Papst Franziskus und die Liturgie – „Rein funktionaler Zugang“, Vorbehalte gegen Tradition, Knieschwäche vor dem Herrn


Vor dem Allerheiligsten Stehen oder Sitzen das Vorbild von Papst Franziskus(Vati­kan) Die Kuri­en­re­form, auf die der­zeit Medi­en und mehr noch die Kir­chen­ver­tre­ter gebannt schau­en wie das Kanin­chen auf die Schlan­ge, hat erst begon­nen. Die einen in der Kir­che hoff­fen struk­tu­ren­fi­xiert und revan­che­süch­tig dar­auf, daß die römi­sche „Zen­tra­le“ geschwächt wird. Für die unge­hor­sa­men Rebel­len­prie­ster um den Wie­ner Hel­mut Schül­ler, die sich gera­de in Bre­genz „inter­na­tio­nal ver­net­zen“, wäre das noch immer zu wenig. Sie wol­len nicht „war­ten“ müs­sen, bis Papst Fran­zis­kus etwas sagt. Damit hät­te sich am „alten System“ nichts geän­dert, wie Schül­ler vor weni­gen Tagen den Medi­en anvertraute.
Die ande­ren in der Kir­che sind besorgt, nicht weni­ge scheint eine gewis­se Läh­mung befal­len zu haben, vor allem in Rom, wo vie­le Posten zu Schleu­der­sit­zen gewor­den sind und die vagen, sprung­haf­ten Aus­sa­gen des Pap­stes eine kla­re Linie ver­mis­sen lassen.

Anzei­ge

Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster erin­nert an die Neue­run­gen, die Papst Fran­zis­kus im Bereich der Lit­ur­gie vor­ge­nom­men hat. Zunächst ver­weist Magi­ster dar­auf, daß Fran­zis­kus Kuri­en­erz­bi­schof Gui­do Poz­zo, den Bene­dikt XVI. zum Päpst­li­chen Almo­se­ni­er gemacht hat­te, wie­der als Sekre­tär an die Päpst­li­che Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei zurück­be­ru­fen hat. Eccle­sia Dei ist für die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Orden, Gemein­schaf­ten und Gläu­bi­gen in der Kir­che zustän­dig und für die Umset­zung des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum. Eine wei­te­re Auf­ga­ben von Eccle­sia Dei besteht dar­in, eine Eini­gung mit der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. zu suchen. „Aber mit einem Papst wie Fran­zis­kus scheint eine Ver­söh­nung mit den Lefeb­vria­nern nicht nur aus­ge­schlos­sen, son­dern auch für die tra­di­tio­na­li­sti­schen Katho­li­ken zeich­net sich eine unge­wis­se Zukunft ab. Bereits die ersten Schrit­te Berg­o­gli­os im Bereich der Lit­ur­gie haben Letz­te­re in Nie­der­ge­schla­gen­heit gestürzt.“

Drei Gründe, warum die Alarmglocken läuten – Grund 1: das Verbot für die Franziskaner der Immakulata

Papst Franziskus und die LiturgiePapst Berg­o­glio, so Magi­ster, traf bis­her zwei Ent­schei­dun­gen im Bereich der Lit­ur­gie. Die erste sorg­te für viel Lärm und war das dem Orden der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta auf­er­leg­te Ver­bot, die Hei­li­ge Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus zu zele­brie­ren (sie­he eige­nen Bericht). Das Ver­bot wird als Ein­schrän­kung und Angriff auf das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­kum von Bene­dikt XVI. gesehen.

Die Absicht Bene­dikts XVI. ist in sei­nem Brief an alle Bischö­fe der Welt dar­ge­legt. Jedem Prie­ster ist es unge­hin­dert frei­ge­stellt, im alten oder im neu­en Ritus zu zele­brie­ren. Die bei­den For­men des Römi­schen Ritus sol­len sich gegen­sei­tig befruch­ten, was einer ein­deu­ti­gen Auf­wer­tung des über­lie­fer­ten Ritus ent­spricht, der bis vor kur­zem de fac­to sogar noch als „ver­bo­ten“ galt.

