Die „Schwachstellen“ der Kirche – „Pastorale Richtlinien“ Benedikts XVI. zur Stärkung des Glaubens


(Vati­kan) Die Men­schen wie­der zum Glau­ben an Gott füh­ren. Das ist die Prio­ri­tät im Pon­ti­fi­kat von Papst Bene­dikt XVI., wie er es selbst mehr­fach beton­te. Mit dem Apo­sto­li­schen Schrei­ben Por­ta Fidei vom 11. Okto­ber, rief er ein Jahr des Glau­bens aus und setz­te damit neue Maß­stä­be. Das allein könn­te aber nicht aus­rei­chend sein, wie Bene­dikt XVI. zu den­ken scheint. Die Zei­ten sind nicht leicht. Gan­ze Völ­ker und Staa­ten Euro­pas, die eine rei­che Glau­bens­ge­schich­te auf­wei­sen und zahl­rei­che Beru­fun­gen, ver­lie­ren unter heu­te domi­nan­tem kul­tu­rel­len Ein­fluß zuse­hends ihre christ­li­che Iden­ti­tät. Wäh­rend in Län­dern Afri­kas, Asi­ens und Süd­ame­ri­kas  das Chri­sten­tum schnell wächst, aller­dings durch den noch im Fluß befind­li­chen Pro­zeß der Inkul­tu­ra­ti­on zum Teil nicht ganz frei von Irr­tü­mern und Zwei­deu­tig­kei­ten ist.

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Aus die­sem Grund beauf­trag­te Bene­dikt XVI. die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on sich in beson­de­rem Maße dafür ein­zu­set­zen, daß die­ses Glau­bens­jahr nicht unge­nützt bleibt. Was dies kon­kret bedeu­tet, soll am Tag nach dem Drei­kö­nigs­fest bekannt­ge­ge­ben wer­den. Die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, die nicht nur die Auf­ga­be hat, die gesun­de Glau­bens­leh­re zu ver­tei­di­gen und Abwei­chun­gen zu kor­ri­gie­ren, son­dern auch die Glau­bens­wahr­heit zu ver­brei­ten, wird „Pasto­ra­le Richt­li­ni­en“ ver­öf­fent­li­chen mit eini­gen „beson­de­ren Empfehlungen“.

Bene­dikt XVI. sieht eine beson­de­re Her­aus­for­de­rung dar­in, die Span­nung zwi­schen dem Kate­chis­mus der katho­li­schen Kir­che und dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil zu über­win­den. Zu vie­le Jah­re erleb­te das Kon­zil eine fal­sche Aus­le­gung, die einer­seits sei­ne kor­rek­te Inter­pre­ta­ti­on ver­hin­der­te und zudem zu einem inner­kirch­li­chen Kampf­in­stru­ment wur­de. In die­sem Jahr jährt sich zum 50. Mal die Eröff­nung des Kon­zils durch Papst Johan­nes XXIII. Das ist der geeig­ne­te Anlaß für Papst Bene­dikt XVI., die Gesamt­kir­che zu jener Her­me­neu­tik der Erneue­rung zurück­zu­füh­ren, von der er bereits im Dezem­ber 2005 vor der Römi­schen Kurie sprach. 2012 jährt sich auch zum 20. Mal die Ver­öf­fent­li­chung des Kate­chis­mus. In meh­re­ren Diö­ze­sen gibt es Hand­rei­chun­gen dazu, die nicht in Ein­klang mit der offi­zi­el­len Fas­sung ste­hen. Die­se eigen­mäch­ti­gen Abwei­chun­gen sol­len in die­sem Jahr kor­ri­giert werden.

Die „Pasto­ra­len Richt­li­ni­en“ sind die Arbeit eines Ad-hoc-Komi­tees, das der Papst im Rah­men der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on errich­te­te. Ihm gehö­ren meh­re­re Kar­di­nä­le und Bischö­fe an, die dem Den­ken Bene­dikts XVI. am näch­sten ste­hen. Unter ihnen befin­den sich Kar­di­nal Wil­liam Leva­da, der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, sein mög­li­cher Nach­fol­ger Bischof Ger­hard Lud­wig Mül­ler, der Vor­sit­zen­de der ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz Kar­di­nal Ange­lo Bag­nas­co, der Prä­fekt der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on Kar­di­nal Marc Ouel­let, der Prä­fekt der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on Mau­ro Pia­cen­za und der Erz­bi­schof von Wien, Kar­di­nal Chri­stoph Schön­born, des­sen Ortho­do­xie über alle Zwei­fel erha­ben ist, der aller­dings als regie­ren­der Metro­po­lit und ein­fluß­reich­ste Gestalt der öster­rei­chi­schen Kir­che kei­ne so glück­li­che Hand hat, um das Bio­top pro­te­stan­ti­sie­ren­der Ten­den­zen in der Alpen­re­pu­blik auszutrocknen.

