(St. Gallen) Und sollten Sie es nicht freiwillig tun, hilft Ihnen hoffentlich Rom beim Kofferpacken und dem Umzug in ein kontemplatives Kloster mit strenger Klausur und Schweigegebot. Harte Worte? Überzogene Worte? Sicher nicht. Der Kampf um das Lebensrecht und die Rettung ungeborener Kinder vor einem qualvollen Tod gehören zu den entscheidenden Herausforderungen unserer Zeit. Angesichts des Versagens eines Bischofs vor diesen Herausforderungen, mit dem er die katholische Kirche selbst in Mißkredit bringt, sind die Worte geradezu harmlos. Was ist schon der Rückzug in ein Kloster im Vergleich zum täglichen Kindermord?
Markus Büchel, seines Zeichens Diözesanbischof von Sankt Gallen in der Schweiz geriert sich derzeit als fürsorglicher Sozialpolitiker. Fürsorglich ist er allerdings in erster Linie, anders als von ihm gesagt, vor allem für die Abtreibungslobby. Büchel sprach sich in einem Interview mit der Schweizer Bild-Zeitung namens Blick gegen die Volksinitiative „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“ aus. Die Initiative, die von den Schweizer Lebensrechtsverbänden unterstützt wird, hat das Ziel, die Abtreibung aus dem obligatorischen Leistungskatalog der Krankenkassen zu streichen.
Bischof sorgt sich, ob Frauen sich auch morgen noch eine Abtreibung leisten können
Den Bischof treiben nicht die Anliegen der Initiatoren um, zumindest den Skandal der Finanzierung des himmelschreienden Unrechts der täglichen Massentötung ungeborener Kinder im Mutterleib zu beenden, die heute mittels obligatorischer Grundversicherung erfolgt. Derzeit müssen alle Bürger indirekt durch ihre Zwangsversicherungsbeiträge die Abtreibung mitbezahlen. Den Bischof bringt weder diese vom Staat verordnete Verstrickung der Bürger, auch der ihm als Hirten anvertrauten Katholiken in das Abtreibungssystem um den Schlaf. Auch nicht die Tatsache, daß er selbst durch die geltende Regelung den Mord an der Schweizer Zukunft mitfinanzieren muß.
Im Blick-Interview ist beim Bischof kein Wort einer Johanneischen Ermahnung, auch nicht der Ansatz einer Paulinischen Brandrede zu vernehmen, mit der das Morden unter uns, die industrielle Vernichtung von Kindern, durch eine Phantomsprache getarnt, staatlich abgesegnet, behördlich gedeckt, medial totgeschwiegen, angeprangert wird.
Büchel verkörpert den Teil der Kirche, der sich beim Thema Tötung ungeborener Kinder mit der Welt „arrangiert“ hat
Die Sorge, die den Bischof umtreibt, ist das angebliche „Unrecht“, das ein Erfolg der Volksinitiative mit sich brächte, nämlich ein soziales „Unrecht“, daß es „ein Schritt in eine Zweiklassen-Medizin“ wäre, was Büchel „als problematisch“ empfände. Bischof Büchel verschanzt sich hinter den von ihm ausgemachten Beweggründen der Initiatoren, die für ihn nicht hehr seien. Eine grobe Unterstellung. Unter den überparteilichen Proponenten finden sich bekannte Lebensrechtsvertreter, Parlamentsabgeordnete der christdemokratischen Christlichen Volkspartei sowie der Evangelischen Volkspartei, ebenso wie der konservativen Schweizer Volkspartei sowie der Eidgenössischen Demokratischen Union. Sogar Freisinnige sind darunter. Manchen der Proponenten mag es nur um eine antietatistische Frage gehen, darum, was die öffentliche Hand finanzieren soll, und wofür der einzelne selbst aufkommen muß. Na und? Ein billiger Grund für einen katholischen Bischof, um gewollt oder ungewollt in das Boot der Abtreibungsbefürworter zu steigen und den Lebensschützern und vor allem den ungeborenen Kindern in den Rücken zu fallen.
Der Bischof fragt nicht nach den positiven Auswirkungen, die die Umsetzung der Initiative zur Reduzierung der horrenden Abtreibungszahlen haben könnte und vor allem nach dem moralischen Aspekt, die Gläubigen vom Zwang zur Mitfinanzierung der Abtreibung zu befreien, obwohl sie diese aus Gewissensgründen ablehnen. Bischof Büchel sorgt sich darum, ob Frauen sich Abtreibung leisten können, nicht darum, daß Abtreibung nicht stattfindet.
Das Töten ungeborener Kinder wird zur Frage sozialer Verträglichkeit reduziert und damit auf jene Ebene begrenzt, wo sie die Abtreibungsbefürworter haben wollen: Jede Frau muß ein „Recht“ haben, freien, finanzierbaren Zugang zur Tötung ihres ungewollten Kindes zu haben. Die Entscheidung darüber stehe ausschließlich der Frau zu und dürfe in keiner Weise eingeschränkt werden. Und ein katholischer Bischof pflichtet dem bei.
Papst Benedikt XVI. hat Rücktritt von 77 Bischöfen erzwungen – Büchel sollte der nächste sein
Der durch Büchels Vorstoß entstandene Eindruck für die Lebensrechtsfrage und die katholische Kirche ist fatal. Er bringt explizit zum Ausdruck, daß sich selbst hohe Kirchenvertreter mit dem Kindermord arrangiert haben. Sie übergehen die Frage durch Schweigen und begnügen sich mit gelegentlichen, ebenso harmlosen wie folgenlosen und vor allem nicht allzulauten Bekräftigungen des katholischen Prinzips, daß das Leben eines jeden Menschen heilig und nicht verfügbar ist und zwar von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. Es muß nocheinmal gesagt werden: Büchels Engagement gilt nicht einem Ende der Abtreibung, sondern der Sicherstellung, daß sozial schwächergestellte Frauen sich auch künftig die Tötung ihres ungeborenen Kindes leisten können. Eine „reife“ Leistung, die zum Armutszeugnis wird.
Wen wundert es dabei, daß Bischof Büchel mit seiner Haltung bei Abt Werlen von Einsiedeln Unterstützung findet?! Der Schweizer Ableger von Iustitia et Pax empfiehlt den Bischöfen sogar ein offenes Nein gegen die Volksinitiative. Von welcher Seite Bischof Büchel Lob für seine Äußerung erhält, läßt sich an den Leserkommentaren bei Blick ablesen: Von den Abtreibungsbefürwortern und deren selbst zurechtgelegten Beschönigungen.
Es geht um eine Frage der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche. Papst Benedikt XVI. hat seit Beginn seines Pontifikats 77 Bischöfe abgesetzt. Markus Büchel sollte der nächste sein.
von Giuseppe Nardi