(Köln) Anfang Februar billigte der Kölner Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, die „Pille danach“, die keine abtreibende Wirkung hat. Er setzte dabei die Existenz einer „neuen Generation“ von Präparaten voraus, die nur verhütende Wirkung haben, aber nicht bereits gezeugtes Leben töten würden. Am 21. Februar folgte die deutsche Bischofskonferenz der Vorgabe Kardinal Meisners. Die Schweizer Bischöfe sind dem deutschen Weg nicht gefolgt. Sie wollen weitere Untersuchungen abwarten und erst dann entscheiden. Mit gutem Grund. Es gibt starke Zweifel, ob diese „neue Generation“ von Präparaten überhaupt existiert, weshalb Lebensschützer von einer „Phantom-Pille“ der deutschen Bischöfe sprechen.
Die katholische Kirche erlaubt im Falle einer Vergewaltigung den Gebrauch von verhütenden Mitteln, um die Befruchtung einer Eizelle zu verhindern. Die deutsche Bischofskonferenz bekräftigte diese kirchliche Position. Die Billigung der „Pille danach“ durch die deutschen Bischöfe bezeichnete der Arzt und Bioethik-Experte Renzo Puccetti in seiner ausführlichen Stellungnahme „Deutsche Bischöfe und Pille: ein Ja, das nicht überzeugt“ (La nuova Bussola Quotidiana) hingegen als „leichtfertig“. Auch die neuen „Pille danach“-Präparate könnten neben der verhütenden auch eine abortive Wirkung haben, so Puccetti.
In diesen Tagen warnte auch einer der weltweit führenden „Pille danach“-Experten James Trussell vor der abtreibenden Wirkung dieses Pharmakons. Er erinnerte die Ärzte an ihre Pflicht, die Frauen darüber zu informieren, daß die „Pille danach“ die Tötung eines bereits gezeugten Kindes verursachen kann.
Trussell ist der Leiter des Office of Population Research der Princeton University und Planned Parenthood Federation of America (des einflußreichsten internationalen Abtreibunglobbyisten mit der weltweit größten Kette von Abtreibungskliniken). Trussell steht daher nicht im Verdacht, Lebensrechtspositionen zu vertreten oder der katholischen Kirche nahezustehen. Er erklärte zudem: „Um eine bewußte Entscheidung zu treffen, müssen die Frauen wissen, daß die Notfallverhütungspillen […] in erster Linie eine Schwangerschaft verhindern, indem sie Ovulation und Befruchtung verzögern oder hemmen. Manchmal können sie die Einnistung einer bereits befruchteten Eizelle in die Gebärmutter verhindern“ und damit abtreibend wirken.
Die deutschen Bischöfe legten ihrer Billigung der „Pille danach“ (ohne abtreibende Wirkung) eine 2012 in der Zeitschrift Contraception veröffentlichte Studie zugrunde. Darin wird behauptet, daß die „neue Generation“ des Pharmakons keine abtreibende Nebenwirkung mehr habe. Eine Untersuchung, die jedoch angezweifelt wird. Die Autorin der Studie, Kristina Gemzell-Danielsson ist nicht nur Vorsitzende der Abtreibungsorganisation FIAPAC, eines Zusammenschlusses von Abtreibungsärzten. Sie berät zudem die Pharmaindustrie, die die „Pille danach“ produziert. Die Studie selbst gibt zu, daß die abtreibende Wirkung „eines der größten Hindernisse“ für eine größere Verbreitung des Pharmakons ist.
Das Dokument der Deutschen Bischofskonferenz ist inhaltlich einwandfrei. Es untersagt den Gebrauch der „Pille danach“ als Verhütungsmittel, erlaubt den Gebrauch ausschließlich im Falle einer Gewalttat (Vergewaltigung), aber nur, wenn die „Pille danach“ keine abtreibende Wirkung hat.
Hat sie aber, sagen eine Reihe von Fachleuten. Hat sie nicht, sagen die Bischöfe, wenn auch verklausuliert. Das Problem sind daher nicht die Worte, sondern die Praxis. Durch die Billigung der Bischöfe wird die „Pille danach“ bereits in den katholischen Krankenhäusern ausgegeben und von katholischen Ärzten verschrieben. Damit wurden die Dinge auf den Kopf gestellt, durch eine Praxis, die der Klärung der Grundfrage vorausgeht.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: UCCR