Franz von Assisi statt Annibale Bugnini – Benedikt XVI. mahnt Bischöfe Liturgie zu respektieren


Assis, der Heilige Konvent, in dem der heilige Franziskus begraben liegt.
Assis, der Heilige Konvent, in dem der heilige Franziskus begraben liegt.

(Vatikan/​Assisi) Bene­dikt XVI. ermahn­te die ita­lie­ni­schen Bischö­fe, die hei­li­ge Lit­ur­gie zu respek­tie­ren und sich dabei ein Bei­spiel am hei­li­gen Franz von Assi­si zu neh­men. Die­ser habe näm­lich wirk­lich ver­stan­den, was eine wah­re Lit­ur­gie­re­form ist, schrieb Papst Bene­dikt XVI. in einer Bot­schaft an die in der Herbst­voll­ver­samm­lung tagen­den Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz. Eine Bot­schaft, die „einer stren­gen Zurecht­wei­sung des ita­lie­ni­schen Epi­sko­pats gleich­kommt, in dem die Geg­ner Bene­dikts XVI. in lit­ur­gi­schen Fra­gen nach wie vor in der Mehr­heit sind“, wie der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster kommentierte.

Anzei­ge

Sowohl Johan­nes Paul II. als auch Bene­dikt XVI. haben bei ver­schie­de­nen Gele­gen­hei­ten die Kir­che in Ita­li­en ande­ren Län­dern als „Vor­bild“ genannt. „Es gibt aller­dings einen Bereich, in dem die ita­lie­ni­sche Kir­che nicht glänzt“, so Magi­ster. Jenem der Liturgie.

Italien in Sachen Liturgie kein Vorbild

Wer es noch nicht gewußt haben soll­te, wur­de durch die stren­ge Lec­tio, die der Papst den vom 8.–11. Novem­ber in Assi­si ver­sam­mel­ten Bischö­fen hielt, eines bes­se­ren belehrt. Im Mit­tel­punkt der Herbst­ver­samm­lung stand die neue ita­lie­ni­sche Über­set­zung des Mis­sa­le Roma­num. Anlaß für das Kir­chen­ober­haupt, kla­re Wor­te zu fin­den. Es ist nach dem Schrei­ben an die Bischö­fe des deut­schen Sprach­raums zum pro mul­tis – für alle/​für vie­le bereits das zwei­te Schrei­ben des Pap­stes an einen bestimm­ten Sprach­raum, das sich gleich­zei­tig jedoch an den Wel­tepi­sko­pat richtet.

In sei­ner Bot­schaft an die Bischö­fe beschränk­te sich der Papst nicht nur auf Grü­ße und Glück­wün­sche, son­dern kam gleich zur Sache. „Er ver­deut­lich­te den Bischö­fen die Kri­te­ri­en für eine wirk­li­che Lit­ur­gie­re­form“, so Magister.

Wirkliche Reformatoren sind Bewahrer der Liturgie

„Jeder wirk­li­che Erneue­rer ist dem Glau­ben gehor­sam: er han­delt weder will­kür­lich noch maßt er sich im Ritus irgend­ei­nen Ermes­senspiel­raum an; er ist nicht Herr, son­dern Bewah­rer des vom Herrn ein­ge­setz­ten und uns anver­trau­ten Schat­zes. Die gesam­te Kir­che ist in jeder Lit­ur­gie gegen­wär­tig: an ihrer Form teil­zu­neh­men ist Vor­aus­set­zung für die Authen­ti­zi­tät des­sen, was man zelebriert.“

Um kei­nen Spiel­raum für Miß­ver­ständ­nis­se zu las­sen, nann­te der Papst die Lit­ur­gie­re­form des IV. Late­r­an­kon­zils von 1215 als Bei­spiel. Die­ses Kon­zil gab den Prie­stern das Bre­vier mit dem Stun­den­ge­bet in die Hand und stärk­te den Glau­ben in die Real­prä­senz Chri­sti in den eucha­ri­sti­schen Gestal­ten von Brot und Wein.

Es war die Zeit des hei­li­gen Fran­zis­kus und der hei­li­gen Kla­ra. Bene­dikt XVI. ver­wen­de­te einen Groß­teil sei­ner Bot­schaft an die Bischö­fe, um ihnen den Geist des gro­ßen Hei­li­gen von Assi­si dar­zu­le­gen, mit dem die­ser der lit­ur­gi­schen Ver­tie­fung des dama­li­gen Kon­zils folg­te und auch sei­ne Brü­der zum Gehor­sam anhielt.