Bereits 2008 hat­te Papst Bene­dikt XVI. wegen der Lage des Glau­bens, vor allem in Euro­pa, Alarm geschla­gen. Er erin­ner­te dar­an, daß seit der ersten Ver­kün­di­gung des Evan­ge­li­ums blü­hen­de christ­li­che Gemein­schaf­ten ent­stan­den, die dann jedoch ver­schwan­den und an die heu­te nur mehr die Geschichts­bü­cher erin­nern. Soll­te das auch das Schick­sal Euro­pas sein? Seit den 60er Jah­ren des 20. Jahr­hun­derts erlebt der Glau­be einen dra­ma­ti­schen Ein­bruch. Eine „révo­lu­ti­on tran­quil­le“ ver­wan­del­te schlei­chend den alten Kon­ti­nent zu einer Speer­spit­ze der Säku­la­ri­sie­rung. Papst Bene­dikt XVI. stell­te mehr­fach die Fra­ge, wer schuld an die­ser Ent­wick­lung ist: Die Kir­che, die sich durch ein fal­sches Ver­ständ­nis des Kon­zils selbst ver­irrt hat oder eine got­tes­feind­li­che Welt, gegen­über der es schwie­rig ist, zu reagieren?

Der Papst will, daß die Kir­che nicht unvor­be­rei­tet ist auf die­se Fra­ge. Ent­schei­dend ist dafür, daß die Kir­che das gesam­te Glau­bens­gut kor­rekt bewahrt und die­ses unver­kürzt ver­kün­det. Pater Her­mann Geiß­ler, der Lei­ter der Abtei­lung der Glau­bens­leh­re der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, arbei­te­te maß­geb­lich die „Pasto­ra­len Richt­li­ni­en“ aus. Sein beson­de­res Anlie­gen ist im Sin­ne des Pap­stes, daß die Kir­che einen authen­ti­schen Glau­ben lebt, der uner­läss­li­che Vor­aus­set­zung für eine frucht­brin­gen­de Glau­bens­ver­kün­di­gung ist. Pater Geiß­ler betont, daß es in der Kir­che „zwei gro­ße Schwach­stel­len“ gebe. „Es gibt Kate­che­ten und Prie­ster, die den Glau­ben nicht in sei­ner unver­kürz­ten Form dar­stel­len, nicht in sei­ner gan­zen Schön­heit und zum Teil sogar Zwei­fel und Unsi­cher­heit säen. Das ist sehr schwer­wie­gend. In Tei­len der Kir­che wur­de zudem der Akzent auf die sozia­le, huma­ni­tä­re Dimen­si­on gelegt, die wich­tig ist, doch wur­de zum Teil dabei der Glau­be in die zwei­te Rei­he zurück­ge­setzt.“ Oft „haben wir auch inner­halb der Kir­che Feh­ler gemacht. Wir müs­sen wie­der neu begrei­fen, daß die Sün­den gegen den Glau­ben beson­ders schwer und vor allem sehr schäd­lich für die Kir­che sind. Jesus selbst sag­te: ‚Wenn das Salz sei­nen Geschmack ver­liert, wozu nützt es dann?‘ Das ist eine sehr ern­ste Fra­ge, wie mir scheint. Jesus sagt auch: „Wird der Men­schen­sohn noch Glau­ben auf der Erde fin­den, wenn er wie­der­kommt?‘ Wir müs­sen uns die­se Fra­gen stel­len und demü­tig Gott um Ver­zei­hung bit­ten für die Sün­den gegen den Glau­ben, die wir began­gen haben.“

Der deut­sche Sprach­raum ist beson­ders von der Glau­bens­er­schüt­te­rung betrof­fen, gera­de auch wegen der von Pater Her­mann Geiß­ler genann­ten „Schwach­stel­len“ in der Kir­che selbst. Papst Bene­dikt XVI. ist selbst Deut­scher und damit bestens mit der Lage des Glau­bens nörd­lich der Alpen ver­traut. Es scheint daher kein Zufall, daß die Gegen­maß­nah­men zur Bewah­rung des unver­kürz­ten Glau­bens­gu­tes und der Stär­kung des Glau­bens eine deut­li­che deut­sche Hand­schrift tragen.

Text: Palaz­zo Apostolico/​Giuseppe Nardi
Bild: cattolicesimocristiano

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