Magister: Papst Franziskus handelt als “absoluter Monarch“, meidet aber Unterschrift als Papst – Kirchenpolitische Manöver


Heiligsprechungen 2013: Johannes Paul II. und Johannes XXIII. - kirchenpolitischer Ausgleich(Rom) Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster, einer der auf­merk­sam­sten und kri­tisch­sten Beob­ach­ter des der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kats meint, daß die Welt am neu­en Papst in die Irre gehe. Es sei ein Bild von Papst Fran­zis­kus gezeich­net und in den Köp­fen ein­ge­setzt wor­den, das nicht den Tat­sa­chen ent­spre­che. Was genau der Papst aus Argen­ti­ni­en mit der Kir­che vor­ha­be, sei zwar noch nicht klar. Eines ste­he aber fest, so Magi­ster, was er tut, wird er als „abso­lu­ter Mon­arch“ tun.

Franziskus meidet soweit möglich die ganze Unterschrift als Papst

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Papst Fran­zis­kus bezeich­net sich wei­ter­hin bevor­zugt nur als „Bischof von Rom“ und ver­mei­det es, wo er nur kann, sei­ner Unter­schrift das dop­pel­te P anzu­fü­gen, das Teil der päpst­li­chen Unter­schrift ist und für Pastor Pastorum, Hirt der Hir­ten steht, und den Unter­zeich­ner als Papst aus­weist. Einer­seits die­se Form der Ver­wei­ge­rung des Papst­am­tes, ande­rer­seits ein Agie­ren, das in vol­lem Umfang dem eines Pap­stes ent­spricht noch kon­se­quen­ter und akzen­tu­ier­ter als es etwa unter Bene­dikt XVI. der Fall war.

„Demo­kra­tie“ und „Kol­le­gia­li­tät“, Zau­ber­wör­ter pro­gres­si­ver Kir­chen­krei­se, sind also von die­sem Papst nicht zu erwar­ten. Das hei­ße nicht, daß er die Kir­chen­ver­fas­sung nicht in die­se Rich­tung ver­schie­ben könn­te. Wenn er es tut, dann aber als Akt allein sei­ner Ent­schei­dung, mit der allein ihm zuste­hen­den Auto­ri­tät eines Stell­ver­tre­ters Chri­sti auf Erden.

Papst Franziskus: „demokratisch und kollegial“ in den Köpfen – „absoluter Monarch“ im Handeln

Als Beleg für sei­ne The­se nennt Magi­ster das Vor­ge­hen von Papst Fran­zis­kus bei den Selig- und Hei­lig­spre­chun­gen. Erst kurz im Amt locker­te er die Brem­sen der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, die seit der Prä­fek­ten­zeit Joseph Kar­di­nal Ratz­in­gers gegen eine Selig­spre­chung von Erz­bi­schof Oscar Rome­ro von San Sal­va­dor ange­zo­gen waren. Die Grün­de für die Vor­be­hal­te sind nicht näher bekannt. Sie kön­nen mit Rome­ros Lebens­wan­del oder sei­nen Ent­schei­dun­gen zu tun haben, aber viel­leicht auch nur gebo­te­ner Zurück­hal­tung ent­spre­chen, um in einem Land die Bür­ger­kriegs­wun­den ver­hei­len zu las­sen. Rome­ro wur­de näm­lich, da von rech­ten Mili­tärs ermor­det, zum lin­ken Säu­len­hei­li­gen erho­ben. Ihm wur­de nicht zuletzt in Euro­pa in man­chen Krei­sen mehr eine poli­ti­sche als eine reli­giö­se Ver­eh­rung zuteil. Für Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger und Papst Bene­dikt XVI. schei­nen auch Vor­be­hal­te wegen der Pre­dig­ten von Erz­bi­schof Rome­ro bestan­den zu haben, die erkenn­bar vom bas­ki­schen Jesui­ten Jon Sobri­no, einem füh­ren­den Ver­tre­ter der mar­xi­sti­schen Befrei­ungs­theo­lo­gie beein­flußt waren. Sobri­no, der seit 1957 in El Sal­va­dor lebt und die Staats­bür­ger­schaft des mit­tel­ame­ri­ka­ni­schen Lan­des hat, wur­de von der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on 2007 zurecht­ge­wie­sen, da eini­ge sei­ner „The­sen“ den „Gläu­bi­gen durch ihre Irr­tü­mer und Gefähr­lich­keit scha­den“ kön­nen. Unter Beob­ach­tung stand er schon lange.

