„In jeder Diktatur wird die Vergangenheit zensuriert“ – Aus dem Leben eines Diözesanpriesters, der die Alte Messe entdeckte


Don Alberto Secci: Ein Diözesanpriester, der zum Alten Ritus zurückkehrte(Mai­land) Don Alber­to Secci, gebo­ren 1963, zum Prie­ster geweiht 1988, ist Prie­ster der Diö­ze­se Nova­ra an der Gren­ze zur Schweiz. Bekannt wur­de Don Secci, als er mit zwei wei­te­ren Diö­ze­san­prie­stern bekannt­gab, gemäß Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum von Papst Bene­dikt XVI. zur über­lie­fer­ten Form des Römi­schen Ritus zurück­zu­keh­ren. Die Fol­ge waren gro­ßer Wider­stand in der Diö­ze­san­füh­rung und dem übri­gen Kle­rus und öffent­li­che Anfein­dun­gen. Heu­te darf er im Alten Ritus zele­brie­ren und den unver­kürz­ten Glau­ben ver­kün­den – in einem win­zi­gen Berg­dorf mit weni­gen Hun­dert Ein­woh­nern. In einem Inter­view spricht er über die Kri­se der Kir­che und die Bedeu­tung der Tradtion.

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Als die drei Prie­ster nach Sum­morum Pon­ti­fi­cum ihre Ent­schei­dung bekannt­ga­ben, reg­te sich umge­hend mas­si­ver Wider­stand in der Diö­ze­san­lei­tung und im übri­gen Kle­rus der Diö­ze­se bis hin zur Auf­wie­ge­lung der Pfarr­an­ge­hö­ri­gen gegen ihre Pfar­rer. Die Prie­ster wur­den zu einem natio­na­len Fall. Die gesam­te Pres­se Ita­li­ens berich­te­te über sie. Sie wur­den als „starr­sin­nig“ dar­ge­stellt und als „Pro­vo­ka­teu­re“ beschimpft.  „Wir waren über Nacht zum ‚Skan­dal‘ für die Welt und die Diö­ze­se gewor­den“, so Don Secci. Der Papst gewähr­te groß­zü­gig das Motu pro­prio, „und dafür kann ihm die Kir­che nicht genug dan­ken“, so der Prie­ster. Rom war aller­dings nicht imstan­de, sich gegen die Selbst­be­zo­gen­heit man­cher Bischö­fe durch­zu­set­zen, die ihre Diö­ze­se als pri­va­ten Feu­dal­be­sitz betrach­ten. Zwei Prie­ster wir­ken heu­te in den Süd­al­pen bei Domo­dos­so­la und Ver­ba­nia nahe der Schwei­zer Gren­ze als Pfar­rer. Um ihren Wir­kungs­kreis zu erwei­tern, betrei­ben sie das Inter­net­a­po­sto­lat Radi­ca­ti nella Fede (Ver­wur­zelt im Glau­ben) und bemü­hen sich um die Unter­wei­sung der Gläu­bi­gen in der kirch­li­chen Leh­re aller Zei­ten über ihre Pfarr­gren­zen hin­aus. Im Janu­ar fin­det zum vier­ten Mal der „Tag der Tra­di­ti­on“ statt, den Don Secci ein­mal jähr­lich orga­ni­siert. Das The­ma für 2014 lau­tet: „Der Win­ter in der Kir­che nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil“. Das The­ma ist dem gleich­na­mi­gen Buch von Cri­sti­na Sic­car­di (sie­he eige­nen Bei­trag Der Win­ter der Kir­che nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil – Das neue Buch zu einer offe­nen Fra­ge) ent­lehnt, die als Refe­ren­tin anwe­send sein wird. Das Inter­view mit Don Alber­to Secci führ­te Ris­cos­sa Cri­stia­na.

Don Alberto Secci 21.) Es ist immer offen­sicht­li­cher, auch in Bezug auf die Zele­bra­ti­on der Hei­li­gen Mes­se (Alter Ritus und Neu­er Ritus), daß es zwei ver­schie­de­ne For­men gibt, die katho­li­sche Reli­gi­on zu leben: Prie­ster und Gläu­bi­ge, die sich an Leh­ren aus­rich­ten, die der moder­nen Revo­lu­ti­on unter­lie­gen, und ande­re Prie­ster und Gläu­bi­ge, die an den Leh­ren und Grund­sät­zen der kirch­li­chen Tra­di­ti­on fest­hal­ten. Wie wird es Ihrer Mei­nung nach mög­lich sein, eines Tages die­se Dicho­to­mie wie­der aufzulösen?

