Die Ernennung Bischof Müllers zum Präfekten der Glaubenskongregation durch Papst Benedikt XVI. „ist mehr als Garantie genug“


(Regenburg/​Vatikan) Nach sie­ben Jah­ren heißt es in der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on wie­der: „Alles in deut­scher Hand.“ Nur den Deut­schen selbst scheint das wie­der ein­mal nicht zu gefal­len, folgt man zumin­dest den ton­an­ge­ben­den Medi­en. Am Mon­tag wur­de die Ernen­nung des Regens­bur­ger Bischofs Ger­hard Lud­wig Mül­ler zum neu­en Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on bekannt­ge­ge­ben. Doch bereits am Sams­tag eröff­ne­ten die füh­ren­den deut­schen Blät­ter links der Mit­te die Medi­en­kam­pa­gne gegen den neu­en Glau­bens­wäch­ter der katho­li­schen Kir­che. Die Süd­deut­sche Zei­tung, die als erste die bevor­ste­hen­de Ernen­nung bekannt­gab, zeich­ne­te das Bild eines qua­si Tyran­nen pas­send zu dem, wie man sich im kli­schee­haf­ten Den­ken bestimm­ter Krei­se den Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on vor­stellt. Der Spie­gel war es jedoch, der das „obli­ga­te“ Stich­wort vor­gab: „umstrit­ten“. Wie gewohnt möch­te man sagen, wenn die Kir­che mit dem fal­schen Auge betrach­tet wird.

„Umstritten“: Der Spiegel gab Stichwort und damit die mediale Musik vor

Anzei­ge

Selbst jen­seits des Inns, im benach­bar­ten Öster­reich, wo man bai­risch redet wie in Regens­burg und Mün­chen, tön­te der ORF: „Umstrit­te­ne Ernen­nung“. Soli­da­ri­tät mit den bun­des­deut­schen Schwe­ster­sen­dern scheint ange­sagt. Der öffent­lich-recht­li­che Rund­funk bleibt es tun­lichst schul­dig, mit­zu­tei­len, wel­cher reprä­sen­ta­ti­ve und mit der ent­spre­chen­den Auto­ri­tät aus­ge­stat­te­te Ver­tre­ter der katho­li­schen Kir­che die Ernen­nung durch Papst Bene­dikt XVI. als „umstrit­ten“ bezeich­net hät­te. Nur so jemand hät­te, wenn, ein Recht, eine Ernen­nung inner­halb der katho­li­schen Reichs­hälf­te, heu­te muß man tref­fen­der vom Reichs­drit­tel spre­chen, zu kom­men­tie­ren. Fehl­an­zei­ge. „Umstrit­ten“ ist schlicht­weg alles, was die katho­li­sche Kir­che betrifft. Anders aus­ge­drückt: die Kir­che selbst ist „umstrit­ten“, so zumin­dest in den Augen der Ungläu­bi­gen, rec­te, den Nicht­gläu­bi­gen, denn Hei­den gibt es ja schon lan­ge kei­ne mehr, auch nicht unter Athe­isten und Gott­lo­sen. Zumin­dest erklär­te es mir so allen Ern­stes ein deut­scher Athe­ist mit aus­ge­präg­tem Eifer, sich in katho­li­sche Din­ge ein­mi­schen glau­ben zu müssen.

Die lai­zi­sti­sche, kir­chen­fer­ne Welt scheint, nimmt man die Reak­ti­on auf Bischof Mül­lers Ernen­nung zum Groß­in­qui­si­tor als Maß­stab, „in Ord­nung“ zu sein. Sie reagier­te pflicht­be­wußt, zeig­te sich empört, allein mit Reli­giö­sem irgend­wie „belä­stigt“ zu wer­den, weckt ritu­el­le Aversionen.

