Romano Guardini, der Lehrer, den Bergoglio (leider) nie hatte


Romano Guardini: war kein Lehrer von Papst Franziskus(Rom) In der offi­zi­el­len Bio­gra­phie von Papst Fran­zis­kus, die der Vati­kan nach sei­ner Wahl auf der Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls ver­öf­fent­lich­te, befin­det sich eine Unge­nau­ig­keit, auf die wir bereits vor Mona­ten hin­ge­wie­sen hat­ten. Nun kam der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster dar­auf zurück, weil die Stel­le noch nicht kor­ri­giert wur­de. Sie lau­tet nach wie vor: „Im März 1986 geht er [Jor­ge Mario Berg­o­glio] nach Deutsch­land, um sei­ne Dis­ser­ta­ti­on abzuschließen.“

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Die Stel­le war inter­es­sant, weil ein Auf­ent­halt des neu­en Pap­stes in Deutsch­land von beson­de­rem Inter­es­se ist. Vie­le Medi­en des deut­schen Sprach­raums ver­brei­te­ten des­halb in den ersten Wochen nach der Wahl die Nach­richt. Die Abfas­sung einer Dis­ser­ta­ti­on an einer deut­schen Uni­ver­si­tät ließ eine Ver­traut­heit mit der deut­schen Kul­tur, den ört­li­chen Ver­hält­nis­sen ver­mu­ten und vor allem gute Deutsch­kennt­nis­se. Zumin­dest für 1986 durf­te dies noch ange­nom­men wer­den. Die Selbst­am­pu­ta­ti­on von Deutsch als Wis­sen­schafts­spra­che ist inzwi­schen soweit fort­ge­schrit­ten, daß dies für das Jahr 2013 nicht mehr zwin­gend ange­nom­men wer­den darf. Inzwi­schen ist auch bekannt, daß Papst Fran­zis­kus „nur“ Spa­nisch und Ita­lie­nisch spricht.

Der Grund, wes­halb Magi­ster auf die Unge­nau­ig­keit zurück­kam, ist eine Ver­öf­fent­li­chung des Osser­va­to­re Roma­no vom 19. Okto­ber, in der die Anga­be noch ver­schlimm­bes­sert wur­de. Im Hin­weis auf die Ver­öf­fent­li­chung eines Buches mit den Schrif­ten Roma­no Guar­di­nis über den Hei­li­gen Bona­ven­tura wur­de ein Abschnitt aus der Buch­prä­sen­ta­ti­on durch Pro­fes­sor Sil­va­no Zucal, Ordi­na­ri­us für Theo­re­ti­sche Phi­lo­so­phie an der Uni­ver­si­tät Tri­ent abge­druckt, die bereits zuvor in der katho­li­schen Tages­zei­tung Avve­ni­re erschie­nen war.

„Das wirk­lich bei­spiel­lo­se Schick­sal Roma­no Guar­di­nis ist es, eine Art ‚Lehr­mei­ster‘ für gleich drei Päp­ste gewe­sen zu sein. Paul VI. för­der­te per­sön­lich die ersten Über­set­zun­gen ange­fan­gen vom klei­nen Buch Das Gute, das Gewis­sen und die Samm­lung, das er sei­nen Zög­lin­gen der katho­li­schen Hoch­schul­ju­gend emp­fahl. Bene­dikt XVI. ver­steht sich sogar als eine Art von geist­li­chem und intel­lek­tu­el­lem Schü­ler des gro­ßen Den­kers. Und Papst Fran­zis­kus schließ­lich ver­brach­te fast zwei Jah­re in Deutsch­land, um Guar­di­ni zu lesen und zu studieren…“.

In Wirk­lich­keit, wie die Phi­lo­so­phisch-Theo­lo­gi­sche Hoch­schu­le Sankt Geor­gen des Jesui­ten­or­dens in Frank­furt am Main nach der Wahl von Papst Fran­zis­kus mit­teil­te, begab sich Berg­o­glio 1986 für kur­ze Zeit tat­säch­lich nach St. Geor­gen „um sich mit eini­gen Pro­fes­so­ren über das Pro­jekt einer Dis­ser­ta­ti­on zu bespre­chen“, dazu gekom­men ist es dann aber nicht.

„Es waren also nicht ‚fast zwei Jah­re‘, son­dern ‚eini­ge Mona­te‘. Und vor allem kein Dok­to­rat, nicht ein­mal nahe am Abschluß, weil die Dis­ser­ta­ti­on im Pla­nungs­sta­di­um blieb“, so Magister.

Und wei­ter: „Daß Guar­di­ni als ‘Lehr­mei­ster’ von Papst Berg­o­glio ange­se­hen wer­den könn­te, ist eine The­se, die neu klingt.“

Im Civil­tà  Cat­to­li­ca-Inter­view von Papst Fran­zis­kus, in dem er sei­nen bevor­zug­ten Autoren aus­gie­big Raum wid­met, kommt Guar­di­ni nicht vor. Auch nicht in sei­nen ande­ren Schrif­ten und Ansprachen.

„Vor allem aber gibt es ein gro­ße Distanz zwi­schen der Sicht­wei­se Berg­o­gli­os und jener des gro­ßen deutsch-ita­lie­ni­schen Theo­lo­gen, sowohl im Bereich der Lit­ur­gie (wo hin­ge­gen sein Ein­fluß auf Joseph Ratz­in­ger sehr stark ist), als auch in der Kri­tik der moder­nen Gesell­schaft und der Auf­fas­sung vom per­sön­li­chen Gewis­sen (wo das Buch, das Gio­van­ni Bat­ti­sta Mon­ti­ni über­set­zen ließ, nichts mit der ober­fläch­li­chen Defi­ni­ti­on von Gewis­sen von Papst Fran­zis­kus im Brief und dann im Gespräch mit Euge­nio Scal­fa­ri zu tun hat). Das Werk, das Berg­o­glio von Guar­di­ni las und bewun­der­te, war Der Herr. Des­we­gen dach­te er, des­sen Den­ken zu ver­tie­fen, was ihm dann aber nicht gelang“, so Magister.

Text: Set­ti­mo Cielo/​Giuseppe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo

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