Bischöfe unterstützen Monti, um radikale Linke zu verhindern – Parlamentswahlen in Italien


Mario Monti Bild 1 Bischöfe unterstützen ihn(Rom) Am 24. und 25. Febru­ar 2013 fin­den in Ita­li­en vor­ge­zo­ge­ne Par­la­ments­wah­len statt. Ein The­ma, das auch in deut­schen Medi­en auf Inter­es­se stößt. In deut­schen Lan­den „liebt man die Ita­lie­ner, schätzt sie aber nicht“, wie es 1987 der dama­li­ge ita­lie­ni­sche Bot­schaf­ter Lui­gi Vitto­rio Fer­ra­ris 1987 in Deutsch­land (West) auf den Punkt brach­te. Die­ser Zwie­spalt schwingt mit, wenn es dar­um geht, ob Rom sei­ne „Haus­auf­ga­ben“ gemacht hat und ob Ita­li­en in der EU zu den Net­to­emp­fän­gern gehört oder in die­se Grup­pe absin­ken könnte.

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Mit Blick auf den Urnen­gang titel­ten die deut­schen Medi­en nun, daß der soeben zurück­ge­tre­te­ne ita­lie­ni­sche Mini­ster­prä­si­dent Mario Mon­ti mit einem eige­nen Wahl­bünd­nis der Mit­te antritt und die katho­li­schen Bischö­fe des Lan­des dar­ob begei­stert sind. Die Mel­dung ver­dient eine klei­ne Vertiefung.

Bei allen Über­le­gun­gen dazu, gilt es drei Ele­men­te aus­ein­an­der­zu­hal­ten, näm­lich die unter­schied­li­chen, alles ande­re denn deckungs­glei­chen Inter­es­sen 1) von Mario Mon­ti, 2) der ita­lie­ni­schen Christ­de­mo­kra­ten und 3) der ita­lie­ni­schen Bischöfe.

Aufstieg und Fall des politischen Katholizismus in Italien

Die Christ­de­mo­kra­ten der Demo­cra­zia Cri­stia­na (DC) waren von 1945 bis 1994 die maß­geb­li­che Regie­rungs­par­tei Ita­li­ens. Wäh­rend des gan­zen Zeit­raums waren sie mit einem Wäh­ler­an­teil zwi­schen 49 und 30 Pro­zent unun­ter­bro­chen stim­men­stärk­ste Par­tei und stell­ten die mei­ste Zeit den Mini­ster­prä­si­den­ten. Die Christ­de­mo­kra­ten hat­ten bis auf fünf Pro­zent Neo­fa­schi­sten auf der Rech­ten kei­ne eigen­stän­di­ge Kon­kur­renz auf­kom­men las­sen. Öff­nun­gen konn­ten daher nur in Rich­tung der gro­ßen lin­ken Oppo­si­ti­on stattfinden.

1992 bis 1994 brach nach der Auf­deckung zahl­rei­cher Schmier­geld­skan­da­le das ita­lie­ni­sche Par­tei­en­sy­stem, das durch Koali­ti­ons­re­gie­run­gen der lin­ken Mit­te geprägt war, zusam­men. Die tra­di­tio­nel­len Regie­rungs­par­tei­en implo­dier­ten und lösten sich auf. Die bis dahin sich in „ewi­ger“ Oppo­si­ti­on befin­den­de Kom­mu­ni­sti­sche Par­tei rec­te ihre post­kom­mu­ni­sti­schen Nach­fol­ger wähn­ten ihre Stun­de gekom­men. Die vor­ge­zo­ge­nen Par­la­ments­wah­len von 1994 schie­nen für sie ein Spa­zier­gang zur Macht. Da stieg der bis dahin poli­tisch nicht in Erschei­nung getre­te­ne Unter­neh­mer Sil­vio Ber­lus­co­ni in den poli­ti­schen Ring mit dem Ziel, eine lin­ke Regie­rungs­über­nah­me zu ver­hin­dern. Und gewann. Ein „Delikt“, das ihm die poli­ti­sche Lin­ke nie ver­zei­hen soll­te und viel von der ver­bis­se­nen Abnei­gung erklärt, die in zahl­rei­chen Kam­pa­gnen seit­her gegen ihn öffent­lich­keits­wirk­sam insze­niert wurde.

