(Den Haag) Obwohl die Nebenwirkungen alarmierend sind, behauptet die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) der Europäischen Union weiterhin, daß die Verhütungspille Diane-35 von Bayer nicht gefährlich sei.
Die niederländische Arzneimittelbehörde College ter Beoordeling van Geneesmiddelen (CBG) kündigte die Veröffentlichung einer neuen Studie an, aus der hervorgeht, daß allein in Holland mindestens 27 Frauen nach der Einnahme der Anti-Baby-Pille Diane-35 gestorben sind. Eigentlich brachte Bayer das Produkt gegen Akne auf den Markt. Sie funktioniert auf hormoneller Basis und hat „praktischerweise“ auch die Wirkung einer Anti-Baby-Pille. Die „geniale“ Kombination erschließt für Bayer den Markt unter jungen und jüngsten Mädchen. Akne bekämpfen und unerwünschte Schwangerschaften verhindern. Kauf eins, nimm zwei. Ein Verkaufsrenner für den Pharmamulti in einer sexualisierten Gesellschaft, bei der Sexualität allerdings in der Regel zu Lasten der Frau geht.
Seit 1987 ist das Bayer-Produkt auf dem niederländischen Markt der Kinderverhütung. Bis Mai 2013 waren 18 Todesfälle junger Frauen registriert worden. In den vergangenen Monaten schnellte die Zahl plötzlich hoch. Innerhalb von fünf Monaten wurden neun weitere Todesfälle gemeldet. Die Leiterin der niederländischen Arzneimittelbehörde schlägt Alarm.
Todesfälle in ganz Europa
Erst vor zwei Wochen versicherte die Europäische Arzneimittel-Agentur der EU den Frauen, sie könnten sorglos mit der Einnahme des Pharmakums fortfahren. Es bestehe kein Risiko. Die Gefahr einer venösen Thrombembolie sei zwar gegeben aber ausgesprochen selten. Die EMA vermied jeden Hinweis auf die Todesfälle, die die Bayer-Pille in Europa und auf der ganzen Welt gefordert hat. Ebensowenig erwähnte die EMA, daß Thrombembolie zum Tode führen kann.
In Frankreich wurde das Bayer-Produkt Anfang des Jahres aus eben diesen Gründen aus dem Verkehr gezogen. Der Verkauf der Pille wurde verboten, nachdem vier junge Frauen an deren Folgen gestorben waren und sich rund einhundert in Lebensgefahr befanden. Auch in Großbritannien sorgte der Tod einer 16-Jährigen für Aufsehen, nachdem sie mit der Einnahme der Verhütungspille begonnen hatte. In Großbritannien angestellte Untersuchungen ergaben zudem einen Zusammenhang zwischen der Pille Diane-35 und Depressionenn.
Millionenklagen
In Kanada, wo im Januar ein 18jähriges Mädchen gestorben ist, wurden bisher elf Todesfälle mit der Anti-Baby-Pille in Verbindung gebracht. In den USA belaufen sich die bekannten Todesfälle auf mehr als 50. Der Pharmakonzern Bayer zahlte dort bereits rund 750 Millionen Dollar Schadenersatz an mehr als 3.500 gesundheitlich irreparabel geschädigte Frauen. Weitere 3.800 Fälle mit Schadenersatzforderungen gegen Bayer sind anhängig. Dennoch tun die Arzneimittelbehörden der meisten Staaten so als wüßten sie von nichts. Der Tod einiger Frauen wird als Kollateralschaden eines „höheren Gutes“, der Verhütung in Kauf genommen. Verhütung meint „folgenlose“ Verfügbarkeit der Frau für den Geschlechtsverkehr.
Von den Todesfällen durch die Anti-Baby-Pille wird nicht gesprochen, wie das Beispiel der EU-Arzneimittel-Agentur belegt. Die Rede ist nur davon, daß „die Pille das effizienteste Mittel ist, um unerwünschte Schwangerschaften zu vermeiden“. Ist das nicht auch eine Form von Femizid?
Bayer und der Femizid
Diane-35 gehört einer älteren Generation von Anti-Baby-Pillen an. Doch Bayer hat mit den jüngeren Generationen nicht weniger Probleme. Zu der jüngsten Generation zählt die Verhütungspille Yasmin. Die Liste der Todesfälle unter jungen Frauen wird auch dort länger. Ebenso die Liste der Gerichtsverfahren und Klagen auf Schadenersatz. Das Geschäft mit der Kinderverhütung ist mit Milliardenumsätzen jedoch so lukrativ, daß weder die Todesfälle und nicht einmal Schadenersatzzahlungen von mehreren hundert Millionen Euro die Pharmaindustrie zum Rückzug des Produkts bewegen können.
Dahinter steht auch gesellschaftlicher Druck. Würden die Anti-Baby-Pillen – wie es eigentlich sein müßte – wegen ihrer Gefährlichkeit für Leib und Leben der Frauen vom Markt genommen, wäre das der Gnadenstoß für die verbreitete Verhütungs- und Abtreibungsmentalität. Das aber scheint nicht im gesellschaftlichen Interesse zu liegen, weshalb die Arzneimittelbehörden fast ausnahmslos nicht ein, sondern zwei Augen zudrücken und weitere Mädchen und Frauen sterben oder andere schwerwiegende gesundheitliche Schäden davontragen werden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi