(Washington) Die Amerikanerin Abby Johnson ist im deutschen Sprachraum vor allem durch ihr Buch Lebenslinie. Warum ich keine Abtreibungsklinik mehr leite bekannt, das 2012 durch die Übersetzung von Alexandra M. Linder im St. Ulrich-Verlag erschienen ist.
Abby Johnson ging den Weg, wenn auch auf einer anderen Ebene, den vor ihr auch der Abtreibungsarzt Bernard Nathanson gegangen war: vom Abtreibungslobbyisten zum Lebensschützer. Wenn Nathanson detailliert über Desinformationskampagnen und politische Taschenspielertricks der Abtreibungsbefürworter berichtete, um die Tötung ungeborener Kinder zu legalisieren, berichtet Abby Johnson über das Geschäft mit der legalen Abtreibung. Vor allem ging Abby Johnson den umgekehrten Weg von Lesley-Anne Knights. Johnson sah, was Abtreibung wirklich ist und wurde katholisch. Die ehemalige Caritas Internationalis-Generaldirektorin Knights wechselte hingenen für ein besseres Gehalt zum Abtreibungslobbysten (siehe eigenen Bericht).
Will man zumindest einen Teil dieses Abtreibungsgeschäfts verstehen, kommt man an Johnson nicht vorbei. Die Amerikanerin, Jahrgang 1980 stieß 2001 als Psychologiestudentin auf die Abtreibungsorganisation Planned Parenthood, einem der größten Abtreibungslobbyisten weltweit. Eine knallige rosa Inschrift hatte sie zu einem Informationstand gelockt.
Der Studentin wird die Arbeit von Planned Parenthood als „Hilfe für Frauen in Not“ präsentiert. Es gehe um eine Art „Beratung“ und darum, notleidende Frauen wieder „glücklich und zufrieden“ zu machen. Vor allem sei es jedoch das Ziel, daß die Frau „frei entscheiden“ können müsse, um ihre „Rechte“ und ihr „Wohlergehen“ zu sichern.
Der Psychologiestudentin wird erklärt, daß Planned Parenthood von entscheidender Wichtigkeit für die „Gesundheit der Frau“ sei, da sie kostenlos Verhütungsmittel zugänglich mache und die Möglichkeit der „Schwangerschaftsunterbrechung“. Obwohl Abby keine klaren Vorstellungen zum Thema Abtreibung hat, fühlt sie sich dennoch bei dem Thema nicht ganz wohl. Sofort wurde ihr daher erklärt, daß es das Ziel von Planned Parenthood sei, Abtreibungen auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Aufklärungsarbeit solle nicht erwünschte Schwangerschaften vermeiden helfen. Und abgesehen davon, wenn die Abtreibung nicht legalisiert worden wäre, müßten die „armen Frauen“ bei illegalen Abtreibungen sterben. Kurzum: Die Massentötungsmaschinerie Planned Parenthood präsentierte sich mit einigen Sophismen als wahrer Wohltäter der Menschheit. Das Spiel ist gemacht. Abby Johnson arbeitet ehrenamtlich bei Planned Parenthood mit, um die „Frauenrechte“ zu fördern. Wegen ihrer dialektischen Fähigkeiten und ihrer Überzeugungsgabe wird sie bald als Beraterin angestellt und schließlich zur Direktorin der Abtreibungsklinik von Planned Parenthood in Bryan im US-Bundesstaat Texas befördert.
In jeder Planned Parenthood-Klinik gibt es zwei getrennte Haushalte
Ein Haushalt betrifft die Abtreibungen, der andere alle anderen Dienstleistungen. Es gibt eine „Leistungs“-Quote für den Abtreibungshaushalt. Das bedeutet, daß jeden Monat eine Mindestzahl an Abtreibungen durchgeführt werden müssen, um – so die Begründung – das Personal und den Betrieb der Klinik finanzieren zu können. Im August 2009 hat Abby eine Besprechung mit dem Büroleiter über den Haushalt. Als sie die Zahlen sieht, denkt sie an einen Irrtum. Vom Haushalt für „Familienplanung“ (Abtreibung) konnte sie ablesen, daß die Zahl der hilfesuchenden Frauen exakt dieselbe des Vorjahres war, die Zahl der Abtreibungen sich aber verdoppelt hatte. Abby ist verstört. War es nicht das Ziel von Planned Parenthood die Zahl der Abtreibungen zu senken? Wenn die Abtreibungen schon nicht zurückgingen, hätten sie zumindest nicht steigen dürfen, dachte sich Abby. Als sie ihr Staunen kundtat, bekam sie zur Antwort: „Abby, Du mußt die Prioritäten erkennen. Deine Priorität muß die Abtreibung sein, denn dort ist das Geld.“
Rund 51 Prozent der Einnahmen kommen von der Tötung ungeborener Kinder
Obwohl Abby mit einem Schlag klar wurde, daß ihre Entdeckung im Widerspruch zu allem stand, was man ihr während der acht Jahre ihrer Mitarbeit erzählt hatte, will sie sich anfangs der Realität nicht stellen. Im folgenden Monat kam ein Arzt in die Klinik, um eine Abtreibung mit einer anderen Tötungsmethode durchzuführen, als die bei Planned Parenthood Standard ist. Er wollte Ultraschall einsetzen, um sein Mordhandwerk besser überwachen zu können. Normalerweise sieht bei einer Abtreibung niemand etwas und will auch niemand etwas sehen. Das ungeborene Kind wird von dem Arzt abgesaugt. Das Kind wird dabei regelrecht aus dem Mutterschoß herausgerissen und dabei in Stücke zerrissen. Diese Methode wäre ohne Ultraschallüberwachung gefährlich, das der Uterus beschädigt werden könnte. Abby fragt ihren Vorgesetzten, warum nicht immer diese „sichere“ Methode angewandt werde. Weil sie fünf Minuten länger dauert, ist seine Antwort. Da Planned Parenthood für die Klinik 25 bis 5o Abtreibungen täglich vorsieht, seien die fünf Minuten nicht drinnen.
