Die Landkarte der Rebellion – Bischof Vitus Huonder im Fadenkreuz antirömischer Kritik


Ein Blick auf die Land­kar­te zeigt, daß die anti­rö­mi­sche Rebel­li­on in der katho­li­schen Kir­che die Staa­ten des deut­schen Sprach­raums zum Kern haben. Die Inter­di­pen­denz der Ereig­nis­se in Öster­reich, der Schweiz und der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land sind offen­sicht­lich. Letzt­lich han­delt es sich im Abstand eines hal­ben Jahr­tau­sends um exakt die­sel­be Kon­stel­la­ti­on wie zur Zeit der Refor­ma­ti­on, die zur Spal­tung der Kir­che führ­te. Sie war eben­so eine Spal­tung des deut­schen Vol­kes und eine Schwä­chung des Hei­li­gen Römi­schen Reichs in der Mit­te Euro­pas, von der es sich nie mehr erholte.

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Wider­stand begann 1990 gegen Bischof Wolf­gang Haas

So fin­den sich auch die rebel­li­schen Memo­ran­di­sten über den gan­zen deut­schen Sprach­raum ver­streut. Im Visier der Auf­stän­di­schen befin­det sich der­zeit vor allem der Bischof von Chur. Ein Deja-vu. Bereits der 1990 von Papst Johan­nes Paul II. ernann­te Bischof Wolf­gang Haas hat­te einen schwe­ren Stand. Der Wider­stand gegen ihn wur­de inner­halb sei­ner Diö­ze­se so groß, daß er 1997 weg­be­för­dert wur­de. Das Für­sten­tum Liech­ten­stein wur­de aus der Diö­ze­se Chur her­aus­ge­löst und sogar zum Erz­bis­tum erho­ben. Msgr. Haas resi­diert seit­her in Vaduz. Die Rang­erhö­hung gegen­über Chur signa­li­sier­te den gan­zen Unwil­len Roms bei der Trans­ak­ti­on. Inzwi­schen regiert mit Msgr. Huon­der am Ober­rhein in der alten Bischofs­stadt bereits der Nach­nach­fol­ger von Bischof Haas.

Fasten­hir­ten­brief 2012 erin­nert an Unauf­lös­lich­keit der Ehe – Initi­al­zün­dung zum Aufruhr

Die Beson­der­heit die­ser größ­ten Diö­ze­se der Schweiz, die mit Zürich auch ein Kern­ge­biet der hel­ve­ti­schen Rebel­li­on des 16. Jahr­hun­derts gegen Rom umfaßt, liegt dar­in, daß sie direkt dem Hei­li­gen Stuhl unter­stellt ist. Das im 19. Jahr­hun­dert zwi­schen der Eid­ge­nos­sen­schaft und Rom abge­schlos­se­ne Kon­kor­dat sieht das Pri­vi­leg vor, daß die Wahl eines Bischofs in Abstim­mung zwi­schen dem Dom­ka­pi­tel und dem Hei­li­gen Stuhl erfolgt. Dem Papst kommt also ein ent­schei­den­des Wort zu. Dies wur­de von Bene­dikt XVI. am 6. Juli 2007 bestä­tigt, als er Msgr. Vitus Huon­der ernann­te, der nun wegen des Fasten­hir­ten­briefs 2012 im Kreuz­feu­er vie­ler sei­ner eige­nen Prie­ster und Pasto­ral­as­si­sten­ten, poli­ti­sier­ten Lai­en und Theo­lo­gen steht. Da die welt­li­chen Medi­en in einem kon­fes­sio­nell gespal­te­nen Land wie der Schweiz zum Teil ohne­hin distan­ziert gegen­über­ste­hen und sich der „katho­li­sche“ Teil auf die Sei­te des Zeit­gei­stes schlägt, hat der Bischof eini­ges zu ertra­gen. Die füh­ren­den Schwei­zer Medi­en attackie­ren den Hir­ten­brief in sel­te­ner Ein­mü­tig­keit als „eben­so explo­siv wie absurd“ und Bischof Huon­der als „erz­kon­ser­va­tiv“. Die Schlag­wör­ter klin­gen von ande­ren anti­kirch­li­chen Kam­pa­gnen vertraut.

