(Rom) Die Frage der korrekten und würdigen Zelebration des Heiligen Meßopfers wird immer auf der Tagesordnung der Kirche stehen. Mit dieser Aussage könnte man den neuerschienenen Sammelband der 3. Tagung zum Motu proprio Summorum Pontificum zusammenfassen. Zur Begründung wird genannt: in erster Linie wegen der offensichtlichen, wenn auch oft vergessenen Verbindung zwischen Glauben und Gebet, wie sie im zutiefst katholischen Grundsatz Lex orandi – lex credendi zum Ausdruck kommt; zum anderen wegen der Heilsnotwendigkeit der Sakramente, die die Kanäle der göttlichen Gnade zu den Menschen sind. Bei der Vorstellung des Bandes war es zum Eklat gekommen, als Kardinal Burke und Kurienerzbischof Pozzo während des Referats des Vatikanisten Sandro Magister den Saal verließen (siehe eigenen Beitrag).
Die Sakramente sind Säulen, auf denen die Kirche gründet. Sie können weder von den Menschen, den Kirchenvertretern oder dem historischen Fortschritt abgeschafft noch radikal verändert oder substantiell modifiziert werden. Im Gefolge der Liturgiereform von 1969/1970 ist in der gesamten Katholizität eine Strömung unter Laien, Ordensleuten und Priestern entstanden und hat sich im Laufe der Zeit schrittweise ausgebreitet, vor allem durch das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. mit dem Wunsch, die theologische Tradition der Heiligen Liturgie zu bewahren beziehungsweise wieder an sie anzuknüpfen. Ein Wunsch, der vor allem aus dem Eindruck entstanden ist, daß die Heilige Liturgie in vielen der ordentlichen Pfarreien nicht mehr gewahrt und würdig zelebriert wird. Der Eindruck schließt mit ein, daß das Verständnis der Liturgie stückweise oder teils sogar im Wesentlichen verlorengegangen ist.
Der nun erschienene Sammelband „Das Motu proprio Summorum Pontificum von Seiner Heiligkeit Benedikt XVI. Eine Hoffnung für die ganze Kirche“, herausgegeben vom Dominikanerpater Vincenzo Nuara (Fede&Cultura, Verona 2013, 175 Seiten, 13 Euro, in italienischer Sprache) ist innerhalb dieser neuen liturgischen Bewegung zurück zur Tradition entstanden. Er vereinigt die Referate der Dritten Tagung über das Motu proprio Summorum Pontificum, das im Mai 2011 in Rom stattfand. Pater Nuara war Tagungsleiter aller Jahrestagungen zu Summorum Pontificum. Bekannt war der Dominikaner jedoch bereits vorher, weil er wegen seiner Liebe zum überlieferten Ritus aus seiner Heimatdiözese Acireale entfernt worden war. Pater Nuara war es auch, der die Heilige Messe im überlieferten Ritus zu Radio Maria brachte und die erste Heilige Messe im Alten Ritus zelebrierte, die von Radio Maria Ende 2009 ausgestrahlt wurde. 2010 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Mitglied der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei.
Diskussionsverweigerung um Hinterfragen der Liturgiereform zu verhindern
Im Vorwort schreibt Walter Kardinal Brandmüller, daß die Beiträge „ein breites Themenfeld für eine vertiefte wissenschaftliche Diskussion liefern, für einen Gedanken- und Erfahrungsaustausch, der umso fruchtbringender sein wird, je gelassener und objektiver er stattfindet“. Eine Debatte, die einige Liturgiker und nicht wenige Priester und Bischöfe am liebsten erst gar nicht aufkommen lassen möchten, um zu verhindern, daß die Liturgie ein Diskussionsthema wird. Wie der Band zeigt, denken die Kardinäle Brandmüller und Koch und die Bischöfe Aillet, Pozzo und Schneider nicht so, die durch ihre Beiträge beachtenswerte Überlegungen liefern, sowohl was die Förderung und Wiedergewinnung der überlieferten Liturgie anbelangt wie auch was ein Überdenken der neuen Liturgie betrifft. Bischof Athanasius Schneider schlägt zum Beispiel die Wiedereinführung der Niederen Weihen im Neuen Ritus vor, die bereits für das dritte nachchristliche Jahrhundert gesichert belegt sind.
Von Bedeutung auch die Beiträge des Liturgikers Don Nicola Bux über das Pontificale Romanum von 1961/1962. Don Bux war unter Benedikt XVI. Consultor des Amtes für die liturgischen Feiern des Papstes. Im August wurde er von Papst Franziskus gemeinsam mit allen anderen bisherigen Consultoren ersetzt. Oder der Beitrag von Mutter Franziska Perillo von den Franziskanerinnen der Immakulata über die apostolosch-patristischen Ursprünge der sogenannten „Tridentintischen“ Messe, und des Historikers Roberto de Mattei über die Beziehung zwischen der lateinischen Sprache und der christlichen Liturgie.
Die Angst vor der „Rückkehr zur Tradition“
Der Beitrag von Msgr. Marco Agostini beschließt den Band. Er behandelt die „Angst vor dem Schleier“, die heute zu einem regelrechten „Terror“ vor einer „Rückkehr zur Tradition“ geworden sei Eine Angst, die auch die Liturgie betrifft und viel von dem Widerstand gegen die überlieferte Messe erkläre. „Doch nur durch diese Rückkehr zu unseren wirklichen Wurzeln, werden wir ohne Komplexe in die Zukunft blicken können“, so Fabrizio Cannone für Corrispondenza Romana.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana