Dialog in Oberhausener „Jugendkirche“ – Was bezweckt der „ergebnisoffene Dialogprozeß“ der deutschen Bischöfe? – Teil 2


von Mar­le­ne Frölich

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Am 20. Sep­tem­ber 2011 fand in der Ober­hau­se­ner „Jugend­kir­che Tabgha“ die städ­ti­sche Auf­takt­ver­an­stal­tung zum Dia­log­pro­zess statt.

Die Wän­de die­ser Kir­che zier­ten gro­ße, bun­te und wir­re Graf­fi­tis, auch über dem Altar­raum hin­gen zwei. Sie soll­ten die 10 Gebo­te dar­stel­len. In der Kir­che gab es weder Bän­ke noch Knie­bän­ke, son­dern nur Stüh­le, die um ein in der Mit­te zer­teil­tes Kreuz her­um im Kreis auf­ge­stellt waren. Von die­sem Kreuz aus führ­ten Wäsche­lei­nen zu den Wän­den, an denen bun­te Wäsche­klam­mern hin­gen. Das Aller­hei­lig­ste befand sich in einem mit Tep­pi­chen, bun­ten Tüchern und Kis­sen aus­ge­leg­ten Neben­raum, der optisch an eine bud­dhi­stisch ange­hauch­te „Well­ness-Oase“ erinnerte.

Vor Beginn der von ca. 200 Teil­neh­mern besuch­ten Ver­an­stal­tung wur­den Fly­er aus­ge­teilt, die zu einem „Impuls zum Dia­log­pro­zess der Katho­li­schen Kir­che in Ober­hau­sen“ von Prof. Nor­bert Met­te ein­lu­den. Nor­bert Met­te ist ein 65-jäh­ri­ger Reli­gi­ons­päd­ago­ge und Unter­zeich­ner des soge­nann­ten Theo­lo­gen­me­mo­ran­dums „Memo­ran­dum 2011: Ein not­wen­di­ger Auf­bruch“, der bereits 2006 aus­drück­lich zum offe­nen Unge­hor­sam gegen­über Kar­di­nal Meis­ner auf­ge­ru­fen hatte.

Durch den Abend führ­te der Sozi­al­päd­ago­ge und Ver­ant­wort­li­che der „jugend­pa­sto­ra­len Fort­bil­dung“ des bischöf­li­chen Jugend­am­tes, Rolf Preiss-Kirtz. Er mode­rier­te jedoch nur und nahm weder Stel­lung noch ver­trat er die Posi­tio­nen der Kir­che. Auch zu den mehr­fa­chen Anwür­fen gegen Bischof Over­beck schwieg er.

In einer ersten Run­de soll­ten alle Teil­neh­mer Kar­ten aus­fül­len mit der Ant­wort auf die Fra­gen „Was bringt Sie in Auf­ruhr?“ und „Was ist Ihnen beson­ders wich­tig?“ Preiss-Kirtz ver­si­cher­te, dass alle Kar­ten Ein­gang in die Dis­kus­si­on fän­den, dass aber aus­sor­tiert wür­de, was auf Bis­tums­ebe­ne kom­me und was „bes­ser vor Ort zu klä­ren“ sei.

In der zwei­ten Run­de fan­den sich die Teil­neh­mer in klei­nen Stuhl­krei­sen á 10 Per­so­nen zusam­men und ver­such­ten den vor­ge­ge­be­nen Satz zu ver­voll­stän­di­gen: „Kir­che im Bis­tum Essen hat Zukunft, wenn …“ Es gab Grup­pen, die sich nicht ein­mal auf die Ver­voll­stän­di­gung „… wenn sie katho­lisch bleibt“ eini­gen konnten.

In ver­schie­de­nen Grup­pen kam es zu hit­zi­gen Dis­kus­sio­nen, etwa über die Aner­ken­nung der Sün­de geleb­ter Homo­se­xua­li­tät, über die man­geln­de Anbe­tung und Ehr­furcht vor Jesus Chri­stus im Aller­hei­lig­sten Sakra­ment und über den Glau­bens­ver­lust als sol­chen. Dabei wur­de deut­lich, dass vie­le teils seit Jahr­zehn­ten enga­gier­te Katho­li­ken über ihren Glau­ben fast nichts wissen.