Pfar­rer ver­wei­gern Ver­le­sung in „unse­ren“ Kirchen

Der an alle Pfar­rei­en ergan­ge­ne Fasten­hir­ten­brief, der – wie es üblich ist – bei den Got­tes­dien­sten ver­le­sen wer­den soll­te, ent­hält eine Stel­le, die vie­le nicht ver­daut haben, die Pfarr­her­ren mit­ein­ge­schlos­sen. Geschie­de­nen Wie­der­ver­hei­ra­te­ten sind die Sakra­men­te zu ver­wei­gern. Huon­der ver­tritt damit nichts ande­res als die offi­zi­el­le katho­li­sche Leh­re. Da das christ­li­che Ide­al quan­ti­ta­tiv auch in der Schweiz exor­bi­tant von der Rea­li­tät abweicht, ist die katho­li­sche Leh­re ein „Skan­dal“ für die Welt. Bischof Huon­der hat damit den Nagel der Zeit auf den Kopf getrof­fen, denn das Chri­sten­tum muß der Welt ein Skan­dal sein und dies zu allen Zei­ten. Der Chu­rer Ober­hir­te beruft sich auf Jesus, der die Ehe als unauf­lös­lich bezeich­ne­te. Die Geschie­de­nen, die sich durch ihren frei­en Wil­len dafür ent­schei­den, den­noch eine neue Bezie­hung ein­zu­ge­hen, ver­set­zen sich selbst in eine Situa­ti­on, die es ihnen unmög­lich macht, die Sakra­men­te zu emp­fan­gen. Nicht die Kir­che ver­wei­gert sie ihnen, son­dern sie sich selbst durch ihre eige­nen Ent­schei­dun­gen. Geschie­de­ne und Getrenn­te, die allei­ne blei­ben, geben ein kost­ba­res Zeug­nis für die Unauf­lös­lich­keit der Ehe, so Bischof Huonder.

Medi­en rei­ten inner­kirch­li­che Kritik

Die Medi­en gie­ßen Öl ins Feu­er und über­bie­ten sich mit Angrif­fen: „Huon­der iso­liert“, „Schon wie­der Huon­der?“ „Umstrit­te­ner Hir­ten­brief“. Am 11. März 2012 schrieb die Neue Zür­cher Zei­tung: „Der Chu­rer Bischof Vitus Huon­der will Wie­der­ver­hei­ra­te­te von den Sakra­men­ten aus­schlie­ßen“ und offen­bar­te, wie wenig selbst eine, aller­dings libe­ra­le Qua­li­täts­zei­tung über die katho­li­sche Leh­re weiß oder wis­sen will. Solch man­geln­de Prä­zi­si­on wür­de sie sich sonst kaum erlauben.

Sie rei­ten den Pro­test, der sich inner­halb weni­ger Stun­den unter Prie­stern und Lai­en aus­brei­te­te. Chur wur­de über Nacht zum Vor­po­sten der anti­rö­mi­schen Rebel­li­on, deren offen­kun­di­ge Zen­tren bis­her in eini­gen öster­rei­chi­schen und bun­des­deut­schen Diö­ze­sen lagen. Der Pro­test ging auch wei­ter, nach­dem der Pres­se­spre­cher der Diö­ze­se, Giu­sep­pe Gra­ci die Beweg­grün­de für Bischof Huon­ders Han­deln noch ein­mal vor der Pres­se erklärte.

Für den Pfar­rer von Win­ter­thur ist katho­li­sche Leh­re „inhu­man“

Offen­sicht­lich bedurf­te es nur der Initi­al­zün­dung für einen im Unter­grund längst for­mier­ten Auf­ruhr. Als erste pro­te­stier­ten die Pfar­rer von Chur, die öffent­lich erklär­ten, den Hir­ten­brief nicht in „unse­ren“ Kir­chen zu ver­le­sen. „Wir distan­zie­ren uns sowohl vom Inhalt als auch der Form des Hir­ten­briefs“, schrieb der Dekan und Pfar­rer von Win­ter­thur Hugo Geh­ring und mach­te sich zum Spre­cher „zahl­rei­cher Pasto­ral­as­si­sten­ten“ der Regi­on Win­ter­thur und des Zür­cher Unter­lan­des. Sei­ner Mei­nung nach sei es „gemäß unse­rer Erfah­rung inhu­man und nicht aus der christ­li­chen Bot­schaft ableit­bar“, von allen geschie­de­nen Mit­glie­dern der katho­li­schen Kir­che zu ver­lan­gen, unver­hei­ra­tet zu blei­ben. Ein katho­li­scher Pfar­rer, der die katho­li­sche Leh­re als „inhu­man“ bezeich­net, scheint aller­dings  „Ver­ein“ und „Beruf“ ver­fehlt zu haben.