Berlusconis Traum vom Zweiparteiensystem – Todesstoß für christdemokratische Koalitionslogik

Durch Ber­lus­co­nis poli­ti­schen Ein­stieg ent­stand das neue poli­ti­sche System des Bipo­la­ris­mo. Die Christ­de­mo­kra­ten, die zwar die rech­te Wäh­ler­schaft inte­grier­ten, stan­den poli­tisch tra­di­tio­nell in der Mit­te. Ihre wahl­stra­te­gi­sche Maxi­me war es, jede Koali­ti­ons­re­gie­rung ohne sie unmög­lich zu machen. Laut Ber­lus­co­nis Vor­stel­lung soll­te es nur mehr zwei poli­ti­sche Lager geben. Eine Regie­rung soll­te nicht erst nach den Wah­len durch Ver­hand­lun­gen zwi­schen den Par­tei­en aus­ge­kno­belt wer­den und mög­li­cher­wei­se nicht dem Wäh­ler­wil­len ent­spre­chen. Die Wäh­ler soll­ten sich viel­mehr in der Wahl­ka­bi­ne für Links und Rechts ent­schei­den und damit bereits die Regie­rung und den Mini­ster­prä­si­den­ten bestim­men. Für das christ­de­mo­kra­ti­sche Königs­ma­cher­mo­dell, das aus der Sicht der bei­den gro­ßen Blöcke sich als unsi­che­rer Kan­to­nist, ein­mal der einen, ein­mal der ande­ren Sei­te zuneigt, soll­te kein Platz mehr sein.

Je nach poli­ti­scher Prä­fe­renz schlos­sen sich die übrig­ge­blie­be­nen christ­de­mo­kra­ti­schen Strö­mun­gen ent­we­der dem von den ehe­ma­li­gen Kom­mu­ni­sten geführ­ten Links­bünd­nis oder dem von Ber­lus­co­ni geführ­ten Rechts­bünd­nis an. Ein drit­ter Teil ver­such­te, ziem­lich erfolg­los den alten Platz zwi­schen den Blöcken zu ver­tei­di­gen. Christ­de­mo­kra­ten regier­ten dadurch wei­ter­hin in allen Links- und Rechts­re­gie­run­gen mit. Eben ein­mal der lin­ke Flü­gel der alten DC, ein­mal der rech­te Flü­gel. Als eigen­stän­di­ges poli­ti­sches Sub­jekt waren sie jedoch nicht mehr bestimmend.

Mangelnde Sensibilität für katholische Anliegen

Linke Anti-Monti-PropagandaDie­ser Zustand ver­ur­sach­te dem poli­ti­schen Katho­li­zis­mus nach sei­ner jahr­zehn­te­lan­gen Füh­rungs­rol­le star­ke Bauch­schmer­zen. Glei­ches galt auch für die katho­li­sche Kir­che, die sich zwar nie mit einer poli­ti­schen Par­tei iden­ti­fi­zier­te, aller­dings in den Christ­de­mo­kra­ten einen für ihre Anlie­gen eini­ger­ma­ßen sen­si­blen Ansprech­part­ner fand. Auch nach 1994 fand die Bischofs­kon­fe­renz wegen ihres Gewichts in bei­den poli­ti­schen Lagern Gehör, doch der direk­te Draht zur Regie­rung hat­te sich deut­lich abge­schwächt. Sowohl im Links- als auch im Rechts­bünd­nis wir­ken hete­ro­ge­ne Kräf­te, dar­un­ter auch sol­che, die der Kir­che distan­ziert gegenüberstehen.

In den ver­gan­ge­nen zwei Jahr­zehn­ten gab es immer neue Ver­su­che, die ver­schie­de­nen christ­de­mo­kra­ti­schen Nach­fol­ge­par­tei­en, Grup­pen und Per­sön­lich­kei­ten zu einen und wie­der ein poli­ti­sches Sub­jekt in der Mit­te zu schaf­fen, das für links und rechts unver­zicht­bar wäre.

