Vor dem Allerheiligsten – Verbiegungen I


Der Hl. Dominikus ruft in tiefer Reue: "Gott sei mir Sünder gnädig".Um „Ver­bie­gun­gen“ unter­schied­lich­ster, ja kon­trä­rer Art vor dem Aller­hei­lig­sten geht es im neu­en Gast­kom­men­tar der frei­schaf­fen­den Schrift­stel­le­rin und Künst­le­rin Han­na Jüng­ling. Aus­gangs­punkt für einen kri­ti­schen Blick auf Lage und Zustand der katho­li­schen Kir­che ist dabei die Fra­ge: „Wie seid ihr in Gegen­wart des Herrn?“
Zuletzt ver­öf­fent­lich­ten wir von Han­na Jüng­ling den Bei­trag: Kann die Kir­che einen „Dia­log ohne Vor­ur­tei­le“ füh­ren? – Eini­ge kri­ti­sche Ein­wän­de an Papst Fran­zis­kus.
:

Vor dem Allerheiligsten

Anzei­ge

von Han­na Jüngling *

Verbiegungen I:
„Ich bin ein Sünder, den der Herr angeschaut hat“

„Ich fra­ge euch: Wie seid ihr in Gegen­wart des Herrn? Wenn ihr zum Herrn geht, auf den Taber­na­kel schaut, was macht ihr da?- (…) Schau auf den Taber­na­kel und lass dich anblicken… das ist ein­fach! Das ist ein wenig lang­wei­lig, ich schla­fe ein… Schlaf ruhig ein, schlaf ein! Er wird dich trotz­dem anblicken, er wird dich trotz­dem anblicken. Sei gewiss, dass er dich anblickt! Und das ist viel wich­ti­ger als der Titel des Kate­che­ten: das ist Teil des Kate­che­ten­seins. Das erwärmt das Herz, hält das Feu­er der Freund­schaft mit dem leben­dig, es lässt dich spü­ren, dass er wirk­lich auf dich blickt, dass er dir nahe ist und dich gern hat.“

Papst Fran­zis­kus am 27.9.2013 in Rom beim Kate­che­ten­tref­fen, zitiert nach kath​.net, das für den kor­rek­ten Wort­laut garan­tiert, wie Herr Schwi­bach schreibt.

Papst Fran­zis­kus liebt es, in letz­ter Zeit immer wie­der die­sen Satz zu äußern: „Ich bin ein Sün­der, den der Herr ange­schaut hat.

„Ich bin ein Sün­der, den der Herr ange­schaut hat.‘ Und er wie­der­holt: „Ich bin einer, der vom Herrn ange­schaut wird. Mei­nen Wahl­spruch Mise­ran­do atque eli­gen­do habe ich immer als sehr zutref­fend für mich empfunden.“

Das sag­te Fran­zis­kus in sei­nem Inter­view mit Anto­nio Spa­da­ro SJ am 19. Sep­tem­ber 2013, das in der Zeit­schrift La Civil­tà  Cat­to­li­ca ver­öf­fent­licht wurde.
Oder gestern (4. Okto­ber) in Assisi:

„Wo nimmt der Weg des hei­li­gen Fran­zis­kus zu Chri­stus sei­nen Anfang? Beim Blick des gekreu­zig­ten Jesus. Sich von ihm anschau­en las­sen in dem Moment, in dem er sein Leben für uns hin­gibt und uns zu sich zieht. Fran­zis­kus hat die­se Erfah­rung in beson­de­rer Wei­se in der klei­nen Kir­che von San Dami­a­no gemacht, als er vor dem Kru­zi­fix bete­te, das auch ich heu­te noch ver­eh­ren wer­de. Auf die­sem Kreuz erscheint Jesus nicht tot, son­dern lebend! Das Blut fließt aus den Wun­den der Hän­de, der Füße und der Sei­te her­ab, doch die­ses Blut drückt Leben aus. Jesus hat die Augen nicht geschlos­sen, son­dern geöff­net, weit offen: ein Blick, der zum Her­zen spricht. Und der Gekreu­zig­te spricht uns nicht von Nie­der­la­ge, von Schei­tern. Para­do­xer­wei­se spricht er uns von einem Tod, der Leben ist, der Leben her­vor­bringt, denn er spricht uns von Lie­be, weil er die Mensch gewor­de­ne Lie­be Got­tes ist. Und die Lie­be stirbt nicht, nein, sie besiegt das Böse und den Tod. Wer sich vom gekreu­zig­ten Jesus anschau­en lässt, wird gleich­sam neu erschaf­fen, wird eine ’neue Schöpfung‘.“