Bischof Haas wur­de ver­drängt und der Wider­spruch gär­te (unter­ir­disch) weiter

Kein Hir­ten­brief hat­te je zuvor sol­chen Wider­stand aus­ge­löst, nicht ein­mal zu Zei­ten von Bischof Haas. Nicht weil der Stand­punkt von Bischof Huon­der so abwe­gig wäre, sei­ne Bot­schaft ist die Bot­schaft der katho­li­schen Kir­che. Viel­mehr hat der inne­re Gärungs­pro­zeß gegen die katho­li­sche Leh­re seit den 90er Jah­ren, als Haas „ver­drängt“ wur­de, ande­re Dimen­sio­nen ange­nom­men. Im bischofs­na­hen Teil Churs erklärt man sich die Aggres­si­vi­tät des Wider­stan­des mit den von Bischof Huon­der gesetz­ten Maß­nah­men zur Stär­kung der Ortho­do­xie und der Rom­treue in sei­ner Diö­ze­se, wäh­rend die Unge­duld der Pro­te­stie­rer im sel­ben Rhyth­mus wuchs, mit dem sie sich inner­lich von Tei­len der Glau­bens­leh­re „distan­zier­ten“, wie sie offen erklärten.

Laut Chri­sti­an Breit­schmid, Pres­se­be­auf­trag­ter des Vika­ri­ats Zürich habe Bischof Huon­der ein hei­ßes Eisen auf­ge­grif­fen und damit mehr Ableh­nung als Zuspruch pro­vo­ziert: „Die gan­ze Woche lang war die Dis­kus­si­on stark. Die Medi­en der gesam­ten Regi­on berich­te­ten über den Hir­ten­brief.“ Von den Pfar­rern habe Breit­schmid vor­wie­gend „sehr kri­ti­sche Kom­men­ta­re“ zu hören bekom­men. Sei­ner Ein­schät­zung nach wer­de die Mehr­heit der Pfar­rer den Hir­ten­brief nicht ver­le­sen und die von Rom unter­sag­te Pra­xis bei­be­hal­ten und wie bereits bis­her auch wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne zu den Sakra­men­ten zulassen.

Zür­cher Pasto­ral­rat „distan­ziert“ sich von katho­li­scher Ehe­leh­re und for­dert zum Sakra­men­ten­miß­brauch auf

Der Pasto­ral­rat von Zürich dank­te in einem lang­at­mi­gen Doku­ment „allen Seel­sor­gern und Seel­sor­ge­rin­nen, die den geschie­de­nen und wie­der­ver­hei­ra­te­ten Men­schen hel­fen ihren Weg mit Gott in der eucha­ri­sti­schen Gemein­schaft der Kir­che fort­zu­set­zen“. Ein offe­ner Affront gegen den Bischof und gegen Rom. Der Pasto­ral­rat for­der­te die Seel­sor­ger sogar auf, die Wie­der­ver­hei­ra­te­ten zur Kom­mu­ni­on und den Sakra­men­ten zuzu­las­sen. Für den Rat berück­sich­ti­ge das Schrei­ben des Bischofs nicht das „Gesetz der Barm­her­zig­keit“, das vom Evan­ge­li­um ver­kün­det wird. „Sind wir nicht viel­leicht alle Sün­der?“, fra­gen die Pasto­ral­ver­tre­ter Zürichs.

Die Seel­sor­ger des Kan­ton Nid­wal­den ent­schie­den ein­stim­mig, „daß die­ser Hir­ten­brief wäh­rend der Got­tes­dien­ste nicht ver­le­sen wer­den kann. Statt eine gute Bot­schaft zu ver­kün­den, wie es unse­re Auf­ga­be wäre, wür­den wir Zwie­tracht, Unru­he und Pro­test aus­lö­sen, und das gera­de in Men­schen, die beson­de­ren Bedarf an einem Wort der Ermu­ti­gung haben.“ Die Seel­sor­ger von Nid­wal­den wer­den wei­ter­hin die Sakra­men­te auch den wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen gewäh­ren. „Für uns ist es wich­tig, offen zu sein für alle und nicht aus­zu­gren­zen“, so die Seel­sor­ger des Kantons.