Kanonisierungspolitik des Papstes: grünes Licht für Oscar Romero – In Europa mehr politisch als religiös verehrt

Papst Johan­nes XXIII. und einen von ihm per­sön­lich ver­ehr­ten Jesui­ten spricht er ein­fach ohne das vor­ge­schrie­be­ne zwei­te Wun­der hei­lig. „Bei den Selig- und Hei­lig­spre­chun­gen han­delt der Papst als abso­lu­ter Mon­arch“, obwohl er es wei­ter­hin „vor­zieht, sich selbst als Bischof von Rom zu bezeich­nen“, so Magister.

Die von Papst Fran­zis­kus in man­chem prak­ti­zier­te Selbst­di­stan­zie­rung von sei­nem Papst­amt gilt nur den Äußer­lich­kei­ten. Inhalt­lich nimmt er die Voll­mach­ten in gan­zem Umfang in Anspruch. Dies stell­te er umge­hend bei der Regie­rung der Kir­che unter Beweis und zwar mit einer Schnel­lig­keit, „die die Vor­ge­hens­wei­se sei­ner unmit­tel­ba­ren Vor­gän­ger gera­de­zu erblas­sen läßt“, so Magister.

Der Papst ver­langt und erwar­tet abso­lu­te Ent­schei­dungs- und Hand­lungs­frei­heit gegen­über ande­ren Kir­chen­ver­tre­tern. Er läßt kei­nen Zwei­fel, allein über allen ande­ren zu ste­hen. Um einen Ver­gleich zie­hen zu kön­nen, muß man weit zurück­ge­hen. Magi­ster sieht eine gewis­se Ähn­lich­keit höch­stens mit Pius XII., der sich selbst gleich­zei­tig auch Staats­se­kre­tär war, indem er das Amt des Kar­di­nal­staat­s­e­kre­tärs unbe­setzt ließ und auch kei­nen Pri­vat­se­kre­tär wollte.

Der Bereich, in dem Papst Fran­zis­kus bis­her das gan­ze Gewicht sei­ner per­sön­li­chen Ent­schei­dun­gen am deut­lich­sten zu erken­nen gab, sind die Selig- und Heiligsprechungen.

Wie nach einer Audi­enz von Kuri­en­erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia, seit 2012 Prä­si­dent des Päpst­li­chen Fami­li­en­rats, vor allem aber auch Postu­la­tor im Selig­spre­chungs­ver­fah­ren von Oscar Arnul­fo Rome­ro y Gal­dá­mez (1917–1980), bekannt­wur­de, erteil­te ihm Papst Fran­zis­kus „end­lich“ grü­nes Licht für den wäh­rend einer Eucha­ri­stie­fei­er ermor­de­ten Erz­bi­schof von San Salvador.

Petrus Faber – von Papst Franziskus verehrte Jesuitgestalt der ersten Generation

Einen ganz per­sön­li­chen Hin­ter­grund hat hin­ge­gen die Hei­lig­spre­chung von Petrus Faber (1506–1546), einem der Grün­der des Jesui­ten­or­dens, der 1872 von Pius IX. selig­ge­spro­chen wur­de. Magi­ster sieht eine Ähn­lich­keit zwi­schen Faber und Papst Fran­zis­kus, in der Art wie Faber in der schwe­ren, alles erschüt­tern­den Kri­sen­zeit der pro­te­stan­ti­schen Kir­chen­spal­tung handelte.

„Faber stell­te, so die Histo­ri­ker, sein per­sön­li­ches Lebens­zeug­nis und sein Behar­ren auf grund­le­gen­de inner­kirch­li­che Refor­men vor die theo­lo­gi­sche Kon­tro­ver­se und vor die kai­ser­li­che Illu­si­on, den wah­ren Glau­ben not­falls mit Gewalt durch­zu­set­zen. Er gewann sich damit die Wert­schät­zung von Hei­li­gen, die zu den her­aus­ra­gen­den Ver­fech­tern der katho­li­schen Erneue­rung der Gegen­re­for­ma­ti­on zäh­len wie Franz von Sales und Petrus Cani­sius“, so Magister.