Müller wegen Freundschaft mit Gutiérrez kein Befreiungstheologe und wegen Doktorvater nicht im Kreis der Lehmänner

Viel wird der­zeit auch über Mül­lers Freund­schaft mit dem perua­ni­schen Domi­ni­ka­ner Gustavo Gut­iérrez Meri­no geschrie­ben und gere­det. Das ent­schei­den­de Stich­wort in die­sem Fall lau­tet „Befrei­ungs­theo­lo­gie“, das je nach Betrach­ter eine posi­ti­ve oder nega­ti­ve Reak­ti­on aus­löst. Weder Gut­ier­rez, der Mann, der der Befrei­ungs­theo­lo­gie erst ihren Namen gab, noch des­sen Schrif­ten wur­den von der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on je ver­ur­teilt. Sehr wohl ver­warf Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger als Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on bestimm­te Strö­mun­gen der Befrei­ungs­theo­lo­gie. Jene, grob gesagt, die die Reli­gi­on einem poli­ti­schen Kampf unter­ord­nen und den Glau­ben rein dies­sei­tig und im Lich­te des Mar­xis­mus dekli­nie­ren woll­ten. Das war vor 30 Jah­ren. Bereits damals, als die Lin­ke ver­ächt­lich das Wort vom „Pan­zer­kar­di­nal“ präg­te, ver­such­te die­ser fein säu­ber­lich die posi­ti­ven Ansät­ze einer rich­tig ver­stan­de­nen Befrei­ungs­theo­lo­gie her­aus­zu­ar­bei­ten und auf­zu­zei­gen. Die Freund­schaft mit Gut­ier­rez macht aus Bischof Mül­ler so wenig einen Befrei­ungs­theo­lo­gen wie die Tat­sa­che daß Kar­di­nal Leh­mann sein Dok­tor­va­ter ist, aus ihm erst recht nicht einen jener Leh­män­ner macht, die der deut­schen Kir­che nicht so gut getan haben.

Kritik von traditionalistischer Seite – Zu viel und zu schnelle Aufregung

Erstaun­li­cher ist die brei­te Front von Kri­tik und Ableh­nung tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner Krei­se. Um aus­glei­chen­de Kri­tik am neu­en Prä­fek­ten, der bald Kuri­en­erz­bi­schof und dem­nächst Kar­di­nal sein wird, von links und rechts, woll­te man die poli­ti­sche Gesä­ß­geo­gra­phie bemü­hen, kann es sich kaum handeln.

Die Kri­tik hat viel­mehr mit dem bis­her nicht son­der­lich freund­li­chen Ver­hält­nis zwi­schen dem Regens­bur­ger Diö­ze­san­bi­schof und der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. zu tun, die in sei­nem Bis­tum das Prie­ster­se­mi­nar von Zaitz­kofen betreibt. Damit sind wir bereits bei den fest­ge­fah­re­nen Ver­söh­nungs­ge­sprä­chen zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Pius­bru­der­schaft ange­langt. Die durch­aus rich­ti­ge Ent­schei­dung, den Inhalt der Gesprä­che ver­trau­lich zu behan­deln, trägt das ihre zu stär­ke­ren Gemüts­schwan­kun­gen bei. Es steht schließ­lich viel auf dem Spiel.

Msgr. Gallaretas Kritik hat erste „Begegnung“ mit neuem Präfekten „verpatzt“

So wer­den der­zeit drei Zita­te aus Bischof Mül­lers Publi­ka­tio­nen in ver­schie­de­nen Spra­chen durch das tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Inter­net geschleust und schließ­lich, wenn auch irr­tüm­lich, behaup­tet, ein Bischof der Pius­bru­der­schaft habe den neu­en Prä­fek­ten sogar einen Häre­ti­ker geschol­ten. Das hat er nicht (oder doch?), jedoch den ange­hen­den Gesprächs­part­ner vor­weg bereits zu beschimp­fen, dürf­te zu kei­ner Kli­ma­ver­bes­se­rung bei­getra­gen haben. Die Fra­ge steht im Raum, wel­che Not­wen­dig­keit der Bischof der Pius­bru­der­schaft über­haupt zu jenem Zeit­punkt (die Ernen­nung war erst durch die Süd­deut­sche Zei­tung ange­kün­digt wor­den, aber noch nicht offi­zi­ell) hat­te, sofort sich etwas Nega­ti­ves her­aus­zu­picken und zur Kri­tik anzu­set­zen. Er hät­te eben­so­gut ein posi­ti­ves Zitat anfüh­ren kön­nen, wozu Bischof Mül­lers Wir­ken dut­zend­fach Anlaß bie­tet, das die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Gläu­bi­gen begei­stert hät­te. Er hät­te in jenem Augen­blick zur Ernen­nung auch ein­fach schwei­gen kön­nen. Wer hat Nut­zen an wel­cher Panik? Nicht jeder Augen­blick muß der rich­ti­ge Augen­blick sein.