Don Alber­to Secci: Es ist not­wen­dig, daß jene, die die Gna­de haben, die­se schreck­li­che Dicho­to­mie zu erken­nen, sich vor Gott dafür ent­schei­den, die Katho­li­zi­tät voll­stän­dig gemäß katho­li­scher Tra­di­ti­on zu leben. Das ist der ent­schei­den­de Punkt. Im Chri­sten­tum gibt es nichts Abstrak­tes. Sie haben gesagt: „auch in Bezug auf die Zele­bra­ti­on der Hei­li­gen Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus“ hal­ten Gläu­bi­ge an den Leh­ren und Grund­sät­zen der kirch­li­chen Über­lie­fe­rung fest; ich wür­de viel­mehr sagen: sie blei­ben ein­fach Katho­li­ken. Die Gläu­bi­gen, die von der Revo­lu­ti­on erfaßt sind, haben hin­ge­gen nur mehr eine vage christ­li­che Inspi­ra­ti­on und das nur in den besten Fäl­len. Um genau zu sein, haben Sie gesagt: „auch in Bezug auf die Mes­se“. Ich erlau­be mir, die­ses „auch“ zu strei­chen. War­um? Nicht in dem Sinn, als gäbe es nur die Mes­se, denn untrenn­bar mit der Mes­se sind auch die Glau­bens­leh­re und das gesam­te Apo­sto­lat ver­bun­den. Viel­mehr in dem Sinn, daß das katho­li­sche Leben die Wei­ter­ga­be der Gna­de ist, die vor allem durch die Sakra­men­te erfolgt und damit Mit­tel­punkt der Hei­li­gen Mes­se ist, und zwar einer Mes­se ohne zwei­deu­ti­gen Ritus. Dar­um: Wer die Gna­de hat­te, die dra­ma­ti­sche Situa­ti­on zu ver­ste­hen, der kann sein Gewis­sen nicht mit einer per­sön­li­chen Gelas­sen­heit ein­tau­schen. Man muß sich einen alt­ri­tu­el­len Meß­ort suchen und die­sen zum umfas­sen­den Ort der Glau­bens­er­zie­hung machen, im umfas­sen­den Sinn des Wor­tes, nicht nur intel­lek­tu­ell. Klei­ne Zen­tren des nor­ma­len katho­li­schen Lebens, ganz beschei­den und viel­leicht sogar ganz ärm­lich, aber groß wegen der Gna­den, die sie ver­mit­teln. Das wird die Lösung sein, so Gott will. An uns liegt es, zu ent­schei­den, ob wir einen Weg der Gna­de und daher der Tra­di­ti­on beschrei­ten wol­len, indem wir die Kir­che in ihrem Lei­den lie­ben. Gott steht die Lösung die­ses Lei­dens­ge­heim­nis­ses zu. Aber in Gott ist bereits alles gelöst. Wir sol­len uns lie­be­voll um die Kir­che sor­gen und nicht „poli­tisch“.

2.) Der „Tag der Tra­di­ti­on“ von Ver­ba­nia, fin­det am kom­men­den 19. Janu­ar 2014 zum vier­ten Mal statt. Kön­nen Sie uns erklä­ren, wor­um es sich dabei han­delt und wie die Initia­ti­ve ent­stan­den ist?