Franz von Assisi Vorbild liturgischer Treue statt kreativer Gestaltungsfreiheit

Franz von Assi­si ist einer der volks­tüm­lich­sten und welt­weit am mei­sten ver­ehr­ten und bewun­der­ten Gestal­ten der Kir­che. Er ist ein Vor­bild für jene Katho­li­ken, die eine mehr spi­ri­tu­el­le und „pro­phe­ti­sche“ Kir­che wol­len, statt einer insti­tu­tio­nel­len und ritu­el­len. Im Bereich der Lit­ur­gie rekla­mie­ren nicht weni­ge von jenen, die sich auf den Hei­li­gen aus Umbri­en beru­fen, mehr Krea­ti­vi­tät und Gestal­tungs­frei­heit in der Liturgie.

Ein gro­ber Irr­tum, teils eine sträf­li­che Ent­stel­lung, wie Papst Bene­dikt XVI. auf­zeig­te. Der wirk­li­che Franz von Assi­si hat­te eine ganz ande­re Aus­rich­tung. Er war vor allem treu und gehor­sam. Er, der nie Prie­ster wur­de, hat­te größ­te Hoch­ach­tung vor jedem Prie­ster, selbst den unwür­dig­sten. Er war zutiefst davon über­zeugt, so Bene­dikt XVI., daß der christ­li­che Kult mit der vom Herrn emp­fan­ge­nen Glau­bens­re­gel über­ein­stim­men muß und dadurch der Kir­che Gestalt gibt. Die Prie­ster, an erster Stel­le sie, müs­sen die Hei­lig­keit ihres Lebens auf die Hei­lig­keit der Lit­ur­gie gründen.

Der Widerstand im eigenen Haus

Das Vor­bild des hei­li­gen Fran­zis­kus konn­te nicht tref­fen­der mit dem Tagungs­ort der Bischofs­kon­fe­renz zusam­men­fal­len. Bischof von Assi­si ist seit 2005 Msgr. Dome­ni­co Sor­ren­ti­no, ein Lit­ur­gi­ker, aller­dings nicht auf der Linie des Pap­stes. 2003 war Msgr. Sor­ren­ti­no in der letz­ten Pha­se des Pon­ti­fi­kats von Johan­nes Paul II. zur Num­mer zwei der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on ernannt wor­den. Als Bene­dikt XVI. den Stuhl Petri bestieg, ersetz­te er ihn sofort durch den heu­ti­gen Erz­bi­schof von Colom­bo, Mal­colm Kar­di­nal Ran­jith, ein lit­ur­gisch gese­hen ganz ande­res Kali­ber. Die Ent­fer­nung Sor­ren­ti­nos erfolg­te nach kir­chen­in­ter­ner Pra­xis mit­tels Weg­be­för­de­rung, im kon­kre­ten Fall eben nach Assisi.

Vor Msgr. Sor­ren­ti­no war Msgr. Fran­ces­co Pio Tam­bur­ri­no Sekre­tär der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on gewe­sen, ein Bene­dik­ti­ner­mönch, der sich eben­falls in Oppo­si­ti­on zur Linie des dama­li­gen Prä­fek­ten der Kon­gre­ga­ti­on befand, Jor­ge Arturo Kar­di­nal Medi­na Este­vez, der wie­der­um Kar­di­nal Ratz­in­ger nahe­stand. Auch Tam­bur­ri­no wur­de aus sei­nem Amt ent­fernt und als Bischof nach Fog­gia befördert.

Sorrentino und Tamburrino heute, Lercaro und Bugnini damals

Sor­ren­ti­no und Tam­bur­ri­no len­ken seit­her die Lit­ur­gie­kom­mis­si­on der ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz. In der Kom­mis­si­on saß bis zu sei­ner vor kur­zem erfolg­ten Eme­ri­tie­rung auch Msgr. Luca Bran­do­li­ni, der ehe­ma­li­ge Bischof von Sora. Jener Bran­do­li­ni, der 2007 eine Art von „Pro­test­trau­er“ aus­ge­ru­fen hat­te, als Papst Bene­dikt XVI. das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum erließ. Der Wider­stand gegen die vom Papst ange­streb­te lit­ur­gi­sche Erneue­rung ist stark und bestimmt je nach Auf­wal­lung unter der Ober­flä­che deren Rhyth­mus und Tem­po mit. Da für Bene­dikt XVI. die Lit­ur­gie das Herz der Kir­che ist, beson­ders schutz­be­dürf­tig und expo­niert zugleich, das Schar­nier zwi­schen der dies­sei­ti­gen und jen­sei­ti­gen Welt, die Pfor­te die bei­de Wel­ten real ver­bin­det, muß ganz sorg­sam und vor­sich­tig damit umge­gan­gen wer­den. Respekt und Ehr­furcht, die ihr zu schul­den sind, betref­fen jed­we­de sie betref­fen­de Entscheidung.