Zitate im Kontext lesen – Fundierte Analyse notwendig

Grund­sätz­lich emp­fiehlt es sich, die Din­ge nüch­ter­ner anzu­ge­hen. Jedes der Bischof Mül­ler vor­ge­wor­fe­nen Zita­te für sich allein genom­men macht kein katho­li­sches Herz froh. Es emp­fiehlt sich daher, den genaue­ren Kon­text anzu­schau­en, indem sie gebraucht wur­den. Einen ersten Ver­such unter­nahm Tim Finig­an, Prie­ster der Erz­diö­ze­se Southwark auf sei­nem Blog Her­me­neu­tic of Con­ti­nui­ty. Abge­se­hen davon besteht kein Grund, a prio­ri nega­ti­ve Absich­ten unter­stel­len zu müs­sen. Eine behaup­te­te Leug­nung eines katho­li­schen Dog­mas wirft man Bischof Mül­ler eben­so ver­geb­lich wie zu Unrecht vor. Zumin­dest die erste „Begeg­nung“ zwi­schen Pius­bru­der­schaft und dem neu­en Prä­fek­ten wur­de ordent­lich ver­patzt. Einst­wei­len heißt es auch, auf eine fun­dier­te Ana­ly­se der bean­stan­de­ten Zita­te von beru­fe­ner Sei­te zu warten.

Wer Gele­gen­heit hat­te in Bischof Mül­lers Dog­ma­tik zu lesen, weiß auch über her­aus­ra­gen­de Stel­len zu berich­ten. Die Pius­bru­der­schaft dürf­te sich etwa in der Stel­le über die Juden durch­aus wie­der­fin­den, um ein aktu­el­les The­ma zu nen­nen, das der Bru­der­schaft ein Anlie­gen ist. Ein­deu­ti­ger als Mül­lers Posi­ti­on zum Män­ner­prie­ster­tum und damit der Ver­wer­fung eines Frau­en­prie­ster­tums geht es nicht mehr. Sei­ne ableh­nen­de Hal­tung gegen­über dem sich in stän­di­ger Gärung befin­den­den Kir­chen­ran­des Wir sind Kir­che ist eben­so bekannt. Die Ver­dien­ste die­ses Bischofs soll­ten nicht bil­lig unter­schla­gen werden.

Papst Benedikt XVI. hält Bischof Müller für geeignet und würdig, „das ist mehr als genug Garantie“

Die Tat­sa­che, daß Papst Bene­dikt XVI., selbst mehr als zwei Jahr­zehn­te lang Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, sei­nen „Nach­fol­ger“ aus­ge­wählt hat und in Bischof Mül­ler einen geeig­ne­ten und wür­di­gen Theo­lo­gen für die­ses zen­tra­le wie eben­so sen­si­ble Amt sieht, soll­te für alle Katho­li­ken beru­hi­gend wir­ken. Oder, um es mit den Wor­ten des spa­ni­schen Kir­chen­hi­sto­ri­kers Fran­cis­co de la Cigo­na zu sagen: „Für mich ist das mehr als Garan­tie genug.“ Daß der Regens­bur­ger Ober­hir­te in der Pole Posi­ti­on für die Nach­fol­ge des Ame­ri­ka­ners Wil­liam Kar­di­nal Leva­da stand, war seit dem Som­mer 2011 bekannt. Der Papst such­te mit Bischof Mül­ler seit­her mehr­fach das direk­te Gespräch. Ein Zei­chen, daß er sich selbst ver­ge­wis­sern woll­te, die rich­ti­ge Ent­schei­dung zu tref­fen. Und er hat sich ent­schie­den und es war in die­sem Fall tat­säch­lich sei­ne ganz per­sön­li­che Ent­schei­dung. Ob der neue Prä­fekt sei­nem Amt gewach­sen ist, wird erst die Zukunft zei­gen. Tat­sa­che ist aber, daß der Papst ihn heu­te für die­ses Amt für geeig­net hält und die­ser Papst ist in der Glau­bens­leh­re ein wah­rer Fels. Bischof Mül­ler wird als Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on künf­tig auch Wah­rer von Domi­nus Iesus sein. Es gibt kei­nen Grund zu bezwei­feln, daß er die­ser Auf­ga­be nicht nach­kom­men werde.

