(Washington/Regensburg) „Helmut Schüller vertritt Positionen im Widerspruch zu den Lehren der katholischen Kirche und darf daher in keiner Gemeinde der Diözese sprechen“. Mit dieser Begründung erteilte der Erzbischof von Boston, Sean Kardinal O’Malley dem österreichischen Priesterrebellen Helmut Schüller in seiner Erzdiözese Auftrittsverbot. Schüller wollte am 17. Juli in Boston sprechen. Der ehemalige Wiener Generalvikar und Anführer der österreichischen Rebellengruppe namens Pfarrer-Initiative mit Ablegern in Deutschland und der Schweiz bereist vom 15. Juli bis 7. August die USA und will in neun Bundesstaaten öffentlich auftreten.
Eingeladen wurde er vom schismatisierenden Spektrum radikalprogressiver Kreise. Weltlich gesprochen von den Hardlinern des linken Kirchenflügels. Es gilt als umstritten, ob diese Gruppen noch Teil der katholischen Kirche sind: Call to Action, Catholics en Alliance for the Common Good, Corpus, DignityUSA, FutureChurch, National Coalition of American Nuns, Nuevo Ways Ministry, Voice of the Faithful, Quixote Center, Women’s Ordination Conference.
Auftrittsverbot für Schüller kein „Schaden“ für die Kirche
Die Entscheidung von Kardinal O’Malley stieß auf starken Zuspruch in kirchentreuen Kreisen, die es leid sind, daß manche in der Kirche meinen, unter Ausnutzung von Brüderlichkeit und Nächstenliebe Narrenfreiheit zu haben. Sie hat umso mehr Gewicht, als der Kardinal von Papst Franziskus in die achtköpfige Kardinalsgruppe berufen wurde, die ihn in der Leitung der Kirche beraten soll.
„Von einem enormen Schaden am Leib Christi, dem Volk Gottes“, schreibt im Zusammenhang die progressive katholische Internetseite Religion Digital. Daß der Kardinal mit seinem Auftrittsverbot für einen Priester, der öffentlich zum „Ungehorsam“ gegen Lehre und Ordnung der Kirche aufruft, der Kirche einen „Schaden zugefügt“ hätte, bezeichnet der spanische Kirchenhistoriker Francisco de la Cigoña als „Blödsinn“. Es sei „Pflicht“ eines Bischofs, seine Herde vor Spaltern und falschen Propheten zu schützen.
Wann zeigen deutschsprachige Bischöfe Entschlossenheit?
In Deutschland verhängten die Bischöfe mehrerer Diözesen, darunter Bamberg, Eichstätt und Hildesheim, im Frühjahr ein Auftrittsverbot gegen Schüller. Als echter Rebell kümmerte ihn das wenig. In Nürnberg stellte ihm ein Gesinnungsgenosse im Klerikergewand dennoch die Kirche zur Verfügung. Bei Schüller, der von auswärts kommt, ist das leichter möglich. WIe steht es aber mit Entschlossenheit der Bischöfe gegen eigene ungehorsame Priester? Wie lange wollen die Bischöfe eine offene Rebellion als bloßes kokettieren mit dem Zeitgeist dulden? Niemand ruft sofort nach Sanktionen. Die Kirche hat bewährte, brüderliche Formen im Umgang mit Irrenden. Wenn allerdings offenkundig wird, daß es sich um Verstocktheit handelt, sich die Rebellen „moralisch“ und „meritorisch“ über die Kirche aufschwingen und damit die kirchliche Lehre und deren Autorität dem Gespött preisgeben, dann sind die Bischöfe gefordert, denn dann ist Gefahr im Verzug.
Glaubenstreue Katholiken warten vergeblich auf klare Maßnahmen der Bischöfe gegen die schismatisch-ungehorsamen Priesterrebellen im Konkubinat. Die bisher „schärfste“ Maßnahme war, daß ein österreichischer Priesterrebell auf Anweisung von Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn von Wien nicht zum Dekan gewählt werden durfte. Gegenüber der Piusbruderschaft zeigten sich die Bischöfe immer mutiger.
Der neue Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer erklärte gestern dem Münchener Kirchenradio, daß er sich ein „Ultimatum“ an die Piusbrüder erwarte. Der Folgeschritt wäre die Exkommunikation. Der Regensburger Bischof sprach als Oberhirte für seine Diözese und tat damit zweifelsohne, was ihm zusteht.
Von einem „Ultimatum“ an progressive Rebellenkreise, wie der seit 2006 agierenden Pfarrer-Initiative war bisher allerdings nie etwas zu hören. Obwohl der Grad der Verwirrung, den die Rebellen in der deutschsprachigen Kirche stiften, objektiv um ein Vielfaches größer ist, als ihn die Piusbruderschaft je stiften könnte. So entsteht der Eindruck, daß mit zweierlei Maß gemessen wird.
Differenzierter Umgang mit Konzil nötig für Erneuerung der Kirche
Mit Blick auf die von Radio Vatikan veröffentlichte Stellungnahme von Bischof Voderholzer sei noch angemerkt: Die deutschsprachigen Bischöfe sollten nicht hinter Rom und Papst Benedikt XVI. zurückbleiben und differenzierter über das Zweite Vatikanische Konzil sprechen. Nach 50 Jahren sollte vor allem aber der Eindruck vermieden werden, das Konzil dürfe nicht kritisiert werden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: La cigüeña de la torre/catholictippingpoint.org