Bei der Bestel­lung der Lit­ur­gie­kom­mis­si­on gaben die ita­lie­ni­schen Bischö­fe seit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil jenen Mit­brü­dern den Vor­zug, die den Bau­mei­stern der nach­kon­zi­lia­ren Lit­ur­gie­re­form anhin­gen, vor allem Gia­co­mo Kar­di­nal Ler­ca­ro, dem dama­li­gen pro­gres­si­ven Erz­bi­schof von Bolo­gna, und natür­lich Msgr. Anni­ba­le Bug­nini, Archi­tekt und Umset­zer der Liturgiereform.

Paul VI. erkannte, wenn auch spät den Mißbrauch, dem er die Tore geöffnet hatte

Gegen die nega­ti­ven Fol­gen jener nach­kon­zi­lia­ren Reform greift Bene­dikt XVI. ein. Bereits Papst Paul VI., ohne des­sen Zustim­mung die Lit­ur­gie nicht umge­baut wer­den hät­te kön­nen, erkann­te in den spä­te­ren Jah­ren sei­nes Pon­ti­fi­kats den Miß­brauch, der dadurch Ein­zug in die Kir­che hielt. Er war dar­über so betrof­fen, daß er Msgr. Bug­nini 1975 aus sei­nem Amt ent­fern­te und als Apo­sto­li­schen Nun­ti­us nach Per­si­en schickte.

Nach wie vor ist die Mehr­heit des ita­lie­ni­schen Epi­sko­pats und des Kle­rus von der Bug­nini-Rich­tung beein­flußt. In Ita­li­en sind zwar schwer­wie­gen­de lit­ur­gi­sche Miß­brauchs­fäl­le sel­ten, wie sie in ande­ren euro­päi­schen Län­dern bekannt wer­den und im deut­schen Sprach­raum in man­chen Pfar­rei­en zum Stan­dard­re­per­toire gehö­ren. „Der in den Zele­bra­tio­nen vor­herr­schen­de Stil ist jedoch mehr der einer Ver­samm­lung als die „Hin­wen­dung zum Herrn“, wie Papst Bene­dikt XVI. es ein­for­dert. „Die­se Ver­zer­rung spie­gelt sich auch in der Archi­tek­tur der Kir­chen­neu­bau­ten wider“, so Magister.

Liturgische Verzerrungen an Kirchenneubauten ablesbar

Die ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz stellt einen Son­der­fall unter allen Bischofs­kon­fe­ren­zen dar. Sie hat einen direk­ten Draht zum Hei­li­gen Stuhl, da der Papst als Bischof von Rom offi­zi­ell sogar Vor­sit­zen­der der Kon­fe­renz ist. Kon­kret bedeu­tet das, daß der tat­säch­li­che Vor­sit­zen­de der ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz nicht gewählt, son­dern vom Papst als sein Stell­ver­tre­ter ernannt wird.

Der der­zei­ti­ge Vor­sit­zen­de der Kon­fe­renz, der Erz­bi­schof von Genua, Ange­lo Kar­di­nal Bag­nas­co griff in sei­ner ersten Anspra­che auf der Herbst­voll­ver­samm­lung die Inten­ti­on des Pap­stes auf, indem er über den Pri­mat Got­tes sprach, der im Vor­rang der Lit­ur­gie zum Aus­druck komme.

Französische Bischöfe zelebrieren in päpstlicher Basilika ad altarem Dei

In die­sem Zusam­men­hang sei noch erwähnt, daß Frank­reichs Bischö­fe, die sich in Grup­pen bis zum 22. Novem­ber zum Ad-Limi­na-Besuch in Rom auf­hiel­ten, am 19. Novem­ber in der päpst­li­chen Basi­li­ka San­ta Maria Mag­gio­re die Hei­li­ge Mes­se ad ori­en­tem zele­brier­ten. Unter ihnen waren die Bischö­fe von Paris, Straß­burg, Metz, Reims, Lil­le und Besancon.

Text: Set­ti­mo Cielo/​Giuseppe Nar­di
Bild: Ripo­ste Catholique

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