Die Wahrheit hinter dem „arabischen Frühling“


Die Wahrheit über den arabischen Frühling: statt spontaner Volkswille US-finanziert(Kairo/​Tunis/​Damaskus) Vor drei Wochen sag­te die radi­kal­li­be­ra­le Außen­mi­ni­ste­rin Ita­li­ens, Emma Boni­no in einer Rede vor dem ita­lie­ni­schen Par­la­ment zu den Pro­te­sten in der Tür­kei: „Wel­cher ara­bi­sche Früh­ling denn? Der Tak­sim-Platz [in Istan­bul] ist nicht der Tah­r­ir-Platz [in Kai­ro], und die Tür­ken sind kei­ne Ara­ber.“ Im Klar­text: Nie­mand darf etwas gegen den ara­bi­schen Früh­ling sagen, denn der ist „frei und demo­kra­tisch“ und darf mit nichts und nie­man­dem sonst ver­gli­chen werden.

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„Das Regime behält die vol­le Kon­trol­le über die Wirt­schaft, die Geheim­dien­ste, das Fern­se­hen. Den­noch blei­be ich opti­mi­stisch dazu, was in der Gesell­schaft geschieht. Die Demo­kra­tie ist kein Kon­zept, son­dern ein Pro­zeß und jeden Tag stel­len wir Neu­ig­kei­ten fest, die vor weni­gen Mona­ten noch undenk­bar waren“, sag­te Boni­no, als in Ägyp­ten noch Muba­rak regier­te und sich die Mos­lem­brü­der auf die Macht­über­nah­me vorbereiteten.

Die „Vorliebe“ des atlantischen Establishment für den „arabischen Frühling“

„Bis heu­te ging man gegen Isra­el auf die Stra­ße, gegen den Krieg im Irak, die USA, aber jetzt demon­striert man für Refor­men“, so Boni­no, die vom lin­ken Spek­trum als näch­ste Staats­prä­si­den­tin Ita­li­ens auf­ge­baut wird. Wich­ti­ger ist für sie ihre Ein­bin­dung in das höch­ste EU- und nord­at­lan­ti­sche Poli­test­ab­lish­ment. Dabei spielt es kei­ne Rol­le, daß Boni­no nicht nur eine radi­ka­le Abtrei­bungs- und Eutha­na­sie­ver­fech­te­rin ist und seit Jahr­zehn­ten einen irra­tio­na­len Kampf gegen die katho­li­sche Kir­che führt. Man den­ke an die Paro­le der Radi­ka­len Par­tei: „No Tali­ban, No Vatican“.

Weit schlim­mer, 1975 wirk­te Boni­no selbst als Kin­der­mör­de­rin an ille­ga­len Abtrei­bun­gen mit, die Teil der Kam­pa­gne zur Lega­li­sie­rung der Abtrei­bung war. Einer straf­recht­li­chen Ver­fol­gung ent­zog sie sich zunächst durch Flucht nach Frank­reich und dann – noch siche­rer – durch „Flucht“ ins Ita­lie­ni­sche Par­la­ment. Viel­leicht ist ihre poli­ti­sche Gesin­nung aber auch gera­de eine Ein­tritts­kar­te in die der­zeit regie­ren­de Nomen­kla­tur. An der demo­kra­ti­schen Legi­ti­ma­ti­on kann es nicht lie­gen: Die 1956 gegrün­de­te Radi­ka­le Par­tei erreich­te 1979 mit nur 3,45 Pro­zent der Stim­men das beste Ergeb­nis ihrer Geschich­te. Bei den Par­la­ments­wah­len Ende Febru­ar 2013 kam sie ledig­lich auf 0,13 Pro­zent der Stim­men, was den neu­en links­ka­tho­li­schen Mini­ster­prä­si­den­ten Enri­co Let­ta (Demo­kra­ti­sche Par­tei) nicht dar­an hin­der­te, ihr das Außen­mi­ni­ste­ri­um anzu­ver­trau­en, nach­dem ihre Wahl zur Staats­prä­si­den­tin (vor­erst) geschei­tert war. Beson­de­re Wün­sche atlan­ti­scher Ver­bün­de­ter bei der Beset­zung des Außen­mi­ni­ste­ri­ums dür­fen ange­nom­men werden.

„Ja, genau, die Refor­men“ fügt Dani­lo Quin­to iro­nisch den Wor­ten Boni­nos hin­zu. Dani­lo Quin­to war 20 Jah­re lang in Boni­nos mili­tan­ter Radi­ka­ler Par­tei aktiv, von 1995 bis 2005 sogar deren Schatz­mei­ster. Nach sei­ner Bekeh­rung zum katho­li­schen Glau­ben brach Quin­to mit den Radi­ka­len und rech­ne­te in einem Buch mit der anti­ka­tho­li­schen Par­tei und deren Ideo­lo­gie ab. [1]Dani­lo Quin­to ver­faß­te auch ein Buch über Emma Boni­no, als deren Bewer­bung um das Amt des ita­lie­ni­schen Staats­prä­si­den­ten bekannt wur­de. Amts­sitz des Staats­prä­si­den­ten ist der Qui­ri­nal: „Emma … Con­ti­n­ue rea­ding Mit einer Par­tei, die sich aus­drück­lich auf die alte Radi­ka­le Par­tei Ita­li­ens beruft, die von 1877 bis zur Auf­lö­sung durch das faschi­sti­sche Regime bestand und eine Fort­set­zung des frei­mau­re­ri­schen Groß­ori­ents von Ita­li­en in Par­la­ment und Regie­rung war.

