Franziskus widerspricht erstmals Benedikt XVI. – in einem neuralgischen Punkt: der Alten Messe


Entscheidungskette-gegen-Alte-Messe: Kardinal Braz de Aviz, Papst Franziskus, Erzbischof Carballo(Rom) Die kom­mis­sa­ri­sche Ver­wal­tung eines blü­hen­den tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Ordens hat wie eine Bom­be ein­ge­schla­gen. Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster sieht dar­in einen Fron­tal­an­griff gegen die Alte Mes­se. Die „befürch­te­te Aus­nah­me“ ist nun ein­ge­tre­ten, sie wer­de bald zur „Regel“ wer­den, so Magi­ster. Die Geg­ner der Alten Mes­se sehen sich seit der Wahl von Papst Fran­zis­kus im Auf­wind. Eine inter­ne Min­der­heit der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, die teil­wei­se nicht mehr dem Orden ange­hört, woll­te die Wen­de des Ordens zum Alten Ritus nicht akzep­tie­ren. Was unter Bene­dikt XVI. undenk­bar war, mach­ten sein Rück­tritt und die neu­en Ver­hält­nis­se mög­lich. Ein pro­gres­si­ver Kar­di­nal, der zuletzt durch sei­ne Anbie­de­rung an rebel­li­sche Ordens­schwe­stern auf­ge­fal­len war (sie­he eige­nen Bericht), hat einem der weni­gen Orden der katho­li­schen Kir­che, der kei­ne Nach­wuchs­pro­ble­me hat, ver­bo­ten den Alten Ritus zu zele­brie­ren und die Ordens­lei­tung ent­mach­tet. Das Dekret tritt am Gedenk­tag der hei­li­gen Kla­ra von Assi­si in Kraft, die von den Fran­zis­ka­nern, vor allem den Fran­zis­ka­ne­rin­nen der Imma­ku­la­ta beson­ders ver­ehrt wird. Man könn­te dar­in einen sub­ti­len Affront im gro­ßen Affront sehen. 

Anzei­ge

Die von Papst Fran­zis­kus an die Latein­ame­ri­ka­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz CELAM gerich­te­ten Wor­te gegen die „pela­gia­ni­sche Ideo­lo­gi­sie­rung“ durch „Restau­ra­ti­ons­ver­su­che“ sind nicht als blo­ßer „Aus­gleich“ für die Kri­tik gegen die „gno­sti­sche Gefahr“ von pro­gres­si­ven Grup­pe wie „Wir sind Kir­che“, unge­hor­sa­me Ordens­schwe­stern der LCWR und der vor allem im deut­schen Sprach­raum ver­brei­te­ten „Pfar­rer-Initia­ti­ve“ zu lesen. 

Zum ersten Mal widerspricht Franziskus Benedikt

von San­dro Magister

Papst Benedikt XVI., die beiden Gründer der Franziskaner der Immakulata und die Alte Messe zelebriert von OrdensangehörigenEin zen­tra­ler Punkt nach der Wahl von Jor­ge Mario Berg­o­glio zum Papst, war die Fra­ge, wie er zur Alten Mes­se steht. Es gab eini­ge, die vor­aus­sag­ten, Papst Fran­zis­kus wer­de nicht von der Linie sei­nes Vor­gän­gers abwei­chen. Die­ser hat­te die Zele­bra­ti­on der Mes­se im Alten Ritus als „außer­or­dent­li­che“ Form des neu­en Ritus mit dem Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum vom 7. Juli 2007 und der Instruk­ti­on Uni­ver­sae eccle­siae vom 13. Mai 2011 wie­der in die Kir­che eingeführt.

Es gab aber auch jene, die eine Ein­schrän­kung oder sogar eine Rück­nah­me der Mög­lich­keit vor­her­sag­ten, die Mes­se im vor­kon­zi­lia­ren Ritus zu zele­brie­ren, auch um den Preis, den Ent­schei­dun­gen Bene­dikts XVI. noch zu des­sen Leb­zei­ten zu widersprechen.

Liest man ein Dekret der vati­ka­ni­schen Ordens­kon­gre­ga­ti­on, das kurz vor der Abrei­se von Fran­zis­kus nach Bra­si­li­en mit der aus­drück­li­chen Bil­li­gung des Pap­stes erlas­sen wur­de, müß­te man mehr Letz­te­ren als Erste­ren recht geben.