Wahr­schein­lich wer­de es für Petrus Faber kei­ne fei­er­li­che Hei­lig­spre­chung geben, son­dern ledig­lich die Fest­stel­lung sei­ner Hei­lig­keit in Form einer „gleich­wer­ti­gen Kano­ni­sie­rung“. Eine Form, die in der Regel bei Per­sön­lich­kei­ten ange­wandt wird, die bereits seit vie­len Jahr­hun­der­ten tot sind und daher ein regu­lä­res Hei­lig­spre­chungs­ver­fah­ren nicht mehr mög­lich ist. In die­sem Fall braucht es auch kein Wun­der, das ihrer Für­spra­che zuge­schrie­ben wird, was hin­ge­gen für das ordent­li­che Ver­fah­ren gilt. Die Form wur­de von Papst Bene­dikt XVI. für die hei­li­ge Hil­de­gard von Bin­gen genützt, als er sie zur Kir­chen­leh­re­rin erhob oder von Pius XI. für Alber­tus Magnus.

Kirchenpolitische Heiligsprechung: Johannes Paul II. durch Johannes XXIII. „ausgleichen“

Seligsprechung-2000-Pius-IX-und-Johannes-XXIII„Die auf­se­hen­er­re­gend­ste Ent­schei­dung von Papst Fran­zis­kus in die­sem Feld ist aber sicher die Hei­lig­spre­chung von Johan­nes XXIII. ohne ein Wun­der, das sei­ner Für­spra­che zuge­schrie­ben wird und das nach sei­ner Selig­spre­chung gesche­hen ist“, so Magister.

Laut dem Vati­ka­ni­sten geht es dabei vor allem um Kir­chen­po­li­tik. Die Hei­lig­spre­chung des Kon­zils­pap­stes soll die gleich­zei­tig statt­fin­den­de Hei­lig­spre­chung von Johan­nes Paul II. „aus­glei­chen“.

Damit wie­der­ho­le sich, so Magi­ster, was bereits 2000 bei der Selig­spre­chung von Ange­lo Ron­cal­li gesche­hen ist. Die Selig­spre­chung des Pap­stes des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils mach­te die gleich­zei­ti­ge Selig­spre­chung von Pius IX., dem Papst des Ersten Vati­ka­ni­schen Kon­zils, des Unfehl­bar­keits­dog­mas und des anti­mo­der­ni­sti­schen Syl­labus mög­lich. Waren die Selig­spre­chun­gen von 2000 der erste Teil einer kir­chen­po­li­ti­schen Akti­on, wären dem­nach die Heilg­spre­chun­gen 2013 der zwei­te Teil davon. Mit ande­ren Wor­ten: der von glau­bens­treu­en Kir­chen­krei­se immer wie­der vor­ge­brach­te Wunsch nach Selig­spre­chung des Syl­labus-Pap­stes Pius IX. war trotz regu­lä­ren Ver­fah­rens inner­kirch­lich nur mög­lich, weil sie im Wind­schat­ten der Selig­spre­chung Johan­nes XXIII. erfolg­te. Erst damit konn­ten die Wider­stän­de über­wun­den werden.

Glei­ches wie­der­ho­le sich nun unter umge­kehr­ten Vor­zei­chen. Im Wind­schat­ten der nach einem ordent­li­chen Ver­fah­ren erfol­gen­den Hei­lig­spre­chung Johan­nes Pauls II. soll auch Johan­nes XXIII. „irre­gu­lär“ hin­ein­ge­scho­ben wer­den, um die inner­kirch­li­che Waa­ge zu hal­ten. Damit sol­len die bei­den gro­ßen Frak­tio­nen der Kir­che, die Pro­gres­si­ven und die Kon­ser­va­ti­ven zufrie­den­ge­stellt wer­den, die in den genann­ten Päp­sten mehr oder weni­ger Anti­po­den sehen.

