Erfüllt die Instruktion Universae Ecclesiae Ihre Erwartungen?
Schon der Titel verdeutlicht: Die Instruktion ist an die Weltkirche gerichtet. Insofern ist eine Mäkelei oder Begeisterung aus der eigenen subjektiven Sicht problematisch. Der Adressat bin nicht ich, der Adressat sind nicht die deutschen Bischöfe oder der deutsche Laienkatholizismus, sondern alle Katholiken weltweit, die von ihrem Recht auf eine lateinische Messe nach dem Missale Johannes’ XXIII. Gebrauch machen wollen. Ihnen soll ein Instrument in die Hand gegeben werden, das dieses Recht stärkt und kodifiziert. Die Erwartungen, die man also billigerweise an die Instruktion stellen kann, werden sich dann erfüllen, wenn eine gedeihliche Praxis in diesem Sinne weltweit Normalität wird; wenn überall die Alte Messe als legitime Ergänzung zur erneuerten Form akzeptiert und geschätzt wird.
Welches sind Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Punkte der Instruktion?
Das factum brutum, das in Deutschland die Bischofskonferenz gerne abstreitet, lautet: „Die Zahl der Gläubigen, die darum bitten, die außerordentliche Form gebrauchen zu können, nimmt zu.“ Es sind wirklich Bitten, keine Anträge – Bitten, derer sich im Zweifelsfall der Ortsbischof persönlich annehmen muß, und zwar „stets“ in der „Gesinnung (mens) des Papstes“. Verbote, Vertröstungen, Ausreden sind in keinem Fall statthaft. In Deutschland wurde bisher die Nachfrage künstlich verknappt, indem man Hürden errichtete, die Rom jetzt abermals beseitigt wissen will. Die Alte Messe ist kein Gnadenakt, sie darf nicht verboten, muß nicht eigens erlaubt werden.
Wichtig scheint mir auch, daß die Priesterseminare für das nötige „Studium der lateinischen Sprache sorgen müssen“ und „die Möglichkeit bieten sollen, die forma extraordinaria des Ritus zu erlernen.“ Ich bin gespannt, welche deutschen Seminare dieses Sollen im Sinne des Papstes in ein Sein verwandeln werden.
Außerdem ist das Verbot von Priesterweihen bedeutsam, die nicht „in den Instituten des geweihten Lebens und in den Gesellschaften des apostolischen Lebens, die der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei unterstehen,“ vorgenommen werden. Die jährlichen Weihen der Priesterbruderschaft des Hl. Pius X. bleiben also unerlaubt.
Schließlich sticht der Hinweis hervor, daß in allen Fragen der Ausführung das Missale von 1962 bindend bleibt; Handkommunion und Meßdienerinnen sind demnach kaum statthaft.
Warum äußerten deutsche Bischöfe Bedenken, die angeblich vom Papst „nicht berücksichtigt“ wurden?
Würde der Papst permanent allen Bedenken deutscher Bischöfe Rechnung tragen, wäre er rasch zum obersten Bedenkenträger, zum Zauderer, Zögerer und Zweifler mutiert und kein Pontifex maximus mehr. Ich vermute, diese „Bedenken“ richten sich auf die Sorge, das eigene Kirchen- und Weltbild werde von höherer Warte relativiert. Wer eben meint, die Aufgipfelung der Kirchengeschichte sei das letzte Konzil und dessen Kern wiederum eine – so bekanntlich nirgends beschlossene – radikale Abkehr von der klassischen Messe, der fühlt sich beim Blick in „Summorum pontificum“ und jetzt „Universae Ecclesiae“ verstimmt, vielleicht auch persönlich gekränkt.
Welche Entwicklung sehen Sie nun im liturgischen Bereich? Wird die katholische Kirche zur bi-rituellen Kirche?
Laut Benedikt XVI. handelt es sich um „zwei Gebrauchsweisen des einen römischen Ritus“: eine wahrhaft salomonische Formulierung. In der Praxis werden die Zu- oder Abneigungen klar verteilt sein. Um persönliche Vorlieben geht es aber gerade nicht. Nun sollte vielmehr endgültig deutlich geworden sein, daß beide Formen absolut gleichberechtigte Wege sind, der „göttlichen Majestät einen würdigen Kult darzubringen“. Echt und wahr wird immer dann Messe gefeiert, wenn diese christozentrische Perspektive gewahrt bleibt, wenn also nicht der Mensch, nicht die Gemeinde, nicht die Form im Zentrum steht, sondern, um mit dem Titel der ersten Enzyklika Johannes Pauls II. zu sprechen, „der Erlöser des Menschen.“
Dr. Alexander Kissler (München) ist Buchautor und Kulturjournalist