Priestermangel nicht dem Konzil anzulasten – Ursachen älter, virtuelles Konzil brachte ihn nur zum Ausbruch


Kardinal Mauro Piacenza zum Konzilsdekret über die Priester. Priestermangel und falsches Priesterbild nicht dem Konzil anzulasten, Ursachen dafür älter, die nur durch falsche Wahrnehmung des Konzils ausbrachen. Priesterweihen Opus Dei(Rom) „Der Rück­gang der Prie­ster­be­ru­fun­gen, der auf das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil folg­te, ist in kei­ner Wei­se dem Kon­zil zuzu­schrei­ben noch sei­ner, teil­wei­se zwei­fel­haf­ten Rezep­ti­on. Es ist not­wen­dig, zu erken­nen, daß die Kri­se bereits vor­her war, daß sie tie­fe­re und älte­re Wur­zeln hat­te“, und daß die Kon­zils­re­for­men, wahr­schein­lich, die zer­stö­re­ri­schen Fol­gen ein­ge­dämmt haben. Dies schreibt Mau­ro Kar­di­nal Pia­cen­za, der Prä­fekt der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on in dem neu­en Buch Pres­by­terorum ordi­nis. 50 Jah­re danach. Es bil­det den ersten Band einer neu­en Buch­rei­he zu den Kon­zils­do­ku­men­ten, die im tra­di­ti­ons­rei­chen katho­li­schen Ver­lag Can­tag­al­li (Ita­li­en) anläß­lich der 50 Jah­re seit Eröff­nung des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils erscheint.

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Der wie­der gene­se­ne Kar­di­nal greift damit jenen Wider­spruch zwi­schen „rea­lem“ und „vir­tu­el­lem“ Kon­zil auf, den Papst Bene­dikt XVI. noch kurz vor sei­nem Amts­ver­zicht beton­te. Das rea­le Kon­zil als Aus­druck der Kir­che ist in den Kon­zils­do­ku­men­ten greif­bar und nur dort, das vir­tu­el­le Kon­zil hin­ge­gen in einer Art Schein­welt aus Erwar­tun­gen, Inter­pre­ta­tio­nen und Pro­jek­tio­nen eige­nen Den­kens der Men­schen von damals und der Nach­kon­zils­zeit. Laut Kar­di­nal Pia­cen­za habe die­se Par­al­lel­wahr­neh­mung des Kon­zils wäh­rend und nach dem Kon­zil die Kri­se des Prie­ster­tums, durch Zehn­tau­sen­de von Prie­stern, die ihr Prie­ster­tum auf­ga­ben und durch den anhal­ten­den Man­gel an Beru­fun­gen sicht­bar gemacht, deren Ursa­chen jedoch schon auf die Zeit vor das Kon­zil zurückreichen.

In neuer Buchreihe stellen Kardinäle Konzilsdokumente vor – Auftakt Priesterdekret durch Kardinal Piacenza

Jeder Band der neu­en Buch­rei­he wid­met sich einem Doku­ment des Kon­zils und wird von einem Kar­di­nal her­aus­ge­ge­ben. Jener von Kar­di­nal Pia­cen­za (216 Sei­ten) ent­hält das Kon­zils­do­ku­ment zum Wei­he­prie­ster­tum in latei­ni­scher und ita­lie­ni­scher Spra­che, das vom Her­aus­ge­ber kom­men­tiert und dar­ge­legt wird. Die Buch­rei­he wen­det sich nicht an ein Fach­pu­bli­kum, son­dern an eine brei­te Leser­schaft. Der Ver­lag schreibt, daß man damit „auf die Leh­ren der Kon­zils­do­ku­men­te selbst schau­en will, indem auf ideo­lo­gi­sche oder Son­der­in­ter­pre­ta­tio­nen ver­zich­tet wird“. Man hofft, so der Ver­lag, „den Jün­ge­ren zu hel­fen“, das „gro­ße Ereig­nis zu ent­decken, das die Geschich­te der Kir­che des 20. Jahr­hun­derts geprägt hat“ und „das Erbe ohne ein­sei­ti­ge Ver­mitt­lung anzu­neh­men“. Mit Blick auf die „weni­ger Jun­gen“ hofft der Ver­lag, daß die­se „die Freu­de, den Enthu­si­as­mus und den mis­sio­na­ri­schen Eifer der Kon­zils­jah­re neu erleben“.

