Papst brach 2005 Tabu, seither Progressive erstmals auf Rückzug – Piusbruderschaft soll in den Ring steigen und kämpfen – Rahner hatte verheerende Wirkung – Interview mit Erzbischof Di Noia


Erzbischof Di Noia Rahner hatte verheerende Wirkung Piusbruderschaft soll kämpfen (Rom) Kuri­en­erz­bi­schof Augu­sti­ne Di Noia ist seit Som­mer 2012 Vize-Prä­si­dent der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei und damit direk­ter Ansprech­part­ner für die Bezie­hun­gen zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Pius­bru­der­schaft. Die ame­ri­ka­ni­sche Zeit­schrift Natio­nal Catho­lic Regi­ster ver­öf­fent­lich­te am 1. Juli 2012, kurz nach sei­ner Ernen­nung ein aus­führ­li­ches Inter­view mit Msgr. Di Noia, das Ein­blick in des­sen Posi­ti­on bie­tet, wes­halb sie in Erin­ne­rung geru­fen wer­den soll. Sei­ne Ernen­nung sei für ihn eine Über­ra­schung gewe­sen, so der ame­ri­ka­ni­sche Domi­ni­ka­ner, „aber Ereig­nis­se die­ser Art sind das immer“.

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Wie der genaue Stand der Gesprä­che mit der Pius­bru­der­schaft sei, wur­de der Erz­bi­schof gefragt. „Ehr­lich gesagt, ich weiß es nicht.“ Msgr. Di Noia betont, vie­le Aspek­te zu den in den Gesprä­chen behan­del­ten The­men ver­tie­fen zu müs­sen. „Als ich in das Amt kam“, habe er sich die Geschich­te des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils genau­er ange­schaut, um die Ein­sprü­che, die von tra­di­tio­na­li­sti­scher Sei­te vor­ge­bracht wer­den, bes­ser zu ver­ste­hen. „Ich las die Bücher über das Kon­zil von Roma­no Ame­rio und Rober­to de Mat­tei“. Zusam­men mit dem jah­re­lan­gen Stu­di­um des Kon­zils, sei er daher „imstan­de mit ihnen über ihre Pro­ble­me zu sprechen“.

„Sehr wich­tig“ sei auch ein „auto­bio­gra­phi­scher Fak­tor“, so Msgr. Di Noia. Er habe sein gesam­tes Ordens­le­ben, bevor er nach Rom geru­fen wur­de, in zwei Domi­ni­ka­ner­klö­stern in den USA ver­bracht. „An die­sen Orten wur­de eine Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät und der Erneue­rung gelebt, wenn man es so nen­nen will“, aber „nie des Bruchs“. Erst als er begon­nen habe, tra­di­tio­na­li­sti­sche Ver­öf­fent­li­chun­gen zu lesen, habe er ver­stan­den, daß es „wirk­li­che Pro­ble­me“ gibt. „Wenn man jedoch auf­hört zu glau­ben, daß der Hei­li­ge Geist die Kir­che vor dem Irr­tum bewahrt, ver­liert man jede Hoff­nung.“ Es spie­le kei­ne Rol­le, wel­che Inter­pre­ta­ti­on gewählt wer­de, wel­che Rich­tung die­se ver­tritt oder wel­che Absich­ten die Autoren der Kon­zils­do­ku­men­te ver­folg­ten: „Kon­zi­le kön­nen nie zum Irr­tum ver­lei­tet wer­den. Alle Doku­men­te sind begrün­det. Das Schis­ma ist nicht die rich­ti­ge Ant­wort. Ich ver­ste­he die Posi­tio­nen der Bru­der­schaft, aber die Lösung ist nicht, die Kir­che zu verlassen.“

Auf die Fra­ge, wie er sich denn erklä­re, daß eini­ge Katho­li­ken es vor­ge­zo­gen haben, einer „ein­ge­fro­re­nen“ Tra­di­ti­on anzu­hän­gen, als in der vol­len Ein­heit zu blei­ben, sag­te der Kuri­en­erz­bi­schof, daß er die Ant­wort nicht kenne.

Auf die Fra­ge, war­um man Tra­di­tio­na­list ist, mei­ne ich sagen zu kön­nen, daß es von den per­sön­li­chen Erfah­run­gen des Ein­zel­nen abhängt. Die Lit­ur­gie­re­form ist ein ent­schei­den­der Fak­tor. Sie stell­te eine schreck­li­che Revo­lu­ti­on dar, sie war ein Schock für vie­le Men­schen. Vie­le fühl­ten sich ver­las­sen, so als hät­te die Kir­che sie im Hafen zurück­ge­las­sen. Die Beweg­grün­de sind daher sehr kom­pli­ziert und vari­ie­ren je nach Art des Tra­di­tio­na­lis­mus von einer Nati­on und einer Kul­tur zur ande­ren und dem jewei­li­gen Kontext.

Ein ande­res Pro­blem sei es, ein „sehr ein­fa­ches Ele­ment der Kir­chen­ge­schich­te“ nicht anzu­er­ken­nen: „Nicht alle theo­lo­gi­schen Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten müs­sen die Kir­che spal­ten.“ Di Noia nennt als Bei­spiel eine tief­ge­hen­de Unei­nig­keit zwi­schen Jesui­ten und Domi­ni­ka­nern im 16. Jahr­hun­dert über die Theo­lo­gie der Gna­de [Gna­den­streit]. „Schließ­lich ver­bot der Papst ihnen, die jeweils ande­re Sei­te als Häre­ti­ker zu bezeich­nen, was sie getan hat­ten. Er sag­te: ‚Ihr könnt Eure theo­lo­gi­schen Mei­nun­gen haben´, wei­ger­te sich jedoch, eine lehr­amt­li­che Ent­schei­dung zu tref­fen und zu sagen, daß die Jesui­ten oder Domi­ni­ka­ner recht haben. Es han­delt sich um ein sehr inter­es­san­tes Bei­spiel, weil es zeigt, daß der Katho­li­zis­mus aus­rei­chend weit ist, eine beacht­li­che Men­ge theo­lo­gi­scher Ver­schie­den­heit und Dis­kus­sio­nen ein­zu­schlie­ßen.“ Die Kir­che wer­de nur in die theo­lo­gi­sche Debat­te ein­grei­fen, wenn sie fest­stellt, daß man der Häre­sie ver­fällt und sich dadurch von der Ein­heit mit ihr trennt.

Wie wich­tig sei Papst Bene­dikt XVI. die Ver­söh­nung? Der Papst, so Di Noia, hof­fe „immer“, daß es zur Ver­söh­nung kom­me, das sei sein Auf­trag. Das Petrus­amt bestehe vor allem dar­in, die Ein­heit der Kir­che zu bewah­ren. „Wie Sie wis­sen, war er von Anfang an in die­se Ange­le­gen­heit ein­ge­bun­den. Der Papst macht Schrit­te zurück, um sie auf­zu­neh­men. Er wird aber nicht im Punkt nach­ge­ben, der die Authen­ti­zi­tät der Leh­ren des Zwei­ten Vati­ka­nums als Akte des Lehr­am­tes betrifft.“

Die Pius­bru­der­schaft ver­tritt den Stand­punkt, das Kon­zil habe kei­ne unfehl­ba­ren und unver­än­der­li­chen Leh­ren ver­kün­det. Es sei ein pasto­ra­les und kein dog­ma­ti­sches Kon­zil gewe­sen. Wenn dem so sein soll­te, war­um ist es so wich­tig, daß sie die Aus­sa­gen des Kon­zils akzeptieren?

Das Kon­zil ent­hal­te zahl­rei­che dog­ma­ti­sche Ele­men­te, so die Wei­ter­ent­wick­lung des sakra­men­ta­len Cha­rak­ters der Bischofs­wei­he. Das Kon­zil ist sicher in vol­lem Umfang Teil des ordent­li­chen Lehr­am­tes, so Di Noia.

