Türkei: Rückgabe von 200 Liegenschaften und Anerkennung der katholischen Kirche gefordert


(Istan­bul) Die katho­li­sche Kir­che in der Tür­kei über­mit­tel­te der Regie­rung eine Liste von 200 Lie­gen­schaf­ten, die sie zurück­er­stat­tet haben möch­te. Die For­de­rung der Bischö­fe beruht auf einer Liste aus dem Jahr 1913, die vom Osma­ni­schen Reich und von Frank­reich ver­ein­bart wor­den war, als Frank­reich von der Hohen Pfor­te als Schutz­macht der Katho­li­ken aner­kannt war. Dies berich­tet Asia­news.

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Der Apo­sto­li­sche Nun­ti­us in der Tür­kei, Msgr. Luci­bel­lo erklär­te, daß die For­de­rung nach einer recht­li­chen Aner­ken­nung der katho­li­schen Kir­che durch den Staat vor­dring­li­cher sei. Die Tür­kei und der Hei­li­ge Stuhl unter­hal­ten seit 60 Jah­ren diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen. Eine offi­zi­el­le Aner­ken­nung der katho­li­schen Kir­che nach tür­ki­schem Recht ver­wei­ger­te Anka­ra jedoch bisher.

Die 200 Lie­gen­schaf­ten waren vom tür­ki­schen Staat in den 30er Jah­ren des 20. Jahr­hun­derts beschlag­nahmt wor­den. Ihre Rück­for­de­rung wäre ein Schritt der Wie­der­gut­ma­chung. Inner­halb der katho­li­schen Gemein­schaft gibt es jedoch Stim­men, die dem Nun­ti­us recht geben, daß die recht­li­che Aner­ken­nung der Gemein­schaft heu­te ein bren­nen­de­res Anlie­gen sei.

Vor weni­gen Tagen tra­fen sich eini­ge katho­li­sche Bischö­fe mit der Ver­söh­nungs­kom­mis­si­on des tür­ki­schen Par­la­ments. Die­se Kom­mis­si­on sucht nach Lösun­gen für die Rück­ga­be des Besit­zes an die nicht-mos­le­mi­schen Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten, die unter der Regie­rung von Musta­fa Kemal Ata­türk ent­eig­net wur­den. Ein ent­spre­chen­der Ent­schluß wur­de im August 2011 vom tür­ki­schen Mini­ster­prä­si­den­ten Erdo­gan bekanntgegeben.

Die katho­li­sche Kir­che gehört jedoch nicht zu den vom Staat aner­kann­ten „nicht-mos­le­mi­schen Gemein­schaf­ten“, son­dern zu den „aus­län­di­schen Gemein­schaf­ten“. Papst Bene­dikt XVI. dräng­te bereits mehr­fach, zuletzt im Janu­ar 2010 beim Emp­fang für den neu­en tür­ki­schen Bot­schaf­ter beim Hei­li­gen Stuhl, auf eine Aner­ken­nung der katho­li­schen Kir­che als Reli­gi­ons­ge­mein­schaft. Bis­her erfolg­los. Die bevor­ste­hen­de Ver­fas­sungs­re­form wird von eini­gen Fach­leu­ten als mög­li­che Gele­gen­heit zur Lösung die­ser Fra­ge bezeichnet.

Bei den 200 im Jahr 1913 ver­zeich­ne­ten Lie­gen­schaf­ten han­del­te es sich damals um Kir­chen, Schu­len, Wai­sen­häu­ser, Kran­ken­häu­ser, Fried­hö­fe und ande­res mehr. Ihre Rück­ga­be wür­de sich schwie­rig gestal­ten. Die mei­sten gin­gen in den seit­her ver­gan­ge­nen 75 Jah­ren durch meh­re­re Hän­de und wur­den zweckentfremdet.

Der Hei­li­ge Stuhl äußer­te sich bis­her nicht zur For­de­rung der katho­li­schen Bischö­fe. Durch den Nun­ti­us ließ Rom jedoch erken­nen, daß es vom tür­ki­schen Staat zual­ler­erst eine recht­li­che Aner­ken­nung wünscht. Laut der­zei­ti­ger Rechts­la­ge kann die Kir­che in der Tür­kei nicht ein­mal Besitz haben. Alle Lie­gen­schaf­ten der Kir­che gehö­ren offi­zi­ell tür­ki­schen Staats­bür­gern, meist Lai­en, die ihren Namen zur Ver­fü­gung stel­len und als „Stroh­män­ner“ für die Glau­bens­ge­mein­schaft auf­tre­ten. Eine schwie­ri­ge Situa­ti­on, die bereits zu unlieb­sa­men Strei­tig­kei­ten führte.

Die For­de­run­gen löste teils hef­ti­ge Kri­tik der tür­ki­schen Par­tei­en aus. Sie wer­fen der Kir­che „Raff­gier“ vor. Die Tat­sa­che, daß es sich um vom Staat geraub­tes Gut han­delt, wird von ihnen nicht thematisiert.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Asianews

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