Der Hl. Dominikus betend in Kreuzform.Ist das Leh­re der Kir­che? Es klingt fromm, aber es ist nicht fromm. Bevor nun einer die Augen ver­dreht und denkt, ich sol­le nicht päpst­li­cher als der Papst sein, möge er mei­ne Beden­ken anhö­ren bis zum Schluss. Was Fran­zis­kus sagt, ist iso­liert – bis auf eini­ge gra­vie­ren­de Sät­ze (s.u.) – nicht falsch. Aber die Gesamt­aus­sa­ge ent­spricht den­noch nicht der Leh­re der Kir­che. Fan­gen wir bei der Ansicht an, ich kön­ne pas­siv, ja schla­fend sogar, vor IHM anbe­tend ver­wei­len. ER kann uns nicht ver­än­dern, wenn wir nicht mit allen unse­ren Kräf­ten dar­an mit­wir­ken. Es war der Pro­te­stan­tis­mus, der das bestritt, aber es war nie­mals Leh­re der katho­li­schen Kir­che, dass man nicht alles tun muss, um selig zu wer­den, wachend wie die klu­gen Jungfrauen!
Der Hei­li­ge Domi­ni­kus zum Bei­spiel jeden­falls ver­weil­te weder schla­fend noch pas­siv vor dem Kreuz. In sei­nen „Neun Gebets­wei­sen“ lehrt er uns etwas ganz ande­res, und dies im Ein­klang mit der Leh­re der Kir­che. Betrach­ten wir immer wie­der eine die­ser Gebets­wei­sen auf den Bildern.
Oder lasst uns sehen, was der Hl. Thérà¨se vom Kin­de Jesus vor dem Taber­na­kel in den Geist kam:

„Je m’offrais à  Jésus pour àªt­re sa petit fleur, je vou­lais le con­so­ler, m’appro­cher moi aus­si tout prà¨s du taber­na­cle, àªt­re regar­dée, cul­ti­vée et cueil­lie par lui.“ (Thérà¨se Mar­tin: Histoire d’u­ne à¢me)

„Ich bot mich Jesus an, sei­ne klei­ne Blu­me zu sein, ich woll­te ihn trö­sten, mich mei­ner­seits so nah wie es geht, dem Taber­na­kel nähern, von ihm ange­schaut, kul­ti­viert und gepflückt werden.“

Welch ein Unterschied!

In Fran­zis­kus‘ Aus­füh­run­gen fehlt ein wich­ti­ger Bestand­teil. Es ist das wich­ti­ge Ele­ment mei­nes frei­wil­li­gen, ersehn­ten, und aktiv betrie­be­nen Schreis nach Umkehr, nach die­sem „Mach mit mir, was du willst, Herr!“ Es fehlt das „Iudi­ca me!“ (Rich­te mich!). Es fehlt das „Je vou­lais m’appro­cher moi aus­si tout prà¨s du taber­na­cle…

Der Hl. Dominikus anbetend mit EisenketteAber nicht nur das: Fran­zis­kus unter­schlägt das Ärger­nis des christ­li­chen Glau­bens, näm­lich die Nie­der­la­ge, den wirk­li­chen Tod am Kreuz, dass uns nicht der „Leben­di­ge am Kreuz“ – wie er sug­ge­riert in sei­ner Rede – anschaut, son­dern viel­mehr der vom Tod (!) auf­er­stan­de­ne Herr!