Soweit der Ver­lag. In sei­nem Kom­men­tar zum Kon­zils­do­ku­ment, das sich mit dem Prie­ster­tum befaßt, schreibt Kar­di­nal Pia­cen­za: „Wenn Sozio­lo­gen und Reli­gi­ons­hi­sto­ri­ker beto­nen, daß der Ver­lust an Prie­stern und der Rück­gang an Prie­ster­be­ru­fun­gen, die auf das Öku­me­ni­sche Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil folg­ten, in der Kir­chen­ge­schich­te nichts Ver­gleich­ba­res ken­ne, nicht ein­mal wenn man es mit der luthe­ri­schen „Refor­ma­ti­on“ ver­gleicht, dann ist dies in kei­ner Wei­se dem Kon­zil zuzu­schrei­ben, noch sei­ner teil­wei­se zwei­deu­ti­gen Rezep­ti­on.“ Die Wur­zeln der Beru­fungs­kri­se und damit der Kri­se des Prie­ster­tums sei­en älter. „Die Refor­men des Kon­zils und auch Pres­by­terorum ordi­nis haben die zer­stö­re­ri­schen Aus­wir­kun­gen ein­ge­dämmt“, so der Kardinal.

Konzilsdekret „in völliger Übereinstimmung mit der gesamten kirchlichen Tradition“

Der Prä­fekt der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on merkt dann an, daß bei einer Ana­ly­se des Kon­zils­de­krets klar wird, „daß die dort prä­sen­tier­te Leh­re sowohl vom sakra­men­ta­len als auch vom pasto­ra­len Gesichts­punkt in völ­li­ger Über­ein­stim­mung mit der gesam­ten kirch­li­chen Tra­di­ti­on und mit den dog­ma­tisch bedeu­tend­sten Kon­zi­len, dar­un­ter jenem von Tri­ent, ste­hen und ein Pro­fil der prie­ster­li­chen Iden­ti­tät bie­tet, das voll­kom­men im Wei­he­sa­kra­ment ver­wur­zelt ist und voll­stän­dig von die­sem abhängt, auch was den Auf­trag betrifft.“

Pia­cen­za schreibt in sei­ner Ana­ly­se, daß „vor allem in den ersten Jahr­zehn­ten unmit­tel­bar nach der Ver­öf­fent­li­chung von Pres­by­terorum ordi­nis, neue For­men der Aus­übung des prie­ster­li­chen Amtes gesucht wur­den, die mehr den Bedürf­nis­sen der zeit­ge­nös­si­schen Kul­tur ent­spre­chen wür­den und vom mis­sio­na­ri­schen Gesichts­punkt aus effi­zi­en­ter sei­en. Die­se Suche hat­te jedoch nicht wenig Ein­sei­tig­kei­ten zur Fol­ge, die Köp­fe und Her­zen jener ver­ein­nahm­ten, die es zulie­ßen, daß welt­li­che Maß­stä­be in den Glau­bens­ho­ri­zont ein­drin­gen, und sich dadurch statt mit einer neue­van­ge­li­sier­ten Welt mit einem völ­lig ver­welt­lich­ten Glau­ben wie­der­fan­den, oft sogar gan­zer Gemeinschaften.“

Bei jeder Reform „muß als Maßstab ein Kriterium über allen anderen stehen: das Heil der Seelen“

Der Kar­di­nal bekräf­tigt, daß „jede authen­ti­sche Erneue­rung in der Kir­che nicht ohne den fun­da­men­ta­len Bei­trag der Prie­ster mög­lich ist. So wahr es ist, daß der Hei­li­ge Geist frei ist, in jeder Epo­che das Ant­litz der Braut Chri­sti neu zu gestal­ten, vor allem indem er Hei­li­ge, Frau­en und Män­ner erweckt, die völ­lig von Chri­stus erfüllt und daher imstan­de sind durch ihr eige­nes Leben zu evan­ge­li­sie­ren und die Kir­che und die Welt zu erneu­ern, so gilt nicht min­der, daß die Prie­ster in ihrer täg­li­chen und kon­kre­ten Aus­übung ihres Hir­ten­am­tes für das hei­li­ge Volk Got­tes dekli­nie­ren, was die Welt­kir­che und in ihr die höch­ste Auto­ri­tät als Weg der not­wen­di­gen Erneue­rung auf­zeigt.“ In die­ser nicht leich­ten Auf­ga­be, so Kar­di­nal Pia­cen­za, „muß als Maß­stab ein Kri­te­ri­um immer über allen ande­ren ste­hen: das Heil der See­len. Bei jed­we­der Reform und ihrer Umset­zung muß immer und ein­deu­tig eine ent­schei­den­de Fra­ge bestim­mend sein: Hilft es dem Glau­ben? För­dert es eine grö­ße­re Anhäng­lich­keit an Christus?“

Und Kar­di­nal Pia­cen­za wei­ter: „Wenn die­ses ein­fa­che und unmit­tel­ba­re Kri­te­ri­um immer ange­wandt wor­den wäre, gäbe es weder gefähr­li­che unbe­grün­de­te Ver­dre­hun­gen der Glau­bens­leh­re noch nost­al­gi­sche Ver­här­tun­gen von zwei­fel­haf­tem mis­sio­na­ri­schen Nutzen.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Opus Dei

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20 Kommentare

  1. Welch ein Kauderwelsch,was der Typ da herunterleiert.Kopfschüttel-hoffentlich fällt der Kopf nicht herunter,er wackelt ja schon bei soviel Unsinn!

  2. Ich bin es nur noch leid. Nein, die „Ratz­in­gia­ner“ brin­gen es nicht. Sie kön­nen von ihren Illu­sio­nen nicht las­sen. Wenn wir das „vir­tu­el­le Kon­zil“ über­win­den und das wah­re Kon­zil ent­decken, wie es in sei­nen wider­sprüch­li­chen Tex­ten zum Aus­druck kommt, dann bricht der Früh­ling der Kir­che an.
    Die Lage der katho­li­schen Kir­che scheint aussichtslos.
    (Ich war heu­te mit luthe­ri­schen Freun­den unter­wegs. Sie sind so glück­lich mit dem neu­en Papst und arbei­ten dar­an, mich zu ihm zu „bekeh­ren“).
    Hof­fent­lich kann die FSSPX-Füh­rung von ihren Rom- Illu­sio­nen las­sen. Na ja, dafür wird der Papst sor­gen, das scheint sicher. Er wird sie zwin­gen. Das ist zwar ein sehr bit­te­rer Trost, aber bes­ser als nichts…
    Doch sicher ist nichts. Wenn ich pius-info gera­de lese, weiß ich nicht, war­um der Erz­bi­schof 1988 Bischö­fe wei­hen muss­te. Er muss das in einem selt­sa­men Anfall von Trotz getan haben, könn­te ich mei­nen. Wenn ich nicht die Bücher über ihn hät­te – zum Glück…

  3. Viel Bla­bla­bla, noch mehr Aus­re­den und ganz viel Schön­fär­be­rei von Kar­di­nal Pia­cen­za. Aber immer­hin hat er ja begrif­fen: „Bei jeder Reform „muß als Maß­stab ein Kri­te­ri­um über allen ande­ren ste­hen: das Heil der See­len““, und heut­zu­ta­ge muß man ja schon froh sein, daß über­haupt jemand in der Hier­ar­chie der katho­li­schen Kir­che soet­was Selbst­ver­ständ­li­ches ausspricht.

    • (…) „Es ist fast ein­mü­ti­ge Auf­fas­sung der Gläu­bi­gen und der Nicht­gläu­bi­gen, dass alles auf Erden auf den Men­schen als sei­nen Mit­tel- und Höhe­punkt hin­zu­ord­nen ist.“
      (Gau­di­um et Spes, 12.)
      Die­ser Satz spie­gelt nicht per­fekt ein „vir­tu­el­les Kon­zil“ wider, son­dern das rea­le Konzil.
      Klar, es han­delt sich nur um einen Satz. Aber er ist typisch für den Geist des Kon­zils, der nicht zu tren­nen ist in kon­zi­li­ar und nachkonzilar.
      2000 Jah­re lang war die Kir­che der Auf­fas­sung, ihre Auf­ga­be ist es, den Men­schen auf Gott hin­zu­ord­nen als Mittel‑, Höhe­punkt und Ziel des Lebens über den Tod hinaus.
      Bis zur anthro­po­lo­gi­schen Wen­de, die auf jenem Kon­zil voll­zo­gen wur­de. Real nicht virtuell…
      Bis dahin war das See­len­heit der Maßstab.

      • Nun, cup­pa, man kann die­sen Satz des Kon­zils rich­tig ver­ste­hen im Sin­ne der über­lie­fer­ten katho­li­schen Leh­re. Alles auf Erden, ja der gan­ze Kos­mos, ist um des Men­schen wil­len geschaf­fen, der Mensch aber ist um Got­tes wil­len geschaf­fen, zu Sei­nem Bild und Gleich­nis. Rich­tet sich der Mensch wahr­haft auf Gott hin aus, kann er auch die Schöp­fung in rich­ti­ger Wei­se gebrauchen.

  4. Was die Ober­hir­ten gar nicht kön­nen, was aber eine Grund­for­de­rung der christ­li­chen Bot­schaft ist, daß ist Feh­ler und Sün­den ein­se­hen und ! ein­ge­ste­hen. Da wird dann not­falls das Blaue vom Him­mel schwa­dro­niert oder wie man in der Psy­cho­ana­ly­se sagen wür­de: ratio­na­li­siert. Ein gutes Bei­spiel Paul VI. Plötz­lich gab es wie­der einen Satan, der mit sei­nem Rauch durch irgend­wel­che Rit­zen in die Kir­che ein­ge­drun­gen war. Fakt ist ja, daß mas­sen­wei­se Prie­ster, sowie männ­li­che und weib­li­che Ordens­per­so­nen ihren Beruf auf­ga­ben ( eine Tan­te nach 40 Ordens­jah­ren in der Mis­si­on ). Sie alle haben die Bot­schaf­ten des Kon­zils gut begrif­fen und die ent­spre­chen­den Kon­se­quen­zen gezo­gen. Ist es nicht ent­hül­lend, daß gera­de in den Jah­ren nach dem Kon­zil die Miß­brauchs­fäl­le gehäuft auf­tra­ten, in der Höl­le brann­te Ja kein Feu­er mehr!

  5. Aber der Kar­di­nal hat ja doch auch Recht, denn schon lan­ge vor dem VK II hat die Kri­se der Kir­che begon­nen. Denn schon vor dem Kon­zil konn­ten anti­ka­tho­li­sche, Häre­ti­ker und Schis­ma­ti­ker wie Hans Küng, Hans Urs von Bal­da­sar, Yves Con­gar, Hen­ri de Lubac, Karl Rah­ner, Edward Schil­le­be­ecks usw. usw. ihr anti­ka­tho­li­sches Gift ver­sprü­hen und auch damals schon wur­den Häre­ti­ker und Schis­ma­ti­ker mit Samt­hand­schu­hen ange­grif­fen, sie wur­den nicht exkom­mu­ni­ziert, lai­siert geschwei­ge den in den Lai­enstannd zurück­ver­setzt, so konn­te die­ses anti­ka­tho­li­sche Gift die­ses Nat­tern und Schlan­gen­ge­züch­tes auf dem VK II voll zuschlagen.

    Denn „Wer schweigt der dul­det“ und die Obrig­keit hat nichts ernst­haf­tes gegen die vo mir oben erwähn­ten Wöl­fe unter­nom­men, und dies ist ein Beweis dafür dass schon vor dem Kon­zil die abscheu­li­chen Früch­te des Kon­zils bewusst gelegt wur­den. Und dar­an ändern auch so nam­haft klin­gen­de Namen wie Papst PIUS XI, PIUS XII nichts.

    Got­tes und Mari­ens Segen auf allen Wegen.

    • Nicht genug damit – man hat vie­len der Genann­ten sogar noch den Kar­di­nals­hut auf­ge­setzt (HUB, YC, HdL)…

  6. Wo die tie­fe­ren und älter­ne Wur­zeln der Kri­se nun sei­ner Ansicht nach lie­gen, ver­rät uns der Kar­di­nal wohl nicht? Scha­de. Natür­lich hat­te auch das Kon­zil sei­ne gei­stes­ge­schicht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen. Bei­spiels­wei­se den I. Welt­krieg, in des­sen Kon­se­quenz die bis dahin bestehen­de Wer­te­ord­nung zusam­men­brach. Als Ant­wort auf die alles umfas­sen­de Sinn­ki­se, jener Hin­ter­fra­gung aller über­lie­fer­ten Glau­bens- und Wert­vor­stel­lun­gen, die durch mil­lio­nen­fa­ches Ster­ben und das Auf­lö­sen der alten Ord­nun­gen her­vor­ge­ru­fen wur­de, brach sich eine Lebens­re­form­be­we­gung bahn, die in Ein­fach­heit und einer Rück­kehr zu den (natür­li­chen) Ursprün­gen ihren Gegen­ent­wurf zu dem als morsch emp­fun­de­nen Wer­te­ka­non gefun­den zu haben glaub­te. In die­ser Lebens­re­form­be­we­gung wur­zelt auch die Lit­ur­gi­sche und die öku­men­si­che Bewe­gung. Der Zwei­te Welt­krieg ver­schärf­te noch­mals die all­ge­mei­ne Sinn­kri­se, die 68er-Bewe­gung war die radi­ka­li­sier­te Ant­wort. Das Kon­zil nahm die Anlie­gen der Reform­be­we­gung auf und form­te sie zum offi­zi­el­len Pro­gramm der Kir­che. Trotz der Lehr­amts­nä­he von Pres­by­terorum ordi­nis bedeu­te­te dies für das Prie­ster­tum eine schein­bar vom Kon­zil legi­ti­mier­te Pha­se der Ent­sa­kra­li­sie­rung, die eine gigan­ti­sche Iden­ti­täts­kri­se her­vor­rief. Mit ande­ren Wor­ten: im Ver­ein­fa­chen, Abschaf­fen und Redu­zie­ren wur­de nichts wirk­lich Neu­es her­vor­ge­bracht, das sinn­stif­tend gewirkt hät­te. Mit der Ver­ein­fa­chung ging ledig­lich eine Ver­ar­mung und Auf­lö­sung ein­her. Und es war wohl Bene­dikts ziem­lich ein­sa­me Erkennt­nis, dass wahr­haf­te Reform nicht in einer Zer­schla­gung, son­dern nur in einer erneu­ten Sinn­fin­dung für die gewach­se­nen, über­lie­fer­ten, die iden­ti­täts­stif­ten­den For­men bestehen konnte.

    • Sehr guter Kom­men­tar! Ich kann alles unter­schrei­ben. Das Kon­zil kann man natür­lich nur aus den Ereig­n­ei­ssen der gesam­ten histo­ri­schen Ent­wick­lung ver­ste­hen. Ob die kri­sen­haf­ten Bewe­gun­gen inner­halb der Kir­che vor dem Vati­ca­num II sich so ver­hee­rend aus­ge­wirkt hät­ten, wenn man auf dem Kon­zil ein paar kla­re Ver­wer­fun­gen (z.B. gegen die mar­xi­sti­sche Ideo­lo­gie und den rea­len Kom­mu­nis­mus) vor­ge­nom­men hät­te, wenn man die Moder­nis­mus­fra­ge nicht ein­fach ein­ge­weicht hät­te, wenn man die Fra­ge der Geschlech­ter sub­ti­ler und tie­fer reflek­tiert hät­te, die Tra­di­ti­on als leben­dig gehal­ten hät­te – ja, das wäre der rich­ti­ge Weg gewe­sen. Statt­des­sen: gelehr­te Fahrlässigkeit!

  7. Man kann den Päp­sten Pius XI. und Pius XII, viel­leicht vor­wer­fen, dass sie nicht hart genug durch­grif­fen. In Lehr­schrei­ben haben sie durch­aus die Irr­tü­mer ver­ur­teilt. Karl Rah­ner und Hen­ri de Lubac hat­ten Schreib­ver­bot, wenig­stens teil­wei­se. Erst auf dem 2. Vati­ka­ni­schen Kon­zil konn­ten sie mit Bil­li­gung der Kon­zil­s­päp­ste als ein­fluss­rei­che Peri­ti ihren Ein­fluss offi­zi­ell gel­tend machen und die Mei­nungs­füh­rer­schaft über­neh­men. Inso­fern muss doch klar eine Tren­nungs­li­nie gezo­gen wer­den zwi­schen den Vor- und den Kon­zils- und Nach­kon­zil­s­päp­sten. Es wäre auch eine Illu­si­on zu glau­ben, dass Päp­ste alles unter­bin­den kön­nen, was an Uni­ver­si­tä­ten, an kirch­li­chen Hoch­schu­len geschieht.
    Die­se vor dem Kon­zil noch umstrit­te­nen Theo­lo­gen wur­den wäh­rend des Kon­zils geach­te­te Bera­ter von Kar­di­nä­len und Bischö­fen, die von den Kon­zil­s­päp­sten geför­dert wur­den auf Kosten der Kurie und einer kon­ser­va­ti­ven Minderheit.

