(Rom) Am vergangenen Wochenende veranstaltete die Katholische Allianz in Zusammenarbeit mit zahlreichen katholischen Organisationen von Ferrara wie der Katholischen Aktion und Comunione e Liberazione (CL) unter der Schirmherrschaft von Erzbischof Luigi Negri von Ferrara-Comacchio eine Tagung über die Freimaurerei mit dem Thema: „Das Kreuz und der Kompaß“. Damit wurde an die vor 30 Jahren vom Heiligen Stuhl veröffentlichte „Erklärung über die Freimaurervereinigungen“ gedacht.
Die Eröffnungsrede hielt der bekannte Rechtssoziologe Massimo Introvigne, ein ausgewiesener Experte in Sachen Freimaurerei.
Hat sich in der Position der Kirche zur Freimaurerei nichts geändert oder doch etwas geändert? Letzteres behaupten gelegentlich auch Kirchenvertreter, wie der Wiener Dompfarrer Toni Faber, daß die kirchliche Lehre zur Freimaurerei sich „geändert“ habe oder „unklar“ und „interpretierbar“ sei (zu Toni Faber siehe eigenen Bericht). Als Zusammenfassung der Tagung veröffentlichen wir den Vortrag des Rechtsoziologen und ehemaligen OSZE-Repräsentanten gegen die Diskriminierung und Benachteiligung von Christen in deutscher Übersetzung.
Immer wieder kursieren Behauptungen, dieser oder jener Kirchenvertreter oder Katholik sei Freimaurer. Introvigne liefert eine sichere Orientierungshilfe, um die Frage klären zu können, ob auch Kirchenvertreter oder Katholiken mit oder ohne Schurz der Loge angehören. Oder um entsprechende Verleumdungen als solche zu entlarven und ihnen daher keinen Glauben zu schenken.
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30 Jahre Verurteilung der Freimaurerei durch die Katholische Kirche
von Massimo Introvigne
Vor 30 Jahren, am 26. November 1983 veröffentlichte die Glaubenskongregation ihre „Erklärung über die Freimaurervereinigungen“, die speciali modo vom damaligen Papst Johannes Paul II. (1978–2005) approbiert worden war. Sie bildet bis heute die geltende Rechtsnorm der Kirche im Verhältnis zur Loge und wurde in weiteren Erläuterungen ein Jahr später von der Glaubenskongregation vertieft (siehe Überlegungen ein Jahr nach der Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre: Unvereinbarkeit von christlichem Glauben und Freimaurerei).
Freimaurerei hängt mit Problem der Moderne und der Antwort auf den Pluralismus zusammen
Das Problem der Freimaurerei kann nur im Zusammenhang einer allgemeinen Untersuchung des Problems der Moderne verstanden werden. Das wesentlichste Merkmal der Moderne ist der Pluralismus, nicht nur im Sozialen, sondern auch der Ideen. Das gleichzeitige Nebeneinander unterschiedlicher sozial relevanter Gruppen, untereinander unvereinbarer Ideen über den Ursprung und das Schicksal der Erde und des Menschen und damit unterschiedlicher Sichtweisen der Welt, verschiedener Philosophien und Religionen wird als normal betrachtet, ja sogar gefördert.
Angesichts des Pluralismus der Ideen, vor allem in Ländern, in denen er spät und plötzlich Einzug hielt, zeigen sich ganz unterschiedliche Reaktionen. Auf der einen Seite gibt es eine Flucht vor dem Pluralismus, der intellektuell unverständlich erscheint, in „kleine Welten“. In diesen wird der Pluralismus geleugnet und widersprüchliche Botschaften auf die selektive Wahrnehmung einer einzigen Botschaft reduziert. Das ist bei den sogenannten „Sekten“ der Fall, die sich psychisch, manchmal auch physisch von der pluralistischen Welt absondern und so der intellektuellen Auseinandersetzung aus dem Weg gehen. Das extreme Gegenteil der „Sekten“ bilden Gruppen, die durch einen ausgeprägten Synkretismus und Relativismus geprägt sind. Für sie sind alle widersprüchlichen Botschaften einer pluralistischen Gesellschaft gleichzeitig, wenn auch nur relativ, wahr. Es brauche nur einen Schlüssel, um die Widersprüchlichkeiten in irgendeiner Konstruktion irgendwie „logisch“ zu ordnen.