Hat man ver­sucht zu klä­ren, was das Kon­zil von Tri­ent und das Vati­ka­num I bezüg­lich der Schrift und der Tra­di­ti­on offen­ge­las­sen hat­te? Da und dort gibt es dok­tri­na­le Ent­wick­lun­gen. Und die Bru­der­schaft denkt natür­lich, daß die gesam­te Leh­re zur Reli­gi­ons­frei­heit ein Bruch mit der Tra­di­ti­on sei. Aber sehr scharf­sin­ni­ge Per­so­nen haben ver­sucht dar­zu­le­gen, daß es sich um eine kon­se­quen­te Wei­ter­ent­wick­lung han­delt. Ich habe ver­sucht auf­zu­zei­gen, daß alles, was sie zu tun haben, dar­in besteht, fest­zu­stel­len, daß im Kon­zil nichts ent­hal­ten ist, was der Tra­di­ti­on wider­spricht und daß jeder umstrit­te­ne Text oder Teil von ihm im Kon­text des Kon­zils gele­sen wer­den muß – und im Licht der Tra­di­ti­on. Mir scheint, daß sie trotz ihrer Schwie­rig­kei­ten imstan­de sein soll­ten, dies zu tun.

Als Teil des ordent­li­ches Lehr­am­tes und mit des­sen Gewicht und Bedeu­tung, sei das Kon­zil für die Gläu­bi­gen bin­dend. Wenn Papst Bene­dikt XVI. davor gewarnt habe, das Kon­zil als „Super­dog­ma“ zu sehen, habe er nicht das dar­in ent­hal­ten­de ordent­li­che Lehr­amt gemeint. Ledig­lich die bei­den dog­ma­ti­schen Kon­sti­tu­tio­nen sei­en eben als dog­ma­tisch defi­niert: Dei Ver­bum und Lumen Gen­ti­um.

Wel­che posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen erwar­ten Sie sich von einer Ver­söh­nung zwi­schen der Pius­bru­der­schaft und dem Hei­li­gen Stuhl?

Die Tra­di­tio­na­li­sten, die sich in der Kir­che befin­den, wie zum Bei­spiel die Petrus­bru­der­schaft, haben erfüllt, wor­auf der Papst bestan­den hat: in der Fei­er­lich­keit der von ihnen für die Zele­bra­ti­on gewähl­ten Lit­ur­gie Zeu­gen der fort­dau­ern­den Leben­dig­keit der vor­kon­zi­lia­ren lit­ur­gi­schen Tra­di­ti­on zu sein. Das ist die Bot­schaft von Sum­morum Pon­ti­fi­cum. Sache ist: sie kön­nen nicht sagen, daß der Novus Ordo ungül­tig ist, aber ihre Zele­bra­ti­on nach dem Mis­sa­le von 1962 ist etwas, das anzie­hend bleibt und den Glau­ben nährt, sogar jener, die kei­ne Erfah­rung damit haben. Und das ist ein sehr wich­ti­ger Faktor.

Ich habe ver­sucht eine Ana­lo­gie zu fin­den, um die­se Situa­ti­on zu beschrei­ben. Es ist ein biß­chen wie mit der Ame­ri­ka­ni­schen Ver­fas­sung, die min­de­stens auf zwei unter­schie­de­ne Wei­sen gele­sen wer­den kann: die Histo­ri­ker inter­es­sie­ren sich für ihren histo­ri­schen Kon­text, für die Ver­fas­ser, deren Absich­ten, deren Hin­ter­grund und alles, was histo­risch mit der Ver­fas­sung zu tun hat. Durch das Stu­di­um der Ver­fas­sung kann aus histo­ri­scher Sicht viel Licht in ihre Bedeu­tung gebracht wer­den. Den­noch, wenn der Ober­ste Gerichts­hof die Ver­fas­sung benützt, wenn sie also als leben­di­ges Doku­ment gele­sen wird, auf das die Insti­tu­tio­nen des Staa­tes gegrün­det sind, ist die Les­art eine ganz ande­re. Das­sel­be gilt, was die Gedan­ken und Absich­ten der Ver­fas­ser anbe­langt, wie auch der Exper­ten, derer sie sich bedient haben. Die Ver­fas­ser sind mit den Bischö­fen ver­gleich­bar, die Exper­ten mit den Kon­zil­s­pe­ri­ti. Die­se Doku­men­te sind unab­hän­gig von die­sen allen. Ich sage oft, daß die Inten­tio­nen der Kon­zils­vä­ter kei­ne Bedeu­tung haben: Was zählt ist, wie sie heu­te ange­wandt wer­den. Es han­delt sich um ein leben­di­ges Dokument.

