Kommission für Religionsfreiheit in den USA aufgelöst – Notwendiger denn je, aber kein Geld


(Washing­ton) In den USA stellt einer der bedeu­tend­sten „Watch­dogs“ der Reli­gi­ons­frei­heit sei­ne Arbeit ein. Zu hohe Kosten und ein Spen­den­rück­gang führ­ten zum Aus für die United Sta­tes Com­mis­si­on on Inter­na­tio­nal Reli­gious Free­dom USCIRF, einer unab­hän­gi­gen Beob­ach­tungs­stel­le, die welt­weit über der Ein­hal­tung der Reli­gi­ons­frei­heit wach­te und für die Rech­te der Gläu­bi­gen ein­trat. Die „Zeug­nis­se“, die USCIRF den ein­zel­nen Staa­ten aus­stell­te, waren in den Regie­rungs­kanz­lei­en gefürch­tet. Für vie­le Jah­re dien­ten die Anga­ben der Beob­ach­tungs­stel­le dem ame­ri­ka­ni­schen Außen­mi­ni­ste­ri­um, aber auch ande­ren Tei­len der inter­na­tio­na­len Diplo­ma­tie als eine Art Kom­paß. Obwohl die Reli­gi­ons­frei­heit als grund­le­gen­des Men­schen­recht in vie­len Tei­len der Erde bedroht ist, zwang nun die Finanz­kri­se auch die „Wäch­ter“ der Reli­gi­ons­frei­heit in die Knie. Erst vor sie­ben Mona­ten schlug USCIRF mit einer Kam­pa­gne Alarm wegen der zuneh­men­den Chri­sten­ver­fol­gung im glo­ba­li­sier­ten drit­ten Jahrtausend.

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Die Grün­dung der USCIRF ging auf den Inter­na­tio­nal Reli­gious Free­dom Act (IRFA) von 1998 zurück, auf den sich Repu­bli­ka­ner und Demo­kra­ten im ame­ri­ka­ni­schen Par­la­ment geei­nigt hat­ten. Seit­her wur­de die Kom­mis­si­on von bei­den ame­ri­ka­ni­schen Par­la­ments­par­tei­en gestützt, war aber eine unab­hän­gi­ge Initia­ti­ve. Der Anstoß zur Grün­dung ging von evan­ge­li­ka­len Krei­sen zum Schutz ver­folg­ter Chri­sten aus. Vor­sit­zen­der der USCIRF war seit 2009 der Katho­lik Leo­nard Leo, der Vize-Prä­si­dent der Fede­ra­list Socie­ty und Vor­sit­zen­de des Katho­li­schen Komi­tees in der Füh­rungs­spit­ze der Repu­bli­ka­ni­schen Par­tei. Der Vater von sechs Kin­dern gehört dem Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser Rit­ter­or­den der katho­li­schen Kir­che an und war wäh­rend der Amts­zeit von US-Prä­si­dent Geor­ge W. Bush, Ver­tre­ter der USA in der Men­schen­rechts­kom­mis­si­on der Ver­ein­ten Natio­nen. Er gehör­te der Kom­mis­si­on seit 2007 an. Sein Vor­gän­ger als katho­li­scher Ver­tre­ter war von 2003 bis 2007 Erz­bi­schof Charles Chaput.

Jeweils drei Mit­glie­der der Kom­mis­si­on wur­den laut IRFA vom Prä­si­den­ten der USA, dem Senats­prä­si­den­ten und dem Spre­cher des Abge­ord­ne­ten­hau­ses ernannt. Wei­te­re Mit­glie­der gehör­ten in bera­ten­der Funk­ti­on an. Die Zusam­men­set­zung sicher­te der Kom­mis­si­on Zugang zu den Ent­schei­dungs­zen­tren der USA und Gehör in den höch­sten Regierungskreisen.

Von Myan­mar bis Vene­zue­la beob­ach­te­te die Kom­mis­si­on für Reli­gi­ons­frei­heit die „gefähr­de­ten“ Staa­ten. Ein Drit­tel der Mensch­heit lebt in Län­dern, in denen die Reli­gi­ons­frei­heit auf schwer­wie­gen­de Wei­se ein­ge­schränkt ist. USCIRF mach­te jüngst immer mehr dar­auf auf­merk­sam, daß Chri­sten welt­weit die am stärk­sten ver­folg­te Reli­gi­ons­ge­mein­schaft sind. Die Rech­te der Chri­sten wer­den laut USCIRF in 130 Staa­ten der Erde ein­ge­schränkt. Die größ­te Grup­pe dar­un­ter bil­den die mos­le­mi­schen Staa­ten. An zwei­ter Stel­len fol­gen die Juden, die in 75 Staa­ten Ein­schrän­kun­gen ihrer Reli­gi­ons­frei­heit erleben.

Im Mai über­gab USCIRF der inter­na­tio­na­len Öffent­lich­keit einen beäng­sti­gen­den und detail­lier­ten Bericht über den Stand der Reli­gi­ons­frei­heit welt­weit. Daß es der letz­te die­ser Berich­te sein soll­te, konn­te zu jenem Zeit­punkt noch nie­mand ahnen. Die Vor­stel­lung des Jah­res­be­richts, der wie ein Ther­mo­me­ter den Gesund­heits­zu­stand des Pla­ne­ten in Sachen Reli­gi­ons­frei­heit foto­gra­fier­te, erreg­te all­jähr­lich die beson­de­re Auf­merk­sam­keit der inter­na­tio­na­len Presse.

