(Vatikan/Menzingen) Das Szenario ist bekannt. Wie bereits in den vergangenen Monaten kommt es auch im Endspurt der Versöhnung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu Sabotageversuchen. Versuche, die auf beiden Seiten zu verzeichnen sind. Eine gestern von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichte Stellungnahme von Kardinal Kasper gehört ebenso dazu wie die gezielte Veröffentlichung eines internen Briefwechsels zwischen dem Generaloberen der Piusbruderschaft, Msgr. Bernard Fellay, und den anderen drei Bischöfen der Bruderschaft.
Die Aussagen von Kurienkardinal Kasper ähneln mehr einem Rückzugsgefecht, die resigniert zur Kenntnis nehmen, was offenbar nicht mehr verhindert werden kann, aber zumindest noch einige Signale an jenen Teil der Kirche aussenden sollen, der einer Versöhnung skeptisch bis ablehnend gegenübersteht, daß zumindest er und wohl auch andere hohe Kirchenfürsten anderer Meinung sind.
Die Indiskretionen aus den Reihen der Piusbruderschaft lassen erkennen, daß dort einige intrigante Elemente am Werk sind, die sowohl der Bruderschaft schaden als auch der katholischen Kirche. Es darf angenommen werden, daß dieser gezielte Vertrauensbruch auf jene Gruppe zurückgeht, die Msgr. Fellay bereits im Herbst 2011 scharf kritisierte, als er Msgr. Richard Williamson aufforderte, sich nicht von ihnen mißbrauchen zu lassen.
Beauftragung und Verantwortung für die Versöhnungsgespräche mit Rom haben in der Piusbruderschaft der Generalobere und seine beiden Assistenten. Sie haben eine Entscheidung getroffen und offensichtlich Papst Benedikt XVI. ebenfalls, dem die Antwort Msgr. Fellays vom 17. April sofort vorgelegt wurde.
Einstweilen sind es nur mehr wenige Tage, bis sich die Glaubenskongregation am 17. Mai mit dem jüngsten Vorschlag von Msgr. Fellay für eine modifizierte „Doktinelle Präambel“ befassen wird. Dann wird Papst Benedikt XVI. wie allgemein erwartet noch innerhalb Monatsende seine Entscheidung bekanntgeben.
Dann wird sich auch zeigen, wer von der Bruderschaft den Gang ins Schisma der Versöhnung mit Petrus vorzieht, während für die große Mehrheit der Piusbruderschaft die „große Aufgabe und Herausforderung“ erst beginnt, wie es Msgr. Fellay nannte. Daß nicht wenige auch hohe Kirchenvertreter es nicht ungern sehen würden, wenn Msgr. Richard Williamson „draußen“ bliebe, ist allgemein bekannt. Ebenso bekannt ist, daß Papst Benedikt XVI. aber nicht in kirchenpolitischen Kategorien denkt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: La cigüeña de la torre