Benedikt XVI. hat Verhandlungspersonal ausgetauscht – Entscheidet sich Causa Piusbruderschaft diesen Sommer in Castel Gandolfo?

Damit auch ein Wort zur der­zeit auf der Stel­le tre­ten­den Ver­söh­nung zwi­schen Rom und Eco­ne, die als eigent­li­cher Grund hin­ter der tra­di­tio­na­li­sti­schen Ver­stim­mung über die Ernen­nung ver­mu­tet wer­den darf. Hier ent­lädt sich etwas von der ange­stau­ten Span­nung und den Kom­mu­ni­ka­ti­ons­schwie­rig­kei­ten rund um die Prie­ster­wei­hen der Bru­der­schaft vor zwei Jah­ren. Prä­fekt Mül­ler ist jeden­falls der Blitz­ab­lei­ter. Tat­säch­lich läßt sich die der­zei­ti­ge Rat­lo­sig­keit rund um die Gesprä­che auch anders lesen. Papst Bene­dikt XVI., mit der Ent­wick­lung offen­sicht­lich nicht son­der­lich zufrie­den, wech­sel­te das Per­so­nal einer Ver­hand­lungs­par­tei aus. Kar­di­nal Leva­da als Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on und Vor­sit­zen­der der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei der eigent­li­che Ver­hand­lungs­chef gegen­über der Pius­bru­der­schaft wur­de ersetzt und zwar nicht ein­fach durch den neu­en Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, der auch die Lei­tung von Eccle­sia Dei über­neh­men wird, son­dern durch die Schaf­fung des neu­en Amtes eines Vize-Prä­si­den­ten. Als sol­cher wur­de ver­gan­ge­ne Woche der ame­ri­ka­ni­sche Kuri­en­erz­bi­schof Augu­sti­ne Di Noia ein­ge­setzt. Das erste Inter­view Di Noi­as im neu­en Amt hat­te es in sich und läßt auf eine geziel­te Ernen­nung durch den Papst schlie­ßen, um die Gesprä­che mit der Pius­bru­der­schaft zu einem erfolg­rei­chen Ende zu füh­ren. Die Ernen­nung Di Noi­as ist daher nicht nur im Zusam­men­hang mit dem Rück­tritt Kar­di­nal Leva­das zu lesen, son­dern nicht min­der mit der Ernen­nung von Bischof Mül­ler zu des­sen Nach­fol­ger. Eine Ent­schei­dung, die Bene­dikt XVI. zum Zeit­punkt von Di Noi­as Beru­fung bereits getrof­fen hatte.

Die Ernen­nung des groß­ge­wach­se­nen Mül­ler zum Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, der allein schon wegen sei­ner Erschei­nung im Vati­kan unüber­seh­bar sein wird, muß man nicht mit Begei­ste­rung auf­neh­men, mit einem gewis­sen Wohl­wol­len soll­te man die Ent­schei­dung von Papst Bene­dikt XVI. jedoch zur Kennt­nis neh­men. Sowohl den neu­en Prä­fek­ten, als auch den neu­en Vize-Prä­si­den­ten von Eccle­sia Dei soll­te man erst ein­mal ihre Arbeit auf­neh­men las­sen und sie an ihren Ent­schei­dun­gen mes­sen. Es gilt, was ein Mann mir schon vor eini­ger Zeit zur Ver­söh­nung zwi­schen Hei­li­gem Stuhl und Pius­bru­der­schaft sag­te: „Es braucht Gebet und nicht Geschwätz.“ Die­ser Grund­satz darf durch­aus im erwei­ter­ten Sinn für die gan­ze Kir­che gelten.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: ACIprensa

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