Bischofssynode „keine konstituierende Versammlung“ – Versuch 1971 den Zölibat abzuschaffen


(Vati­kan) Am 8. Okto­ber wur­de im Vati­kan die Bischofs­syn­ode eröff­net, die sich bis zum 28. Okto­ber mit der Fra­ge der Neue­van­ge­li­sie­rung befas­sen wird. Die Bischofs­syn­ode wur­de von Papst Paul VI. 1965 mit dem Motu pro­prio Apo­sto­li­ca solli­ci­tu­do am 15. Sep­tem­ber 1965 ins Leben geru­fen, um, so die Absicht damals, die Erfah­rung des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils leben­dig zu hal­ten. Die Gene­ral­ver­samm­lun­gen fin­den in unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den statt. Inzwi­schen han­delt es sich bereits um die 13. Ordent­li­che Gene­ral­ver­samm­lung, und die drit­te wäh­rend des Pon­ti­fi­kats Bene­dikts XVI.

Papst Benedikt XVI. steckte Rahmen ab: „Keine konstituierende Versammlung“

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262 Syn­oden­vä­ter und 94 Exper­ten und gela­de­ne Zuhö­rer hör­ten die pro­gram­ma­ti­sche Eröff­nungs­an­spra­che von Papst Bene­dikt XVI. in einem über­füll­ten Syn­oden­saal hin­ter dem Hei­li­gen Offi­zi­um. Dar­in woll­te der Papst eini­ge wich­ti­ge Eck­punk­te abstecken. Dazu gehör­te es auch, den Anwe­sen­den in Erin­ne­rung rufen, was die Syn­ode nicht ist: „Die Syn­ode ist kei­ne ver­fas­sung­ge­ben­de Ver­samm­lung“, so Bene­dikt XVI. wörtlich.

Nach der Ein­rich­tung der Syn­ode durch Paul VI. gab es star­ken Druck auf den Papst, die Syn­ode als jenen Ort zu betrach­ten, an dem die Kir­che kol­le­gi­al regiert wird. Es soll­te, so die Vor­stel­lung star­ker Strö­mun­gen im Epi­sko­pat, das Gre­mi­um sein, in dem die Kol­le­gia­li­tät den Pri­mat des Pap­stes über­win­den soll­te. Eine For­de­rung, die seit­her zuneh­mend verblaßte.

Päpste zogen Handbremse gegen Bischöfe – Apostel hörten auf die „Initiative Gottes“

Paul VI. zog bereits die Hand­brem­se, erst recht Johan­nes Paul II. Papst Bene­dikt XVI. ließ erst gar kei­ne Zwei­fel auf­kom­men, wie es um die hier­ar­chi­sche Struk­tur der Kir­che bestellt ist und jeder dar­in den Platz ein­zu­neh­men habe, der ihm zuge­wie­sen wur­de und die Auf­ga­ben zu erfül­len habe, die mit die­sem Platz ver­bun­den sind. Ein Aus­grei­fen nach „Höhe­rem“ wäre ein Wider­spruch zur von Gott gestif­te­ten Ver­faßt­heit der Kir­che. Papst Bene­dikt XVI. sieht in der Bischofs­syn­ode hin­ge­gen ein bera­ten­des Organ, auch dafür um den Bischö­fen Welt­kir­che sicht­bar zu machen. Die Pro­ble­me der ver­schie­de­nen Diö­ze­sen sol­len nicht mini­miert wer­den, jedoch in eine Gesamt­di­men­si­on ein­ge­bun­den wer­den, die sie zumin­dest teil­wei­se rela­ti­vie­ren. Bene­dikt XVI. zitier­te des­halb in sei­ner Eröf­fungs­an­spra­che die Apo­stel: Die Apo­stel hät­ten sich nicht als kon­sti­tu­ie­ren­des Gre­mi­um ver­stan­den, die eine Kir­chen­ver­fas­sung zu ver­ab­schie­den hät­te, son­dern als Gemein­schaft, die, wenn sie sich ver­sam­melt „auf die Initia­ti­ve Got­tes hört“.

