(Islamabad) In der „Französischen Kolonie“ leben mehrere Tausend pakistanische Christen eingeschlossen in einem Ghetto, der grundlegendsten Menschenrechte beraubt, ohne Trinkwasser und ohne hygienische Mindeststandards. Im Ghetto befinden sich mehr als 600 Wellblechhäuser. Oft bestehen sie nur aus einem Zimmer, in dem sieben und mehr Menschen leben. Die „Kolonie“ befindet sich mitten in der Stadt Islamabad, ist aber durch eine Mauer vom Rest der Stadt abgetrennt. Trotz zahlreicher Appelle und Anklagen hat sich im Lauf der Jahre nichts geändert. Nun hat die Masihi Stiftung ein Schulzentrum im christlichen Ghetto eingerichtet, um den Kindern eine Mindestschulbildung zu garantieren.
Die drei Millionen Christen Pakistans sind mit 1,6 Prozent der Gesamtbevölkerung eine kleine Minderheit. Seit leben in einem Zustand der Ausgrenzung und sind Opfer von Gewalt. Seit Beginn der „Islamisierung“ des Landes, die unter der Herrschaft von General Zia-ul-Haq in der zweiten Hälfte der 80er Jahre einsetzte, hat sich die Lage der Christen immer mehr verschlechtert. Der Großteil der Christen stammt aus den ländlichen Gegenden. Wenn sie in die Stadt ziehen, sind sie als Christen gezwungen in Ghettos oder sogenannten „Kolonien“ zu leben. Nicht nur ihr schäbiger Wohnort wird ihn aufgezwungen. Sie dürfen nur bestimmte, niedrige Berufe ergreifen bei der Straßenreinigung und Müllabfuhr oder einfache Pflegedienste im Gesundheitswesen. Wie die Kastenlosen in Indien werden sie von den Moslems als „Unberührbare“ betrachtet.
Eines der verschiedenen christlichen Ghettos in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad ist das „Französische Viertel“. Der Name stammt noch von der ehemaligen französischen Botschaft, die sich einmal in diesem Stadtteil befand. In die „Kolonie“ gelangt man nur durch ein Haupttor oder vier kleinere Nebentore. Letztere werden aber kaum geöffnet. Der Bau der Mauer wird damit begründet, wie Muhammad Saddique, ein Moslem der Gegend sagt, daß die „Reichen und Noblen“ nicht das „christliche Ghetto“ sehen müssen. Nach einer entsprechenden Aufforderung an die Behörden, wurde die Mauer errichtet. Seither sind die christlichen Bewohner gezwungen, das Ghetto ausschließlich durch das überwachte Haupttor zu betreten und zu verlassen.
Yaqoob Masih, ein Christ der „Französischen Kolonie“ macht das Entwicklungsamt der Stadt für die prekären Zustände verantwortlich. „Sie haben uns sogar die Grundrechte genommen, darunter auch das Trinkwasser und die Müllabfuhr.“ Das sei „absurd“, so Masih, da „rund 90 Prozent der Bewohner der Kolonie bei der städtischen Müllabfuhr arbeiten“. Das Viertel leide unter „Überfüllung, ohne geklärte Besitzrechte, ohne Grundrechte“, so der Christ. Die Regierung habe mehrfach „Versprechungen“ gemacht und sie „ebenso schnell wieder vergessen“. Geblieben seien die „unmenschlichen Lebensbedingungen“ für die Christen der pakistanischen Hauptstadt.
Inmitten der menschenunwürdigen Situation gibt es aber auch in der „Französischen Kolonie“ positive Signale. Die Masihi Stiftung, eine pakistanische Hilfsorganisation, startete eine Bildungsinitiative im Ghetto für Kinder und Jugendliche. Es handelt um das erste Schulprojekt in einem christlichen Ghetto der pakistanischen Bundeshauptstadt. Die Schüler erhalten die Schulbücher kostenlos, ebenso Schreibmaterial, Schuluniform und Schulunterricht. Weitere Projekte sollen in anderen christlichen Wohngegenden anderer Städte folgen.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews