Neuer Papst soll lebenslang regieren – Kardinäle wollen Sakralität des Papsttums stärken


28. Februar 20 Uhr Sedisvakanz beginnt(Vati­kan) Der Dekan des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums, Ange­lo Kar­di­nal Sod­a­no hat die Gene­ral­kon­gre­ga­ti­on der Kar­di­nä­le für den 4. März, Beginn 9.30 Uhr ein­be­ru­fen. Die Kon­gre­ga­tio­nen wer­den so lan­ge tagen, bis alle Kar­di­nä­le in Rom ein­ge­trof­fen sind. Erst dann soll eine Ent­schei­dung dar­über getrof­fen wer­den, wann das Kon­kla­ve beginnt. An der Gene­ral­kon­gre­ga­ti­on neh­men alle Kar­di­nä­le teil. Auch die über 80jährigen Kar­di­nä­le ent­schei­den daher über die Fest­le­gung des Kon­kla­vebe­ginns mit.

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Eine Grup­pe von Kar­di­nä­len der Römi­schen Kurie und ver­schie­de­ner Metro­po­li­tan­be­zir­ke scheint ent­schlos­sen, vom näch­sten Papst eine feste Absichts­er­klä­rung zu for­dern, nicht zurück­zu­tre­ten. Sie erwar­ten vom neu­en Papst in des­sen Inau­gu­ra­ti­ons­re­de als Fix­punkt die Fest­stel­lung, daß ein Papst auf Lebens­zeit beru­fen ist. Die unge­wöhn­li­che Ent­schei­dung Bene­dikts XVI., sein Pon­ti­fi­kat mit einem Amts­ver­zicht zu been­den, der die Kir­che in nicht uner­heb­li­che Schwie­rig­kei­ten im Umgang mit einer gänz­lich unge­wohn­ten Situa­ti­on bringt, soll sich nicht wie­der­ho­len, so die Über­zeu­gung die­ser Kar­di­nä­le, wie heu­te der Cor­rie­re del­la Sera berich­te­te. Die Bestim­mung über einen even­tu­el­len Rück­tritt kön­ne nicht abge­schafft wer­den. Die Frei­heit der Kir­che müs­se aber in Zukunft durch äuße­re Ein­fluß­nah­me geschützt werden.

Noch am Tag, an dem Bene­dikt XVI. den Vati­kan in Rich­tung Castel Gan­dol­fo ver­las­sen hat, began­nen in Rom kaum über­hör­bar die Akti­vi­tä­ten zur Stär­kung der Sakra­li­tät des Papst­tums. Die Ent­schei­dung des deut­schen Pap­stes wur­de mit Respekt beglei­tet und als für die moder­ne Welt pro­vo­kan­ter Akt der Selbst­ent­äu­ße­rung und der Demut gedeu­tet. Sie wur­de gleich­zei­tig jedoch auch als desta­bi­li­sie­ren­de Geste wahrgenommen.

Zu den weni­gen offe­nen Kri­ti­kern gehör­te der pol­ni­sche Kar­di­nal und Erz­bi­schof von Kra­kau, Sta­nis­law Dzi­wisz. Der lang­jäh­ri­ge Sekre­tär von Johan­nes Paul II. erin­ner­te an die­sen mit den Wor­ten: „Vom Kreuz steigt man nicht her­ab.“ Bene­dikt XVI. schien in sei­ner Anspra­che bei der letz­ten Gene­ral­au­di­enz am 27. Febru­ar auf dem Peters­platz zu ant­wor­ten: „Ich gehe nicht vom Kreuz weg, son­dern blei­be auf neue Wei­se beim gekreu­zig­ten Herrn.“ Ein Wort­wech­sel aus der Ent­fer­nung zwi­schen dem schei­den­den Papst und einem der Papst­wäh­ler im kom­men­den Kon­kla­ve, des­sen Trag­wei­te erst noch zu ent­zif­fern sein wird.