1971 planten progressive Bischöfe Aufstand: Abschaffung des Zölibats – Umbau der Kirchenverfassung

Auf der 2. Ordent­li­chen Gene­ral­ver­samm­lung, die vom 30. Sep­tem­ber bis zum 6. Novem­ber 1971 tag­te, ver­such­te die pro­gres­si­ve Kon­zils­rich­tung unter den Bischö­fen den Auf­stand. Die Gene­ral­ver­samm­lung soll­te sich eigent­lich, so der Wunsch Papst Pauls VI., mit der Gerech­tig­keit in der Welt befas­sen. Zahl­rei­che Bischö­fe woll­ten jedoch die Gele­gen­heit nüt­zen, in Wie­der­ho­lung man­cher Vor­gän­ge wäh­rend des Kon­zils, das vor­ge­ge­be­ne Pro­gramm zu spren­gen und eine eige­ne Tages­ord­nung durch­zu­set­zen. Der „prie­ster­li­che Dienst“ inter­es­sier­te die Bischö­fe im Schlepp­tau der gera­de statt­fin­den­den sexu­el­len Revo­lu­ti­on weit mehr als die „Gerech­tig­keit in der Welt“. Es zeich­ne­te sich ab, daß mehr als zwei Drit­tel der von den ver­schie­de­nen Bischofs­kon­fe­ren­zen ernann­ten Syn­oda­len „weit­ge­hen­de Auto­no­mie“, die Abschaf­fung des Zöli­bats und die Umwand­lung der Syn­ode in eine „mit­be­stim­men­de Ver­samm­lung“ for­dern wür­den, wie das Vati­can-Maga­zin in Erin­ne­rung ruft. Es ver­wun­dert nicht, Kar­di­nal Döpf­ner an der Spit­ze der Pro­gres­si­ven wie­der­zu­fin­den. Nur durch größ­tes und ein­falls­rei­ches Geschick von Kuri­en­erz­bi­schof Gio­van­ni Benel­li, von 1966 bis 1977 Sub­sti­tut des Kar­di­nal­staats­se­kre­tärs, gelang es, eine denk­bar knap­pe Mehr­heit für die Auf­recht­erhal­tung der unbe­ding­ten Ehe­lo­sig­keit des Prie­ster­stan­des aufrechtzuerhalten.

„Schule von Bologna“ forderte Entmachtung des Papstes durch Regierungskollektiv und Synode als Parlament

Die The­se einer “kol­le­gi­al“ regier­ten Kir­che wur­de unter ande­rem vor allem von der Schu­le von Bolo­gna um Giu­sep­pe Albe­ri­go und Giu­sep­pe Dos­set­ti ver­tre­ten, jener Schu­le, die bis 2011 über eine fast unein­ge­schränk­te Deu­tungs­ho­heit des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils als histo­ri­schem Ereig­nis ver­füg­te. Sie for­der­ten bereits wäh­rend des Kon­zils die Schaf­fung eines Regie­rungs­kol­lek­tivs als Exe­ku­ti­ve, durch das Bischö­fe und Papst gemein­sam die Kir­che regie­ren, wobei dem Papst die Rol­le eines Glei­chen unter Glei­chen zuge­wie­sen wur­de, dem ledig­lich eine beson­de­re reprä­sen­ta­ti­ve Rol­le zukom­men soll­te, ver­gleich­bar dem Amt eines Schwei­zer Bun­des­prä­si­den­ten, das von einem der sie­ben Bun­des­rä­te (Mini­ster) gleich­zei­tig aus­ge­übt wird. Ent­spre­chend soll­te die von Paul VI. geschaf­fe­ne Bischofs­syn­ode zu einem gesetz­ge­ben­den Kir­chen­par­la­ment aus­ge­baut wer­den. Heu­te schei­nen nur mehr aus dem deut­schen Sprach­raum ver­gleich­ba­re For­de­run­gen in Form von „Wün­schen“ erho­ben zu wer­den. „Wün­sche“, die weder für Rom noch für die mei­sten Orts­kir­chen auf irgend­ei­ner Tages­ord­nung stehen.

Synode 2012: „Neuevangelisierung für die Weitergabe des Glaubens“

Die gera­de tagen­de 13. ordent­li­che Bischofs­syn­ode ver­läuft in der gewohn­ten Form. Die Syn­oda­len neh­men zum The­ma der Ver­samm­lung Stel­lung. Abschlie­ßend wer­den die Pro­po­si­tio­nen (Vor­schlä­ge) abge­stimmt und dem Papst unter­brei­tet. Die­se wer­den für ihn eine Hil­fe für die Abfas­sung des post-syn­oda­len Doku­ments sein, in der jene Pro­po­si­tio­nen ent­hal­ten sein wer­den, die sich der Papst in direk­ter oder abge­wan­del­ter Form zu eigen macht.