Liste Monti als Versuch die christdemokratische Mitte wiederaufzubauen

Als sol­cher Ver­such ist auch die neue Liste Mon­ti zu sehen. Die Christ­de­mo­kra­ten sehen eine Chan­ce, den sie abwür­gen­den Rechts-Links-Bipo­la­ris­mus auf­zu­bre­chen und um eine Mit­te zu erwei­tern. Eine Erwei­te­rung, die zu Lasten der bei­den gro­ßen Bünd­nis­se der ver­gan­ge­nen 18 Jah­re gin­ge. Die zudem, wenn mög­lich, durch eigen­stän­di­ge, nicht koali­ti­ons­fä­hi­ge radi­ka­le Flü­gel wei­ter geschwächt wer­den soll­ten. Damit, so die Rech­nung, wäre sowohl Links als auch Rechts auf die christ­de­mo­kra­tisch gepräg­te Mit­te ange­wie­sen, der nach den Wah­len das ent­schei­den­de Gewicht als Königs­ma­cher zufal­len wür­de. Als unent­behr­li­ches und damit „ewi­ges“ Regie­rungs­mit­glied könn­te sie den Preis bestim­men. Soweit der­zeit noch die Theorie.

Bis­her sind alle dies­be­züg­li­chen Ver­su­che geschei­tert und haben durch Spal­tun­gen und Neu­grün­dun­gen jedes Mal die Viel­zahl christ­de­mo­kra­ti­scher Grup­pen und Grüpp­chen ver­mehrt. Sowohl die Links­de­mo­kra­ten um Pier Lui­gi Ber­sa­ni als auch die Rechts­de­mo­kra­ten um Sil­vio Ber­lus­co­ni kön­nen der „ewi­gen Ver­su­chung“ der ita­lie­ni­schen Christ­de­mo­kra­tie, die vor der Wahl jede Koali­ti­ons­aus­sa­ge mei­det, natür­lich wenig abge­win­nen. Nach einem Jahr Amts­zeit einer Tech­ni­ker­re­gie­rung unter dem vom inter­na­tio­na­len Finanz­dienst­lei­ster Gold­man Sachs frei­ge­stell­ten, anders aus­ge­drückt, unter dem von einer Finanz­olig­ar­chie dele­gier­ten Invest­ment­ban­ker Mario Mon­ti könn­te die Zeit jedoch reif sein. Gewis­ser­ma­ßen ein Para­dox. Doch die Poli­tik ist voll von Pardoxa.

Italien vor einem unvorhersehbaren Wahlergebnis bewahren

Das Ver­trau­enMonti als internationaler Netzwerker rechte Anti-Monti-Propaganda der Ita­lie­ner in die Par­tei­en befin­det sich auf einem Tief­punkt und treibt skur­ri­le Blü­ten. Die Par­tei des lin­ken Komi­kers Beppe Gril­lo wur­de bei Mei­nungs­um­fra­gen schon mit sagen­haf­ten 20 Pro­zent als zweit­stärk­ste poli­ti­sche Kraft gehan­delt. Die Christ­de­mo­kra­ten als „Eli­te unter den Polit­pro­fis“ ver­su­chen die­sen Ero­si­ons­pro­zeß der par­la­men­ta­ri­schen Par­tei­en­de­mo­kra­tie und die Gefahr einer Wahl mit völ­lig offe­nem Aus­gang durch Kana­li­sie­rung der fru­strier­ten Wäh­ler­ge­füh­le etwas zu lenken.