Papst Fran­zis­kus hat dies­be­züg­lich eine enge­re Mei­nung. Im Inter­view mit der Jesui­ten­zeit­schrift Civil­tà  Cat­to­lica (deut­sche Über­set­zung in der deut­schen Jesui­ten­zeit­schrift Stim­men zur Zeit) erklär­te er, die von Bene­dikt XVI. gewähr­te Erlaub­nis sei ledig­lich ein Zuge­ständ­nis zur Befrie­di­gung nost­al­gi­scher Wün­sche gewe­sen für „eini­ge Per­so­nen, die die­se Sen­si­bi­li­tät haben“.

„Mit den tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Katho­li­ken geht Berg­o­glio nicht sanft um“, so Magi­ster. „Wenn er über tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Katho­li­ken spricht, spricht er aus­ge­spro­chen nega­tiv. Auch im Civil­tà  Cat­to­li­ca-Inter­view bezeich­ne­te er ‚die Gefahr einer Ideo­lo­gi­sie­rung des Vetus ordo, sei­ne Instru­men­ta­li­sie­rung als besorg­nis­er­re­gend‘. An die­ser Stel­le dürf­te auch der Grund für den Ein­griff bei den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta zu suchen sein.

Bei zwei wei­te­ren Gele­gen­hei­ten stem­pel­te er Tra­di­tio­na­li­sten ab als Ver­fech­ter einer ‚Restau­ra­ti­on von über­hol­ten Ver­hal­tens­wei­sen und For­men, die nicht ein­mal kul­tu­rell die Fähig­kei­ten haben bedeu­tend zu sein‘.“ Magi­ster nennt die Gele­gen­hei­ten nicht, bei denen sich Papst Fran­zis­kus so äußer­te. Der Chro­nik wegen sol­len sie jedoch erwähnt wer­den. Es war ein­mal am 6. Juni die Begeg­nung mit dem Vor­stand des Dach­ver­ban­des der Ordens­leu­te Latein­ame­ri­kas und der Kari­bik (CLAR) (sie­he eige­nen Bericht) und zum ande­ren am 28. Juli sei­ne Rede vor dem Koor­di­na­ti­ons­ko­mi­tee der Bischofs­kon­fe­renz für Latein­ame­ri­ka und der Kari­bik (CELAM) (sie­he eige­nen Bericht). In bei­den Fäl­len wand­te er sich an ein latein­ame­ri­ka­ni­sches Publi­kum und es war unklar, ob sei­ne Aus­sa­ge gene­rell oder nur auf bestimm­te Erschei­nun­gen in Latein­ame­ri­ka bezo­gen waren.

Grund 2: Austausch aller Consultoren des päpstlichen Zeremonienamtes

„Die zwei­te von Papst Fran­zis­kus getrof­fe­ne Ent­schei­dung ist die Ent­fer­nung aller fünf Con­sul­to­ren des Amtes für die päpst­li­chen Lit­ur­gien“, so Magi­ster. Wäh­rend die Vor­gän­ger sich alle in Ein­klang mit dem Wunsch von Bene­dikt XVI. nach lit­ur­gi­scher Erneue­rung befan­den, „fin­den sich unter den Neu­ernann­ten eini­ge der eif­rig­sten Ver­fech­ter der in den Jah­ren von Johan­nes Paul II. unter der Regie des dama­li­gen päpst­li­chen Zere­mo­nien­mei­sters Pie­ro Mari­ni ein­ge­führ­ten Neue­run­gen“, so der Vatikanist.

Seit eini­ge Zeit, um genau zu sein, seit dem 4. April, also kaum drei Wochen nach der Wahl des neu­en Pap­stes geht das Gerücht um – „zum Schrecken der Lieb­ha­ber der Tra­di­ti­on – , daß Pie­ro Mari­ni von Berg­o­glio sogar zum Prä­fek­ten der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on ernannt wer­den könn­te (sie­he eige­nen Bericht). Selbst wenn die­se Stim­men sich als halt­los erwei­sen soll­ten, bleibt die Tat­sa­che, daß die der­zei­ti­gen päpst­li­chen Lit­ur­gien sich sicht­lich von jenen Bene­dikts XVI. unterscheiden“.