„Arabischer Frühling“ von USA organisatorisch und finanziell lange vorbereitet

Die „Refor­men“ in Ägyp­ten, die Boni­no und die euro­päi­sche Nomen­kla­tur ver­tei­digt, umfas­sen auch die Ver­fas­sungs­er­klä­rung von Mur­si, der weni­ge Wochen vor sei­ner Abset­zung sich selbst Macht­be­fug­nis­se zusprach, die weit über jene Muba­raks hin­aus­gin­gen. „Was für eine ‚Lei­stung‘ des ‚ara­bi­schen Früh­lings‘“, so Quinto.

In Tune­si­en wird die pro­vi­so­ri­sche Regie­rung von Isla­mi­sten der Ennah­da kon­trol­liert, hin­ter der wie­der­um die Mos­lem­brü­der ste­hen. In Liby­en kämp­fen seit dem Sturz Gad­da­fis Hun­der­te von bewaff­ne­ten Ban­den um die Macht. Ägyp­ten steu­ert auf einen Bür­ger­krieg zu. In allen drei Län­dern hat sich die wirt­schaft­li­che Lage der­ma­ßen ver­schlech­tert, daß gro­ße Tei­le der Bevöl­ke­rung regel­recht von Hun­gers­not bedroht sind. Aber Außen­mi­ni­ste­rin Boni­no und die EU-Nomen­kla­tur sind wei­ter­hin „opti­mi­stisch“. „In Ägyp­ten steht ein beträcht­li­cher Teil der Bevöl­ke­rung, von dem die statt­fin­den­den Ereig­nis­se als Pha­se der Revo­lu­ti­on betrach­tet wer­den, um die jüng­sten Feh­ler zu kor­ri­gie­ren, einem ande­ren Teil gegen­über, der dar­in einen Rück­schritt im demo­kra­ti­schen Trans­for­ma­ti­ons­pro­zeß sieht, weil er der Frei­heit der Mit­glie­der der Mos­lem­bru­der­schaft Beschrän­kun­gen auf­er­legt“, so Emma Bonino.

„Es bleibt die Wahr­heits­fra­ge zu klä­ren“, so Dani­lo Quin­to in sei­ner Kri­tik an der EU-Außen­po­li­tik. „Wer hat denn den ara­bi­schen Früh­ling in den ver­schie­de­nen Län­dern geför­dert und vor allem wer hat es erlaubt, daß die isla­mi­sti­sche und sub­ver­si­ve Orga­ni­sa­ti­on der Mos­lem­brü­der die Ober­hand bekommt?“, so Quinto.

Der katho­li­sche Intel­lek­tu­el­le und ehe­ma­li­ge Weg­ge­fähr­te Boni­nos ver­weist in die­sem Zusam­men­hang auf den „erhel­len­den Arti­kel, der am 13. Mai 2012 in der Zeit­schrift Eura­sia – Zeit­schrift für geo­po­li­ti­sche Stu­di­en erschie­nen ist. Das The­ma der Aus­ga­be lau­te­te: „Das Mit­tel­meer zwi­schen Eura­si­en und dem Westen“. Kon­kret geht es jedoch um den gleich­na­mi­gen Leit­ar­ti­kel. Dar­in heißt es:

„Selbst die New York Times hat zuge­ge­ben, daß eini­ge Bewe­gun­gen und Anfüh­rer, die direkt an den Revol­ten von 2011 in Nord­afri­ka und im Nahen Osten betei­ligt waren […] ihre Aus­bil­dung und Finan­zie­rung vom Inter­na­tio­nal Repu­bli­can Insti­tu­te, dem Natio­nal Demo­cra­tic Insti­tu­te und dem Free­dom Hou­se erhal­ten haben. Vor allem letz­te­re Orga­ni­sa­ti­on hat­te 2010 eine Grup­pe ägyp­ti­scher und tune­si­scher Akti­vi­sten, um ihnen bei­zu­brin­gen ‚durch Inter­ak­ti­on mit Washing­ton, den inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen und den Mas­sen­me­di­en Vor­tei­le aus den Mög­lich­kei­ten des Netz­werks zu ziehen‘.“

Die Geldflüsse in die arabischen Staaten – Die Christen spielen bei den westlichen Planungen keine Rolle

Im Leit­ar­ti­kel heißt es wei­ter, daß das Natio­nal Endow­ment for Demo­cra­cy mit­teil­te, 2010 mehr als 1,5 Mil­lio­nen Dol­lar an ägyp­ti­sche Orga­ni­sa­tio­nen gezahlt zu haben, die sich für die Ver­tei­di­gung der „Men­schen­rech­te“ und die För­de­rung der „demo­kra­ti­schen Wer­te“ ein­set­zen. Im Klar­text sind damit poli­tisch nahe­ste­hen­de oder abhän­gi­ge Orga­ni­sa­tio­nen gemeint.