Auf die Fra­ge, daß aber gera­de die Art, wie das Kon­zil umge­setzt wur­de, ein Pro­blem dar­stel­le, ant­wor­tet Di Noia: Es sei sehr wich­tig, daß die Theo­lo­gen und hohen Amts­trä­ger ver­stün­den, daß das Kon­zil auf sehr destruk­ti­ve Wei­se und in Dis­kon­ti­nui­tät inter­pre­tiert wurde.

Ich lese ein 1968 von Lou­is Bouy­er geschrie­be­nes Buch mit dem Titel „The Decom­po­si­ti­on of Catho­li­cism [Die Zer­set­zung des Katho­li­zis­mus]. Und dann gibt es Xavier Ryn­ne, der mit sei­nen Arti­keln in „The New Yor­ker“ in der west­li­chen Welt das Ver­ständ­nis vom Kon­zil geprägt hat. [Ryn­nes in Rom als Skan­dal betrach­te­tes Buch erschien 1964 in deut­scher Spra­che unter dem Titel Die zwei­te Refor­ma­ti­on. Die erste Sit­zungs­pe­ri­ode des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils, Ent­ste­hung, Ver­lauf].

Der Papst hat vie­le vie­le Male bril­lant dage­gen geschrie­ben, aber Sie sehen, zum Teil haben die Tra­di­tio­na­li­sten zu recht gegen die haar­sträu­ben­den Inter­pre­ta­tio­nen des Kon­zils durch die Pro­gres­si­ven reagiert.

Wenn sie [die Pius­brü­der] von der Kir­che akzep­tiert und in die vol­le Ein­heit inte­griert wer­den, dann wer­den sie eine Art leben­des Zeug­nis der Kon­ti­nui­tät sein. Sie kön­nen sich glück­lich schät­zen, in der katho­li­schen Kir­che zu sein als leben­de Zeu­gen der Tat­sa­che, daß die Kon­ti­nui­tät vor und nach dem Kon­zil Wirk­lich­keit ist.

Aber nur, wenn sie die Bedin­gun­gen des Vati­kans akzeptieren?

Es ist mehr als das. Es han­delt sich nicht um ein Edikt: bleibt ste­hen bei Rot, geht wei­ter bei Grün, denn der Kir­che in vol­ler Ein­heit anzu­ge­hö­ren beinhal­tet den Glau­ben, daß der Hei­li­ge Geist die Kir­che vor dem Irr­tum bewahrt und daß die Ein­heit mit Petrus ein Teil der Wirk­lich­keit des Seins in der vol­len Gemein­schaft ist. Es ist nicht etwas Zufälliges.

Wenn die Pius­bru­der­schaft also ein­wil­ligt, müs­se sie dafür alle Vor­aus­set­zun­gen wah­rer Katho­li­ken erfül­len und nicht nur mit dem ein­ver­stan­den sein, was etwa der Papst oder was er, Di Noia, sage.

Sie müs­sen sagen: ‚Ja, ich glau­be, daß die Kir­che vom Hei­li­gen Geist vor dem Irr­tum bewahrt wird.‘ Dann kann ich sagen: ‚Ja, ihr seid wirk­lich katholisch‘.
Vie­le in der Bru­der­schaft haben auf dem Wort ‚Irr­tum‘ beharrt. ‚Irr­tum‘ ist in der katho­li­schen Tra­di­ti­on ein sehr vager Aus­druck. Es gibt unter­schied­li­che Stu­fen von Irr­tum. Die­ser Begriff kann aus­drücken wol­len, daß jemand ein Häre­ti­ker ist oder ein­fach nur, daß jemand in sei­nem Urteil vor­ei­lig und unge­nau ist.“

In wel­chem Aus­maß spie­le das, was von den Tra­di­tio­na­li­sten als Schwä­chung des Dog­mas extra Eccle­si­am nulla salus wahr­ge­nom­men wird, eine Rolle?