Viele dieser Relativismen und Synkretismen enthalten ein esoterisches Element. Äußerlich sind, gemäß dieser Sichtweise, die verschiedenen Religionen und Philosophien zwar im Widerspruch zueinander, aber jede enthalte doch irgendwie einen tieferen und geheimen Teil und diese geheimen Teile würden sich nicht widersprechen, sondern vielmehr übereinstimmen.
Rosenkreuzer-Legende: Paradebeispiel einer synkretistischen und esoterischen Antwort auf die Widersprüchlichkeit der pluralistischen Gesellschaft
Ein typisches Beispiel für die synkretistische und esoterische Antwort auf das Bedürfnis, die Widersprüchlichkeit einer pluralistischen Gesellschaft zu lösen, ist das Entstehen der Rosenkreuzer-Legende. Ihr zufolge sei der ‚geheime Kern‘, der hinter den verschiedenen Religionen steckt und sie eint, bereits seit dem Mittelalter einer Bruderschaft von Eingeweihten bekannt gewesen, die von einem gewissen Christian Rosenkreutz gegründet wurde. Die Legende der Rosenkreuzer wurde zwar bereits im 16. Jahrhundert in Umlauf gesetzt, erlangte aber erst im 17. Jahrhundert weite Verbreitung durch die Veröffentlichung von drei Texten: die Fama fraternitatis (1614, 2014 wird mit zahlreichen Tagungen und Veranstaltungen daran erinnert); die Confessio (1615) und Die Cymische Hochzeit des Christian Rosenkreutz (1616). Diese Texte wurden extrem ernst genommen. Sogar ein Philosoph wie René Descartes (1595–1650) widmete mehr als ein Jahr seines Lebens der Suche der mysteriösen Rosenkreuzer in Deutschland. Heute wissen die Historiker mit Sicherheit, daß es unmöglich war, die Rosenkreuzer zu finden und zwar aus einem guten Grund: sie existierten nicht. Im Mittelalter hatte keine Bruderschaft der Rosenkreuzer existiert. Die Legende war wie der Name schon sagt, eine Legende. Eine Legende, die vom deutschen lutherischen Pastor Johann Valentin Andreae (1586–1654) und anderen erfunden wurde.
Im 17. Jahrhundert finden sich also keine Rosenkreuzer. Aber im ganzen 17. und 18. Jahrhundert wächst die Zahl derer, die sie suchen. An den vielen Orten, an denen man die Rosenkreuzer sucht, sind – vor allem in England und Schottland – auch die alten Zünfte und Handwerkerkorporationen, die dabei sind, ihre wirtschaftliche Bedeutung zu verlieren, aber einen reichen Corpus an Symbolen und Legenden bewahren und noch gesellschaftlich eine Rolle spielen. Wegen des reichen Legendenschatzes wurden die Rosenkreuz-Sucher vor allem von der Steinmetzgilde angezogen, die in London als „Freemasons“ bezeichnet wurden, daher die deutsche Bezeichnung Freimaurer, im Französischen „franc-macons“ und im Italienischen „framassoni“. Die Zunft sammelte, gemäß Zunftzwang, alle Maurer, Steinmetze und Architekten. Mit dem schrittweisen Wegfall des Korporationszwangs und damit der ursprünglichen Bedeutung als Berufsvereinigung wurden neben den alten „operativen“ Mitgliedern auch sogenannte „spekulative“ Mitglieder aufgenommen, die nicht diesen Beruf ausübten, aber sich für die Legenden interessierten und hofften, ein geheimes Wissen zu erlangen und damit die Spur zu den Rosenkreuzern zu finden.