So wur­de etwa behaup­tet, Jesus habe die Frau­en­or­di­na­ti­on gewünscht und Ehe­bre­che­rin­nen nicht zur Umkehr auf­ge­ru­fen, die heu­te in Deutsch­land gän­gi­ge Form der Hand­kom­mu­ni­on gehe auf die Urkir­che zurück, Kir­che kön­ne nur als sozia­le Gemein­schaft von Men­schen unter­ein­an­der über­zeu­gen und der Papst sei „nicht zeitgemäß“.

Im Anschluss dar­an wur­de die Zusam­men­fas­sung der ersten Run­de vorgestellt.

Inter­es­san­ter­wei­se waren unter den zwölf Punk­ten, die am häu­fig­sten genannt wur­den, genau jene, die bereits Tage zuvor von der ört­li­chen Pres­se vor­aus­ge­sagt wor­den waren: „Umgang mit Wie­der­ver­hei­ra­te­ten“ (gemeint sind nicht im Stand der hei­lig­ma­chen­den Gna­de befind­li­che Ehe­bre­cher), Sexu­al­mo­ral der Kir­che, Miss­brauch, Prie­ster­man­gel, Betei­li­gung der Frau­en, Kir­chen­aus­tritts­zah­len (über die trotz gegen­tei­li­ger Sta­ti­sti­ken wie­der­holt behaup­tet wur­de, sie sei­en höher als die der evan­ge­li­schen Chri­sten und die Grün­de dafür lägen in der „Unbarm­her­zig­keit“ der Kir­che), „fehlen­de Gesprächs­kul­tur inner­halb der Kir­chen­ge­mein­den“, „der auto­ri­tä­re Umgang mit Per­so­nal und Gläu­bi­gen durchs Bis­tum“ etc.

Auf die Zuwort­mel­dung einer jun­gen Katho­li­kin, die ihr Ent­set­zen dar­über äußer­te, dass weder das Wort „Gott“ noch „Jesus Chri­stus“ auch nur ein ein­zi­ges Mal Ein­gang in die­se Zusam­men­fas­sung gefun­den hat­te, ent­spann sich eine emo­tio­na­le kur­ze Dis­kus­si­on über den wei­te­ren Weg der Kir­che, in deren Ver­lauf sogar dazu auf­ge­ru­fen wur­de „Anti­se­mi­ten, die uns ihre Mund­kom­mu­ni­on auf­zwän­gen wol­len, end­lich aus der Kir­che aus­zu­schlie­ßen!“ und den Mund zu ver­bie­ten, denn „WIR sind Kirche!“

Hin­ter­grund war die For­de­rung eines wei­te­ren jun­gen Katho­li­ken, wah­ren Dia­log mit allen, ergo nicht nur mit „Kir­chen­re­for­mern“, son­dern auch etwa mit der Pius­bru­der­schaft zu füh­ren, wie es der Hei­li­ge Vater tut. Doch die­ses Anlie­gen wur­de als „Ein­zel­mei­nung“ vom Bis­tums­an­ge­stell­ten Preiss-Kirtz abgeschmettert.

Abschlie­ßend bleibt zu sagen, dass die Mehr­heit der in Ober­hau­sen ver­sam­mel­ten Katho­li­ken dem ratio­na­len Argu­ment sowie der histo­ri­schen und theo­lo­gisch-phi­lo­so­phi­schen Aus­ein­an­der­set­zung mit ihrem Glau­ben nicht zugäng­lich war, son­dern  regel­recht „ent­setzt“ und „schockiert“ dar­über, dass jun­ge Gläu­bi­ge ein­fach nur katho­lisch leben wollen.

Auch die Rol­le des Bis­tums Essen inner­halb des Dia­log­pro­zes­ses blieb im Unkla­ren, da sich sein Ver­tre­ter als Mode­ra­tor ohne per­sön­li­chen Bezug zur Sache sah.

Klar wur­de nur eines: Um Gott, um die Suche nach der letzt­lich gül­ti­gen Wahr­heit, geht es bei die­sem Dia­log­pro­zess offen­bar in kein­ster Weise.

Text: Mar­le­ne Frölich
Bild: kir​che​-in​-ober​hau​sen​.com

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