(New York) Amerikaner armenischer Abstammung, geboren 1928, Studienabschluß 1952 an der Medical School der Universität von Michigan, bekanntgeworden auch durch den Film „You Don’t Know Jack“ von Barry Levinson, in dem er von Al Pacino gespielt wurde, war Jacob Kevorkian genannt „Jack“ für alle nur „Doktor Tod“.
Am 3. Juni 2011 ist er verstorben: wie auch die 129 Kranken, die er in seiner langen, schrecklichen Karriere als Selbstmörder „in den Tod begleitete“, wie er selbst euphemistisch sagte, und wie der 130. Patient, der letzte auf seiner Schwarzen Liste, den er direkt „euthanasierte“ und damit gegen amerikanisches Recht verstieß. Das brachte ihn ins Gefängnis mit einer Verurteilung zu 25 Jahren Haft. Nur für jenen einen Patienten wurde er schuldig befunden und des Mordes „zweiten Grades“ (sprich Totschlag nach deutschem Recht) schuldig befunden. Kevorkian, oft „Todesengel“ genannt, war Zeit seines Lebens ein offener Propagandist für die Euthanasieideologie. Vor allem war er auch ein Propagandist in eigener Sache, für sein tödliches Gewerbe, das er im Staat Michigan praktizierte, einer der wenigen US-Bundesstaaten, dessen Strafgesetzbuch nicht die Höchststrafe für Tötungsdelikte vorsieht.
Sein letzter Mord, der ihm die Verurteilung einbrachte, war gewissermaßen selbstgewollt oder anders ausgedrückt: Teil seiner Propagandastrategie, die er soweit trieb, sich zu verschätzen. Am 22. November 1998 strahlte der Fernsehsender CBS mit Kevorkians Zustimmung ein schockierendes Video aus, das Mister Death selbst hergestellt hatte und auf dem er einem 52jährigen Mann eine tödliche Injektion machte.
Nach neun Jahren Haft wurde er wegen guter Führung entlassen und unterstand noch drei weitere Jahre Bewährungsauflagen. Hauptauflage war, daß er keine Suizidkandidaten mehr bei der Selbsttötung „unterstützen“ dürfe. Schließlich wurde an ihm Leberkrebs diagnostiziert.
Die Todesmaschinen von Mister Death
Kervokian, das „Todesgenie“ entwickelte eine eigene Maschine, die er Thanatron „Todesmaschine“ nannte, die zwei „Kunden“ den Tod injizierte. Anderen verpaßte er eine Gesichtsmaske, die Kohlendioxyd freisetzte, das zwangsläufig zum Tod führte. Diese Methode nannte er Mercitron „Mitleidsmaschine“
Kevorkian betrachtete sich als „Künstler“, er komponierte Jazz, spielte Flöte und Orgel, malte mit Vorliebe Ölbilder. Genie und Wahn liegen zuweilen nahe beieinander, so gebrauchte er für seine Kunstwerke manchmal sein eigenes Blut, so zum Beispiel für jenes Bild, das ein Kind zeigt, das sich von einer menschlichen Leiche im Verwesungszustand ernährt, wie er 1994 der Zeitschrift Vanity Fair erzählte.
1990 „befreite“ er eine an Alzheimer erkrankte Frau, Janet Adkins, von ihrem Leben und wurde wegen Mordes angeklagt. 1991 wurde ihm die Arztzulassung entzogen. Sein eigentliches „Lebenswerk“, wie er sich brüstete, führte ihn dazu, zwischen 1990 und 1998 129 Menschen bei ihrem Selbstmord zu „helfen“. Er hatte dazu eine Lücke im Strafgesetzbuch des Staates Michigan ausgenützt, die den Straftatbestand der Beihilfe zu Selbstmord nicht kennt. So wurde er jeweils freigesprochen.
Die bewußte Verdrehung der Rechtsordnung
Es handelte sich natürlich um eine ideologische Spitzfindigkeit von „Mister Tod“. Im Staat Michigan gab es keine ausdrückliche Bestimmung, weil seit der Staatsgründung niemand in den Sinn gekommen wäre, es für eine „gute Tat“ zu halten, das Leben eines anderen Menschen zu beenden und dazu noch die Medizin zu mißbrauchen. Dies alles natürlich schön verpackt in einem Schwall wohlklingender Worte, Sophismen und Verdrehung von Begriffsbestimmungen.
Es handelte sich also keineswegs um eine Gesetzeslücke, die Koverkian ausnützte, sondern um ein funktionierendes, intaktes Gewissen eines Volkes, das diesen Staat und seine Rechtsordnung geschaffen hatte. In dieser Rechtsordnung ist dem positiven Recht ein höheres Recht vorgelagert, das jene Grundsätze beinhaltet, die Grundlage der gesamten Gesetzgebung und Rechtsprechung zu sein haben. Was heute „unverhandelbare Grundsätze“ genannt werden, so Papst Benedikt XVI. ist eben genau dieses höhere Recht. Der Grundsatz, daß keine Unschuldigen getötet werden dürfen ist Grundlage dieser Rechtsordnung und nicht deren Produkt.
„Euthanasieapostel“ war verbissener Propagandist des Relativismus
Kevorkian wußte dies genau. Deshalb war er nicht nur ein „Apostel der Euthanasie“, sondern einer der führenden Vertreter jener Hermeneutik, die eine „dauernde Neuinterpretation“ des amerikanischen Staatsgrundgesetzes fordert und zur verbissensten Hochburg des Relativismus wurde. Dagegen stellt sich jene andere Rechtsschule des „Original Intent“, die von der ursprünglichen Intention der Gründungsväter ausgeht, die die Grundsätze verfaßten, auf denen die amerikanische Rechtsordnung aufbaut.
Deshalb konstruierte Kevorkian, obwohl er sich des Denkfehlers genau bewußt war, einen angeblichen Gegensatz zwischen der Bundesverfassung von 1789 und der Unabhängigkeitserklärung von 1776. Ziel dieser böswilligen Absicht war es, den Menschen zum „Gott über sich selbst“ zu erheben und damit zur Quelle von allem Guten und Schlechten, weshalb jede Entscheidung dieses „Gottmenschen“ nicht hinterfragt werden dürfe und nicht verhandelbar zu sein hätte.
Koverkian wurde zum „Apostel“ eines Prometheusschen Absolutismus, wie er nie existierte und wollte dies auch nach außen sichtbar machen, indem er den Gerichtssaal mit der Maske von Thomas Jefferson betrat, der die Unabhängigkeitserklärung verfaßt hatte, die Koverkian zerlegte und nach eigenem Belieben uminterpretierte.
Lebensrecht ist unveräußerliches Grundrecht
Mit diesem karnevalesken Auftritt wollte Koverkian die Amerikaner auf jene gefährliche abschüssige Bahn bringen, auf der alle Dokumente „neu zu lesen“ seien, um das „Unausgesprochene zwischen den Zeilen“ zu finden, das erst die eigentliche Intention und sogar ein „impliziertes Recht“ beinhalte.
Nun ist „Mister Death“ selber tot und kann niemanden mehr töten. Der von ihm verbogene Thomas Jefferson erinnert die Amerikaner aber weiterhin wörtlich und direkt für jeden lesbar und verständlich, daß alle Menschen gleich geschaffen sind; daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind; daß zu diesen Rechten das Recht auf Leben, auf Freiheit und das Recht nach Glückseligkeit zu streben gehören.
(Bussola Quotidiana/Giuseppe Nardi, Bild: BQ)