(Vatikan) Fotos, die Papst Franziskus zeigen, wie er irgendwo unter den Gläubigen im Kirchenschiff sitzt, gehen im Internet um die Welt. Aufgenommen wurden sie in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses Domus Santa Marta. Der illustreste gast und zudem Dauerbewohner des Hauses ist der Papst selbst. Das Hotel ist damit inoffiziell zum neuen Apostolischen Palast geworden.
Die Fotos hat irgendein Besucher gemacht, der Zugang zur Hauskapelle hatte. Fotoapparat, Handy, Tablet oder irgendein anderes Gerät mit der Funktion Fotos zu knipsen, das hat heute fast jeder griffbereit in der Tasche. Und fotografiert wird, was einem vor die Linse kommt.
Das neueste Bild, das auf Facebook und in Internetforen die Runde macht, zeigt Papst Franziskus beim Frühstück. Irgendein Monsignore wurde zum Paparazzo und hielt das Frühstück mit Kaffee und Orangensaft in Gesellschaft von drei Priestern fest. Ob der Papst gerade in seine Mailbox schaute oder die Rückmeldungen seiner Followers auf Twitter las, da er einen Laptop am Frühstückstisch stehen hatte? Wir wissen es nicht.
Immerhin weiß nun die ganze Welt, daß, wie, wo und was der Papst frühstückt. Ein Frühstücksfoto gab es bisher noch von keinem Papst, nicht einmal von der Königin von England, wie mir ein Kollege begeistert zurief: „Ein Frühstücksfoto gibt es nicht einmal von der Queen oder dem Dalai Lama!“ Warum wohl?, war mein erster Gedanke. Ein anderer Kollege, der dann gleichzeitig mit mir die neue Bildexotik bewunderte, meinte hingegen nüchtern: „Wow, der Papst beim Frühstück.“ Das klang wie: „Das ist doch keine Meldung“.
Die Frühstücke von Johannes Paul II. waren sprichwörtlich. Unter völligem Ausschluß der Öffentlichkeit lud er Menschen zum Frühstück in den dritten Stock des Apostolischen Palastes. Es waren meist alte Freunde oder solche, die seine Freunde wurden, immer aber Persönlichkeiten, deren Meinung er zu einem bestimmten Thema hören und mit denen er sich austauschen wollte. Die Frühstücke waren eine wichtige und vor allem eine gezielte Informationsschiene für den Papst, für die ein vertrautes und vor allem vertrauliches Klima notwendig war.
Diese Frühstücke fanden unter Benedikt XVI. in etwas reduzierter Form ihre Fortsetzung. Papst Franziskus legt in seiner Spontaneität hingegen wert auf Zufallsfrühstückspartner. Der Wert dieser Gespräche ist dann eben auch zufällig.
Papst Franziskus bedient die moderne Kommunikationsgesellschaft, in der jeder alles festhalten und sofort publizieren kann, zur Perfektion. Insofern handelt es sich bei dem Frühstücksfoto, anders als der genannte Kollege meinte, doch um eine Meldung. Es dokumentiert eine Veränderung von Gewohnheiten und Verhaltensweisen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Francesco Grana/Twitter