Opus Dei und Franco-Regime – Gab es ein Nahverhältnis?


(Rom/​Madrid) Der bis­her ein­zi­gen Per­so­nal­prä­la­tur der katho­li­schen Kir­che, dem Opus Dei, hängt der Ruf nach, ein zu aus­ge­präg­tes Nah­ver­hält­nis zum Fran­co-Regime in Spa­ni­en unter­hal­ten zu haben. Ein Hin­weis, der in kaum einer Ver­öf­fent­li­chung oder Fern­seh­do­ku­men­ta­ti­on im Zusam­men­hang mit dem von Josemarà­a Escri­vá de Bala­guer gegrün­de­ten „Werk Got­tes“ fehlt.

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Der Histo­ri­ker Jau­me Aurell kommt in einer neu­en Arbeit zum Schluß, daß es sich dabei um eine „schwar­ze Legen­de“ han­delt. Das erstaun­li­che dar­an ist, daß die­se „schwar­ze Legen­de“ nicht von kir­chen­fer­nen Krei­sen in Umlauf gesetzt wur­de, son­dern in katho­li­schen Krei­sen Spa­ni­ens ent­stan­den ist.

Die Ver­bin­dung zwi­schen dem Opus Dei und dem Fran­co-Regime sei, so die weit­ver­brei­te­te Behaup­tung, nach dem spa­ni­schen Bür­ger­krieg Ende der 1930er Jah­re ent­stan­den, jenem Bür­ger­krieg, in dem 70 Pro­zent aller Kir­chen des Lan­des zer­stört wur­den und fast 10.000 Katho­li­ken wegen ihres Glau­bens von den Volks­front-Mili­zen ermor­det wur­den, dar­un­ter 13 Bischö­fe, 4184 Prie­ster und Semi­na­ri­sten, 2365 Ordens­män­ner, 283 Ordens­frau­en und meh­re­re Tau­send Laien.

Zur Bestä­ti­gung eines bevor­zug­ten Ver­hält­nis­ses zwi­schen dem Regime und Bala­guers Werk dient die Tat­sa­che, daß 1957 drei Mini­ster der Regie­rung Fran­co dem Opus Dei ange­hör­ten. Aller­dings han­del­te es sich um par­tei­lo­se „Tech­ni­ker“, die vom Cau­dil­lo für den von ihm ange­streb­ten wirt­schaft­li­chen Auf­bau und der West­in­te­gra­ti­on des Lan­des beru­fen wor­den waren.

Zu jener Zeit hat­ten zahl­rei­che Katho­li­ken hohe insti­tu­tio­nel­le Ämter inne. Im Kreuz­feu­er der Kri­tik durch Histo­ri­ker und Poli­to­lo­gen ste­hen aller­dings meist nur die Ange­hö­ri­gen des Opus Dei und dies, obwohl gleich­zei­tig ande­re Opus-Dei-Mit­glie­der in der Oppo­si­ti­on tätig waren. Das „Werk“ zog wegen der nach innen gerich­te­ten Dis­kre­ti­on und dem ihm nach­ge­sag­ten „Ein­fluß“ stets Kri­tik und neid­vol­le Blicke auf sich.

Der Auf­satz von Jau­me Aurell wird in der näch­sten Aus­ga­be von Stu­dia et docu­men­ta erschei­nen, die der wis­sen­schaft­li­chen Erfor­schung der Geschich­te des Opus Dei und dem Grün­der des hei­li­gen Josemarà­a Escri­vá Bala­guer gewid­met ist. Anhand bis­her unver­öf­fent­lich­ter Doku­men­te rekon­stru­iert er, wie es zu einer „sim­pli­fi­zie­ren­den Sicht“ sowohl des Opus Dei als auch sei­ner Mit­glie­der kom­men konnte.

Der Unter­schied zwi­schen der Wirk­lich­keit des Opus Dei und sei­nem öffent­li­chen Image in jenen Jah­res ent­stand durch ver­schie­de­ne fal­sche und wider­sprüch­li­che Wer­tun­gen, die zum Teil durch­aus als „kle­ri­ka­ler Neid“ bezeich­net wer­den kön­nen. Eini­ge Ver­tre­ter des spa­ni­schen Katho­li­zis­mus stell­ten das Opus Dei in der Nach­kriegs­zeit als „gefähr­li­che Neu­heit“ dar oder als Trä­ge­rin von „Häre­si­en“, wäh­rend wie­der­um ande­re es aus poli­ti­scher Per­spek­ti­ve als „kon­ser­va­ti­ve Orga­ni­sa­ti­on“ mit dem Ziel ihre eige­nen poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Zie­le zu ver­fol­gen, prä­sen­tier­ten oder gar als „Aus­druck eines inte­gra­li­sti­schen Fran­chis­mo“ diskreditierten.

Im Mit­tel­punkt der histo­ri­schen Spu­ren­su­che von Aurell ste­hen die freund­schaft­li­chen Kon­tak­te des hei­li­gen Josemarà­a Escri­vá mit ver­schie­de­nen Intel­lek­tu­el­len des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts. Dazu gehör­te mit Rafa­el Cal­vo Serer auch ein bekann­ter Oppo­si­tio­nel­ler gegen das Fran­co-Regime. Der Pro­fes­sor für Geschich­te stieß mehr­fach wegen sei­ner poli­ti­schen Ideen mit dem Regime zusam­men, was zur Schlie­ßung der Tages­zei­tung „Madrid“ führ­te, deren Chef­re­dak­teur er war.

Cal­vo Serer gehör­te dem Opus Dei an. Er hat­te sich die christ­li­che Spi­ri­tua­li­tät Josemarà­a Escri­vás zu eigen gemacht, die er in völ­li­ger Frei­heit im Rah­men sei­ner kul­tu­rel­len und poli­ti­schen Akti­vi­tä­ten leb­te. Wei­te­re Per­sön­lich­kei­ten, mit denen Escri­vá freund­schaft­lich ver­bun­den war, waren JosਠMarà¬a Albare­da, der Sekre­tär des Wis­sen­schafts­rats, der das wis­sen­schaft­li­che Leben Spa­ni­ens durch drei Jahr­zehn­te präg­te, Msgr. JosਠLopez Ortiz, Bischof und Rechts­hi­sto­ri­ker und der bel­gi­sche Kir­chen­recht­ler Wil­ly Onclin, der maß­geb­lich an der Reform des Codex Iuris Cano­ni­ci von 1983 mit­ge­ar­bei­tet hat.

Text: Vati­can Insider/​Giuseppe Nardi
Bild: Vati­can Insider

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