Jesus schaut den Sün­der an, das ist wahr, aber nicht nur das. Er schei­tert an mei­ner Stel­le an mei­nem sünd­haf­ten Zustand. Bei Fran­zis­kus ist nie­mals die Rede davon, dass der Gekreu­zig­te in mir die­sen heil­sa­men Schock aus­löst, der mir offen­bart, wer ich eigent­lich bin! Wie die klei­ne Thérà¨se es beschreibt, muss das aus­lö­sen, dass ich mich IHM zu Füßen wer­fen will, dass ich IHN trö­sten will in mei­nem Schmerz über das, was ER an mei­ner Stel­le trägt, dass ich mich erhe­ben las­se durch die unver­dien­te Lie­be und Gna­de und mich IHM voll und ganz anbie­te, dass ER mit mir ver­fah­re wie ER will…

Von all dem ist bei Fran­zis­kus kei­ne Rede. Im Gegen­teil – er bestrei­tet dies sogar. Wer Ohren hat zu hören, der höre:

„Und der Gekreu­zig­te spricht uns nicht von Nie­der­la­ge, von Schei­tern. Para­do­xer­wei­se spricht er uns von einem Tod, der Leben ist, der Leben her­vor­bringt, denn er spricht uns von Lie­be, weil er die Mensch gewor­de­ne Lie­be Got­tes ist. Und die Lie­be stirbt nicht, nein, sie besiegt das Böse und den Tod.“

Was ist das für eine Leh­re? Das Para­dox, das Fran­zis­kus hier kre­iert, exi­stiert nicht! Wer nicht erkennt, wie ver­lo­ren unser Zustand ist, der mag es für ein Para­dox hal­ten. Wer sich in wah­rer Demut vor dem gro­ßen Herrn und Gott als Sün­der erkannt hat, weiß, dass gera­de die­se Situa­ti­on der ech­ten und tota­len Nie­der­la­ge, aus der allei­ne der Vater her­aus­führt, ganz und gar kein Para­dox ist. Hei­li­ge der Kir­che wie Domi­ni­kus haben sich dehalb vor dem Kreuz betend selbst gegei­selt… „All Sünd hast du getra­gen, sonst müss­ten wir ver­za­gen“… Es ist mei­ne Schuld, dass ER an die­ser Welt zugrun­de ging…

Der Hl. Dominikus betend: stehend und kniendDenn der Gekreu­zig­te spricht uns sehr wohl von Nie­der­la­ge! Wer IHN anschaut, wer sich IHM zu Füßen wirft, wer vor IHM ver­weilt, spürt dies. Wer den Kreuz­weg medi­tiert in all sei­ner Abgrün­dig­keit, ver­steht es:
ER trägt die Nie­der­la­ge der mensch­li­chen Verlorenheit.
Es ist so ver­kürzt for­mu­liert unwahr, dass die Lie­be nicht ster­be, son­dern das Böse und den Tod besie­ge. In der Tat ist Jesus gestor­ben: „Gekreu­zigt, gestor­ben und begra­ben. Hin­ab­ge­stie­gen in das Reich des Todes“ beken­nen wir im Credo.
ER ist mit unse­rer Sterb­lich­keit mit­ge­gan­gen bis ans Ende, bis in den bit­te­ren Tod! ER, der die Lie­be in Per­son ist, i s t gestor­ben. Er war wirk­lich tot!
Nicht das kit­schig-betu­li­che „Die Lie­be stirbt nicht“ ist unser Bekennt­nis, son­dern: „(Jesus ist) auf­er­stan­den von den Toten.“

Oft, wenn ich den Rosen­kranz bete, bestürzt mich die Sze­ne am Ölberg: ER hat für uns Blut geschwitzt. Unse­re gan­ze Nie­der­la­ge stand IHM vor Augen, stand IHM in der See­le, mein gan­zer Schmutz und mei­ne Todverfallenheit…ja, ich, wir alle haben IHN wirk­lich zu Tode gebracht.
Zwar spricht Fran­zis­kus auch von der Auf­er­ste­hung, aber ohne den bit­te­ren Tod zu nen­nen: „Es ist der Frie­de Chri­sti, der den Weg über die größ­te Lie­be, die des Kreu­zes, genom­men hat. Es ist der Frie­de, den der auf­er­stan­de­ne Jesus den Jün­gern schenkte..“
Da wird eines der wich­tig­sten Details der Leh­re ausgelassen!

