„Papst Wojtyla akzeptierte liturgischen Tanz“ – Piero Marinis Erinnerungen und Rechtfertigungen


Papst Johannes Paul II.(Rom) Kuri­en­erz­bi­schof Pie­ro Mari­ni, der Zere­mo­nien­mei­ster von Papst Johan­nes Paul II., nicht zu ver­wech­seln mit Msgr. Gui­do Mari­ni, den Zere­mo­nien­mei­ster von Papst Bene­dikt XVI., der auch unter Papst Fran­zis­kus dient, hielt in Paro­na auf Ein­la­dung der Pfarr­ca­ri­tas einen Vor­trag. Pie­ro Mari­ni, seit 2007 zustän­dig für die Inter­na­tio­na­len Eucha­ri­sti­schen Kon­gres­se, erzähl­te dabei aus sei­ner Zeit mit dem pol­ni­schen Papst, und erzähl­te dabei viel­leicht mehr über sich selbst als über Johan­nes Paul II. Vor allem waren sei­ne Schil­de­run­gen Recht­fer­ti­gun­gen sei­ner eige­nen Arbeit, für die er den 2005 ver­stor­be­nen Papst, der 2014 hei­lig­ge­spro­chen wird, post­hum als Kron­zeu­gen anführ­te. Er ließ es dabei weder an mehr oder weni­ger sub­ti­len Sei­ten­hie­ben man­geln noch an „Rat­schlä­gen“, wel­che Ent­schei­dun­gen er sich in der Kir­che wün­schen würde.

Anzei­ge

Pie­ro Mari­ni war nach dem Amts­ver­zicht von Papst Bene­dikt XVI. nega­tiv auf­ge­fal­len. Ein­mal durch sei­ne Par­tei­nah­me für eine Aner­ken­nung homo­se­xu­el­ler Part­ner­schaf­ten. Zum ande­ren durch unter­grif­fi­ge Kri­tik am deut­schen Papst, dem er sei­ne Abbe­ru­fung als päpst­li­cher Zere­mo­nien­mei­ster und die Ein­lei­tung einer lit­ur­gi­schen Erneue­rung weg von Pie­ro Mari­nis „Designer“-Messen offen­sicht­lich nie ver­zie­hen hat­te. In den Wor­ten des Kuri­en­erz­bi­schofs klang das im ver­gan­ge­nen April in einem Inter­view für El Pais so: „Man atmet Frisch­luft. Er ist ein Fen­ster, das sich dem Früh­ling und der Hoff­nung öff­net. Bis­her haben wir die schlech­te Luft sump­fig-sticki­ger Gewäs­ser geatmet.“

Johannes Paul II. ließ „großen Spielraum“ – Piero Marinis Geschichtsklitterung zur Liturgiereform von 1970

So habe Johan­nes Paul II. 1995 zu Mari­ni scherz­haft gesagt, als die­ser bereits acht Jah­re päpst­li­cher Zere­mo­nien­mei­ster war: „Sie sind 53 Jah­re alt und sind immer noch Mini­strant? Ich war bereits Erz­bi­schof und Sie sind noch Mini­strant“. Mari­ni dazu: „Ich habe nichts gesagt, aber in mir dach­te ich: Wenn Sie wol­len wür­den, es läge an Ihnen…“. Drei Jah­re spä­ter wur­de Pie­ro Mari­ni Titu­lar­bi­schof und 2003 Titu­lar­erz­bi­schof. Sein Nach­fol­ger Gui­do Mari­ni wur­de mit sei­ner Beru­fung zum Zere­mo­nien­mei­ster durch Bene­dikt XVI. Ehren­prä­lat Sei­ner Hei­lig­keit. Seit­her gab es kei­ne Beför­de­run­gen mehr.

Pie­ro Mari­ni war für die päpst­li­chen Lit­ur­gien zustän­dig. Johan­nes Paul II. habe ihm „gro­ßen Spiel­raum“ gelas­sen, wie der Kuri­en­erz­bi­schof beton­te. Mari­ni ließ dabei durch­blicken, daß Johan­nes Paul II. sich mit lit­ur­gi­schen Fra­gen nicht so befaßt habe und daher froh gewe­sen sein, daß dies jemand ande­rer für ihn tat. Pie­ro Mari­ni stammt aus der Bug­nini-Schu­le und war bereits unter Paul VI. in der Kom­mis­si­on für die Umset­zung der nach­kon­zi­lia­ren Lit­ur­gie­re­form tätig, mit der der Novus Ordo ein­ge­führt wor­den war. In der Dar­stel­lung Mari­nis klingt das so, als habe das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil mit der Kon­sti­tu­ti­on Sacro­sanc­tum Con­ciu­li­um die radi­ka­le Lit­ur­gie­re­form beschlos­sen und ein­ge­führt, die es dann umzu­set­zen galt. Eine veri­ta­ble Geschichts­klit­te­rung, die viel über den ein­fluß­rei­chen Lit­ur­gi­ker aussagt.