Das Dekret trägt das Datum des 11. Juli 2013, Pro­to­koll­num­mer 52741/​2012 und die Unter­schrif­ten des Prä­fek­ten der Ordens­kon­gre­ga­ti­on, Kar­di­nal Joao Braz de Aviz, Foko­lar­be­we­gung, und des Sekre­tärs der Kon­gre­ga­ti­on, Kuri­en­erz­bi­schof Jose Rodri­guez Car­bal­lo, Franziskaner.

Braz de Aviz, ist der ein­zi­ge Lei­ter eines Dik­aste­ri­ums an der Römi­schen Kurie, der aus Bra­si­li­en stammt, wes­halb er Papst Fran­zis­kus auf sei­ner Rei­se nach Rio de Janei­ro beglei­te­te. Er hat den Ruf eines Pro­gres­si­ven, wenn ihm auch der eines Wirr­kopfs bes­ser stün­de. Er wird wahr­schein­lich einer der ersten sein, der gehen muß, sobald die von Fran­zis­kus ange­kün­dig­te Kuri­en­re­form Gestalt annimmt.

Rodri­guez Car­bal­lo genießt hin­ge­gen das vol­le Ver­trau­en des neu­en Pap­stes. Sei­ne Beför­de­rung zur Num­mer Zwei der Kon­gre­ga­ti­on war vom Papst selbst am Beginn sei­nes Pon­ti­fi­kats gewollt.

Es ist daher schwer anzu­neh­men, daß Papst Berg­o­glio sich nicht genau im Kla­ren war, was er bil­lig­te, als ihm das Dekret vor der Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­legt wurde.

Das Dekret setzt in der Per­son des Kapu­zi­ners Fidenzio Vol­pi einen Apo­sto­li­schen Kom­mis­sar an die Spit­ze aller vier Orden, die zur Kon­gre­ga­ti­on der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta gehören.

Franziskaner der Immakulata im Missionseinsatz in Europa: Wo sieht man das noch?Bereits das ist Grund zum Stau­nen, weil die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta eine der blü­hend­sten Ordens­ge­mein­schaf­ten nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil in der katho­li­schen Kir­che sind, mit männ­li­chen und weib­li­chen Zwei­gen, mit vie­len und jun­gen Beru­fun­gen, auf allen Kon­ti­nen­ten ver­tre­ten und sogar mit einer Nie­der­las­sung in Argentinien.

Sie sind der Tra­di­ti­on und dem Lehr­amt der Kir­che treu. Ihre Prie­ster zele­brie­ren die Hei­li­ge Mes­se sowohl im Alten als auch im Neu­en Ritus, wie dies welt­weit für zahl­rei­che Gemein­schaf­ten und Orden gilt, wie die Bene­dik­ti­ner von Nur­sia, um nur ein Bei­spiel zu nen­nen. Sie wen­den das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum von Bene­dikt XVI. buch­sta­ben­ge­treu an. Sie sind daher in der Seel­sor­ge über­all ein­setz­bar und bevor­zu­gen ordens­in­tern den Alten Ritus.

Genau das wur­de ihnen zum Vor­wurf gemacht von einer inter­nen Dis­si­den­ten­grup­pe, die sich an die vati­ka­ni­schen Behör­den wand­te und eine über­zo­ge­ne Nei­gung des Ordens für den Alten Ritus beklag­te. Das führ­te zu Ordens­aus­schlüs­sen und Kon­flikt­mo­men­ten inner­halb der Gemein­schaft durch die die inne­re Ein­heit unter­gra­ben wur­de. Vor allem wur­de das all­ge­mei­ne „sen­ti­re cum Eccle­sia“ geschwächt.

Die vati­ka­ni­schen Behör­den reagier­ten mit der Ent­sen­dung eines Apo­sto­li­schen Visi­ta­tors. Und nun folg­te die Ernen­nung eines Kommissars.