Gänz­lich zu kurz kommt in Fran­zis­kus‘ Rede der Aspekt, dass Jesus wäh­rend der akti­ven und hin­ge­bungs­vol­len Anbe­tung zu dem auf­merk­sam hören­den Ohr spricht. Wer anbe­tet, sitzt im Schul­zim­mer Jesu Chri­sti. Und dabei geht es nicht dar­um, dass Jesus mich bestä­tigt und ich mich wohl­füh­le im Geliebt­wer­den. Ich ler­ne, so wie Maria von Betha­ni­en zu SEINEN Füßen saß und lausch­te, frag­te, lausch­te, frag­te, lausch­te, erkann­te, in seli­ger Umar­mung mit dem Herrn, nicht pas­siv, nicht auf sich selbst bezo­gen, son­dern in Vor­schau der ewi­gen Anbe­tung, die uns durch SEINEN Tod und SEINE Auf­er­ste­hung aus dem Tod mög­lich gemacht wurde.

Und dann kommt in Fran­zis­kus‘ Rede unwei­ger­lich wie­der der Hieb in Rich­tung derer, die zur gei­sti­gen, intel­lek­tu­el­len und objek­ti­ven Dis­zi­plin auf­ru­fen, wie ich es gera­de tue:

„Der Frie­de des hei­li­gen Fran­zis­kus ist der Frie­de Chri­sti, und die­sen Frie­den fin­det, wer Chri­sti „Joch auf sich nimmt“, näm­lich sein Gebot: Liebt ein­an­der, so wie ich euch geliebt habe. Und die­ses Joch kann man nicht mit Arro­ganz, mit Über­heb­lich­keit, mit Hoch­mut tra­gen, son­dern nur mit Gütig­keit und Her­zens­de­mut kann man es tragen.“

Der Hl. Dominikus: Gebetsweisen lernenNein, ich bit­te unter­tä­nigst um Ver­zei­hung, aber die­se Leh­re ist nicht die Leh­re der Kir­che: Das Joch Chri­sti ist nicht das „Liebt ein­an­der“, son­dern es ist der feste Wil­le, IHM ans Kreuz zu fol­gen, wenn ER es ver­langt, nicht um des Welt­frie­dens wil­len, son­dern um der Ret­tung der ver­lo­re­nen See­len wil­len! Das „Joch Chri­sti“ heißt: Umkehr! Es heißt: Stirb mit IHM. Nur so fin­dest du in IHM das wirk­li­che Leben. Von hier aus, von die­ser Welt aus aber ist die­ses wirk­li­che Leben nicht zu gewin­nen. Eine Kir­che, die das nicht mehr ver­kün­det, ver­rät das ewi­ge, anbe­tungs­wür­di­ge, bestür­zen­de und allein selig­ma­chen­de Opfer ihres Herrn Jesus Christus.
Die­se not­wen­di­ge per­sön­li­che Umkehr uner­müd­lich und tap­fer zu beken­nen, ja, das wäre … e c h t e Demut!

O Imma­cu­la­ta.

* Han­na Jüng­ling, frei­schaf­fen­de Musi­ke­rin, Schrift­stel­le­rin und Künstlerin

Text: Han­na Jüngling
Bild: Zeit­schnur

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10 Kommentare

  1. Eine vor­treff­li­che Ana­ly­se! Frau Jüng­ling bringt es sehr gut auf den Punkt. Ich hof­fe, dass wir hier noch vie­le wei­te­re Arti­kel von ihr lesen wer­den können.