„Der Gip­fel der Unter­schie­de war die von Fran­zis­kus am Strand an der Copa­ca­ba­na zele­brier­te Mes­se zum Abschluß des Welt­ju­gend­ta­ges in Rio de Janei­ro mit einem „Musi­cal“, das mit Soli­sten, Chö­ren und Rhyth­men, die ins Sta­di­um gehö­ren, mit­ten ins Herz der Lit­ur­gie ein­ge­bro­chen ist“, so Magister.

Grund 3: Fehlende Kniebeuge bei Wandlung – Stehen und Sitzen bei Eucharistischer Anbetung

Aber auch ohne die­se „Exzes­se“, gibt es sich wie­der­ho­len­de Ele­men­te im Zele­bra­ti­ons­stil des Pap­stes, die „den Gläu­bi­gen nega­tiv auf­ge­fal­len sind“. Ihnen ver­lieh die mexi­ka­ni­sche Katho­li­kin Lucre­cia Rego de Pla­nas eine öffent­li­che Stim­me mit einem Offe­nen Brief an Papst Fran­zis­kus vom 23. Sep­tem­ber, der um die Welt ging. Die Mut­ter von neun Kin­dern, Uni­ver­si­täts­do­zen­tin und Freun­din des Pap­stes seit lan­ger Zeit schreibt im Brief dar­un­ter „zu lei­den“, Berg­o­glio zu sehen, der auch als Papst „weder vor dem Taber­na­kel noch nach den Wand­lungs­wor­ten die Knie­beu­ge macht“, wie er es schon als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires nicht getan hatte.

„In der Tat ist es so“, so Magi­ster. „In der Mes­se macht Papst Fran­zis­kus nach der Kon­se­kra­ti­on von Brot und Wein nie die von der Lit­ur­gie vor­ge­schrie­be­ne Knie­beu­ge, son­dern ver­neigt sich nur. Und in Rio de Janei­ro bei der nächt­li­chen Anbe­tung vor dem Aller­hei­lig­sten Altar­sa­kra­ment, die welt­weit im Fern­se­hen über­tra­gen wur­de, blieb er ste­hen oder sit­zen“ (sie­he Bild).

Ein Knie­pro­blem ist aus­zu­schlie­ßen, die Bil­der, die den Papst vor dem Gna­den­bild der Got­tes­mut­ter in San­ta Maria Mag­gio­re, gemein­sam mit Bene­dikt XVI. in Castel Gan­dol­fo oder am Grün­don­ners­tag bei der Fuß­wa­schung im Jugend­ge­fäng­nis knien zei­gen, gin­gen um die Welt. Auch am 7. Sep­tem­ber knie­te der Papst bei der Eucha­ri­sti­schen Anbe­tung auf dem Peters­platz, den er als Tag des Gebets und des Fastens für den Frie­den in Syri­en aus­ge­ru­fen hatte.

Um so erstaun­li­cher ist die von Fran­zis­kus auf dem Rück­flug von Rio de Janei­ro vor den Jour­na­li­sten geäu­ßer­te Bewun­de­rung für die ost­kirch­li­che Lit­ur­gie, ihren sakra­len Cha­rak­ter und ihre Treue zur Tra­di­ti­on (sie­he eige­nen Bericht). Wor­te, die offen­sicht­lich vor allem als net­te Geste gegen­über den Ortho­do­xen gedacht waren.

Unter den fünf neu­en Con­sul­to­ren im Amt der päpst­li­chen Lit­ur­gien befin­det sich erst­mals mit Pater Manu­el Nin ein Mönch des byzan­ti­ni­schen Ritus. Er ist Rek­tor des Päpst­li­chen Grie­chi­schen Kol­legs von Rom. Dane­ben ste­hen nun aber Con­sul­to­ren wie der Ser­vi­ten­pa­ter Sil­va­no Mag­gia­ni und der Mon­forta­ner­pa­ter Cor­ra­do Mag­gio­ni, die bei­de aus der Mann­schaft von Pie­ro Mari­ni stammen.