„Barm­her­zig­keit“ ver­sus Offenbarung?

In Schwyz erklär­te Pfar­rer Kon­rad Bur­ri: „Jeman­den weg­zu­schicken, von dem ich weiß, daß er wie­der­ver­hei­ra­tet ist, ist für mich abso­lut undenk­bar.“ Sei­ner Mei­nung nach müs­se jeder die Fra­ge mit sei­nem Gewis­sen abklä­ren, ob er die hei­li­ge Kom­mu­ni­on emp­fan­ge oder nicht. „Wir Prie­ster kön­nen das nicht beur­tei­len“, so Bur­ri. An Bischof Huon­der gerich­tet fragt er pole­misch: „Wo bleibt in die­sen Anord­nun­gen die Barm­her­zig­keit gegen­über dem Sünder?“

Bischofs­kon­fe­renz fühlt sich von Bischof Huon­der „pro­vo­ziert“

Der Chu­rer Ober­hir­te scheint auch in der Bischofs­kon­fe­renz kaum Rück­halt zu erhal­ten. Kath​.ch, das Medi­en­por­tal der katho­li­schen Kir­che im Besitz der Bischofs­kon­fe­renz titel­te viel­sa­gend: „Vitus Huon­der pro­vo­ziert Bischö­fe. Der Bischof von Chur greift mit sei­nem Hir­ten­brief eine Initia­ti­ve sei­ner libe­ra­le­ren Kol­le­gen an.“ Der Chu­rer Bischof „pro­vo­ziert“ selbst sei­ne Amts­brü­der, die offen­sicht­lich auch eine abwei­chen­de Mei­nung zum katho­li­schen Kate­chis­mus haben. Die „Initia­ti­ve libe­ra­le­rer Kol­le­gen“ bestä­tigt seit eini­gen Mona­ten kur­sie­ren­de Gerüch­te, daß Bischö­fe des deut­schen Sprach­raums in Rom auf eine Ände­rung der „Pra­xis“ gegen­über wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen drängen.

Bischof Huon­der: „Zur Leh­re der Kir­che hin­füh­ren, bedeu­tet barm­her­zig sein“

In den Tages­zei­tun­gen Matin Diman­che und Sonn­tags­zei­tung erklär­te der direkt ange­spro­che­ne Chu­rer Bischof: „die Auf­merk­sam­keit der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen auf die Grund­sät­ze der Kir­che zu len­ken, bedeu­tet gera­de Barm­her­zig­keit zu zei­gen“. Unprä­ten­ti­ös, aber treff­si­cher ver­tei­dig­te er sei­nen Fasten­hir­ten­brief mit den Wor­ten: „Ich ver­tre­te schlicht und ein­fach die Leh­re der Kirche.“

„Es ist mein Recht und vor allem mei­ne Pflicht, die Grund­sät­ze der Kir­che in Erin­ne­rung zu rufen“, so Bischof Huon­der. Rom schweigt der­zeit noch, wäh­rend der Wind der Rebel­li­on im deut­schen Sprach­raum immer stär­ker pfeift. Die Diö­ze­san­bi­schö­fe schei­nen noch kei­ne Stra­te­gie gefun­den zu haben, wie sie gegen eine zuneh­men­de anti­ka­tho­li­sche Fron­de in den eige­nen Rei­hen vor­ge­hen sol­len, die das Erschei­nungs­bild der katho­li­schen Kir­che unter­gräbt, da die Rebel­len mit dem Eti­kett „katho­lisch“ auftreten.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bil­der: Palaz­zo Apostolico

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1 Kommentar

  1. Da bleibt nur eins, all die Ver­ant­wort­li­chen austauschen.

    Was reden Sie über die Ehe.. Wir haben Schei­dun­gen ohne Ende, die Ehe bedeu­tet doch gar nichts mehr. Und die Schei­dungs­kin­der leiden.

    Tem­pla­rii

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