„Kommt sicher nach Rom“ – Offener Brief von Don Nicola Bux an Msgr. Fellay


(Rom) Der bekann­te Lit­ur­gi­ker Msgr. Nico­la Bux ver­faß­te einen offe­nen Brief an den Gene­ral­obe­ren der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X., Msgr. Ber­nard Fel­lay. Die Pius­bru­der­schaft befin­det sich an einem ern­sten Schei­de­weg, der nicht nur über ihr Schick­sal ent­schei­det, son­dern auch Ein­fluß auf die katho­li­sche Kir­che hat.

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Es ist bekannt, daß Papst Bene­dikt XVI. die Ver­söh­nung der Bru­der­schaft mit dem Hei­li­gen Stuhl wünscht und glei­ches für Msgr. Fel­lay gilt. Auf bei­den Sei­ten sind jedoch auch star­ke Kräf­te der Spal­tung und des Miß­trau­ens sowie sek­tie­re­ri­sche Ver­su­chun­gen am Werk, um die Aus­söh­nung und damit die kano­ni­sche Errich­tung der Bru­der­schaft als Teil der katho­li­schen Kir­che zum Schei­tern zu bringen. 

Msgr. Bux for­dert in sei­nem offe­nen Brief den Gene­ral­obe­ren und die Pius­bru­der­schaft auf, die Ver­söh­nung nicht aus­zu­schla­gen. Der Brief wur­de in ita­lie­ni­scher und fran­zö­si­scher Spra­che von der Inter­net­sei­te Eccle­sia Mater veröffentlicht.
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An Seine Exzellenz Msgr. Bernard Fellay
und die Priesterbruderschaft St. Pius X.

Hoch­wür­dig­ste Exzellenz,
lie­be Brüder,

die christ­li­che Brü­der­lich­keit ist mäch­ti­ger als Fleisch und Blut, weil in ihr dank der gött­li­chen Eucha­ri­stie das Leben im Para­dies bereits vor­weg­ge­nom­men ist.

Jesus Chri­stus hat uns geru­fen die Erfah­rung der Com­mu­nio zu machen: in die­ser exi­stiert unser ich. Gemein­schaft bedeu­tet vor allem Wert­schät­zung für den ande­ren, weil wir gemein­sam den ein­zi­gen Herrn haben. Daher ist die Gemein­schaft für die Ein­heit zu jedem Opfer bereit: eine Ein­heit, die sicht­bar sein muß gemäß dem letz­ten Wil­len unse­res Herrn im Gebet an den Vater „ut unum sint, ut cre­dat mun­dus“; sicht­bar, weil sie das ent­schei­den­de Zeug­nis der Freun­de Chri­sti ist.

Es steht außer Zwei­fel, daß nicht weni­ge Fak­ten des öku­me­ni­schen Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils und der dar­auf fol­gen­den Zeit, die mit dem mensch­li­chen Teil die­ses Ereig­nis­ses zusam­men­hän­gen, ein wah­res Unheil dar­stel­len und gro­ße Män­ner der Kir­che betrüb­ten. Aber Gott läßt es nicht zu, daß Sei­ne Kir­che bis zur Selbst­zer­stö­rung geht.

Wir kön­nen nicht die Här­te des mensch­li­chen Ele­ments abwä­gen ohne Ver­trau­en in das gött­li­che zu haben, das heißt in die Vor­se­hung, die, wenn auch im Respekt vor der mensch­li­chen Frei­heit, die Geschich­te lenkt und beson­ders die Geschich­te der Kirche.

Die Kir­che ist eine gött­li­che Stif­tung, von Gott garan­tiert und sie ist auch ein mensch­li­cher Fak­tor. Der gött­li­che Aspekt schä­digt oder hemmt das mensch­li­che Ele­ment – Per­sön­lich­keit und Frei­heit – nicht; der mensch­li­che Aspekt, wenn er red­lich bleibt, sogar wenn er kom­pro­mit­tie­rend ist, schä­digt nie den gött­li­chen Aspekt.

Auf­grund des Glau­bens, aber auch wegen der Bestä­ti­gun­gen, die sich  – wenn auch lang­sam – im geschicht­li­chen Lauf zei­gen, sind wir über­zeugt, daß Gott in die­sen Jah­ren Men­schen vor­be­rei­tet hat und vor­be­rei­tet, die wür­dig sind, die vie­len Irr­tü­mer und die vie­len Ein­brü­che, die wir alle bekla­gen, zu behe­ben; daß bereits hei­li­ge Wer­ke ent­ste­hen und immer mehr ent­ste­hen wer­den gemäß einer gött­li­chen Stra­te­gie, die das Wir­ken von See­len ver­knüpft, die sich nicht ein­mal ken­nen, deren Han­deln jedoch einem Plan folgt, wie es auf wun­der­ba­re Wei­se auch im Jahr­hun­dert gesche­hen ist, in dem die schmerz­li­che Revol­te Luthers stattfand.

Es han­delt sich um gött­li­che Ein­grif­fe, die sich, wie es scheint, dann meh­ren, wenn sich die Ereig­nis­se ver­dun­keln. Das alles wird die Zukunft zei­gen. Wir aber sind uns des­sen bereits sicher und wir kön­nen bereits die Mor­gen­däm­me­rung sehen.

