Benedikt XVI.: „Wir kennen die Italiener“ – Vatileaks und die Pläne des Papstes


(Vati­kan) Wäh­rend die ame­ri­ka­ni­schen Kar­di­nä­le zur Ver­tei­di­gung der Reli­gi­ons­frei­heit einen har­ten Kampf gegen Prä­si­dent Oba­ma aus­zu­fech­ten haben, die Kar­di­nä­le des deut­schen Sprach­raums ange­sichts der Angrif­fe auf die Kir­che von außer­halb wie inner­halb der Kir­che recht hilf­los und unko­or­di­niert wir­ken, schei­nen sich die ita­lie­ni­schen Kar­di­nä­le, zumin­dest jene an der Römi­schen Kurie nicht all­zu­sehr mit inhalt­li­chen Fra­gen bela­sten zu wol­len. Sie beschäf­ti­gen sich lie­ber mit Machtkämpfen.

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Mit dem Vati­leaks-Skan­dal frönt die ita­lie­ni­sche Pres­se weit unter­halt­sa­me­ren, leser­freund­li­che­ren The­men mit allen Ingre­di­en­zi­en eines span­nen­den Kri­mi­nal­ro­mans: ver­fein­de­te Frak­tio­nen, Intri­gen, Ver­rat, Geheimdokumente.

„Die ame­ri­ka­ni­schen Kar­di­nä­le kämp­fen jeden Tag gegen Barack Oba­ma wegen der Reli­gi­ons­frei­heit, dem Recht auf Leben und ande­ren Grund­satz­the­men, wäh­rend im Vati­kan die Ita­lie­ner unter­ein­an­der Krieg füh­ren. Und die­ser Krieg ist schlecht für die gan­ze Kir­che.“ Mit die­sen Wor­ten zitiert der Vati­ka­nist Pao­lo Roda­ri einen lang­ge­dien­ten nicht-ita­lie­ni­schen Kuri­en­kar­di­nal, ohne des­sen Namen zu verraten.

Papst Bene­dikt XVI. habe ein uner­bitt­li­ches Urteil über die aktu­el­len Vor­gän­ge in Tei­len der Römi­schen Kurie abge­ge­ben. Er tat dies beim Mit­tag­essen, das vom Kar­di­nals­kol­le­gi­um vor weni­gen Tagen zu sei­nem 80. Geburts­tag aus­ge­rich­tet wur­de: „Die Ita­lie­ner. Wir ken­nen die Ita­lie­ner! War­um den Papst belä­sti­gen mit die­sen Din­gen der Ita­lie­ner?“ Der ita­lie­ni­sche Frak­tio­nen­kampf ist dem Papst offen­sicht­lich zutiefst zuwider.

Die Ein­schät­zung des Pap­stes tei­len alle rele­van­ten Beob­ach­ter. Hin­ter Vati­leaks ver­birgt sich recht unver­hoh­len ein Kon­flikt zwi­schen ita­lie­ni­schen Kar­di­nä­len: Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Tar­cis­io Ber­to­ne und des­sen Getreu­en der neu­en Gar­de, und der alten Gar­de um den ehe­ma­li­gen Staats­se­kre­tär Kar­di­nal Ange­lo Sod­a­no und des­sen Getreu­en vor allem die Kar­di­nä­le Atti­lio Nico­ra, Gio­van­ni Bat­ti­sta Re und Ago­sti­no Cacciavillan.

Der Wider­stand gegen Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Ber­to­ne ver­stärk­te sich nach den bei­den letz­ten Kon­si­sto­ri­en vom 18. Febru­ar 2012 und dem 20. Novem­ber 2010. Sie führ­ten zu einer deut­li­chen Stär­kung der „ita­lie­ni­schen Par­tei“ im Kar­di­nals­kol­le­gi­um. Der Zuwachs an ita­lie­ni­schen Kar­di­nä­len betraf beson­ders Mit­ar­bei­ter der Römi­schen Kurie. Kon­kret bedeu­te­te er eine Stär­kung der Posi­ti­on von Kar­di­nal Bertone.

Papst Bene­dikt XVI. scheint aber nicht gewillt, den Kon­flikt im Vati­kan zu dul­den. Eine Ablö­sung von Kar­di­nal Ber­to­ne als Staats­se­kre­tär wird vor­be­rei­tet und eben­so eine Stär­kung der inter­na­tio­na­len Kom­po­nen­te im Kar­di­nals­kol­le­gi­um. Das für spä­te­stens Ende 2013 geplan­te Kon­si­sto­ri­um könn­te durch die jüng­sten Ereig­nis­se vor­ge­zo­gen wer­den. Die Ver­lei­hung der Kar­di­nals­wür­de an resi­die­ren­de Erz­bi­schö­fe in aller Welt soll ein deut­li­ches Signal für die Welt­kir­che wer­den, wie es Bene­dikt XVI. wünscht.