Auf dem pol­ni­schen Inter­net­por­tal Geo­po­li­ty­ka wag­te Grac­jan Cimek eine Aus­le­gung. Es sei Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger gewe­sen, der Johan­nes Paul II. dar­an erin­nert habe, daß man vom Kreuz nicht her­ab­stei­gen kann. Das The­ma wird die in weni­gen Tagen begin­nen­de Gene­ral­kon­gre­ga­ti­on der Kar­di­nä­le aus­führ­lich beschäf­ti­gen. Eine Dis­kus­si­on, die nicht schmerz­los ver­lau­fen könn­te. Es geht dar­um, die tie­fe­re Bedeu­tung der Geste Bene­dikts XVI. zu ergrün­den und dar­aus Schlüs­se zu fol­gern, ob es sich dabei um eine per­sön­li­che Ent­schei­dung han­del­te, die als Aus­nah­me in die Kir­chen­ge­schich­te ein­ge­hen wird oder ob wei­ter­ge­hen­de Fol­ge­run­gen dar­aus abzu­lei­ten sind, die bereits in das näch­ste Pon­ti­fi­kat und die nach­fol­gen­den hineingreifen.

Ein Ver­weis auf die Bestim­mun­gen des Kir­chen­rechts allein wird nicht genü­gen. Das galt bis­her, da die Rück­tritts­be­stim­mung fak­tisch eben­so unbe­ach­tet wie unbe­kannt im Raum stand und nie­mand an eine prak­ti­sche Anwen­dung auch nur einen Gedan­ken ver­lor. Eine Grup­pe von Kar­di­nä­len sieht die Not­wen­dig­keit, das rich­ti­ge Gleich­ge­wicht zwi­schen dem Schritt Bene­dikts XVI., der in der zwei­tau­send­jäh­ri­gen Geschich­te der Kir­che einen Bruch dar­stellt (wenn es auch Vor­gän­ger­fäl­le gab) und der Kon­ti­nui­tät der Kir­che, deren Natur Brü­che nicht gut bekommen.

Kon­kret geht es dabei dar­um, jeden Ein­druck zu ver­mei­den, das Papst­tum sei irgend­ei­ner welt­li­chen Insti­tu­ti­on gleich­ge­stellt. Um so ent­schie­de­ner sind die Reak­tio­nen zahl­rei­cher Kar­di­nä­le inner­halb der vati­ka­ni­schen Mau­ern gegen vie­le Wort­mel­dun­gen der letz­ten Wochen, die Rück­trit­te für Päp­ste ver­all­ge­mei­nern und als Zei­chen einer „Moder­ni­sie­rung“ dar­zu­stel­len ver­su­chen. Eine Aus­le­gung, die bei nicht weni­gen Kar­di­nä­len im Umkehr­schluß als Warn­si­gnal ver­stan­den wur­de. Sie sehen in der Beru­fung zum Stell­ver­tre­ter Chri­sti auf Erden auf Lebens­zeit kei­nes­wegs nur ein histo­ri­sches Zufalls­pro­dukt, das ein­fach geän­dert wer­den könn­te oder soll­te. Das Papst­tum ent­spricht einer Form von Theo­kra­tie, die nicht mit dem Amt eines Staats­prä­si­den­ten oder Mini­ster­prä­si­den­ten zu ver­wech­seln ist. Im Papst­tum kon­zen­triert sich das gan­ze Dra­ma der Welt­kir­che in einer Person.

Nicht zuletzt sehen eini­ge Kar­di­nä­le die Gefahr einer Ein­fluß­nah­me von außen. Gibt es ein Papst­tum auf Zeit, wird das Amt nicht nur pro­fa­niert, son­dern ris­kiert, zum Spiel­ball aus­rei­chend star­ker Mäch­te zu wer­den, wie die Wucht kon­zen­trier­ter Medi­en­kam­pa­gnen bewei­sen oder der insi­sten­te Druck von Regie­run­gen. Die ent­schie­de­ne Stel­lung­nah­me von Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Tar­cis­io Ber­to­ne vor eini­gen Tagen gegen „unan­ge­brach­te Ein­mi­schung“, spricht eine deut­li­che Spra­che. Sie wand­te sich gegen eine Ein­mi­schung durch eine „öffent­li­che Mei­nung“, aber auch durch „Staa­ten“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Mes­sa in Latino

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