(Menzingen) In einem ausführlichen Interview von Angelus Press mit Bischof Bernard Fellay, dem Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. nahm dieser unter anderem zur Entwicklung der Bruderschaft und zum Verhältnis mit Rom Stellung. Anlaß ist der 25. Jahrestag seiner Bischofsweihe, die ihm am 30. Juni 1988 von Erzbischof Marcel Lefebvre, dem Gründer der Bruderschaft gespendet wurde. Die Weihe von vier Priester der Piusbruderschaft zur Bischöfen erfolgte ohne Erlaubnis durch Papst Johannes Paul II. Rom gab im Vorfeld bekannt, daß ein solcher „schwerwiegender“ Schritt automatisch die Exkommunikation der weihenden Bischöfe und der neuen Bischöfe nach sich ziehe. Auf ausdrückliche Anweisung von Papst Benedikt XVI. wurde im Januar 2009 die Situation als behoben erklärt. Einige Ausschnitte des Interviews werden vollständig wiedergegeben. Das vollständige Originalinterview kann auf der englischen Seite der Piusbruderschaft nachgelesen werden.
11. Obwohl Msgr. Lefebvre immer den Wunsch hegte, zu friedlichen Beziehungen mit den römischen Autoritäten zu gelangen, führten die Bischofsweihen zu einer neuen Phase einer feindseliger Behandlung und Verfolgung der Bruderschaft durch Rom. Man hat in den vergangenen zehn Jahren versucht, zumindest eine Überwindung dieser Feindseligkeit und Verfolgungen zu erreichen auf eine Weise, daß der Auftrag der Bruderschaft in keiner Weise kompromittiert wird. Bisher zumindest haben die Anstrengungen keine Lösung gebracht. Warum denken Sie, sind die Anstrengungen trotz Ihres guten Willens bisher erfolglos geblieben?
Zunächst möchte ich unterstreichen, daß die Initiative zu einer Normalisierung von Rom ausgegangen ist und nicht von uns. Nicht ich habe den ersten Schritt gesetzt. Ich habe versucht zu sehen, ob die Situation so war, daß wir unter Wahrung unserer Identität weitergehen konnten. Offensichtlich ist das noch nicht der Fall.
Warum? Die römischen Stellen halten sich nach wie vor an gefährliche und giftige Grundsätze, die zur Zeit des Konzils in die Kirche eingeführt wurden. Das ist der Grund, weshalb wir nicht imstande sind weiterzugehen.
Ich habe keine Ahnung, wieviel Zeit wir dafür noch brauchen werden oder wieviel Drangsal wir bis zu jenem Augenblick noch erleiden werden müssen. Vielleicht zehn Jahre, vielleicht mehr, vielleicht weniger. Es liegt in Gottes Hand.
12. Bleiben sie offen für Kontakte aus Rom und in besonderer Weise des neuen Heiligen Vaters?
Selbstverständlich bleibe ich offen! Es ist die Kirche Gottes. Der Heilige Geist steht noch darüber und geht über alle Hindernisse hinaus, die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in die Kirche hineingetragen wurden. Wenn der Herr will, daß die Dinge in Ordnung gehen, dann wird Er es tun. Gott weiß, wann es geschehen wird, wir aber müssen immer bereit sein. Eine vollständige und wirkliche Lösung kann nur erfolgen, wenn die römischen Stellen wieder in diese Richtung arbeiten.
13. Welche Zeichen können wir beobachten, um festzustellen, ob unter den römischen Autoritäten ein Gesinnungswandel hin zur Tradition erfolgt oder beginnt?
Es ist sehr schwierig zu sagen, wo er beginnt. Wir haben mit Papst Benedikt gesehen, daß es vor allem das große Zeichen der Liturgie war und möglicherweise andere Bemühungen, die weniger stark waren. Diese geschahen gegen starke Widerstände. Offensichtlich hat er es nicht geschafft, wie wir jetzt sehen. Aber der Wandel muß mit Sicherheit von der Spitze kommen.