Ich weiß nicht, ob das Kon­zil dafür geta­delt wer­den kann oder ob man nicht viel­mehr den Fin­ger gegen das Auf­tre­ten einer theo­lo­gi­schen Rich­tung rich­ten muß, von der die Heils­mög­lich­keit für Nicht-Chri­sten betont wur­de. Die Kir­che hat das eine immer bekräf­tigt und das ande­re nie geleug­net. [Karl] Rah­ner hat mit sei­nem ‚anony­men Chri­sten­tum‘ eine ver­hee­ren­de Wir­kung in die­ser Fra­ge. Aber das Kon­zil hat die Leh­re der Kir­che nicht verändert.

Die Pius­bru­der­schaft aber sage, daß sie es ver­än­dert habe.

Das ist ein sehr gutes Bei­spiel für das, was bereits ange­spro­chen wur­de: Die Gefahr das Kon­zil so zu inter­pre­tie­ren, wie es von Rah­ner inter­pre­tiert wur­de, statt im Licht der gesam­ten Tradition.

Die Tra­di­tio­na­li­sten bekla­gen, daß kaum mehr vom Heil und der Heils­not­wen­dig­keit gespro­chen werde.

„Ralph Mar­tin stimmt mit die­ser Fest­stel­lung über­ein. Wir befin­den uns in einer Kri­se, weil die Kir­che von der Idee infi­ziert ist, der­zu­fol­ge wir uns weder zu besor­gen noch in Angst gera­ten brau­chen, noch den Auf­trag, Chri­stus gewis­sen­haft zu ver­kün­den, all­zu ernst neh­men brau­chen. Die Schuld liegt aber nicht beim Zwei­ten Vati­ka­num, son­dern bei einer schlech­ten Theo­lo­gie. Domi­nus Iesus war eine Teil­ant­wort gegen die­sen Zweig der Religionstheologie.“

Catho­lic Natio­nal Regi­ster befrag­te Erz­bi­schof Di Noia auch nach even­tu­el­len Refor­men des Mis­sa­le von 1962.

Dabei geht es um zwei Din­ge: Im Kalen­der sind zahl­rei­che Hei­li­ge ent­hal­ten, die die Tra­di­tio­na­li­sten ger­ne hin­zu­fü­gen möch­ten, doch das Mis­sa­le Roma­num ist fest­ge­schrie­ben. Es wird ein Dia­log zwi­schen ihnen und der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on not­wen­dig sein über den Modus, in dem Ele­men­te des Römi­schen Kalen­ders ein­ge­baut wer­den kön­nen und dar­über wie sich die­ser in den ver­gan­ge­nen 50 Jah­ren ver­än­dert hat. Dann gibt es noch die Fra­ge der Prä­fa­tio­nen. Das alte Mis­sa­le Roma­num von 1962 hat eine begrenz­te Zahl von Prä­fa­tio­nen, denen die Prie­ster­bru­der­schaft eini­ge neue hin­zu­fü­gen möch­te. Wir spre­chen von Mis­sa­le von 1962. Wer aber kann die Edi­tio von 1962 ändern?

In der Tat ist der Novus Ordo, das aktu­el­le Mis­sa­le Roma­num eine Revi­si­on des Mis­sa­le Roma­num von 1962. Die Fra­ge ist also: Wie kön­nen sie das tun? Ich weiß es nicht, aber die­se Arbeit ist zu tun. Wir hat­ten bereits zwei Tref­fen der Ver­tre­ter der Kon­gre­ga­ti­on mit jenen von Eccle­sia Dei um über den Modus zu spre­chen, wie dies gesche­hen könnte.

Nost­ra Aet­a­te, ein Kon­zils­do­ku­ment, das für vie­le zu einer Ver­bes­se­rung der Bezie­hun­gen zwi­schen Juden und Katho­li­ken bei­getra­gen hat, ist für die Pius­bru­der­schaft ein Problem.