Don Alberto Socci, vom Bischof in ein kleines Bergdorf versetztDon Alber­to Secci: Es han­delt sich ein­fach um einen Sonn­tag­nach­mit­tag, der ganz einem bren­nen­den Glau­bens­the­ma gewid­met ist. Der Tag endet mit der Zele­bra­ti­on einer Sing­mes­se. Seit Jah­ren bemü­hen sich Don Ste­fa­no und ich mit den Gläu­bi­gen unse­rer Kir­chen, eine ernst­haf­te Beschäf­ti­gung mit der christ­li­chen Glau­bens­leh­re vor­an­zu­brin­gen. Die Tref­fen fin­den vier­zehn­tä­gig statt. Dar­auf legen wir gro­ßen Wert. Die Ver­wir­rung, die heu­te unter den Katho­li­ken herrscht, ist so groß, daß wir es uns ein­fach nicht vor­stel­len kön­nen, abseits zu ste­hen, gera­de weil wir die Tra­di­ti­on lie­ben. Es ist not­wen­dig das Chri­sten­tum zu ken­nen, die Kir­chen­ge­schich­te, die Kir­chen­leh­rer und gro­ßen geist­li­chen Lehr­mei­ster. Das Chri­sten­tum ist so erha­ben und so wun­der­schön, weil das gesam­te Werk Got­tes unüber­treff­lich und per­fekt ist. Wie könn­ten wir nicht den Wunsch ver­spü­ren, es immer bes­ser ken­nen­ler­nen zu wol­len? Ich fürch­te jene Gläu­bi­ge, die von einer Kir­che zur ande­ren zie­hen, um immer etwas „tra­di­tio­na­li­sti­sche­res“ zu fin­den, aber nicht den Wunsch haben, sich in Leh­re und Spi­ri­tua­li­tät füh­ren zu las­sen. Frü­her oder spä­ter wer­den sie wie­der eine, viel­leicht eine ande­re als frü­her, aber jeden­falls eine welt­li­che Men­ta­li­tät anneh­men. Ich habe schon eini­ge Men­schen getrof­fen, die zwar dem Alten Ritus ver­haf­tet waren, doch in ihren Urtei­len und ihren Hand­lungs­wei­sen libe­ral waren. Die Wahr­heit des Glau­bens muß jedoch Maß­stab unse­res Urteils und unse­res Han­delns sein. Um auch ande­ren Men­schen von wei­ter her die Mög­lich­keit zu geben, an unse­rem Apo­sto­lat teil­zu­neh­men, das für uns das gan­ze Jahr hin­durch statt­fin­det, haben wir den „Tag der Tra­di­ti­on“ ins Leben geru­fen. Es ist ein Tag, der ganz der katho­li­schen Glau­bens­leh­re gewid­met ist, kon­kret einem bestimm­ten The­ma. Zudem ist es eine Gele­gen­heit, sich wie­der­zu­se­hen, Kon­takt zu hal­ten, neue Men­schen kennenzulernen.

3.) Erleich­tert das Leben auf dem Land im Gegen­satz zum Leben in der Stadt das Ver­ständ­nis der Tradition?

Don Alber­to Secci: Nein, heu­te ist das Desa­ster glo­bal. Es ist nicht der Berg oder das Land an sich, die uns hel­fen, son­dern die Art, wie man die Welt betrach­tet, das heißt, ob man sie wirk­lich mit katho­li­schem Blick betrach­tet. Wenn dem so ist, dann sind Berg oder Ebe­ne, klei­nes Dorf oder Metro­po­le das­sel­be. Im Gegen­teil, soll­te ein Prie­ster wirk­lich ent­schlos­sen sein, sein Leben in der von ihm emp­fan­ge­nen Gna­de zu geben, dann bie­ten sich in der Stadt sogar mehr Mög­lich­kei­ten für sein Apo­sto­lat. Per­sön­lich darf ich geste­hen, daß ich die Ein­sam­keit des Ber­ges, die immer gleich­zei­tig Schön­heit und Schmerz in sich birgt, immer geliebt habe und ich habe sie immer mehr lie­ben­ge­lernt. Für mich ist jeden­falls der Ort, wo ich als Prie­ster lebe, Gehor­sam gegen­über Gott. An erster Stel­le ste­hen die mir anver­trau­ten Gläu­bi­gen. Ich suche mir die Orte nicht aus, das habe ich nie getan.

4.) War­um wer­den aus­ge­rech­net jene, die das Cre­do der Hei­li­gen Katho­li­schen Kir­che wirk­lich ernst­haft leben wol­len, und zwar als ein­zi­ge, von der Dis­kus­si­on und der öffent­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung zu reli­giö­sen The­men aus­ge­schlos­sen oder fern­ge­hal­ten, anson­sten aber alle zugelassen?