Da dies aus eige­ner Kraft wie bereits in den ver­gan­ge­nen Jah­ren nicht mög­lich ist, set­zen sie auf den Ruf von Mario Mon­ti. Kein risi­ko­lo­ses Unter­fan­gen, da sich Mon­ti durch eine restrik­ti­ve Steu­er- und Abga­ben­po­li­tik mit dem Staat in der Rol­le eines moder­nen Raub­rit­ters den Unmut brei­ter Bevöl­ke­rungs­schich­ten zuge­zo­gen hat, die nun die Zeche für eine jahr­zehn­te­lan­ge fal­sche Aus­ga­ben­po­li­tik der Poli­ti­ker zu zah­len haben. Man­gels prak­ti­ka­bler Alter­na­ti­ven, so die Rech­nung der Christ­de­mo­kra­ten, könn­te viel­leicht ein aus­rei­chend star­ker, „ver­nünf­ti­ger“ Teil der Wäh­ler­schaft das Heil in der Mit­te suchen, bei „har­ten, aber not­wen­di­gen“ Maß­nah­men, um das Land in der EU sowie zah­lungs- und wett­be­werbs­fä­hig zu hal­ten – sofern, ja sofern der Name Mon­ti damit ver­bun­den ist. Der Name des schei­den­den Mini­ster­prä­si­den­ten wäre der „neue“ Schlauch für die „alten“ Wei­ne. Soweit zumin­dest die par­tei­tak­ti­schen Über­le­gun­gen der Christdemokraten.

Zusage Montis unverhandelbare Werte nicht anzutasten

An die­ser Stel­le erklärt sich auch die Zustim­mung der katho­li­schen Bischö­fe für die Liste Mon­ti. Sie ent­springt ihrem Sinn für Real­po­li­tik. Dabei geht es auch um die Per­son Mon­ti, vor allem jedoch um die Ope­ra­ti­on Wie­der­auf­bau der Christ­de­mo­kra­tie als Züng­lein an der Waa­ge. Die Bischö­fe muß­ten in den ver­gan­ge­nen 18 Jah­ren erle­ben, daß sich sowohl das Links- als auch das Rechts­bünd­nis für wich­ti­ge katho­li­sche Anlie­gen schwer­hö­rig stell­te. Zu sozi­al­po­li­ti­schen Fra­gen bestand eine grö­ße­re Über­ein­stim­mung mit der Lin­ken, zu gesell­schafts­po­li­ti­schen Fra­gen, vor allem den unver­han­del­ba­ren Wer­ten wie Eutha­na­sie, Homo-„Ehe“, Adop­ti­ons­recht für Homo­se­xu­el­le und Abtrei­bung mehr mit der Rechten.

Erst­mals seit zwei Jahr­zehn­ten prä­sen­tiert sich die katho­li­sche Hier­ar­chie vor einem Urnen­gang erstaun­lich kom­pakt. Es gibt eine neue Ent­schlos­sen­heit, sowohl unter den christ­de­mo­kra­ti­schen Poli­ti­kern als auch unter den Bischö­fen, wenn auch aus zum Teil unter­schied­li­chen Grün­den, den poli­ti­schen Katho­li­zis­mus zu einen und ihm in einer Ver­si­on Light neu­es Gewicht zu ver­schaf­fen. Die der­zei­ti­ge poli­ti­sche Kon­stel­la­ti­on scheint eine rea­li­sti­sche Chan­ce dafür zu bie­ten. Vor allem aber gilt es eine Gefahr abzuwehren.

Nicht verhinderbare Linksregierung durch christdemokratischen Koalitionspartner mäßigen

Ber­lus­co­nis Rechts­bünd­nis liegt laut Umfra­gen mit 16–18 Pro­zent zer­zaust am Boden. Es erscheint wenig rea­li­stisch, daß es sich bis zum 25. Febru­ar auf den ersten Platz erho­len kann. Damit dürf­te Ber­sa­nis Links­bünd­nis, SPD und SPÖ ver­gleich­bar und in Umfra­gen bei 30–35 Pro­zent, bereits als Wahl­sie­ger fest­ste­hen. Als stim­men­stärk­ste Par­tei wür­den die Links­de­mo­kra­ten den im Wahl­ge­setz vor­ge­se­he­nen Bonus von wei­te­ren 12 Pro­zent der Man­da­te kas­sie­ren und wahr­schein­lich den­noch über kei­ne Regie­rungs­mehr­heit ver­fü­gen. Die Bischö­fe treibt die Sor­ge einer rei­nen Links­re­gie­rung um und mehr noch, daß Ber­sa­ni dann eine Koali­ti­on mit der kir­chen­feind­li­chen radi­ka­len Lin­ken ein­ge­hen könn­te (Alt-Kom­mu­ni­sten, Grü­ne, Links­extre­mi­sten). Das soll ver­hin­dert werden.

