(Jerusalem) Der Erosionsprozeß des Christentums in seinem Ursprungsland geht weiter. Die Zahl der Christen hat sich allein in den Palästinensergebieten seit dem Jahr 2000 halbiert. In Jerusalem leben heute nur mehr 5000 Getaufte, dies ergab die jüngste Studie des christlich-palästinensischen Völkerrechtlers Hanna Issa, der auch Generalsekretär des Islamisch-christlichen Komitees für den Schutz Jerusalems und der Heiligen Stätten ist. Issa bezeichnet den Rückgang der Christen im Nahen Osten als „soziales Desaster“.
Am 15. April empfängt Papst Franziskus den Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Fouad Twal in Audienz. Thema der Begegnung wird die Situation im Nahen Osten, das Verhältnis zu Juden und Moslems, vor allem aber die Lage der Christen im Heiligen Land und den angrenzenden Gebieten sein. Die Christen des Nahen Ostens wollen den Papst bitten, dafür zu beten, daß auch die Christen weiterhin dort leben können, wo Christus lebte und wo sie seit 2000 Jahren leben.
Vor Ausbruch des israelisch-palästinensischen Konflikts 1945 war noch ein Drittel der Bewohner des Heiligen Landes Christen, heute sind es weniger als drei Prozent. Ursache für diesen Rückgang ist der Mühlsteineffekt des jüdisch-islamischen Konflikts, der die Christen als schwächste Gruppe dazwischen aufreibt.
Obwohl die Christen zahlenmäßig die weitaus stärkste Gemeinschaft weltweit ist, mangle es bei vielen Christen an Solidarität mit ihren Glaubensbrüdern im Heiligen Land. Nicht wenige Christen stellen sich im Nahost-Konflikt entweder bedingungslose auf die jüdisch-israelische oder auf die palästinensisch-moslemische Seite. An ihre eigentlichen Brüder und Schwestern, die Christen denken viele nicht. So die im Heiligen Land häufig zu hörende Klage von Christen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Muniat Intrantes Lux