    • Cup­pa: Auch von den Päp­sten PIUSXI und PIUSXII wur­de dass damals gül­ti­ge Kir­chen­recht nicht ernst genom­men. Den schon damals galt das Gesetz das Häre­ti­ker und Schis­ma­ti­ker zu Exkom­mu­ni­zie­ren sind. Und da dies nicht gesche­hen ist, konn­te eben die Häre­ti­ker als Prie­ster und Peri­ti am Kon­zil teil­neh­men. somit ist erwie­sen das schon damals die­se alte Weis­heit nicht ein­ge­hal­ten wurde:

      „Wäh­ret den Anfängen“

      Got­tes und Mari­ens Segen auf allen Wegen

  8. Anfangs habe ich gezö­gert, doch die Aus­füh­run­gen Pia­cenz­as (man müß­te noch mehr Details sei­ner Ana­ly­se ken­nen) tref­fen wohl zu. Die Geschich­te des Zwei­ten Vati­ka­nums des Histo­ri­kers Rober­to de Mat­tei zeich­net sehr genau die unter­ir­di­schen Strö­mun­gen in der vor­kon­zi­lia­ren Kir­che nach. Sie waren alle bereits vor­han­den, fan­den zwar wenig Mög­lich­keit sich offen zu arti­ku­lie­ren, wirk­ten und ver­form­ten jedoch an den Semi­na­ren und Uni­ver­si­tä­ten. Es ging nur alles ver­bor­ge­ner vor sich, weil man eben Rom „fürch­ten“ mußte.
    Mit dem Kon­zil und der Eigen­dy­na­mik des erzeug­ten Erwar­tungs­drangs bra­chen die­se abwei­chen­den Mei­nun­gen dann offen her­vor, wäh­rend das Kon­zils­do­ku­ment über die Prie­ster doch sehr gut ist. Im Klei­nen erle­ben wir es jetzt ja auch, wie sie nach dem Rück­tritt alle her­vor­ka­men, erleich­tert und Mor­gen­luft wit­ternd, weil Bene­dikt XVI. abge­tre­ten ist, und wie sie ihre Vor­stel­lun­gen auf Papst Fran­zis­kus pro­ji­zie­ren (so wie damals und seit­her alles mög­li­che auf das Kon­zil pro­ji­ziert wur­de, obwohl sich das Wenig­ste dar­in widerfindet).
    Anders läßt es sich auch schwer erklä­ren, wie Zehn­tau­sen­de von Prie­ster nach dem Kon­zil ihr Prie­ster­tum weg­war­fen. Sie waren alle in der (angeb­lich, ich habe sie nicht erlebt) so hei­len Vor­kon­zils­zeit aus­ge­bil­det und geformt wor­den. Das ent­schlos­se­ne Regi­ment der Pia­ni­schen Päp­ste hielt die Dis­si­den­ten (soweit sie erkenn­bar waren) nie­der. Der Ein­druck von Geschlos­sen­heit brach­te aber offen­sicht­lich auch fal­sche Früch­te her­vor, die bei der ersten Gele­gen­heit faul­ten, weil sie schon vor­her inner­lich hohl waren.
    Eine dife­ren­zier­te Sicht der Stär­ken und Schwä­chen vor und nach dem Kon­zil hel­fen der Kir­che, die rich­ti­gen Ant­wor­ten zu fin­den, mehr als ver­ein­fa­chen­de Schwarz-weiß-Male­rei. Das mein­te Pia­cen­za wohl auch in dem Schlußsatz.