Die Regie­rungs­be­tei­li­gung der Links­de­mo­kra­ten ist unauf­halt­bar. Beacht­li­che Tei­le des ita­lie­ni­schen Katho­li­zis­mus möch­te sie auch gar nicht ver­hin­dern. Sie soll jedoch, so die Über­le­gun­gen der Bischö­fe, durch einen mög­lichst star­ken, eigen­stän­di­gen, mög­lichst christ­de­mo­kra­tisch gepräg­ten Regie­rungs­part­ner gemil­dert wer­den. Ber­sa­ni soll sei­nen Koali­ti­ons­part­ner, den er brau­chen wird, nicht auf der äußer­sten Lin­ken, son­dern in der Mit­te suchen. Damit er einen sol­chen auch fin­det, muß die­ser erst auf­ge­baut wer­den. Des­halb unter­stützt die ita­lie­ni­sche Kir­chen­füh­rung eine maß­geb­lich von Christ­de­mo­kra­ten gezim­mer­te Liste Mon­ti. Die Aus­sich­ten ste­hen nicht schlecht. Vor allem von rechts strö­men der­zeit Katho­li­ken zurück in die Mit­te. Der Ide­al­fall, den der­zeit Bischö­fe und poli­ti­scher Katho­li­zis­mus in Rom vor Augen haben, wäre, daß Ber­sa­ni für eine regie­rungs­fä­hi­ge Mehr­heit sogar Mon­ti den Platz des Mini­ster­prä­si­den­ten über­las­sen müßte.

War­um unter­stüt­zen die Bischö­fe aber gera­de Mon­ti? Weil Mon­ti seit Beginn sei­ner Amts­zeit Signa­le der Ent­span­nung Rich­tung Kir­che aus­sand­te. Er besuch­te nach sei­ner Ernen­nung zum Mini­ster­prä­si­den­ten demon­stra­tiv eine Hei­li­ge Mes­se. Er berief den Grün­der der katho­li­schen Gemein­schaft von San­t’E­gi­dio als Mini­ster in sei­ne Regie­rung. Eine neue Gemein­schaft, die im Vati­kan wegen ihres sozia­len Ein­sat­zes, mehr aber noch als inof­fi­zi­el­le Par­al­lel­di­plo­ma­tie in Kri­sen­ge­bie­ten geschätzt wird. Mon­ti muß zudem im Bereich der nicht ver­han­del­ba­ren Wer­te (Bio­ethik, Fami­lie) die Zusa­ge gege­ben haben, kei­ne gegen das Natur­recht und die Kir­che gerich­te­te Poli­tik zu betrei­ben. In der Bischofs­kon­fe­renz wie im Vati­kan wur­de wohl­wol­lend zur Kennt­nis genom­men, daß der Wirt­schafts­exper­te wäh­rend sei­ner drei­zehn Regie­rungs­mo­na­te sich zu die­sen The­men völ­li­ge Zurück­hal­tung auf­er­legt hatte.

Liste Monte als Alternative zur radikalen Linken

Wesent­li­che Vor­aus­set­zung für die gesam­te Ope­ra­ti­on ist für die Bischö­fe, daß sich die Liste Mon­ti als Alter­na­ti­ve zur Liste Ber­sa­ni posi­tio­niert. Mon­ti muß daher vor allem zuge­sagt haben, sich auf kei­ne Kom­pro­mis­se mit der radi­ka­len, kir­chen­feind­li­chen Lin­ken ein­zu­las­sen, die das Kon­kor­dat und die Late­ran­ver­trä­ge lie­ber heu­te als mor­gen auf­kün­di­gen und den Kampf gegen die Kir­che auf­neh­men wür­de. Erste Umfra­gen besa­gen, daß eine Liste Mon­ti auf Anhieb mit 16 Pro­zent der Stim­men rech­nen könn­te und damit nahe am zweit­plat­zier­ten Ber­lus­co­ni liegt. Durch den Allein­gang der Mit­te wird der Wahl­kampf zu einer Wahl­schlacht von jedem gegen jeden, wie bereits die Anti-Mon­ti-Kari­ka­tu­ren von links (Bild 2) und rechts (Bild 3) zeigen.