Don Alber­to Secci: In jeder Dik­ta­tur muß die Ver­gan­gen­heit zen­su­riert wer­den. Nie­mand darf wis­sen, wie es ein­mal vor der Dik­ta­tur war, die immer den Anspruch erhebt, der Welt neu­es Leben zu geben. Und die Dik­ta­tu­ren der „Libe­ra­len“ sind die schlimm­sten und waren schon immer die schlimm­sten. Wenn das Sche­ma einer Dik­ta­tur in die Kir­che ein­dringt, wird die Zen­sur der Ver­gan­gen­heit gera­de­zu dog­ma­ti­siert: „Heu­te hat die Kir­che ein neu­es Bewußt­sein, ihr könnt nicht zu den Din­gen von einst zurück­keh­ren, auch wenn sie hei­lig waren, heu­te sind sie es nicht mehr, weil das Bewußt­sein der Kir­che die Wahr­heit im Heu­te bestimmt“. So in etwa den­ken fast alle heu­te, und das ist schreck­lich. Es ist der schnell­ste Weg, die Kir­che zu zer­stö­ren, wie wir sehen. Die Ver­tre­ter die­ses Den­kens haben Zugang zu fast allen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln, weil sie nütz­lich sind, um die Men­schen zu „unter­hal­ten“, sie strei­ten nicht mit dem Neu-Hei­den­tum, sie rüt­teln nicht auf, for­dern nicht her­aus, wenn sie kri­ti­sie­ren, dann nur die Kir­che, die mei­ste Zeit aber reden sie ein­fach nur, sie pala­vern und pala­vern und sagen dabei meist gar nichts.
Aber es genügt, daß ein Kind in sei­ner Unschuld ruft, seht der König ist nackt, und schon bricht der Zau­ber der Zen­sur, mit dem die Ver­gan­gen­heit ver­steckt wird, in einem ein­zi­gen Augen­blick in sich zusam­men. Dar­um braucht es von tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner Sei­te weni­ger „Jam­mern“ und mehr Arbeit, um am Auf­bau des Rei­ches Got­tes mit­zu­wir­ken, gemäß der Ver­ant­wor­tung, die Gott objek­tiv jedem von uns über­tra­gen hat. Es ist kei­ne Zeit zu ver­lie­ren: Tu alles, was in Dei­ner Mög­lich­keit steht, damit die Kir­che katho­li­scher und die Welt christ­li­cher wird.

5.) Was vor allem wirft heu­te die Kir­che in die Krise?

Don Alber­to Secci: Das Prie­ster­tum. Im „moder­ni­sier­ten“ Chri­sten­tum hat das Prie­ster­tum kei­nen Platz mehr, weil es für die neue Reli­gi­on letzt­lich kei­nen Sinn hat. Das ist das schreck­li­che Kon­su­mie­ren des Pro­te­stan­tis­mus in unse­rem Haus, das heißt in der Katholizität.

6.) Was kann die Tra­di­ti­on der Kir­che in unse­rer Zeit lehren?

Don Alber­to Secci: Ganz ein­fach das Chri­sten­tum. Sie muß nichts ande­res tun. Das Chri­sten­tum nicht redu­ziert auf eine rein irdi­sche Ange­le­gen­heit, wie es die vor­herr­schen­de Strö­mung tut, son­dern das Chri­sten­tum als Gna­de Got­tes. Das Chri­sten­tum, das sich nicht des Kreu­zes schämt und daher auf die Gna­de baut und abzielt. Das Chri­sten­tum, das weiß, daß die Gna­de kein Kon­strukt ist, son­dern real und effi­zi­ent wirkt, und imstan­de ist, wenn der Mensch sich ihr öff­net, eine Zivi­li­sa­ti­on und Hoch­kul­tur her­vor­zu­brin­gen, wie sie die Geschich­te nie gese­hen hat. Die Tra­di­ti­on lehrt die sicht­ba­re Kir­che, daß das Chri­sten­tum, um vie­le See­len zu ret­ten, die Chri­sten­heit her­vor­bringt, das heißt, eine christ­li­che Gesell­schaft: dar­um, wenn die Kir­che von heu­te das Heil der See­len will, muß sie auf­hö­ren, sich der Chri­sten­heit zu schämen.

7.) Was kann die Tra­di­ti­on der patho­lo­gi­schen moder­nen Welt leh­ren, die aus vie­len kaput­ten Fami­li­en, aus kran­ken poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen, aus Kul­tu­ren und Ideo­lo­gien besteht, die in offe­nem Wider­spruch zum Natur­recht ste­hen und über kei­ne kla­ren Zie­le und Fix­punk­te mehr verfügen?

Don Alber­to Secci: Die Tra­di­ti­on erin­nert alle dar­an, daß man nicht so tun kann, als gäbe es kei­ne Erb­sün­de, wenn man über den Men­schen und die Gesell­schaft spricht. Der Mensch kann sich nicht selbst ret­ten, des­halb kann er auch von sich aus kei­ne gerech­te Gesell­schaft auf­bau­en. Er bedarf der Gna­de Chri­sti und zwar abso­lut, aus­nahms­los. Ohne Gna­de, die von Gott kommt, gibt es kei­nen gesun­den Menschen.
Die Tra­di­ti­on erin­nert zudem dar­an, daß die Gna­de Got­tes, die Gna­de, die Chri­stus uns durch das Kreuz geschenkt hat und uns durch die Sakra­men­te ver­mit­telt, alles ver­mag. Und wenn dem so ist, und dem ist so, dann gibt es nichts, was die Hei­lig­keit ver­hin­dern kann, wenn der Mensch sie nicht selbst zurück­weist. Die Tra­di­ti­on ist der freund­lich­ste, weil men­schen­freund­lich­ste, der auf­nah­me­be­rei­te­ste Ort, den es gibt, weil er vom Pri­mat des über­na­tür­li­chen Lebens lebt. Denn wo Gott lebt, fügt sich alles in der wah­ren Ord­nung neu.