  9. Natür­lich gab es vor dem II. Vati­ca­num bereits auf­fal­len­de Kri­sen­sym­pto­me. Nicht umsonst schlug Kar­di­nal Otta­via­ni Papst Johan­nes XXIII. vor, ein Kon­zil ein­zu­be­ru­fen. In der Hoff­nung, es wür­den die umher­schlei­chen­den Irr­tü­mer und Häre­si­en ver­ur­teilt werden.
    Doch es ist zu kei­nem Abwehr­kampf der Kon­zil­s­päp­ste gekom­men. Wir haben es doch unlängst hier auf ‚katho­li­sches‘ gele­sen: Der Pri­vat­se­kre­tär Johan­nes XXIII. bezeich­ne­te die­je­ni­gen, die in der Kurie bereit waren für den Glau­ben zu kämp­fen, als „alte Aasgeier.“
    Den Hin­weis auf das Buch von Rober­to de Mat­tei kann ich nur wie­der­ho­len. In jeder Wei­se. Es gibt Auf­schluss dar­über, wie bedroht der Glau­be bereits war. An Ordens­hoch­schu­len, theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten etc.
    Es gibt auch Auf­schluss dar­über, dass die Kon­zil­s­päp­ste die­se Gefahr nicht nur nicht erkann­ten, son­dern die Neo­mo­der­ni­sten unter­sütz­ten, was zu ihrem Sieg ent­schei­dend bei­getra­gen hat. Paul VI. hat nur die schlimm­sten Aus­wüch­se beschnitten.
    Dass Pia­cen­ca glaubt, ein vir­tu­el­les Kon­zil vom rea­len Kon­zil unter­schei­den zu kön­nen, das den Auf­bruch, die Erneue­rung brin­gen kann, zeigt, dass die „Ratz­in­ger­i­na­ner“ das Pro­blem nicht lösen kön­nen, son­dern Teil der Kri­se sind.
    Kon­ser­va­ti­ve las­sen sich immer wie­der täu­schen. Weil Joseph Ratz­in­ger-Papst Bene­dikt im Her­zen kon­ser­va­tiv war, an der Tra­di­ti­on hing, dem Ver­stand nach ein Moder­nist war. Die­se Unter­schei­dung haben die Bischö­fe Tis­sier de Mal­ler­ais und Fel­lay von der FSSPX deut­lich getrof­fen. Bischof Tis­sier dürf­te noch immer dar­an fest­hal­ten, Bischof Fel­lay lei­der nicht mehr.
    Das scheint das wirk­li­che Unglück jetzt. Dass der letz­te Wider­stand gegen den Neo­mo­der­nis­mus zu bre­chen scheint.
    Doch die Zeit geht auch über die gemä­ßig­ten Neo­mo­der­ni­sten mit ihrem Wider­spruch, einer­seits die Tra­di­ti­on ret­ten zu wol­len, ande­rer­seits den Glau­ben geschicht­lich neu inter­pre­tie­ren zu wol­len, hin­weg. Pia­cen­ca ist Ver­tre­ter einer Min­der­heit. Wie­viel Rück­sicht Fran­zis­kus auf sie neh­men wird, die­se Fra­ge ist offen.

  10. Das Vat.II hat sich schon dadurch deklas­siert, daß es eine Her­me­neu­tik braucht oder auf­mun­tern­de Paro­len, die u.a. sind: „Seht das Kon­zil im Licht der Tra­di­ti­on“. – „Seht das Kon­zil im Sinn von Bene­dikt XVI.“ Bis zum Vat. II haben die Kon­zi­li­en Unklar­hei­ten in der Leh­re und Unre­gel­mä­ßig­kei­ten in der Dis­zi­plin beho­ben. Sie tru­gen zur Glau­bens­si­cher­heit bei Kle­rus und Volk bei.-

    • Ja, „an ihren Früch­ten …“ – nur, was ich bis jetzt nicht ver­ste­he, wor­auf ich bis jetzt noch kei­ne (theo­lo­gisch!) plau­si­ble, wirk­lich „stim­mi­ge“ Ant­wort gefun­den habe, ist, ‚wie konn­te das nur pas­sie­ren? wie konn­te ein legi­ti­mes Kon­zil – zumin­dest in den Fol­gen – so der­ma­ßen fehlgehen?‘ …
      Und: Stan­den nicht *alle* (‚akti­ven‘) Kon­zils­teil­neh­mer unter Eid (sogar meh­re­ren, vom Firm- über das Wei­he­ver­spre­chen über das Glau­bens­be­kennt­nis & den Eid, den die Teil­neh­mer bei der Kon­zils­er­öff­nung abge­legt haben, bis zum ‚Anti­mo­der­ni­sten­eid‘ – an den doch alle aus­drück­lich noch gebun­den waren, oder?) …? Letz­te­rer wur­de ja erst (und LEIDER) 1967 abge­schafft … – war es … „in Tei­len“ jeden­falls … ein Kon­zil von (man wagt’s ja kaum nie­der­zu­schrei­ben, aber es ist ja ne ech­te Fra­ge) also von Eid­brü­chi­gen? Könn­te dies eine theo­lo­gi­sche Erklä­rung für die o.g. Fra­gen sein …? – Das ist ja letzt­lich auch der Kern des (oder ein Haupt­punkt im) ‚theo­lo­gi­schen Dis­puts‘ zw. der Prie­ster­bru­der­schaft des hl. Pius X. und dem Hl. Stuhl bzw. den Ver­tre­tern der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on (wenn ich das rich­tig ver­stan­den habe) …