Man geht nicht fehl mit der Annah­me, daß die Bischö­fe noch etwas ande­res zur Bünd­nis­be­reit­schaft ver­an­laß­te. Es war aus­ge­rech­net Mon­ti, der seit einem Jahr durch eine neue Immo­bi­li­en­steu­er die klam­men ita­lie­ni­schen Staats­kas­sen füllt. Die bis­he­ri­ge Berech­nungs­grund­la­ge für den Immo­bi­li­en­wert wur­de dafür am Schreib­tisch  ein­fach über Nacht um 60 Pro­zent ange­ho­ben. Zu den bis­her von Gebäu­de­steu­ern aus­ge­nom­me­nen Grup­pen zähl­te mit gutem Grund auch die Kir­che. Sie woll­te Mon­ti anfangs auch zur Kas­se bit­ten. Müß­te die Kir­che für alle ihre Got­tes­häu­ser, Kathe­dra­len, Basi­li­ken, Kir­chen und Kapel­len, Pfarr­häu­ser, Klö­ster und Sozi­al­ein­rich­tun­gen Immo­bi­li­en­steu­er bezah­len, man schätzt, daß dies fast ein Drit­tel aller ita­lie­ni­schen Immo­bi­li­en sind, wäre sie finan­zi­ell mit einem Schlag rui­niert. Die Kir­che wür­de durch eine mil­li­ar­den­schwe­re Steu­er­schuld in völ­li­ge Abhän­gigk­eigt des Staa­tes gera­ten, der sie belie­big erspres­sen oder sogar zwangs­ent­eig­nen könn­te. Und dies alles ganz legal. Ein ent­schei­den­der Grund, wes­halb die radi­ka­le Lin­ke mit Vehe­menz dafür ist.

Mon­ti als Erfin­der der Steu­er lenk­te schließ­lich ein und befrei­te die katho­li­sche Kir­che (und mit ihr alle ande­ren aner­kann­ten Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten) von die­ser Steu­er. Das Damo­kles­schwert hängt jedoch wei­ter­hin über den Köp­fen und erklärt zum Teil die selt­sa­me „Ach­se“.

Rolle Montis mit einer Reihe demokratiepolitischer Paradoxa behaftet

Wel­che Rol­le kommt aber Mon­ti bei dem Gan­zen zu? An die­ser Stel­le kann es nicht um sei­ne Rol­le als Invest­ment­ban­ker von Gold­man Sachs und bei Moody’s oder als füh­ren­des Mit­glied inter­na­tio­na­ler Netz­wer­ke wie der Tri­la­te­ral Com­mis­si­on, der Bil­der­ber­ger, des Atlan­tic Coun­cil beleuch­tet wer­den, auch nicht sei­ne Finanz­po­li­tik in Ita­li­en mit ihren Aus­wir­kun­gen auf die Wirt­schaft und Sozia­les. Fest steht, daß Mon­ti sich auch wei­ter­hin kei­nem Wäh­ler­vo­tum stel­len wird. Die­ser in einer Demo­kra­tie selbst­ver­ständ­li­chen Pflicht hat ihn Ita­li­ens Staats­prä­si­dent Gior­gio Napo­li­ta­no ent­bun­den, noch bevor Mon­ti sei­nen Fuß in die ita­lie­ni­sche Poli­tik gesetzt hat­te. Ver­ant­wort­lich ist dafür eine Son­der­re­ge­lung der ita­lie­ni­schen Ver­fas­sung. Weni­ge Tage, bevor der par­tei­lo­se Mon­ti im Novem­ber 2011 zum Mini­ster­prä­si­dent einer nicht aus Poli­ti­kern, son­dern aus Tech­ni­kern bestehen­den Über­gangs­re­gie­rung ernannt wur­de, mach­te ihn Napo­li­ta­no zum Sena­tor auf Lebens­zeit. Als sol­cher braucht und darf Mon­ti, ein wei­te­res Para­dox, nicht mehr kandidieren.

