Müller: „Häretische Interpretation“ des Konzils „Gefahr für Modernisten und Traditionalisten“


(Vati­kan) Wer das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil als Bruch in der Geschich­te der Kir­che betrach­tet, gibt dem gro­ßen kirch­li­chen Ereig­nis eine „häre­ti­sche Inter­pre­ta­ti­on“. Die­ser Gefahr unter­lie­gen laut dem neu­en Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on Kuri­en­erz­bi­schof Ger­hard Lud­wig Mül­ler nicht nur Moder­ni­sten. Auch Neo-Tra­di­ti­on­li­sten kön­nen Gefahr lau­fen, die­sem Irr­tum zu unter­lie­gen. Gemeint sind jene Krei­se, für die das Zwei­te Vati­ca­num laut der von ihnen davon gege­be­nen Ver­zer­rung der „Kir­che von immer“ den Rücken gekehrt hat.

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Msgr. Mül­ler sprach gestern abend über die poten­zi­el­len „häre­ti­schen“ Gefah­ren für Tra­di­tio­na­li­sten im Rah­men der Vor­stel­lung des 7. Ban­des der im Her­der-Ver­lag erschei­nen­den  Gesam­mel­ten Schrif­ten des Theo­lo­gen Joseph Ratz­in­ger. Der Band sam­melt alle Ver­öf­fent­li­chun­gen des heu­ti­gen Pap­stes zum Kon­zil und des­sen Doku­men­te. Die Vor­stel­lung fand in der Biblio­thek der deut­schen Natio­nal­kir­che San­ta Maria dell’Anima in Rom statt, an der der jun­ge Kon­zils-Peri­tus wäh­rend der Kon­zils-Ses­sio­nen sei­nen Stütz­punkt hatte.

In sei­ner Rede sag­te der neue Glau­bens­prä­fekt in sei­ner gewohnt akzen­tu­ier­ten Spra­che, daß es nur eine ortho­do­xe Inter­pre­ta­ti­on des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils gebe, als Ereig­nis der Reform und der Erneue­rung in der Kon­ti­nui­tät. Die­se Her­me­neu­tik ist für Kuri­en­erz­bi­schof Mül­ler die ein­zi­ge, die „untrenn­ba­re Ein­heit zwi­schen der Hei­li­gen Schrift, der voll­stän­di­gen und umfas­sen­den Tra­di­ti­on und dem Lehr­amt, des­sen höch­ste Aus­drucks­form das vom Nach­fol­ger des Hei­li­gen Petrus als sicht­ba­rem Ober­haupt der Kir­che gelei­te­te Kon­zil ist“.

Die­ser „ein­zi­gen ortho­do­xen Inter­pre­ta­ti­on“ stell­te der Glau­bens­prä­fekt eine „häre­ti­sche Inter­pre­ta­ti­on“ gegen­über, die er in der „Her­me­neu­tik des Bru­ches“ aus­macht. Eine sol­che gebe es „sowohl auf pro­gres­si­ver Sei­te als auch auf tra­di­tio­na­li­sti­scher“. Bei­de Sei­ten sind sich laut Kuri­en­erz­bi­schof Mül­ler einig in der Ableh­nung des Kon­zils: „Die Pro­gres­si­ven, indem sie es hin­ter sich las­sen wol­len, als wäre es nur eine auf­zu­ge­ben­de Etap­pe, um zu einer ganz ande­ren Kir­che zu gelan­gen; die Tra­di­tio­na­li­sten, indem sie nie bei ihm ankom­men wol­len, so als wäre es der Win­ter der katho­li­schen Kirche“.

In wei­te­rer Fol­ge skiz­zier­te der ehe­ma­li­ge Bischof von Regens­burg den Bei­trag, den der Theo­lo­ge Joseph Ratz­in­ger (als theo­lo­gi­scher Mit­ar­bei­ter von Joseph Kar­di­nal Frings) zu den eigent­li­chen Kon­zils­ar­bei­ten gelei­stet hat und dann in der lan­gen und schwie­ri­gen Pha­se der Rezep­ti­on der Leh­ren des Kon­zils: „Es war ein Augen­blick außer­ge­wöhn­li­cher Erwar­tun­gen. Es muß­te etwas Gro­ßes gesche­hen“, beschreibt Bene­dikt XVI. im Vor­wort des Ban­des die dama­li­ge Stim­mung. Das Kon­zil hat­te jedoch, so der Papst, „weder Voll­macht noch Auf­trag“ einen ande­ren oder einen neu­en Glau­ben zu schaf­fen, und damit das zu tun, was ihm heu­te Moder­ni­sten nach­sa­gen und Tei­le der Tra­di­tio­na­li­sten vor­wer­fen. So fehlt es im Band nicht an kri­ti­schen Ver­mer­ken zu einer Rei­he von Kon­zils­do­ku­men­ten aus der Feder des Theo­lo­gen, Erz­bi­schofs, Kar­di­nals und Papstes.

Text: Giu­sep­pe Nardi

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