So hebt Pie­ro Mari­ni her­vor, daß es ihm sei­ne Stel­lung als päpst­li­cher Zere­mo­nien­mei­ster erlaubt habe, „auf effi­zi­en­te Wei­se“, die Richt­li­ni­en des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils umzu­set­zen: „Es genügt die Ein­fü­gung eini­ger Ele­men­te, am Ein­gang, dem Offer­to­ri­um, die Teil des Lebens des Lan­des sind, in dem man zu Gast ist, damit die Mes­se für die Teil­neh­mer sofort ver­traut wird. Auch die Gesän­ge, manch­mal auch die Tän­ze.“ Bei den Tän­zen hakt Pie­ro Mari­ni eigens nach: „Johan­nes Paul II. gefiel das alles, er woll­te immer die Gebräu­che und Tra­di­tio­nen teilen.“

Tanz in der Liturgie – Prälaten mißbilligten, Johannes Paul II. sagte aber: „Schön, schön“

„Als wir in Bra­si­li­en waren“, sei er gefragt wor­den, ob die Tän­ze­rin­nen der ört­li­chen Bal­lett­schu­le mit­wir­ken könn­ten, „und wir haben zuge­stimmt. Sie sind dann auf zwei Trep­pen, die den Altar flan­kier­ten hin­auf. Wäh­rend des Tan­zes erhob sich ein Wind und ihre leich­ten Klei­der haben sich an ihre Kör­per geklebt. Eini­ge Prä­la­ten äußer­ten ihre Miß­bil­li­gung. Sie hat­ten Papst Johan­nes Paul II. nicht gehört. Ich stand als ein­zi­ger neben ihm und hör­te wie er lei­se vor sich hin­sag­te. ‚Schön, schön‘. Er schau­te auf die Essenz.“ Um hin­zu­zu­fü­gen: „Im Semi­nar haben sie uns bei­gebracht, den Kör­per abzu­tö­ten, aber wir ret­ten uns mit dem Körper.“

Pie­ro Mari­ni erzählt auch eine Epi­so­de, die gegen den dama­li­gen Vor­sit­zen­den der ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, Camil­lo Kar­di­nal Rui­ni gerich­tet ist. Die­ser hat­te es miß­bil­ligt, daß in die Lit­ur­gie für die Jugend eini­ge Jugend­li­che ein­ge­baut wur­den, die wäh­rend der Zele­bra­ti­on ihre Arme beweg­ten. Der Kar­di­nal hat­te sei­ne Miß­bil­li­gung dem Papst direkt geäu­ßert: „Auch in die­sem Fall ließ Johan­nes Paul II. ver­ste­hen, daß ihn deren Anwe­sen­heit nicht gestört hat.“

Für Johannes Paul II., der aus dem Ostblock kam, war die Zelebration im Freien sehr wichtig

Der Papst zele­brier­te über­all vor Hun­der­tau­sen­den, vor Mil­lio­nen von Gläu­bi­gen. Sehr oft, ja fast immer im Frei­en. Pie­ro Mari­ni dazu: „Für ihn, der aus dem kom­mu­ni­sti­schen Polen kam, wo das Chri­sten­tum in die Kir­chen ver­bannt war, mit dem Ver­bot hin­aus­zu­ge­hen, was die­ses Drau­ßen­sein grund­le­gend, um Sicht­bar­keit zu haben, um zu sein.“

Der Kuri­en­erz­bi­schof erzählt die Epi­so­de eines Pasto­ral­be­su­ches in einer römi­schen Pfar­rei. Da es kei­nen Platz vor der Kir­che gab, wur­de in der Kir­che zele­briert, obwohl die vie­len Gläu­bi­gen nicht Platz fan­den. „Johan­nes Paul II. sag­te mir, daß den­noch drau­ßen zele­briert wer­den hät­te sol­len. Ich sag­te ihm, daß das nicht mög­lich gewe­sen wäre, drau­ßen war nur die Stra­ße. Er ant­wor­te­te: „Wir hät­ten trotz­dem drau­ßen zele­brie­ren müssen.“

Pie­ro Mari­ni wei­ter: „Die Eucha­ri­stie­fei­er ist in den Häu­sern ent­stan­den, für eine klei­ne Grup­pe von Per­so­nen. Jesus setz­te sie vor den zwölf Apo­steln ein, dann wur­den in den ersten Jah­ren des Chri­sten­tums in klei­nen Gemein­schaft das Brot gebro­chen, in den Wohn­häu­sern. Sicher nicht vor Mil­lio­nen von Men­schen. Es war aber unver­meid­lich, daß es dazu kam, und wir muß­ten uns anpas­sen, weil die Situa­ti­on es verlangte.“

Text: Vati­can Insider/​Giuseppe Nardi
Bild: Vati­can Insider

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!