Zudem wird fest­ge­stellt, daß zu den Finan­zie­run­gen durch das Natio­nal Endow­ment for Demo­cra­cy und einer gan­zen Rei­he wei­te­rer staat­li­cher US-Ein­rich­tun­gen noch die Gel­der der Open Socie­ty Foun­da­ti­on von Geor­ge Sor­os kamen. Sor­os finan­zier­te 2010 und damit kurz vor Aus­bruch der Revol­ten, Orga­ni­sa­tio­nen und Bewe­gun­gen in der gesam­ten ara­bi­schen Welt, beson­ders aber in Ägyp­ten und Tune­si­en. Wenn man dann bis auf das Jahr 2009 zurück­geht, beträgt die Gesamt­sum­me der US-Finan­zie­run­gen an „nahe­ste­hen­de“ poli­ti­sche Orga­ni­sa­tio­nen mehr als 62 Mil­lio­nen Dol­lar, so der Artikel.

„An die­ser Stel­le wird es ver­ständ­lich, wer hin­ter dem soge­nann­ten ara­bi­schen Früh­ling steckt, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen er ent­stan­den ist und um wel­che Inter­es­sen es west­li­chen Regie­run­gen dabei geht“, so Dani­lo Quin­to. Die­se Tat­sa­chen sei­en zu hin­ter­fra­gen und genau offen­zu­le­gen, statt sich hin­ter schein­hei­li­gen Argu­men­ten zu ver­stecken, wie es Boni­no tue. „Ohne die­se Tat­sa­chen zu ver­tie­fen, ist kei­ne seriö­se euro­päi­sche Poli­tik in der Regi­on mög­lich, weil sie auf Heu­che­lei und auf dem Leug­nen der Wahr­heit auf­bau­en wür­de“, so Quin­to. Wer bei den west­li­chen Pla­nun­gen kei­ne Rol­le spielt, sind dei christ­li­chen Min­der­hei­ten in den betrof­fe­nen Staa­ten. Die poli­ti­sche Ein­fluß­nah­me bis hin zum Sturz der Regie­run­gen wird nicht für die dor­ti­gen Chri­sten vor­ge­nom­men. Die­se exi­stie­ren viel­mehr in den Pla­nun­gen gar nicht. Die Fol­ge ist, daß sie unter die Räder der pro­vo­zier­ten Kon­flik­te kom­men, da sie mit dem Westen gleich­ge­setzt wer­den. Die fast völ­li­ge Ver­nich­tung der Chri­sten im Irak ist das erschrecken­de Bei­spiel für die Fol­gen. In allen Län­dern Nord­afri­kas und des Nahen Ostens, Ägyp­ten aus­ge­nom­men, wur­den die ein­hei­mi­schen christ­li­chen Gemein­schaf­ten seit Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges dezimiert.

Text: Cor­ri­spon­den­za Romana/​Giuseppe Nardi
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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1 Dani­lo Quin­to ver­faß­te auch ein Buch über Emma Boni­no, als deren Bewer­bung um das Amt des ita­lie­ni­schen Staats­prä­si­den­ten bekannt wur­de. Amts­sitz des Staats­prä­si­den­ten ist der Qui­ri­nal: „Emma Boni­no. Dag­li abor­ti al Qui­ri­na­le?“ (Emma Boni­no. Von den Abtrei­bun­gen in den Qui­ri­nal?, Ver­lag Fede & Cul­tu­ra, Vero­na 2013
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2 Kommentare

  1. »In allen Län­dern Nord­afri­kas und des Nahen Ostens, Ägyp­ten aus­ge­nom­men, wur­den die ein­hei­mi­schen christ­li­chen Gemein­schaf­ten seit Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges dezimiert.«

    Muß hei­ßen: »in allen *isla­mi­schen* Län­dern â€¦«

    Denn der Liba­non ist bereits gekippt. In Isra­el dage­gen gedei­hen die Gemein­den präch­tig und erfreu­en sich einer Frei­heit und Chan­cen­gleich­heit, wie in kei­nem ande­ren Land der Regi­on. Auch wenn dort in gelern­ter Dhim­mi­tude immer eini­ge wei­ner­li­che Palis auf­tre­ten, denen es am Rück­grat wie bei den Kop­ten fehlt.

  2. Wie­der ein Bei­trag, den man als poli­ti­schen Rea­lis­mus bezeich­nen muss.

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