  2. Dan­ke für Ihre Abhand­lung und Klar­stel­lung. Sie hilft, sich vor Ver­wir­rung zu schützen.
    Aber ist es nicht schön, wenn der lie­be gute Onkel F allen ver­kün­det: „macht wei­ter so, Jesus liebt alle ohne Unterschied“.
    Wir haben ab jetzt eine „neue kath. Kir­che“. Jesus muss­te offen­sicht­lich lan­ge den Hei­li­gen Geist sen­den bis die­ser end­lich sei­nen wah­ren Stell­ver­tre­ter fand.

    Ich als ev Laie. wäre sehr dank­bar ein­mal eine ähn­li­che Abhand­lung zu lesen, die dar­legt in wel­cher Pha­se der Offen­ba­rung des Johan­nes wir uns denn gegen­wär­tig befinden.

    • Zu wis­sen, in wel­cher Pha­se der Offen­ba­rung des Johan­nes wir uns befin­den, dürf­te irrele­vant sein. Da haben sich bereits zu vie­le zu oft geirrt und oft auch zum Scha­den ihrer See­le. Die Offen­ba­rung sagt uns, dass es so kommt, wie es dort geschrie­ben steht. Wie das alles mit unse­rer Wahr­neh­mung hier untern zusam­men­hängt, wer­den die mei­sten von uns höchst­wahr­schein­lich erst erken­nen, wenn wir da oben ange­kom­men sind. Jetzt ist es wich­tig zu glau­ben, dass die­se Welt kein gutes Ende nimmt, Gott aber denen treu bleibt, die Ihm treu blei­ben wol­len. Zum Durch­hal­ten mit Hil­fe von Got­tes Gna­de soll­te uns das genügen.