Die ita­lie­ni­sche Pres­se gefällt sich inzwi­schen in täg­lich neu­en Spe­ku­la­tio­nen über die Hin­ter­grün­de des Vati­leaks-Skan­dals, der zur Ver­haf­tung eines Kam­mer­die­ners des Pap­stes geführt hat. Die Fra­ge treibt wil­de Blü­ten, ob die­ser Pao­lo Gabrie­le, der ver­trau­li­chen Schrift­ver­kehr des Pap­stes foto­ko­pier­te und aus dem Vati­kan schmug­gel­te, nur ein Hand­lan­ger war und er ledig­lich im Auf­trag ande­rer han­del­te. Die Jagd nach den Hin­ter­män­nern hat längst begonnen.

Dabei spricht eini­ges dafür, daß die gan­ze Ange­le­gen­heit weit weni­ger dra­ma­tisch ist, als sie nun dar­ge­stellt wird. Es wird in Jour­na­li­sten­krei­sen nicht aus­ge­schlos­sen, wenn auch in den Medi­en der Sen­sa­ti­on wegen anders dar­ge­stellt, daß der Kam­mer­die­ner mög­li­cher­wei­se vom Ent­hül­lungs­jour­na­li­sten Nuz­zi selbst bezahlt wur­de, damit er ihm irgend­wel­che Papie­re des Pap­stes lie­fert. Nuz­zi war es, der in sei­ner Fern­seh­sen­dung über „Geheim­do­ku­men­te“ und von einer undich­ten Stel­le berich­te­te. Vor kur­zen ver­öf­fent­lich­te er mit den ihm „zuge­spiel­ten“ Papie­ren ein Buch („Eure Hei­lig­keit“). Seit­her ist der Vati­leaks-Skan­dal Tages­the­ma. Letzt­lich die beste Wer­be­stra­te­gie für den Ver­kauf sei­nes Buches. Ein von einem Jour­na­li­sten der Sen­sa­ti­on wegen schnö­de besto­che­ner Die­ner, der dem Papst zwar eng ver­bun­den ist, aber Geld­be­darf hat, könn­te die gan­ze Ange­le­gen­heit auf die rich­ti­ge Dimen­si­on zurückstutzen.

Pater Feder­i­co Lom­bar­di demen­tier­te jeden­falls, daß gegen eine geheim­nis­vol­le Frau oder gar einen Kar­di­nal ermit­telt wer­de, wie Medi­en­be­rich­te zuvor behaup­tet hatten.

Mas­si­mo Intro­vi­gne, der ehe­ma­li­ge OSZE-Reprä­sen­tant gegen die Dis­kri­mi­nie­rung der Chri­sten und Direk­tor des Stu­di­en­zen­trum Neue Reli­gio­nen beton­te, daß die Katho­li­ken der ande­ren Staa­ten ohne­hin nur mit größ­tem „Erstau­nen“ auf die inner­va­ti­ka­ni­schen Ereig­nis­se der jüng­sten Zeit schau­en wür­den. Die ita­lie­ni­schen Gra­ben­kämp­fe inter­es­sie­ren außer­halb Ita­li­ens nicht. Die bren­nen­den The­men der Katho­li­ken sei­en ande­re, so Intro­vi­gne, allen vor­an die Reli­gi­ons­frei­heit. „Die Kir­chen rund um den Erd­ball wer­den von ande­ren Pro­ble­men geschüt­telt, von den jede Woche rund 1000 ermor­de­ten Chri­sten in der Über­gangs­zo­ne zwi­schen dem ara­bisch-ber­be­ri­schen Nord­afri­ka und Schwarz­afri­ka, den The­men der Reli­gi­ons­frei­heit und dem Lebens­recht, und da ver­ste­hen sie nicht, wes­halb sich im Vati­kan, vor allem die Ita­lie­ner, gegen­sei­tig in die Haa­re geraten.“

Text: Il Foglio/​Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/​Evadb

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1 Kommentar

  1. Laßt uns jetzt in die­ser schwie­ri­gen Situa­ti­on, für unse­ren Hei­li­gen Vater Bene­dikt beten

    Laßt uns beten für unse­ren Papst Bene­dikt XVI. Der Herr erhal­te ihn und stär­ke ihn und mache ihn glück­lich auf Erden und über­ge­be ihn nicht in die Hän­de sei­ner Fein­de! Vater unser… Gegrü­ßest seist du, Maria… Herr, unser Gott! Ver­ei­ni­ge unser Gebet mit dem Gebet des Hei­li­gen Vaters und nimm es gnä­dig an! Alles, was er heu­te von Dir erbit­tet, das erbit­ten wir mit ihm. Wenn er sich als Opfer der Lie­be anbie­tet für sein Volk, dann wol­len wir uns mit ihm ver­ei­ni­gen und opfern­de Süh­ne­kraft für ihn und die hei­li­ge Kir­che Got­tes erbit­ten. Amen

    Mari­us Augustin

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