„Kurz­um, es gibt in Berg­o­glio ein Schwan­ken in den Ernen­nun­gen, in den Gesten und den Wor­ten, das es schwie­rig macht, sei­ne Ent­schei­dun­gen zu inter­pre­tie­ren und noch weni­ger sei­ne künf­ti­gen Schrit­te vor­her­zu­se­hen“, so Magister.

Hinter den Kulissen: Franziskus stoppte Verbot liturgischer Sonderformen der Neokatechumenalen

Neben die­sen bei­den öffent­li­chen Ent­schei­dun­gen, gibt es aber noch eine drit­te, die hin­ter den Kulis­sen geschah: Er blockier­te die Über­prü­fung der Mes­sen des Neo­ka­techu­me­na­len Wegs durch die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on. Bene­dikt XVI. hat­te per­sön­lich im Febru­ar 2012 nach meh­re­ren Ein­ga­ben die Kon­gre­ga­ti­on damit beauf­tragt, fest­zu­stel­len, ob es in die­sen Mes­sen zu lit­ur­gi­schen Miß­bräu­chen kommt und wenn ja, wel­chen“ und die­se abzu­stel­len, so Magi­ster (sie­he eige­nen Bericht).

„Die bereits begon­ne­ne Über­prü­fung fiel aus­ge­spro­chen ungün­stig für den von Fran­cis­co ‚Kiko‘ Argüel­lo und Car­men Her­nan­dez gegrün­de­ten und gelei­te­ten Neo­ka­techu­me­na­len Weg aus, die immer sehr arg­los beim Model­lie­ren der Lit­ur­gie nach ihren Vor­stel­lun­gen waren. Nun füh­len sie sich sicher. Die Bestä­ti­gung, der Gefahr ent­schlüpft zu sein, erhiel­ten sie von Papst Fran­zis­kus selbst in einer Audi­enz, die er ihnen am 5. Sep­tem­ber gewähr­te“, so Magister.

Benedikt XVI. mit dem Rotstift gegen Papst Franziskus?

Als gegen­sätz­li­che Pole ste­hen sich zwei Ein­grif­fe von Papst Fran­zis­kus gegen­über, ein­mal der Ein­griff gegen den über­lie­fer­ten Ritus bei den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta, und dem dia­me­tral ent­ge­gen­ge­setzt der Ein­griff zugun­sten selt­sa­mer lit­ur­gi­scher Son­der­for­men des Neo­ka­techu­me­na­len Wegs, jener Mes­se, die Bene­dikt XVI. miß­fiel. Aus dem Civil­tà  Cat­to­li­ca-Inter­view, das von Magi­ster als „Mani­fest sei­nes Pon­ti­fi­kats“ bezeich­net wird, geht wohl die Erklä­rung dafür her­vor, näm­lich, daß Papst Fran­zis­kus „die nach­kon­zi­lia­re Lit­ur­gie­re­form aus­schließ­lich unter funk­tio­na­len Gesichts­punk­ten wahr­nimmt“. Wört­lich sag­te der Papst: „Die „Arbeit der Lit­ur­gie­re­form war ein Dienst am Volk, um das Evan­ge­li­um neu zu lesen, ange­fan­gen bei einer kon­kre­ten histo­ri­schen Situa­ti­on.“ Dazu Magi­ster: „Wäre Berg­o­glio ein Schü­ler Ratz­in­gers – ein gro­ßer Gelehr­ter, der die Lit­ur­gie liebt, die das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil cul­men et fons des Lebens der Kir­che nann­te, dann wür­de er ihm die­se Aus­sa­ge rot anstreichen.“

Text: Set­ti­mo Cielo/​Giuseppe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo/​CTV (screen­shot)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!