(Econe/Denton) Zwei Generalkapitel, zwei Priesterbruderschaften der Tradition, zwei völlig unterschiedliche Situationen, ein Stamm, aus dem beide entstanden sind. Derzeit tagen die Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Petrus und der Priesterbruderschaft St. Pius X. Erstere ging 1988 nach dem Bruch von Erzbischof Marcel Lefebvre mit dem Heiligen Stuhl aus der Piusbruderschaft hervor. Während die Piusbruderschaft damals in eine noch größere Trennung zu Rom ging, wollten die anderen die Einheit mit Rom erhalten und wurden kanonisch anerkannt, was der Piusbruderschaft seit 1975 verwehrt ist.
Das Generalkapitel der Petrusbruderschaft tagt seit dem 3. Juli im Internationalen Priesterseminar der Bruderschaft Notre-Dame de Guadalupe in Denton im US-Bundesstaat Nebraska. Der Abschluß ist für den 18. Juli vorgesehen. Das Generalkapitel bewegt sich in ruhigen Gewässer. Die Bruderschaft zeigt ein stabiles Bild, wie die Neuwahlen bestätigen. Am vergangenen Montag, den 9. Juli wurde, wie der Kapitelsekretär gestern bekannt gab, der bisherige Generalobere Pater John Berg für weitere sechs Jahre in seinem Amt bestätigt.
Die 33 in Denton versammelten Oberen der Petrusbruderschaft setzten damit auf Stabilität und Kontinuität. Die Wahl wurde von der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei im Namen des Heiligen Stuhls begrüßt. In den nächsten Tagen wird die Wahl der Assistenten des Generaloberen folgen.
Wesentlich turbulenter geht es auf dem Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu, das seit Sonntag, den 8. Juli im Internationalen Priesterseminar der Bruderschaft in Econe im Schweizer Wallis tagt. Die rund 40 Oberen ringen um die weitere Ausrichtung der Bruderschaft. Dabei scheint es erhebliche Meinungsunterschiede zwischen dem Generaloberen (es stehen keine Neuwahlen an) und den anderen Bischöfen zu geben. Sollte der Versöhnungskurs mit dem Heiligen Stuhl, um den sich der Generalobere Msgr. Bernard Fellay intensiv bemüht, überstimmt werden, dürfte sowohl eine Fortführung seiner Amtszeit wie auch eine Versöhnung mit Rom unmöglich gemacht werden.
Eine interne Opposition soll sich vehement gegen eine Versöhnung mit Rom wehren. Optimisten schätzen, laut Francisco de la Cigona, die Dissidenten auf höchstens 20 Prozent. Der Generalobere Msgr. Fellay könne hingegen auf die sichere Unterstützung von 40 Prozent der Oberen zählen. Wie sich die übrigen 40 Prozent, die dazwischenstehen äußern werden, scheint noch nicht sicher. Daß Msgr. Fellay, dessen Aufgabe es ist, die Einheit der Bruderschaft möglichst zu wahren, in die Minderheit gedrückt werden könnte, gilt jedoch als unwahrscheinlich.
Anders sieht es bei den vier Bischöfen der Bruderschaft auf. Die Position von Msgr. Richard Williamson bewegt sich spätestens seit der Oberenkonferenz vom September 2011 außerhalb der Bruderschaft. Bereits damals forderte Msgr. Fellay von ihm ein Fernbleiben. Vom Generalkapitel schloß er ihn bereits vorab wegen „anhaltenden Ungehorsams“ aus. Msgr. Tissier de Mallerais zeigt verstärkt Tendenzen einer sedisvakantistischen Position zuzuneigen, während Msgr. de Galarretas Position noch unsicher scheint, wie de la Cigena schreibt.
Das Generalkapitel scheint für jeden Oberen in der Priesterbruderschaft zu einem Scheideweg zu werden, an dem es sich zu entscheiden gilt, ob sich die Bruderschaft die Versöhnungsbemühungen mit Rom fortsetzt, die Einheit der Bruderschaft erhalten bleibt oder es für einen Teil zu einem Bruch mit der Bruderschaft kommt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: De la Cigena/Riposte Catholique