Die Bischö­fe sind gefor­dert, auf die Her­aus­for­de­rung der Säku­la­ri­sie­rung zu reagie­ren, die von Donald Wil­liam Kar­di­nal Wuerl in sei­ner auf Latein gehal­te­nen Rela­tio ante dis­cep­t­atio­nem als maris aestu­an­tis impe­tus bezeich­ne­te, und dem Papst Vor­schlä­ge für die Neue­van­ge­li­sie­rung vor allem der Ersten Welt zu unter­brei­ten. Der Erz­bi­schof von Washing­ton wird zu den „krea­ti­ven Kon­ser­va­ti­ven“ gezählt, die den ame­ri­ka­ni­schen Epi­sko­pat ver­än­dern: Bischö­fe, die mit Klar­heit zum kirch­li­chen Leh­re ste­hen, aber fähig sind, auf die sie umge­ben­de Welt zu reagie­ren und in die die­ser den katho­li­schen Stand­punkt sicht­bar wer­den zu lassen.

Kardinal Wuerl: Feinde der Evangelisierung auch in der Kirche durch nachkonziliare Verirrung

Kar­di­nal Wuerl sprach davon, daß die Fein­de der Evan­ge­li­sie­rung außer­halb der Kir­che wir­ken, aber auch inner­halb der Kir­che. Außer­halb ist es ein aggres­si­ver Rela­ti­vis­mus, inner­halb ist es die Nach­kon­zils­zeit, so Wuerl, eine „Her­me­neu­tik der Dis­kon­ti­nui­tät, die wei­te Tei­le der höhe­ren Bil­dungs­ein­rich­tun­gen erfaßt hat und die sich auch in Abir­run­gen in der Lit­ur­gie widerspiegelt“.

Anschlie­ßend bezeich­ne­te der Kar­di­nal vor einer gro­ßen Grup­pe von Jour­na­li­sten die Säku­la­ri­sie­rung sogar als „Tsu­na­mi“, die im Zusam­men­wir­ken mit dem Indi­vi­dua­lis­mus und dem Lai­zis­mus „die gesam­te natür­li­che Ord­nung ver­dor­ben“ hat. Die­ser „Tsu­na­mi“ traf vor allem die west­li­che Welt. „Die Unter­schei­dung zwi­schen Gut und Böse und damit das Evi­den­te­ste, daß es eine natür­li­che Ord­nung gibt, wur­de aus­ge­löscht“, so der Kardinal.

Kirche müsse heute verkünden wie in frühchristlicher Zeit

Des­halb scheint es heu­te, so der Erz­bi­schof von Washing­ton wei­ter, als „befän­den wir uns wie­der in der früh­christ­li­chen Zeit der Kir­che. Wir müs­sen es heu­te wie die früh­christ­li­che Kir­che machen, die das Evan­ge­li­um denen ver­kün­de­te, die nichts davon wuß­ten.“ Die­se Ver­kün­di­gung kön­ne aber nicht erfol­gen, so Kar­di­nal Wuerl, indem man „die eige­ne Iden­ti­tät ver­rät“. Eine Anspie­lung die auf den „nach­kon­zi­lia­ren Ver­rat“ gemünzt war, wie der Vati­ka­nist Pao­lo Roda­ri anmerk­te. „Nach dem Kon­zil muß­te der Kate­chis­mus neu her­aus­ge­ge­ben wer­den, um allen in Erin­ne­rung zu rufen, was das Glu­abens­gut ist“, so der Kardinal.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Paoline

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1 Kommentar

  1. Die For­de­rung nach Abschaf­fung des Zöli­ba­tes ist ja grund­sätz­lich ein alter Hut, der aber immer wie­der neu auf­ge­bür­stet wird. Wenn sie 1971 wie­der erho­ben wur­de, dann ging dem sicher schon eine Zeit der Bil­dung von Cli­quen vor­aus, die für die­ses Ziel Vor­ar­beit leisteten.

    Ich erin­ne­re mich nicht beson­ders gut an die­se Zeit, aber sicher wur­de damals der Zöli­bat weit­her­um infra­ge gestellt mit der Fol­ge, daß vie­le Prie­ster in vor­aus­ei­len­dem Gehor­sam schon inten­si­ver die Pro­por­tio­nen ihrer weib­li­chen Gemein­de­mit­glie­der betrach­te­ten. Und des­halb kam, was kom­men muß­te: Im Pon­ti­fi­kat Papst Paul VI. gaben 32 000 Prie­ster ihr Amt auf und gin­gen ins Elend. Wie­vie­le davon sind aus­ge­spro­che­ne Kir­chen­fein­de geworden?

    War­um for­dert nie­mand die Auf­he­bung der Ehe­lo­sig­keit der Ordensmitglieder?

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