Von der Suche nach den Rosenkreuzern zur Freimaurerei
Der 24. Juni 1717 gilt für den Großteil der Historiker als Gründungsdatum der modernen Freimaurerei. In Wirklichkeit läßt sich an diesem Datum eine neue Situation festhalten, zumindest für die Stadt London. Dort setzten sich die Logen der freien Maurer fast ausschließlich nur mehr aus „spekulativen“ Mitgliedern zusammen. Die „operativen“ Mitglieder gab es praktisch nicht mehr. Über eine alte Einrichtung hatte sich eine neue gestülpt. Und diese neue Situation verlangte schließlich auch nach neuen Statuten, deren Redaktion dem presbyterianischen Pastor James Anderson (1680 oder 1694–1739) anvertraut wurde, einem „spekulativen“ Maurer, aber auch von Beruf Schriftsteller, der gegen Bezahlung gewünschte Bücher verfaßte.
Der wichtigste Teil von Andersons „Konstitutionen“ ist jener der „Pflichten“, die noch immer in der Großloge von London verbindlich gilt und Grund für zahlreiche Abspaltungen in der Geschichte war, die sich vor allem auf die erste und die zweite „Pflicht“ bezogen. Die erste sieht vor, daß ein Freimaurer niemals weder „engstirniger Gottesleugner, noch ein bindungsloser Freigeist sein kann“. Es geht dabei allerdings nicht darum, einer bestimmten religiösen Denomination zu folgen, sondern lediglich „jener Religion, in der alle Menschen übereinstimmen, und jedem seine besonderen Überzeugungen selbst zu belassen“. Die zweite Pflicht verlangt vom Freimaurer „Treue“ gegenüber dem Staat und verbietet den Logen jedwede direkte politische Aktivität. Sollte allerdings ein Logenbruder zum „Rebellen“ gegen die Autorität werden, ist er nicht darin zu bestärken, doch das Bruderband bleibt „unauflöslich“. Einige Meinungsverschiedenheiten provozierte auch die dritte „Pflicht“, die Frauen von der Freimaurerei ausschließt und die sechste „Pflicht“, die vorschreibt, wenn auch ohne das Wort „geheim“ zu gebrauchen, daß man „vorsichtig“ sei, auf daß nicht einmal der „scharfsinnigste Fremde ausfindig machen kann, was sich zur Weitergabe nicht eignet“.
Von Riten und Organisationen: reguläre und irreguläre Freimaurerei – und die Loge P2
Die Freimaurerei entstand mit den drei Graden der alten katholischen Korporationen und Zünfte: Lehrling, Geselle, Meister, doch später führen komplexe Vorgänge zur Formulierung verschiedener „Riten“ (Schottischer Ritus, Ritus von York usw.), die eine Anzahl von Graden bis zum 33. Grad kennen (Schottischer Ritus) und sogar noch mehr (Memphis-Misraï m‑Ritus). Man darf die Riten nicht mit der Organisation verwechseln, da die Riten auch Seite an Seite innerhalb derselben freimaurerischen Organisation existieren können und darin, als Obedienzen bezeichnet, als unterschiedliche Wege zum selben Ziel gelten. Oder aber die Riten existieren nach Organisationen getrennt mit wirklichen Konflikten untereinander. Die Spaltungen in der Freimaurerei erfolgen rund um die Anderson-Konstitutionen. Von der Mutterloge in London trennt sich, wer etwa Atheisten oder Frauen aufnehmen will, oder wer direkt in die Politik eingreifen will. Die beiden Hauptobedienzen heute weltweit gruppieren sich um die Vereinigte Großloge von London, die weder Atheisten noch Frauen zuläßt („reguläre“ Freimaurerei) und um den Großorient von Frankreich, der seit dem 19. Jahrhundert Atheisten aufnimmt und seit 2010 auch Frauen („liberale“ oder „irreguläre“ Freimaurerei).
Die Maurereien in den anderen Ländern gehören entweder der einen oder der anderen Gruppe an. Die Gewichtung kann von Land zu Land verschieden sein. In Italien zum Beispiel wird mit der Regulären Großloge von Italien (3000 Brüder) nur eine kleine Obedienz von London anerkannt. Die Hauptobedienz, der Großorient von Italien (21.000 Brüder) steht traditionell der liberalen Freimaurerei nahe, wenn sie auch mehrmals versuchte, von der englischen anerkannt zu werden. Die an Mitgliedern zweitgrößte italienische Obedienz, die Großloge der Alten, Freien und Anerkannten Maurer (7500 Brüder), die im Gegensatz zum Großorient auch Frauen zuläßt, befindet sich heute in Einheit mit Paris, obwohl sie im 19. Jahrhundert von protestantischen Pastoren im Gegensatz zum Großorient und dessen atheistischer Ausrichtung gegründet wurde.