Was aber am mei­sten erstaunt, sind die letz­ten fünf Zei­len des Dekrets vom 11. Juli:

„Zusätz­lich zum oben gesag­ten hat der Hei­li­ge Vater Fran­zis­kus ver­fügt, daß jeder Ordens­an­ge­hö­ri­ge der Kon­gre­ga­ti­on der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta ange­hal­ten ist, die Lit­ur­gie nach dem ordent­li­chen Ritus zu zele­brie­ren und daß der even­tu­el­le Gebrauch der außer­or­dent­li­chen Form (Vetus Ordo) aus­drück­lich von den zustän­di­gen Stel­len geneh­migt [sic] wer­den muß, für jeden Ordens­an­ge­hö­ri­gen und/​oder jede Gemein­schaft, die einen Antrag stel­len wird.“

Das Stau­nen rührt vor allem daher, daß das, was hier dekre­tiert wird, den von Bene­dikt XVI. erlas­se­nen Bestim­mun­gen wider­spricht, die für die Zele­bra­ti­on der Mes­se im Alten Ritus „sine popu­lo“ kei­ner­lei Anträ­ge oder Geneh­mi­gun­gen vorsehen:

„Ad talem cele­bra­tio­nem secund­um unum alter­um­ve Mis­sa­le, sacer­dos nulla eget licen­tia, nec Sedis Apo­sto­li­cae nec Ordi­na­rii sui.“ [1]Erstaun­li­cher­wei­se wur­de das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum von Papst Bene­dikt XVI. auch nach sechs Jah­ren auf der offi­zi­el­len Inter­net­sei­te des Vati­kans nur in zwei Spra­chen ver­öf­fent­licht, und … Con­ti­n­ue rea­ding

Für die Mes­sen „cum popu­lo“ sind eini­ge Bedin­gun­gen vor­ge­se­hen, wobei aber die Zele­bra­ti­ons­frei­heit immer gewahrt zu sein hat.

Gene­rell kann gegen ein Dekret einer vati­ka­ni­schen Kon­gre­ga­ti­on Ein­spruch beim Ober­sten Gerichts­hof der Apo­sto­li­schen Signa­tur ein­ge­legt wer­den. Dort hat der ame­ri­ka­ni­sche Kar­di­nal Ray­mond Leo Bur­ke den Vor­sitz, der als Freund der Tra­di­ti­on gilt.

Wenn ein Dekret jedoch über die aus­drück­li­che Bil­li­gung des Pap­stes ver­fügt, wie es der Fall zu sein scheint, die aller­dings in einer beson­de­ren Form erfolgt und fest­ge­hal­ten sein muß, ist kein Ein­spruch zulässig.

Die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta wer­den sich an das Zele­bra­ti­ons­ver­bot im Alten Ritus ab dem 11. August hal­ten müssen.

Was aber wird nun gesche­hen, nicht nur ordens­in­tern, son­dern in der gesam­ten Kirche?

Es war die Über­zeu­gung Bene­dikts XVI.„ daß „die bei­den For­men des Römi­schen Ritus sich gegen­sei­tig berei­chern kön­nen“. So erklär­te er es in dem akku­rat aus­ge­ar­bei­te­ten Brief an die Bischö­fe der gan­zen Welt, der das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum begleitete.

Von nun an wird dem nicht mehr so sein, jeden­falls nicht für alle. Den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta, die gezwun­gen wer­den, die Mes­se nur mehr in der moder­nen Form zu zele­brie­ren, wird nur mehr eines übrig­blei­ben, um die von Bene­dikt XVI. erhoff­te Berei­che­rung zu errei­chen: sie wer­den im Neu­en Ritus jene Hei­lig­keit der Lit­ur­gie her­aus­ar­bei­ten und beto­nen müs­sen, die so vie­le am Alten Ritus anzieht.

Fakt ist, daß ein zen­tra­ler Punkt des Pon­ti­fi­kats von Joseph Ratz­in­ger beschä­digt wur­de. Aus einer Aus­nah­me, die vie­le fürch­te­ten oder her­bei­sehn­ten, wird bald die Regel werden.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bil­der: Wikicommons/​Papa Ratz­in­ger Blog/​Franziskaner der Immakulata

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1 Erstaun­li­cher­wei­se wur­de das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum von Papst Bene­dikt XVI. auch nach sechs Jah­ren auf der offi­zi­el­len Inter­net­sei­te des Vati­kans nur in zwei Spra­chen ver­öf­fent­licht, und das mit Latein und Unga­risch nicht in den bedeutendsten.
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