Der Arzt, der mit Ultraschall arbeitet, bittet Abby an jenem Tag, ihm zu assistieren. Ihr fällt es zu, die Ultraschallsonde zu führen, obwohl sie weder Ärztin noch Krankenschwester ist. Die Frau, deren Kind getötet werden sollte, ist in der 13. Woche schwanger. Abby sieht zum ersten Mal Ultraschallbilder. Sie erkennt im Bauch der Mutter nicht irgendetwas, sondern ein Kind.
Standardantworten zur Abtötung des Gewissens
Da kommen Abby die Standardantworten auf „schwierige Fragen“ in den Sinn, die ihr bei Planned Parenthood eingedrillt worden waren. Die erste Frage lautet: Spürt mein Kind etwas? Das Wort „Kind“ wird in Wirklichkeit nicht gebraucht. In Abtreibungskliniken ist es ein Tabu-Wort. Die Beantwortung der Frage ist entscheidend, wie die Abtreibungslobby genau weiß. „Nein, der Fötus hat bis zur 28. Woche keine Sinnesorgane entwickelt“, lautet die Antwort. Eine große Lüge. Das Kind im Mutterleib erkennt schon in der 13. Schwangerschaftswoche sogar die Stimme der Mutter. Aber die abtreibungsentschlossenen Frauen müssen an diese Lüge glauben, weil sie andernfalls nie abtreiben würden.
Während Abby das Kind auf dem Bildschirm sieht, wiederholt sie sich selbst die Standardlüge. Als der Arzt den Saugkopf einführt, macht das Kind jedoch eine fluchtartige Bewegung. Abby wußte, was eine Abtreibung ist. Sie war als Product of Conception technician ausgebildet worden und damit für die Leerung des Behälters mit dem getöteten Kind zuständig. Sie hatte früher die Teile des zerfetzten Kindes oft zusammenzustellen, um zu kontrollieren, daß wirklich alle Teile abgesaugt worden waren. Zurückbleibende Teile könnten eine tödliche Infektion auslösen.
An jenem Tag aber konnte Abby dank Ultraschall mitansehen, was im Mutterleib geschah. Und sie sieht ein Kind, daß sich zu wehren versucht, das der tödlichen Gefahr zu entfliehen versucht, aber plötzlich in einem Absaugschlauch verschwindet.
Abby war schockiert. Bisher wollte sie nicht ihre Arbeitsstelle verlieren: „Die zahlen dir viel Geld, damit du auf Moral verzichtest“, wie sie selbst sagt. Nun gab es keine Ausflüchte mehr. Sie verspürte nur mehr Entsetzen. Acht Jahre lang hatte sie Tausende Frauen in der Beratung belogen. Man redet bei Planned Parenthood von „Choice“ und der Möglichkeit eine Wahl zu treffen, in Wirklichkeit aber bietet Planned Parenthood keine Alternativen an. Es geht nicht um eine Entscheidung. Den Frauen wird gar nicht versucht, zu helfen, das Kind zu behalten, und vorhandene Probleme zu lösen. Es wird nicht einmal über die Möglichkeit einer Adoption gesprochen. Es geht nur um das Geschäft mit dem Töten. Und das einzige Geschäft für Planned Parenthood ist, wenn eine schwangere Frau ihr Kind abtreiben läßt.
2009 kündigte Johnson und schloß sich der Lebensrechtsbewegung an
Am 6. Oktober 2009 kündigte Abby Johnson als Klinikdirektorin und schloß sich der Coalition for Life an. Die Lebensrechtsorganisation war mit ihren ehrenamtlichen Aktivisten die ganzen Jahren, in denen Abby für die Mordmaschinerie gearbeitet hatte, vor der Klinik gestanden, um abtreibungsentschlossene Frauen umzustimmen. Sie beteten dort für die Frauen, aber auch für das Klinikpersonal. Mit ihnen konnte Abby über ihre schreckliche Entdeckung sprechen. In ihr vollzog sich ein grundlegender Wandel. Es war ein radikaler Wechsel der Barrikaden, so klar war ihr mit einem Schlag geworden, was Planned Parenthood wirklich ist und tut.
Schließlich wurde Abby Johnson katholisch, weil sie erkannte, daß dort der Wert und die Bedeutung des Lebens am klarsten erkannt wurden. Nach einem Rechtsstreit mit Planned Parenthood konnte sie 2011 ihr Buch veröffentlichen, dessen Erscheinen ihr alter Arbeitgeber zu verhindern versuchte. Das Buch erzählt nicht nur eine persönliche Lebensgeschichte, sondern erlaubt einen Blick hinter die Kulissen des legalen Mordgeschäfts. Auf das, was nicht nur Abby Johnson lange nicht sehen wollte, sondern viele Menschen nicht sehen wollen und viele verhindern wollen, daß andere es sehen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Christiannewswire