  3. In der Hl. Schrift selbst wird ja gesagt, dass wir im Erle­ben der Din­ge auch ver­ste­hen wer­den – recht­zei­tig. Vor­aus­set­zung ist aber, dass wir treu sind. Man darf Jesus um alles bitten.
    Ich per­sön­lich habe Schwie­rig­kei­ten mit der Flut an Pri­vat­of­fen­ba­run­gen, die nun detail­lier­te Ereig­nis­se vor­aus­sa­gen. Das alles reizt unse­re Neu­gier, gibt uns das Gefühl, wir könn­ten uns „schüt­zen“ oder wüss­ten etwas, was ande­re nicht wüssten.
    Die Kir­che hat von alters her gelehrt, dass man Pro­phe­tie nicht ver­ach­ten soll. Sie hat aber auch gelehrt, dass sol­che Offen­ba­run­gen zweit­ran­gig gegen­über der eigent­li­chen Offen­ba­rung sind. Visio­nen wur­den aber auch nicht ver­stan­den als eine Art „wahr­sa­gen­de“ Prä­zi­si­ons­s­schau, son­dern als Bil­der und Zei­chen, die nicht 1:1 umsetz­bar sind (bedurf­ten fats immer auch des „Deu­ters“ ‑s. die Josefsge­schich­te). Wenn nun aber plötz­lich zuhauf Sehe­rin­nen auf­tau­chen, denen Maria gesagt habe, in so und so viel Jah­ren geschieht dies und dann das, kauft euch Kon­ser­ven und betet einen noch mal extra Rosen­kranz mit noch mal neu­en „Geheim­nis­sen“ —-
    Die Kir­che hat immer gelehrt, dass kein Mensch sol­chen Offen­ba­run­gen Glau­ben schen­ken muss, auch nicht, wenn die Kir­che sie aner­kennt. Das ist wich­tig, weil klar blei­ben muss, was unse­re Offen­ba­rung ist, sicher, unbe­zwei­fel­bar und göttlich!
    Woll­te ich aber die­sen aktu­el­len Offen­ba­run­gen fol­gen, käme ich buch­stäb­lich zu nichts ande­rem mehr als den gan­zen Tag vor dem Rech­ner zu sit­zen und nach­zu­se­hen, was nun heu­te schon wie­der alles an ver­schie­de­nen Orten der Welt „vor­her­ge­sagt“ wurde..
    Kann das wirk­lich noch rich­tig sein?
    Hat uns Jesus nicht gewarnt: Man wird sagen „Hier ist Chri­stus“ und „Da ist Chri­stus“ – folgt ihnen nicht. Folgt ihnen nicht! Das sagt Jesus, der ech­te Jesus, wie er uns unzwei­fel­haft offen­bart ist.
    Es ist auch die Flut, die Geschwät­zig­keit die­ser Pri­vat­of­fen­ba­run­gen, die mich befrem­det. Die Imma­cu­la­ta hat bei den ech­ten und aner­kann­ten ERschei­nun­gen in einem begrenz­ten Zeit­raum, an einem prüf­ba­ren Ort (es kamen vie­le Men­schen in Lour­des oder Fati­ma und hat­ten die Chan­ce, das selbst zu prü­fen…) nur weni­ges, das aber prä­gnant gesagt: jedes Kind konn­te es ver­ste­hen und berich­ten… Es hat Platz auf zwei Blättern…
    Ich kann folg­lich nicht glau­ben, dass die unbe­fleck­te Emp­fäng­nis so geschwät­zig ist. Schon in der Bibel redet sie nicht viel, bewegt viel ein­fach in ihrem Her­zen. Auch fin­de ich die­se laten­te Dro­hung, wer die­sen Offen­ba­run­gen nicht glau­be, ste­he am Schluss schlimm da, nicht ver­ein­bar mit der Leh­re der Kirche.
    Pro­phe­ti­sches Reden soll­te von Anfang an den Glau­ben wecken, es war eine Art „intui­ti­ves Lehr­amt“, nicht so etwas wie „Vor­her­sa­ge“. Und es muss­te bestä­tigt wer­den durch das Lehramt.
    Sicher­lich spü­ren im Moment vie­le Men­schen intui­tiv, dass auf uns etwas Unwäg­ba­res und Fin­ste­res zukommt. Man­che über­hitz­te See­le wird das in „Visio­nen“ umgie­ßen. Man­che „Visi­on“ kann aber auch licht­reich von der fal­schen Sei­te kom­men. Daher: Vor­sicht, Beson­nen­heit, Seelsorge!

  4. Die Offen­ba­rung ist Teil des Wor­tes Got­tes, der Bibel, eben­so wie die des Daniel.
    Der Gläu­bi­ge hat einen Anspruch das die kath. Kir­che sich damit auseinandersetzt.
    Die kath. Kir­che kann und darf das Wort nicht sel­ktiv verkünden.
    Der Stell­ver­tre­ter Chri­sti auf Erden muss­te dazu in der Lage sein. Natür­lich mei­ne ich damit
    nicht den Bischof von Rom.
    Ich den­ke und hof­fe das hier nie­mand „die Offen­ba­rung“ mit fal­schen Pro­phe­ten oder Pri­vat­of­fen­ba­run­gen gleich­set­zen will und wird.
    Oder wie ist es denn mit Lukas 17. 20 – 27 ? Geht uns das alles nichts an?

  5. @ Gerd Hengsberger

    Ich ver­ste­he den Bezug zu der genann­ten Bibel­stel­le nicht…
    Nach der Leh­re der Kir­che ist unter der „über­na­tür­li­chen“ Offen­ba­rung zual­ler­erst die Erschei­nung Jesu Chri­sti wie sie uns das NT berich­tet und das AT ange­kün­digt hat, zu ver­ste­hen. Im glei­chen Rang steht die ent­fal­te­te, in Dog­men und Ver­wer­fun­gen von Irr­leh­ren, die Tra­di­ti­on, die sich aus der Schrift und der münd­li­chen Über­lie­fe­rung durch die Apo­stel ergibt. Und das Natur­recht gilt auch als „natür­li­che“ Offenbarung.

