi­en­ex­per­te des Staats­se­kre­ta­ri­ats Bur­ke wur­den bei den Inter­views irgend­wie hinzugezogen.

Promontory Financial Group

Neben McK­in­sey ist die Pro­mon­to­ry Finan­cial Group eine ande­re der gro­ßen Bera­ter­fir­men, die inter­na­tio­nal die Sze­ne beherr­schen und heu­te, wie Insi­der sagen, mehr Macht haben, als gan­ze Regie­run­gen. Seit Mai hat sich das Unter­neh­men mit Haupt­sitz in Washing­ton mit einem Dut­zend Mit­ar­bei­tern in der Vatik­an­bank IOR breit­ge­macht. Sie prü­fen sämt­li­che Ope­ra­tio­nen und erhal­ten damit, wahr­schein­lich als ein­zi­ge, den per­fek­ten Über­blick über die Bank. Und Wis­sen ist bekannt­lich Macht. Der­sel­ben Über­prü­fung ist auch die Apo­sto­li­sche Güter­ver­wal­tung des Vati­kans unterworfen.

Doch nicht nur das: Füh­ren­de Ver­tre­ter von Pro­mon­to­ry sit­zen inzwi­schen an zen­tra­len Schalt­he­beln der Vatik­an­bank. Der neue Gene­ral­di­rek­tor Rodol­fo Mar­ran­ci kommt direkt von Pro­mon­to­ry. Eliza­beth McCaul und Raf­fae­le Cosi­mo, Lei­ter der Pro­mon­to­ry-Nie­der­las­sun­gen von New York bezie­hungs­wei­se Euro­pa sind heu­te Seni­or Advi­ser der Vatik­an­bank. Von Über­see kommt auch Anto­nio Mon­ta­re­si, der als neu­er Chief Risk Offi­cer der Bank des Hei­li­gen Stuhls tätig ist. Eine Funk­ti­on, die es zuvor nicht gab. Das Pro­mon­to­ry Netz­werk um die Vatik­an­bank wur­de erst lang­sam sichtbar.

Finanzaufsichtsbehörde des Vatikans

Eine ver­gleich­ba­re Stel­len­ver­meh­rung erleb­te auch die Finanz­auf­sichts­be­hör­de des Vati­kans, die 2010 von Bene­dikt XVI. unter dem stän­di­gen Druck inter­na­tio­na­ler Gre­mi­en nach mehr Trans­pa­renz geschaf­fen wor­den war. Gelei­tet wird sie vom Schwei­zer René Brül­hart, einer inter­na­tio­na­len Kory­phäe sei­nes Fachs, die natür­lich ent­spre­chend viel kostet. Er will sei­nen kost­spie­li­gen Mit­ar­bei­ter­stab verdoppeln.

Die Wirt­schafts­prü­fung für die Vatik­an­bank hat unter dem neu­en Papst Ernst&Young über­nom­men. Das Bera­ter­un­ter­neh­men ist auch beauf­tragt, die Wirt­schafts­ak­ti­vi­tä­ten und die Ver­wal­tung des Gover­na­torats des Staa­tes der Vati­kan­stadt zu über­prü­fen und modernisieren.

KPMG

Und schließ­lich gibt es mit KPMG noch einen vier­ten inter­na­tio­na­len Rie­sen, der geru­fen wur­de, um die Buch­hal­tung aller Insti­tu­te und Büros des Vati­kans den inter­na­tio­na­len Stan­dards anzupassen.

Obwohl die inter­na­tio­na­le For­de­rung nach Trans­pa­renz sowie der Wunsch nach mehr Effi­zi­enz der Aus­gangs­punkt für die­se gan­zen Ope­ra­tio­nen rund um die Vatik­an­bank und die Finanz- und Wirt­schafts­sei­te des Vati­kans ist, wur­de bis­her nichts über die Kosten bekannt, die die­se vier Kolos­se des Bera­tungs­sek­tors ver­ur­sa­chen. „Kosten, die ver­mut­lich beacht­lich sind, vor allem jene zu Lasten der Vatik­an­bank IOR“, so San­dro Magister.