Im Jah­res­be­richt 2011 wur­de trotz „ara­bi­schem Früh­ling“ Ägyp­ten in die Liste der Län­der auf­ge­nom­men, die beson­de­ren Anlaß zur Besorg­nis geben (Count­ries of Par­ti­cu­lar Con­cern, CPC). Als CPC-Staa­ten, in denen die Reli­gi­ons­frei­heit syste­ma­tisch ver­letzt wird, sind neben Ägyp­ten ange­führt: Bur­ma, Volks­re­pu­blik Chi­na, Eri­trea, Iran, Irak, Nige­ria, Nord­ko­rea, Paki­stan, Sau­di Ara­bi­en, Sudan, Turk­me­ni­stan, Usbe­ki­stan und Vietnam.

In Paki­stan sitzt seit mehr als einem Jahr die Chri­stin und mehr­fa­che Mut­ter Asia Bibi in der Todes­zel­le. Im Juni 2009 ver­haf­tet, wur­de die mehr­fa­che Mut­ter im Novem­ber 2010 wegen angeb­li­cher Belei­di­gung Moham­meds zum Tode ver­ur­teilt. Weil sie gegen das Urteil Stel­lung bezo­gen, wur­de ein mos­le­mi­scher Pro­vinz­gou­ver­neur und der katho­li­sche Min­der­hei­ten­mi­ni­ster Paki­stans von Isla­mi­sten ermor­det. Asia Bibi wird von 34 Gefäng­nis­wär­tern rund um die Uhr geschützt, weil man ihre Ermor­dung befürch­tet. Auch gegen die Wär­ter wur­den bereits Mord­dro­hun­gen ausgesprochen.

„In Ägyp­ten haben seit dem Vor­jahr die Fäl­le schwer­wie­gen­der Ver­let­zun­gen der Reli­gi­ons­frei­heit durch die Regie­rung oder von ihr tole­riert, dra­ma­tisch zuge­nom­men, ein­schließ­lich der Ermor­dung kop­ti­scher Chri­sten“, so der Vor­sit­zen­de von USCIRF, Leo­nard Leo. Seit Jah­ren deck­te die ägyp­ti­sche Regie­rung eine ver­brei­te­te Dis­kri­mi­nie­rung reli­giö­ser Min­der­hei­ten. Die vom Staat kon­trol­lier­ten Medi­en ver­brei­te­ten kon­ti­nu­ier­lich anti­jü­di­sche Pro­pa­gan­da. Die Dis­kri­mi­nie­rung der Kop­ten zeigt sich deut­lich an der Füh­rungs­ebe­ne des Lan­des , in der kaum Chri­sten anzu­tref­fen sind. „Ledig­lich ein Gou­ver­neur von 28 und einer von 454 Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ten sind Chri­sten, aber kein ein­zi­ger Uni­ver­si­täts­rek­tor oder Dekan einer Fakul­tät und nur ganz weni­ge Rich­ter“, so Leo. Und das in einem Land, in dem die Chri­sten min­de­stens zwölf Pro­zent der Bevöl­ke­rung aus­ma­chen und auf eine Tra­di­ti­on im Land am Nil ver­wei­sen kön­nen, die weit vor das Auf­tre­ten des Islams zurückreicht.

Die USCIRF wur­de gegen jede Form von Ein­schrän­kung der Reli­gi­ons­frei­heit aktiv, unab­hän­gig davon, ob die­se sich gegen Chri­sten, katho­li­sche Prie­ster, pro­te­stan­ti­sche Haus­kir­chen, bud­dhi­sti­sche Mön­che, Mos­lems oder Juden richtete.

Papst Bene­dikt XVI. mach­te bei der jüng­sten Audi­enz für das diplo­ma­ti­sche Korps auf die „zahl­rei­chen“ Situa­tio­nen auf­merk­sam, in denen das Recht auf Reli­gi­ons­frei­heit ver­letzt oder geleug­net wer­de. Der Papst nann­te aus­drück­lich auch jene Staa­ten, „in denen man dem Plu­ra­lis­mus und der Tole­ranz beson­de­re Bedeu­tung zumißt, in denen aber die Reli­gi­on eine zuneh­men­de Aus­gren­zung erfah­re“. Zudem rich­te­te er einen Appell an die Staats­chefs der isla­mi­schen Staa­ten des Nahen und Mitt­le­ren Ostens, damit auch „ihre christ­li­chen Mit­bür­ger in Sicher­heit leben können“.

Der Papst for­der­te die inter­na­tio­na­le Staa­ten­ge­mein­schaft auf, kon­kre­te Maß­nah­men zum Schutz des Men­schen­rechts Reli­gi­ons­frei­heit zu set­zen, denn eine „abstrak­te Pro­kla­ma­ti­on der Reli­gi­ons­frei­heit“ genü­ge nicht. Aus­drück­lich erwähn­te das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt auch die bei­den kom­mu­ni­sti­schen Dik­ta­tu­ren der Volks­re­pu­blik Chi­na und Kubas. „Mei­ne Gedan­ken gehen erneut an die katho­li­sche Gemein­schaft und ihre Hir­ten in Kon­ti­nen­tal­chi­na, die einen Moment der Schwie­rig­keit und der Prü­fung durchleben.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Caleb’s Path

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