Zudem existieren noch Dutzende von kleinen Obedienzen, davon auch betrügerischen oder hinter denen sich die organisierte Kriminalität versteckt, die nicht mit den großen zu verwechseln sind. Die bekannteste unter den italienischen Logen, die Loge P2 (Propaganda 2) war hingegen bis zu ihrer Auflösung eine reguläre Loge und von besonderer Geheimhaltung umgeben, um die bekannten Persönlichkeiten abzuschirmen, die ihr angehörten. Sie gehörte dem Großorient von Italien an.
„Großer Baumeister“ oder „Weltrepublik und ewiger Fortschritt“
Existiert eine freimaurerische Lehre? Die Anderson-Konstitutionen, gemäß zweiter und sechster „Pflicht“, untersagen es, in der Loge über „Religion, Nation oder Politik“ zu sprechen. Da scheint wenig übrig zu bleiben und deshalb ist es schwierig, den Konstitutionen eine wirkliche „Doktrin“ zu entnehmen. Die einzigen wirklichen Hinweise sind jene auf ein bestimmtes „Sittengesetz“ (dessen Inhalt allerdings nie präzisiert wird) und auf die „Religion, in der alle Menschen übereinstimmen“. Auch in den Konstitutionen der Vereinigten Großloge von England von 1815 ist die Pflicht verankert, an einen „Großen Baumeister des Universums“ (oder im Original: Great Architect of heaven and earth) zu glauben und an den sehr häufig in den Freimaurerriten erinnert wird, den sich aber jeder vorstellen kann, wie er will, je nach seiner Religion und seiner Art anzubeten. In den liberalen oder irregulären Freimaurereien verschwindet auch dieser „Große Baumeister“, der durch ein „universales Vaterland und ewigen Fortschritt“ ersetzt wird.
Keine gemeinsame Lehre, aber eine gemeinsame Methode
Die verschiedenen Freimaurereien sind sehr verschieden voneinander. Sie haben keine gemeinsame Lehre, aber eine gemeinsame Methode. Sie verfährt nach der freien Diskussion der Probleme und ihre Lösung gemäß dem, was der Mehrheit der Brüder als wahr und richtig erscheint. Die Diskussion in der Loge hat jedoch eine negative Einschränkung: alles darf in Frage gestellt werden, außer die Methode selbst. Wer zum Beispiel vorschlagen würde, eine Wahrheit als Die Wahrheit anzuerkennen oder eine Religion als Die Religion, oder einen Weg als Den Weg, hätte er sich automatisch außerhalb der freimaurerischen Methode gestellt und damit auch außerhalb der Loge.
Ein führender französischer Freimaurer belgischer Abstammung, der auch an Versuchen eines Dialogs mit Katholiken beteiligt war, Alain Gerard, bestätigte, daß „die Freimaurerei weder eine Religion noch eine Philosophie ist, sondern eine Methode“. Diese Methode, laut Gerard, behindert niemand darin, daß er klar definierte Meinungen haben kann, erlegt aber allen zwingend auf, ihre Meinungen „in Frage zu stellen“, sobald die Logenarbeit beginnt. Damit muß jeder Logenbruder die These anerkennen, daß seine Meinungen eventuell falsch sind oder durch eine höhere Synthese überwunden werden müssen. Die freimaurerische Methode, so Gerard, „bedeutet nicht, daß man keine klaren Ideen hat; sie bedeutet nur, daß man es akzeptiert, sie in Frage zu stellen. Dieses Infragestellen kann nicht wirklich stattfinden, wenn man vorher erklärt, daß – wie immer die Diskussion verlaufen mag – es Punkte gibt, von denen man nicht abgehe und von denen man überzeugt ist, Recht zu haben“.