8.) War­um soll­te ein tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner Mensch bes­ser leben als ein „moder­ner“ Mensch?

Don Alber­to Secci: Weil er sein Leben nicht auf sich selbst stützt, son­dern auf Gott. Man muß so leben, daß man immer die Gna­de Got­tes sucht und dies mit der Freu­de, alles zu sei­ner grö­ße­ren Ehre zu tun. Die Tra­di­ti­on ist ein Weg der Ein­fach­heit, sie sucht kei­nen Luxus und auch kei­ne fal­sche Bequem­lich­keit: Gott ist alles, und daher lebe ich für Ihn. Es ist ein Leben, jeder in sei­nem Stand, wie ein Hei­li­ger Bene­dikt, weil der Mönch ein­fach Christ ist. Im Mit­tel­al­ter war es ganz nor­mal, daß auch Für­sten und Für­stin­nen im Alter ins Klo­ster gin­gen. Das war nicht eine frü­he Form des Alters­heims für Rei­che und Mäch­ti­ge, die es sich schon damals lei­sten konn­ten. Nein, das war wegen ihres See­len­heils, weil sie wuß­ten, daß das die ange­mes­sen­ste Form war um das zu tun, was sie zu tun wuß­ten, näm­lich die Gna­de Got­tes zu suchen, nach­dem sie zuvor ihrer Ver­ant­wor­tung in der Welt durch ihren Rang und ihre Stel­lung nach­ge­kom­men waren.

9.) Ange­sichts der vie­len Men­schen, die unter den täg­li­chen Lasten stöh­nen, die ihre Tage vol­ler Hek­tik und Arbeit für ein letzt­lich ihnen sinn­los erschei­nen­des Dasein ver­brau­chen, die Fra­gen haben, auf die sie kei­ne Ant­wort fin­den, wie wür­den Sie ihnen die Schön­heit des Lebens und auch die Schön­heit des Todes beschreiben?

Das Leben und der Tod wer­den schön, wenn man die eige­ne Zuge­hö­rig­keit erkennt und auch lebt: du gehörst Gott und das gan­ze Leben hat sei­nen Sinn, und die Fra­gen erhal­ten plötz­lich eine kla­re Ant­wort, wenn man die­se Bin­dung erkennt. Und in Gott, in Unse­rem Herrn Jesus Chri­stus erkennt der Mensch plötz­lich mit Stau­nen, daß alles wohl­ge­fügt ist. Man ent­deckt die tie­fe Ein­heit von allem. Das Leben wird einem in ganz neu­er Tie­fe und Ein­fach­heit bewußt, es wird Weis­heit. Das aber bekommt man nicht ohne die Kir­che, die von Chri­stus ja eigens mit einer kla­ren Auf­ga­be dafür ein­ge­setzt wur­de. Die Kir­che aber ist nicht eine sozia­le, gesell­schaft­li­che und damit hori­zon­ta­le Ein­rich­tung, wie es vie­le ande­re auch sind. Die Kir­che ist die Ver­bun­den­heit mit Chri­stus, sie ist die Tra­di­ti­on. Sie ist die Tra­di­ti­on, weil die­se Bin­dung mit dem Herrn durch die Apo­stel eine unun­ter­bro­che­ne von Chri­stus gewoll­te Linie dar­stellt und daher die Gewiß­heit der Heils­ver­mitt­lung durch die Sakra­men­te ist. Gibt es erschüt­ternd Schö­ne­res als das? Alles in die­ser Gna­den­bin­dung mit Chri­stus, eine Bin­dung, die auch histo­risch zu betrach­ten ist, weil sie in der Geschich­te wirkt, fin­det sei­nen Platz. Nichts ist umsonst. Wenn jemand außer­halb die­ser Ord­nung Got­tes leben will, die allein der wah­ren Natur der Din­ge und auch des Men­schen ent­spricht, also sei­ne wah­re, ein­zig­ar­ti­ge Ent­fal­tung ermög­licht, wird er letzt­lich nur Lei­den und Qual fin­den und schließ­lich den Tod, mit der rea­len Gefahr, daß die­ser Tod end­gül­tig, schreck­lich und ewig ist. Gott aber will uns in sei­ner Ord­nung, er will uns teil­ha­ben las­sen an der groß­ar­ti­gen Schön­heit, am Ewi­gen Leben, an Ihm selbst.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Mes­sa in Latino

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