      • Den Begriff ‚Kon­zil von Eid­brü­chi­gen‘, wenn auch nur in eine Fra­ge ein­ge­baut, zieh ich zurück; hoff aber trotz­dem, daß der Sinn/​die Inten­ti­on mei­ner Frage(n) eini­ger­ma­ßen rüber­kam … – was ist da pas­siert (nicht unbe­dingt nur im Sin­ne der histo­ri­schen Ent­wick­lung), und war­um, und wie kann man das ver­ste­hen? Wenn man sich den ’sta­tus quo‘ der Kir­che so ansieht … fragt man sich doch, was … oder eher, war­um da was damals (und seit­dem) ziem­lich schief­ge­lau­fen ist und wie man das auch heils­ge­schicht­lich „ein­ord­nen“ kann; wie konn­te der Hl. Geist es zulas­sen, daß ‚ein Lehr­amt‘ sol­che Kon­se­quen­zen haben konn­te? Was lief falsch …?

    • Sie brin­gen es in vier Sät­zen auf den Punkt. Danke!
      Genau das ist das Pro­blem. Und des­we­gen bin ich über­zeugt, dass es nichts hilft, nur Kri­tik zu erlau­ben an ein­zel­nen Tex­ten oder Pas­sa­gen. Alles muss regel­recht ver­wor­fen wer­den, mit Aus­nah­me der Text­pas­sa­gen, in denen die bereits defi­nier­te Leh­re wie­der­ge­ge­ben wird.
      Weil erzäh­len­de Text­for­men, Pre­dig­ten aus­zu­schlie­ßen sind, wenn es um ver­bind­li­che Glau­bens­aus­sa­gen geht, die zum Glau­ben ver­pflich­ten. Jeder Katho­lik kann sich sonn­tags von der Pedigt des Prie­sters mehr oder weni­ger ange­spro­chen füh­len, ohne dass er damit sei­nen Glau­ben in Gefahr bringt. Wenn ein Kon­zil sich so äußert, ohne ver­bind­li­che Defi­ni­ti­on, dann gerät der Glau­be ins­ge­samt in Gefahr. Und mit­hin die kirch­li­che Unfehl­bar­keit, die nur für defi­nier­te Glau­bens­wahr­hei­ten gilt.
      Das II. Vati­ca­num kann als „Pasto­ral­kon­zil“ zurück­ge­wie­sen wer­den. Aber dazu braucht es die Auto­ri­ät eines (spä­te­ren) Konzils.
      Das muss aber gei­stes-theo­lo­gie­ge­schicht­lich vor­be­rei­tet wer­den. Lei­der sind die Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten in die­ser Hin­sicht ein Total­aus­fall. Sie haben sich an das II. Vati­ca­num gekettet.
      Das ist mein inne­rer Kon­flikt mit der Lei­tung der FSSPX: Um end­lich aner­kannt zu sein, den Makel des Aus­ge­schlos­sen­seins los­zu­wer­den, stre­ben sie in die glei­che Rich­tung. Es ist mensch­lich sehr ver­ständ­lich. Doch der Glau­be der Kir­che erstickt in Häre­si­en. Wenn nicht die Aus­sa­ge­form bekämpft wird, ein „Pasto­ralon­zil“, des­sen Tex­te in sich mehr­deu­tig sind. Die den Glau­ben allein durch ihre Form gefähr­den, die Unfehl­bar­keit, das Fort­be­stehen der Kir­che Jesu Chri­sti ernst­haft in Gefahr bringen.

      Man hät­te sehr viel zu tun in der FSSPX, eine umfas­sen­de, grund­le­gen­de Kri­tik des II. Vati­can­ums vor­zu­le­gen, statt sich zu ver­zet­teln in der Suche nach Kom­pro­miss­for­meln. Die die­ses unse­li­ge Kon­zil noch zementieren.
      Ich mei­ne nicht die Patres in den Prio­ra­ten, denen die Seel­sor­ge anver­traut ist, die aus­ge­la­stet sind. Was machen die Theo­lo­gen der FSSPX?

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