Für eine gewis­se Zeit kämpft das Mor­gen­grau­en mit der Fin­ster­nis, die sich nur lang­sam zurück­zieht, aber wenn man die Mor­gen­däm­me­rung sieht, weiß man, daß dort die Son­ne ist und daß die Son­ne den Him­mel beherrscht!

Mit den Wor­ten der hei­li­gen Katha­ri­na von Sie­na kön­nen wir Euch daher sagen: „Kommt sicher nach Rom“, in das Haus des gemein­sa­men Vaters, der uns zum immer­wäh­ren­den und sicht­ba­ren Prin­zip und Fun­da­ment der katho­li­schen Ein­heit geschenkt wurde.

Kommt, um teil­zu­ha­ben an die­ser geseg­ne­ten Zukunft, von der man, wenn auch inmit­ten noch andau­ern­der Fin­ster­nis, bereits die Mor­gen­däm­me­rung erah­nen kann.

Eure Ableh­nung wür­de den Raum der Fin­ster­nis ver­grö­ßern, nicht den des Lichts. Viel­fäl­tig sind die Licht­strah­len, die wir bereits bewun­dern, vor allen ande­ren eine sich abzeich­nen­de gro­ße lit­ur­gi­sche Wie­der­her­stel­lung, die durch das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum bewirkt wird, die welt­weit eine brei­te Bewe­gung aus­löst, die vor allem von Jun­gen getra­gen wird, die mit neu­em Eifer den Kult des Herrn pfle­gen wollen.

Wie könn­te man jedoch ande­re kon­kre­te und bedeu­ten­de Gesten des Hei­li­gen Vaters ver­ges­sen, wie die Auf­he­bung der Exkom­mu­ni­ka­ti­on der von Msgr. Lefeb­v­re geweih­ten Bischö­fe, die Ein­lei­tung einer offe­nen Aus­ein­an­der­set­zung über die Inter­pre­ta­ti­on des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils im Licht der Tra­di­ti­on und in die­sem Sin­ne auch der Erneue­rung der Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei?

Gewiß kön­nen noch Per­ple­xi­tä­ten blei­ben, Punk­te, die zu ver­tie­fen und noch bes­ser zu klä­ren sind, wie die Fra­gen zur Öku­me­ne und zum inter­re­li­giö­sen Dia­log (der auf jeden Fall bereits eine wich­ti­ge Klä­rung durch die Erklä­rung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on Domi­nus Jesus vom 6. August 2000 erfah­ren hat) und jene über die Art und Wei­se, wie die Reli­gi­ons­frei­heit zu ver­ste­hen ist.

Auch zu die­sen Punk­ten, wird Eure kano­nisch garan­tier­te Prä­senz in der Kir­che hel­fen, mehr Licht zu bringen.

Wie könn­te man nicht schät­zen, was Ihr zum Wohl der gan­zen Kir­che wer­det ein­brin­gen kön­nen, dank Eurer pasto­ra­len und dok­tri­nel­len Res­sour­cen, Eurer Fähig­kei­ten und Sensibilität?

Das ist der geeig­ne­te Moment, das ist die gün­sti­ge Stun­de zurück­zu­keh­ren: Time­te Domi­num transe­un­tem: laßt Euch die Gele­gen­heit der Gna­de nicht ent­ge­hen, die der Herr euch anbie­tet, laßt nicht zu, daß sie an Euch vor­bei­geht und Ihr erkennt sie nicht.

Wird der Herr eine wei­te­re gewäh­ren können?

Wer­den wir nicht alle eines Tages vor Sei­nem Gericht erschei­nen müs­sen, und Rechen­schaft geben nicht nur für das began­ge­ne Böse, son­dern auch für all das Gute, das wir tun hät­ten kön­nen, aber nicht getan haben?

Das Herz des Hei­li­gen Vaters klopft: Er erwar­tet Euch, weil er Euch liebt, weil die Kir­che Euch braucht für ein gemein­sa­mes Zeug­nis des Glau­bens in einer immer säku­la­ri­sier­te­ren Welt, die Ihrem Schöp­fer und Hei­land den Rücken zukeh­ren zu wol­len scheint.

In der vol­len kirch­li­chen Ein­heit mit der gro­ßen Fami­lie, die die katho­li­sche Kir­che ist, wird Eure Stim­me nicht ver­ach­tet wer­den, Euer Ein­satz wird weder ver­nach­läs­sig­bar noch ver­nach­läs­sigt sein, er wird viel­mehr, gemein­sam mit vie­len ande­ren, rei­che Früch­te tra­gen; außer­halb wür­den sie hin­ge­gen zer­streut werden.

Die Unbe­fleck­te lehrt uns, daß zu vie­le Gna­den ver­lo­ren gehen, weil sie nicht erbe­ten wer­den: wir sind über­zeugt, daß die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. durch eine posi­ti­ve Ant­wort auf den Vor­schlag des Hei­li­gen Vaters ein Instru­ment wird, um an den Hän­den unse­rer himm­li­schen Mut­ter neue Strah­len zu entzünden.

An die­sem ihm gewid­me­ten Tag möge der hei­li­ge Josef, Bräu­ti­gam der Aller­se­lig­sten Jung­frau Maria, Patron der Welt­kir­che, Eure guten Vor­sät­ze erleuch­ten und stüt­zen: „Kommt sicher nach Rom.“

Rom, den 19. März 2012
Fest des hei­li­gen Josef

Don Nico­la Bux

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Eccle­sia Mater

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