Mon­ti unter­stützt letzt­lich nur eine Liste ande­rer, die sei­nen Namen benüt­zen dür­fen. Er steht in siche­rer Ent­fer­nung für den „Ernst­fall“ bereit, soll­te ihm der Posten des Regie­rungs­chefs ange­bo­ten wer­den. Am Abend des 25. Febru­ar wird sich zei­gen, ob die real­po­li­ti­schen Über­le­gun­gen der Bischö­fe und der ita­lie­ni­schen Christ­de­mo­kra­ten von Erfolg gekrönt sein werden.

Kritische katholische Stimmen gegen „Achse Vatikan-Monti“

Die Alli­anz der katho­li­schen Bischö­fe mit Mon­ti folgt einer gewis­sen Logik, die über den Grund­satz des klei­ne­ren Übels hin­aus­geht. Sie wirft den­noch eine gan­ze Rei­he von Fra­gen auf, die den vom Islam zur katho­li­schen Kir­che kon­ver­tier­ten Cri­stia­no Mag­di Allam, seit 2009 christ­de­mo­kra­ti­scher Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ter, zu einer schar­fen Kri­tik am Bünd­nis ver­an­laß­ten. Allam sieht in der „Ach­se Vati­kan-Mon­ti“ ein Bünd­nis der Kir­che mit dem „anti­christ­li­chen Euro­pa“. Sei­ne Fra­ge lau­tet: „Wie ver­trägt sich das kirch­li­che Lehr­amt, die katho­li­sche Moral­leh­re, die kirch­li­che Sozi­al­leh­re, die im Sin­ne der gött­li­chen Ord­nung den Men­schen in den Mit­tel­punkt stellt, mit der skru­pel­lo­sen Ideo­lo­gie eines Mario Mon­ti, der nach dem chi­ne­si­schen Modell Kapi­ta­lis­mus und Eta­tis­mus ver­knüpft und  das Geld, die Ban­ken und den Markt in den Mit­tel­punkt stellt?“ Unwei­ger­lich müs­se einem Katho­li­ken die Ermah­nung Jesu in Erin­ne­rung kom­men, daß der Mensch nicht Gott und dem Mam­mon die­nen kön­ne (Mat­thä­us 6,24, Lukas 16,13).

Der katho­li­sche Intel­lek­tu­el­le Rober­to de Mat­tei bezeich­ne­te die Regie­rung Mon­ti wegen ihrer Finanz­po­li­tik als die „schlech­te­ste aller Regie­run­gen der ver­gan­ge­nen 15 Jah­re“. Sie habe die „rea­le Wirt­schaft geschä­digt, Armut geschaf­fen, die Infa­la­ti­on ange­heizt und will die ita­lie­ni­sche Finanz­po­li­tik an die euro­päi­schen Insti­tu­tio­nen über­tra­gen, nach­dem er sich spek­tisch über die Fähig­keit zu einer poli­ti­schen Uni­on geäu­ßert hatte“.

Bis­her scher­te nur der Papst Bene­dikt XVI. beson­ders ver­bun­de­ne Erz­bi­schof von Fer­ra­ra, Msgr. Lui­gi Negri, aus dem Chor der ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz aus. Erz­bi­schof Negri ermahn­te zu mehr „Zurück­hal­tung“ und „Vor­sicht“ und for­der­te, den Papst nicht fälsch­lich für poli­ti­sche Manö­ver zu vereinnahmen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wiki­com­mons-Zin­ne­ke/­Mi­cro Mega/​La Destra

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1 Kommentar

  1. Lei­der befin­det sich der Vati­kan mit der Unter­stüt­zung von Mon­ti ganz auf der Linie der NWO. Papst Bene­dikt for­dert bedau­er­li­cher­wei­se eine Weltregierung.

    Scha­de, dass man im Vati­kan das Ruder ein­fach nicht her­um­rei­ssen will.

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