    Alles ande­re ist kei­ne ver­bind­li­che „Offen­ba­rung“. Es kann sein, dass die Kir­che es aner­kennt, aber eben als Pri­vat­of­fen­ba­rung, und das ist ist was ande­res. Es galt immer die Norm: das kann jeder hal­ten wie er will, sofern es der Leh­re nicht wider­spricht. Aber nie­mand muss dar­an glau­ben. Die ewi­ge Selig­keit kann voll­kom­men ohne Inan­spruch­nah­me pri­va­ter Offen­ba­run­gen gewon­nen werden.
    Nun kennt die Kir­che aber auch von alters her das Pro­blem, dass die Leu­te mehr auf Pri­vat­of­fen­ba­run­gen hören als auf die eigent­li­che Offen­ba­rung, dass sie mehr auf Pro­phe­zei­un­gen ach­ten als auf die Ver­nunft und die per­sön­li­che Anbe­tung und Durch­wir­kung mit dem Hl. Geist.
    Ein wei­te­res Pro­blem ist die Kon­ta­mi­nie­rung sol­cher Pri­vat­of­fen­ba­run­gen vom Wider­sa­cher, der sich natür­lich klei­det wie ein Engel des Lich­tes, die­sel­ben Wor­te nutzt, auf die Inhal­te des wah­ren Glau­bens Bezug nimmt und nur durch mini­ma­le Ver­än­de­run­gen von Details, die der ein­fa­che Gläu­bi­ge nicht erkennt, die Her­de ver­füh­ren will. Des­halb ist es immer dem Lehr­amt der Kir­che vor­be­hal­ten gewe­sen, die­se Phä­no­me­ne als echt oder unecht einzustufen.
    Es gibt kein Recht auf Aner­ken­nung. Wenn die Kir­che auf­grund von Umstän­den und inne­ren Ver­wir­run­gen, man­ches auf die lan­ge Bank schiebt, ist das kein Beweis gegen die allei­ni­ge Kom­pe­tenz des Lehramtes.

    „Die kath. Kir­che kann und darf das Wort nicht sel­ktiv ver­kün­den. Der Stell­ver­tre­ter Chri­sti auf Erden muss­te dazu in der Lage sein. Natür­lich mei­ne ich damit nicht den Bischof von Rom.“ Sie wer­den mir ver­zei­hen, wenn ich die­se Sät­ze nicht verstehe?!
    Wen mei­nen Sie denn dann?
    Die Offen­ba­rung des Johan­nes und Dani­el sind jeden­falls bibli­sche Bücher und wur­den immer rezi­piert. Auch von den Päp­sten. Dass aber auch immer Men­schen sich mit einer gewis­sen Hyste­rie auf die Apo­ka­lyp­se stürz­ten, ist eben­so ein Faktum.
    Es gilt, nüch­tern und wach­sam zu bleiben.
    Die Kri­te­ri­en für die Echt­heit einer Erschei­nung bestim­men nicht mehr wir selbst.
    Es ist Vor­sicht angesagt!
    Aus­drück­lich wider­spre­chen möch­te ich dem etwas unbe­darf­ten State­ment Weih­bi­schof Launs, der sich zir­ku­lä­rer und tau­to­lo­gi­scher Argu­men­ta­tio­nen gegen eine Pri­vat­s­ehe­rin bedient, dass einem die Haa­re zu Ber­ge ste­hen. http://​www​.kath​.net/​n​e​w​s​/​4​2​365.
    Die Tat­sa­che, dass sei­ne Kri­tik unan­ge­mes­sen und pole­misch ist, ist aber immer noch kein Echt­heits­be­weis für die­se Ein­spre­chun­gen. Manch­mal sind Details sol­cher „Bot­schaf­ten“ sicht­lich wahr und ande­re wie­der sicht­lich falsch. Ins­ge­samt trägt dies eher zur Ver­wir­rung bei.