Magi­ster lie­fert damit die bis­her stich­hal­tig­ste Erklä­rung für das syn­chro­ne Vor­ge­hen von Papst Fran­zis­kus bei der Dop­pel­hei­lig­spre­chung gleich zwei­er Päp­ste der jüng­sten Kir­chen­ge­schich­te. Stich­hal­ti­ger als die bis­he­ri­gen, unge­lenk und ver­le­gen wir­ken­den Begrün­dungs­ver­su­che wie sie jüngst auch die Tages­zei­tung der ita­lie­ni­schen Bischö­fe lie­fer­te (sie­he eige­nen Bericht). Die­se kon­stru­ier­te eine Hei­lig­spre­chung Johan­nes XXIII. per Akkla­ma­ti­on durch das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil, die es in Wirk­lich­keit aber nie gege­ben hat.

Aufsehenerregende „Machtentscheidung“ von Franziskus um Johannes XXIII. heiligsprechen zu können

Die Dis­pens von einem für die Hei­lig­spre­chung not­wen­di­gen Wun­der, die Papst Fran­zis­kus dabei Johan­nes XXIII. gewährt, blei­be den­noch eine „ekla­tan­te“ Son­der­re­ge­lung. Es wer­den zwei Päp­ste der Nach­kriegs­zeit gleich­zei­tig hei­lig­ge­spro­chen, aber nach unter­schied­li­chen Kri­te­ri­en in das Ver­zeich­nis der Hei­li­gen ein­ge­tra­gen. War­um gilt für Johan­nes XXIII. nicht, was für Johan­nes Paul II. gilt? Die Fra­ge steht im Raum und blieb bis­her unbeantwortet.

„Erklärt“ wird das Son­der­vor­ge­hen des regie­ren­den Pap­stes nur durch sei­ne Macht­fül­le. Er kann es tun, weil er abso­lu­te Voll­mach­ten besitzt. Und die­se auch nützt. Papst Fran­zis­kus exer­ziert am Bei­spiel Johan­nes XXIII. vor, was er anson­sten so bemüht zu ver­nei­nen ver­sucht, näm­lich Papst zu sein mit allen Pflich­ten und Rech­ten. Für Papst Fran­zis­kus genügt beim „gut­mü­ti­gen“ Papst bereits die fama signo­rum, obwohl kei­ner der „zahl­rei­chen“ Hin­wei­se auf Gebets­er­hö­run­gen bis­her kano­nisch als tat­säch­li­ches Wun­der aner­kannt wurde.

„Fak­tisch hat Fran­zis­kus die päpst­li­che Macht, über die er als Ober­haupt der Welt­kir­che ver­fügt, maxi­mal aus­ge­schöpft, um eine Ent­schei­dung durch­zu­set­zen, die wie es scheint ein Prä­ze­denz­fall ohne glei­chen ist für Fäl­le, die nicht Mär­ty­rer betref­fen“, so Magister.

Johan­nes Paul II. sprach Pater Maxi­mi­li­an Kol­be 1982 auf der Grund­la­ge der damals bei­den für die Selig­spre­chung vor­ge­schrie­be­nen Wun­der hei­lig, obwohl kein wei­te­res Wun­der kano­nisch aner­kannt wor­den war, weil Kol­be ein Mär­ty­rer war.

Franziskus gewährte Johannes XXIII., was Johannes Paul II. Mutter Teresa von Kalkutta verweigerte

Glei­ches nahm er für die 120 im Jahr 2000 hei­lig­ge­spro­che­nen chi­ne­si­schen Mär­ty­rer in Anspruch. Die Hei­lig­spre­chung löste eine schwe­re diplo­ma­ti­sche Kri­se mit der Volks­re­pu­blik Chi­na aus.

Das galt für Mär­ty­rer. Obwohl eine gro­ße Zahl von Gläu­bi­gen, vor allem aber zahl­rei­che Kar­di­nä­le mit einer Peti­ti­on eine sofor­ti­ge Hei­lig­spre­chung von Mut­ter Tere­sa von Kal­kut­ta auf der Grund­la­ge des Wun­ders der Selig­spre­chung gewünscht hat­ten, lehn­te dies Papst Johan­nes Paul II. unter Ver­weis auf die gel­ten­den Bestim­mun­gen ab.

„Fran­zis­kus hat Johan­nes XXIII. gewährt, was Johan­nes Paul II. Mut­ter Tere­sa nicht gewährt hat“, so Magister.

Text: Set­ti­mo Cielo/​Giuseppe Nardi
Bild: Foto­mon­ta­gen Katho​li​sches​.info

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