Ja, aber beden­ken Sie: wenn man eine Kon­sti­tu­ti­on auf kor­rek­te Wei­se einer Prü­fung unter­zieht, von Juri­sten, gibt es zwei modi sie zu inter­pre­tie­ren: in sen­su lato und in sen­su stric­to, die von zwei Anwäl­ten auch in Kon­tra­po­si­ti­on ver­tre­ten wer­den kön­nen. Das bedeu­tet, wenn die Bru­der­schaft die­se Art von Doku­men­ten im engen Sinn aus­le­gen will, ist sie vom theo­lo­gi­schen Stand­punkt aus, frei dies zu tun. Das bedeu­tet aber nicht, daß sie dafür außer­halb der Kir­che blei­ben müs­sen. Und sie soll­ten auf theo­lo­gi­scher Grund­la­ge Argu­men­te gegen jene vor­brin­gen. Wenn die Bru­der­schaft Nost­ra Aet­a­te für schlecht inter­pre­tiert hält, müs­sen sie in den Ring stei­gen und kämp­fen und den Nach­weis für die ihrer Ansicht nach kor­rek­te Inter­pre­ta­ti­on erbrin­gen. Anstatt sich zurück­zu­zie­hen, muß sie die Sache austragen.

Di Noia wur­de wei­ters gefragt, ob sei­ner Ein­schät­zung nach eine Ver­söh­nung inner­halb kur­zer Zeit denk­bar ist, ange­sichts der dor­ni­gen Pro­ble­me in der Kir­che und der Gesellschaft.

Ich habe den Ein­druck ja. Beden­ken Sie: bis zu sei­ner berühm­ten Rede vor der Römi­schen Kurie im Dezem­ber 2005, als Bene­dikt XVI. von der Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät sprach, war das The­ma gera­de­zu ein Tabu. Papst Bene­dikt hat uns end­lich davon befreit.
Heu­te kann man De Lubac, Con­gar und Chenu kri­ti­sie­ren. Und vie­le Jun­ge schrei­ben Dok­tor­ar­bei­ten und Bücher, die zuvor undenk­bar waren. Ich wür­de sogar sagen, daß die vor­herr­schen­de pro­gres­si­ve Les­art des Kon­zils heu­te auf dem Rück­zug ist. Und das war sie vor­her nie. Aber die Bru­der­schaft muß sich auch sein Behar­ren auf der Kon­ti­nui­tät zu eigen machen.
Die Tra­di­tio­na­li­sten müs­sen auf­hö­ren, das Kon­zil als Bruch und Dis­kon­ti­nui­tät zu sehen. Das ist eine Unter­schei­dung, die [der Histo­ri­ker Rober­to] de Mat­tei macht. Das Kon­zil wur­de als Bruch wahr­ge­nom­men, muß aber dok­tri­nell und theo­lo­gisch in der Kon­ti­nui­tät gele­sen wer­den – andern­falls könn­te man nur das Hand­tuch werfen.

Den­ken Sie, daß die Pius­bru­der­schaft befürch­tet, daß ihren For­de­run­gen kein Gehör mehr geschenkt wer­den, wenn sie sich versöhnt?

Wie könn­ten die­se nicht geschützt sein? Wer soll ihnen ihr Han­deln dik­tie­ren? Das ein­zi­ge, was ich ihnen sage ist: Das Zwei­te Vati­ca­num ist kein Bruch mit der Tradition.

Sind Sie Opti­mist oder Pes­si­mist was die Ver­söh­nung angeht?

Weder das eine noch das ande­re, ich weiß es nicht. Ich den­ke, daß es ein Akt der Gna­de sein wird. Des­halb wer­de ich die Domi­ni­ka­ner bit­ten, dafür zu beten. Ich hof­fe, daß man ans Ziel gelangt. Der Papst wünscht nicht, daß die Din­ge so blei­ben, wie sie sind – kei­ne wei­te­re Sek­te, kei­ne wei­te­re Spaltung.

Inter­view: Natio­nal Catho­lic Register
Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Mes­sa in Latino

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