    • 1. mei­ne ich die die Päp­ste. und nicht den Bischo von Rom
      2. Das Wort ist nach mei­nem Ver­ständ­nis nicht allei­ne das Evangelium.
      3. Ich kann mich nicht erin­nern wann in der kath. Kir­che die Offen­ba­rung Bestand­teil eines Got­tes­diesn­stes gewe­sen wäre. Dafür kommt Pau­lus öfter zu Wort als die Apo­stel, oder die Apo­stel­ge­schicht usw.
      Aber ich bin ja Laie und nicht Schrift­ge­lehr­ter, daher sind mei­ne Erwar­tun­gen ande­re und natür­lich gehen sie an der Sache (dem wah­ren Glau­ben vorbei)
      Den­noch bin ich der Mei­nung das die Offen­ba­rung, von der Kir­che in die Bibel und damit in das Wort, auf­ge­nom­men wur­de, somit auch behan­delt, gelehrt und aus­ge­legt wer­den muss.
      Und das hat mit ande­ren mir unter­stell­ten zwei­fel­haf­ten Offen­ba­run­gen nichts zu tun.
      Ich kann die­se Ver­men­gung ‚mit dem besten Wil­len nicht nachvollziehen.
      Mir scheint es eher so zu sein dass man sich ger­ne dar­an vor­bei drückt damit man sein eigens Billd von der dem Wort Got­tes pfle­gen kann.
      Es wird sich übri­gens recht bald her­aus­stel­len das dies Offen­ba­run­gen (Johan­nes und Dani­el) viel rele­van­ter und für uns bedeu­ten­der sind als vie­le glau­ben. Wer Ohren hat zu hören.….

      • ad 1.) Der Bischof von Rom ist auch der Papst. Das war von Anfang an so und lässt sich nicht trennen.
        ad 2.) Das Ur-Wort, der „Logos“, der Sinn ist Jesus selbst. Die Hl. Schrift ist das offen­bar­te, prä­zi­se Wort an die Men­schen aller Zei­ten – mit allen ihren Büchern.
        ad 3.) Dane­ben gibt es Pri­vat­of­fen­ba­run­gen, die von Gott sein kön­nen, aber nicht ver­bind­lich geglaubt wer­den müs­sen. Sie soll­ten aber stets auch von der kirch­li­chen Auto­ri­tät aner­kannt wer­den, bevor man sie glaubt.

        Es gibt die ver­bind­li­che Lese­ord­nung in der katho­li­schen Leh­re. Im Zen­trum steht (sonn-)täglich ein Evan­ge­li­ums­text. Bei­geord­net wer­den die­ser Evan­ge­li­en­le­sung eine AT-Lesung und ein Text aus einem ande­ren NT-Brief oder Buch (z.B. Offen­ba­rung des Johan­nes). Das kön­nen Sie sehr gut erken­nen, wenn Sie sich einen Schott kau­fen. Es gibt drei Lese­jah­re (A,B,C). In drei Jah­ren wird so in der Hl. Mes­se die kom­plet­te Hl. Schrift vor­ge­tra­gen und reflektiert.

        Ich kann daher nicht sehen, dass sich hier „jemand vor­bei­drückt am Wort Got­tes“. Immer­hin ist das, was ich sage, ein objek­ti­ves Fak­tum. Ihre Beschrei­bung wür­de, wenn sie zuträ­fe, einen erheb­li­chen Miss­stand bei dem betref­fen­den Hoch­wür­den offenbaren. 

        Es geht nicht um die „Erwar­tun­gen“ von Lai­en oder Schrift­ge­lehr­ten. Bei­de wären irrele­vant. Eigent­lich bedeu­tet Katho­lisch­sein, dass jeder, der Kle­ri­ker wie der Laie sich abso­lut unter die Erwar­tun­gen Got­tes unter­ord­net und auf die­se Wei­se frei wird.

        Ich kann Ihnen nur emp­feh­len, den Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che zu lesen – aber den vollständigen.

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