Kern der Freimaurerei ist okjektiver Relativismus – Das trennt sie kategorisch vom christlichen Glauben
Man könnte die Position, die alle freimaurerischen Gruppen verbindet, nicht treffender darstellen: wer die freimaurerische Methode akzeptiert, muß bereit sein, alle seine Ideen auf den Tisch zu legen, sie in Frage zu stellen und das Verdikt zu akzeptieren, das bei der nach den Grundsätzen der freien Debatte geführten Diskussion herauskommt. Hier liegt die Wurzel des Problems, weil die Kirche und christlichen Gemeinschaften – vor allem die Katholische Kirche – überzeugt sind, daß die Wahrheiten, die sie ihren Gläubigen lehren, um einen Ausdruck von Papst Benedikt XVI. zu gebrauchen, „nicht verhandelbar“ sind; weil sie nicht menschlichen, sondern göttlichen Ursprungs sind und daher nicht „in Frage gestellt“ werden können, ohne von vorneherein die Möglichkeit auszuschließen, daß sie überdacht oder sogar aufgegeben werden könnten. Es handelt sich bei der Methode, dem Kern der Freimaurerei, objektiv um Relativismus, so sehr dieses Wort den Freimaurern auch nicht gefallen mag.
Da intrinsisch relativistisch, ist es sehr wahrscheinlich und häufig, daß die freimaurerische Methode zu Ergebnissen führt, die den Positionen der Kirche völlig entgegengesetzt sind, etwa zum Thema Leben, Familie, Rechte der Katholischen Kirche. Die Geheimhaltung kann dunkle Komplotte zudecken, und das esoterische Erbe magische oder okkulte Praktiken, wenn solche heute in den großen Obedienzen auch in der Minderheit sein mögen. Aber abgesehen von diesen Ergebnissen, die von Obedienz zu Obedienz variieren können, hält die Kirche die freimaurerische Methode selbst für gefährlich für den Glauben. Ab dem Augenblick, da sich zwar die Ergebnisse ändern können, aber nicht die Methode geändert werden kann, wenn die Freimaurerei nicht in sich zusammenbrechen soll, ist es unwahrscheinlich, daß sich der Standpunkt der Kirche zur Freimaurerei in Zukunft ändern wird. Und die Hoffnungen, die die Freimaurerei so demonstrativ in die „Barmherzigkeit“ und „Sympathie für alle“ von Papst Franziskus setzt, scheinen schlecht gesetzt, wenn nicht rein vorgeschoben, denn es geht nicht um Sympathie oder Antipathie, sondern um Theorie und Lehre.
Erklärung der Glaubenskongregation von 1983: „Das negative Urteil bliebt unverändert“
Die „Erklärung über die Freimaurervereinigungen“ von 1983 – ein Dokument der Glaubenskongregation, das vom damaligen Präfekten Joseph Kardinal Ratzinger unterzeichnet wurde, aber auch von Papst Johannes Paul II. gegengezeichnet wurde und daher verbindliches Lehramt für alle ist – bekräftigt, daß
„Das negative Urteil der Kirche über die freimaurerischen Vereinigungen bleibt also unverändert, weil ihre Prinzipien immer als unvereinbar mit der Lehre der Kirche betrachtet wurden und deshalb der Beitritt zu ihnen verboten bleibt. Die Gläubigen, die freimaurerischen Vereinigungen angehören, befinden sich also im Stand der schweren Sünde und können nicht die heilige Kommunion empfangen.“
Wenn jemand behauptet, weil im neuen Kirchenrecht das Wort Exkommunikation für die Freimaurerei nicht mehr gebraucht wird, lasse sich daraus schließen, daß Katholiken heute ruhig Freimaurer werden könnten, bringt er die Position der Freimaurerei zum Ausdruck, aber nicht die Position der Katholischen Kirche. Wie sich aber Katholiken zu verhalten haben, das bestimmt noch immer die Katholische Kirche und nicht die Freimaurerei. Und die Katholische Kirche lehrt mit aller Klarheit, daß Katholiken nicht Freimaurer sein dürfen. Auch wenn im neuen Kirchenrecht das Wort „Exkommunikation“ fehlen mag, hat sich in der Substanz nichts geändert, wie die verbindliche Erklärung der Glaubenskongregation von 1983 in Erinnerung ruft. Katholiken, die Freimaurer sind, „befinden sich im Stand der schweren Sünde“ und sind daher von den Sakramenten ausgeschlossen und können auch „nicht die heilige Kommunion empfangen“. Und das Dokument präzisiert zudem, daß weder einzelne Bischöfe noch Bischofskonferenzen in dieser Frage eine andere Entscheidung treffen noch diese Entscheidung abändern können.