Etwas kommt möglicherweise von unten, von den Bischöfen, Priestern und Gläubigen des Novus Ordo, die zur Tradition zurückkehren wollen. Ich denke, daß diese Tendenz bereits begonnen hat, auch wenn sie noch nicht sehr groß ist. Sie ist noch nicht der Mainstream, aber sicher ein Zeichen. Eine grundlegende Veränderung muß aber von oben kommen, vom Papst. Sie kann also von mehreren Seiten kommen, wird aber mit Sicherheit immer bedeuten, unseren Herrn und Gott Jesus Christus den richtigen Platz in der Kirche einzuräumen, den Mittelpunkt.
14. Nehmen wir einen Gesinnungswandel an der Spitze in Rom an, wie könnte dann das Werk der Wiederherstellung der gesamten Kirche erfolgen?
Das ist schwierig zu sagen. Im Augenblick, sollten sich die Dinge nicht ändern, könnte es im Inneren der Kirche zu Verfolgung und harten Kämpfen kommen, wie es zur Zeit des Arianismus der Fall war. Wenn etwas geschieht, zum Beispiel wenn es eine Verfolgung gäbe und dann der Heilige Vater zur Tradition zurückkehren würde, könnte die Situation eine völlig andere sein. Gott weiß, welche Art von Projekt Er verfolgt, um die Kirche wieder auf ihren Weg zurückzubringen.
15. Was kann man tun, um eine solche Rückkehr zur Tradition zu beschleunigen?
Gebet und Opfer! Jeder muß seinen Standespflichten nachkommen, die Verehrung des unbefleckten Herzens Mariens fördern und den Rosenkranz beten. Was den Rosenkranz betrifft, bin ich für einen neuen Kreuzzug offen.
16. Was sagen Sie denen, die behaupten, Sie hätten einen Kompromiß mit dem Konzil und der Nachkonzilskirche geplant (oder würden ihn immer noch planen)?
Das ist reine Propaganda von Leuten, die die Bruderschaft spalten wollen. Ich weiß nicht, wie sie zu solchen Ideen kommen. Offensichtlich benutzen sie die heikle Lage im vergangenen Jahr, um den Generaloberen Dinge zu beschuldigen, die er nie getan hat und nie Absicht hatte sie zu tun. Ich hatte nie die Absicht, die Bruderschaft zu kompromittieren.
Sie sollten sich daher selbst fragen: Wem nützt es, die Bruderschaft gespalten zu sehen, wenn nicht ihren Feinden? Jene, die die Bruderschaft mit ihrer Dialektik teilen, sollten darüber nachdenken, warum sie tun, was sie tun. Damit meine ich Bischof Williamson und die Priester, die ihm folgen.
17. Im Rücklick auf die vergangenen Jahre gibt es etwas, was sie anders gemacht hätten?
Oh, sicher. Man ist nach der Schlacht immer klüger. Ich hätte stärker herausgestrichen, was ich immer gesagt habe, wenn ich auch dachte, daß es nicht notwendig sei, es zu betonen: in jedem Abkommen gäbe es immer eine conditio sine qua non, die wir nie kompromittieren würden. Da gibt es kein drumherum. Wir bleiben, so wie wir sind. Das ist es, was uns zu Katholiken macht und Katholiken wollen wir bleiben.
Sicher hätte ich, und tatsächlich wurde es inzwischen schon gemacht, die Kommunikation verbessert. Ich war durch die Verluste gelähmt. Sonst würde ich es jetzt machen.
18. Abgesehen von den Beziehungen zu Rom, welche Hoffnungen hegen sie für die nächsten 25 Jahre für die Bruderschaft und für die Kirche?
Daß wir in den kommenden 25 Jahren die Rückkehr der Kirche zur Tradition sehen, damit wir eine neue Blüte der Kirche erleben werden.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: sspx.org