Ernst&Young

Die Vatik­an­bank muß­te zudem 3,6 Mil­lio­nen der 28,3 Mil­lio­nen Euro Schul­den über­neh­men, die laut Ernst&Young durch den Welt­ju­gend­tag in Rio de Janei­ro ver­ur­sacht wur­den. Wei­te­re zehn Mil­lio­nen muß­ten zur Schul­den­deckung an die Diö­ze­se Ter­ni flie­ßen, die des­sen ehe­ma­li­ger Bischof Vin­cen­zo Paglia dort hin­ter­las­sen hat­te. Paglia ist heu­te Vor­sit­zen­der des Päpst­li­chen Rats für die Fami­lie.

Die Kosten der exter­nen Bera­ter­fir­men für den Vati­kan sind nicht bekannt. Bekannt ist jedoch, daß das ita­lie­ni­sche Finanz­mi­ni­ste­ri­um zum Bei­spiel vor Weih­nach­ten einen Ver­trag mit KPMG abge­schlos­sen hat. Die Gesell­schaft soll das kosten­in­ten­si­ve Gesund­heits­we­sen von sie­ben ver­schul­de­ten ita­lie­ni­schen Regio­nen über­prü­fen. Die Kosten von 38 Mil­lio­nen Euro müs­sen die ver­schul­de­ten Regio­nen an die KPMG zah­len. KPMG hat ihrer­seits für die­se Auf­ga­be auch Ernst&Young hin­zu­ge­zo­gen. Der Kreis schließt sich und nicht nur hier.

Neue Transparenz, doch nicht bei Kosten für Berater

Ernst von Frey­berg, der Prä­si­dent der Vatik­an­bank IOR sag­te Rachel San­der­son von der Finan­cial Times nur soviel, daß die Ver­gü­tung allein der Pro­mon­to­ry Group „costs well abo­ve seven digits“, also viel mehr als eine sie­ben­stel­li­ge Zahl ausmacht.

McKinsey

McK­in­sey ist für die Katho­li­sche Kir­che kein Unbe­kann­ter. Auch die Erz­diö­ze­se Ber­lin bedien­te sich bereits ihrer Dien­ste. Zustän­dig dafür war damals der Lei­ter der McK­in­sey-Filia­le in Mün­chen Tho­mas von Mit­sch­ke-Col­lan­de. Glei­ches gilt für die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz, die McK­in­sey beauf­trag­te, Vor­schlä­ge für Kosten- und Per­so­nal­ein­spa­run­gen zu machen.

Von Mit­sch­ke-Col­lan­de unter­brei­te­te im ver­gan­ge­nen Som­mer einen detail­lier­ten Plan zur Reform der Römi­schen Kurie, die dem C8-Kar­di­nals­rat von Papst Fran­zis­kus zuging. Gleich dop­pelt mit Ernst&Young ver­bun­den ist Fran­ce­s­ca Chaou­qui, die ein­mal von Papst Fran­zis­kus zum Erstau­nen nicht weni­ger in eine neue Kom­mis­si­on mit weit­rei­chen­den Befug­nis­sen im öko­no­misch-admi­ni­stra­ti­ven Bereich des Hei­li­gen Stuhls ernannt wur­de, zum ande­ren in der Öffent­lich­keits­ar­beit für den anglo­ame­ri­ka­ni­schen Kon­zern tätig ist. Die­ser Inter­es­sen­kon­flikt und eini­ge Aspek­te ihrer Bio­gra­phie brach­ten Papst Fran­zis­kus für die Ernen­nung Chaou­quis eini­ge Kri­tik ein (sie­he Berich­te Fran­ce­s­ca Chaou­qui: umtrie­big, Lob­by­istin, Nuz­zi-Ver­eh­re­rin, neue päpst­li­che Kom­mis­sa­rin und  Die Bekennt­nis­se der Fran­ce­s­ca Chaou­qui.

Text: Set­ti­mo Cielo/​Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/​Unternehmenslogos (Mon­ta­ge)

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