Behauptung katholische Position habe sich geändert ist schwere Irreführung
Man hört dann immer wieder den Einspruch, daß es trotz dieser Aussage des Lehramtes, Priester, Bischöfe und sogar Kardinäle gäbe, die Freimaurer sind. Abgesehen von der Schwierigkeit in einer Welt von Tratsch und Provokationen den Wahrheitsgehalt solcher Behauptungen festzustellen, wo jeder mit Hilfe eines guten Computerprogramms gefälschte Freimaurerlisten und freimaurerische Dokumente dieses oder jenes Großorients fabrizieren und in Umlauf bringen kann mit den Namen darauf, die ihm gerade passen, gilt immer und ausnahmslos der Grundsatz, daß Mißachtung und Verletzung des Gesetzes nicht das Gesetz ändern.
Ohne in irgendeiner Weise die Verletzung des Kirchenrechts in Sachen Pädophilie und Freimaurerei auf dieselbe Stufe stellen zu wollen: die Tatsache, daß es pädophile Priester gibt, ändert nicht die Lehre der Kirche, für die Pädophilie ein schweres Verbrechen ist. Und die Tatsache, daß es Kirchenvertreter gibt, die Freimaurer sind, ändert nicht die Lehre der Kirche, für die Glauben und Freimaurerei unvereinbar sind. Und ändert nichts daran, daß sich diese Priester und Bischöfe miteingeschlossen, die sich in irgendeiner Form der Freimaurerei angeschlossen haben, „im Stand der schweren Sünde befinden und nicht die heilige Kommunion empfangen dürfen“, mit allen sich daraus ergebenden Folgen für die Ausübung des Priestertums.
Wie erkenne ich einen Katholiken, der Freimaurer und damit exkomuniziert ist?
Der Kern der Freimaurerideologie ist der Relativismus, mit seinen politischen Konsequenzen, die häufig, wenn auch nicht immer, die wichtigsten Freimaurerobedienzen, vor allem in den romanischen Ländern dazu führen, Gesetze zur Legalisierung der Abtreibung, der Euthanasie, der Homo-Ehe zu unterstützen. Wenn man also hört, daß ein Kirchenvertreter oder ein katholischer Politiker Freimaurer ist, müßte die Frage lauten: Vertritt er relativistische Ideen? Ist er für Abtreibung, für Euthanasie, für die Anerkennung der Homo-Ehe? Wenn die Antwort Ja lautet, ist er zumindest ein Weggefährte der Freimaurerei und die Frage, ob er sich ihr auch offiziell angeschlossen hat und den Schurz trägt, ist dann sogar nur mehr zweitrangig. Wenn die Antwort Nein lautet, wenn der Kirchenvertreter oder der beschuldigte Katholik sich offen dem Relativismus und dessen Folgen widersetzt, dann hat man allen Grund, daraus zu schließen, daß die Anschuldigung gegen ihn, Freimaurer zu sein, eine Verleumdung ist.
Das wirkliche Problem sind nicht irgendwelche verbreitete Mitgliederlisten und Ausweise. Das Problem ist – um erneut einen Ausdruck von Benedikt XVI. zu gebrauchen, den auch Papst Franziskus in seiner Rede an das Diplomatische Corps am vergangenen 22. März zitierte – die „Diktatur des Relativismus“. Denn das ist, Listen hin, Listen her, die Diktatur des freimaurerischen Denkens in unserer Zeit.
Einleitung/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Erzdiözese Ferrara/NBQ