(Hong Kong) Schwere Vorwürfe gegen Peking aber auch gegen eine Neuauflage der „Ostpolitik“ des Vatikans erhebt Kardinal Joseph Zen Ze-kiun. Die Kirche in der Volksrepublik China befinde sich wegen der Verfolgung durch das kommunistische Regime in einem „katastrophalen Zustand“. Mitschuld trage jedoch auch ein römisches „Triumvirat“, das den Vatikan ständig nach dem Modell der „Ostpolitik“ von Kardinal Casaroli zu Kompromissen mit dem Regime in Peking dränge, so der Kardinal, der ab 1996 Erzbischof-Koadjutor und von 2002 bis 2009 Erzbischof von Hong Kong war. Das bestehe aus dem Präfekten der Propaganda Fide, Ivan Kardinal Dias (seit 2006), einem seiner Mitarbeiter und Pater Jeroom Heyndrickx aus der Kongregation vom Unbefleckten Herzen Mariens, besser als Scheut-Missionare bekannt. Die „Ostpolitik“ Casarolis sei bereits „falsch“ gewesen und nun versuche man eine „Neuauflage“ dieses „Irrtums“, so ein erboster Kardinal Zen in einer Stellungnahme, die er Asianews zukommen ließ. Er reagiert damit auf Überlegungen von Pater Heyndrickx, die am 16. März 2011 im Ferdinan Verbiest Update veröffentlicht wurden.
Die Haltung des „falschen Kompromisses“ habe mehrere Bischöfe dazu geführt, am 20. November 2010 an der vom Heiligen Stuhl nicht anerkannten Bischofsweihe von Chengde und an der regimetreuen katholischen Versammlung am 9. Dezember 2010 teilzunehmen. Sie handelten damit in offenem Ungehorsam gegenüber Papst Benedikt XVI., der ihnen jegliche Teilnahme untersagt hatte. Daraus sei der Kirche ein großer Schaden entstanden, die in der Volksrepublik China vor allem im Untergrund überlebt. Gerade die Untergrundkatholiken würden durch die neue Ostpolitik verunsichert und seien deren erste Opfer.
Kardinal Zen fordert vom Heiligen Stuhl klare Anweisungen für die Kirche in China, um die Situation eines De-Facto-Schismas durch regimetreue Kreise zu verhindern, wo von Rom anerkannte Bischöfe „begeistert“ dem kommunistischen Regime gehorchen statt dem Papst.
In seinen Überlegungen forderte der Belgier P. Heyndrickx, daß der „Dialog“ mit der chinesischen Regierung fortgesetzt werden müsse, trotz „der Ohrfeige“ für den Papst durch die vom Regime angeordnete Bischofsweihe und die Neuwahl der Führungsspitze der regimetreuen katholischen Organisationen. Man dürfe die Bischöfe, die trotz ausdrücklichem päpstlichen Verbot daran teilnahmen „nicht zu streng beurteilen“ und solle sich nicht von „Mißverständnissen“ mitreißen lassen und „trotz der zahlreichen Verletzungen des Kirchenrechts“ nicht an ihrer „Treue“ zweifeln.
„Wie bereits andere Male sucht Pater Jeroom Heyndrickx unter den Päpsten aus, um dann den einen gegen den anderen auszuspielen. In diesem Fall setzt er Papst Paul VI. Papst Pius XI. entgegen, wonach Paul VI. für den Dialog, Pius XI. hingegen für die Konfrontation gewesen sei.
Ich möchte den guten Pater Heyndrickx daran erinnern, daß Dialog nicht gleich Dialog ist. Eine Sache ist es, wenn der Papst zu allen über das hohe Gut des Dialogs spricht, eine andere wenn der Papst zu jenen spricht, die brutal seine Kinder umbringen.
Unsere Kirche in China befindet sich heute in einem katastrophalen Zustand gerade weil in den letzten Jahren jemand blindlings und verbohrt gegen die Vorgaben Papst Benedikts XVI., wie er sie im Brief an die chinesischen Katholiken 2007 darlegte und gegen die Meinung einer großen Mehrheit der China-Kommission des Heiligen Stuhls, die der Papst berief, um der Kirche in China zu helfen, eine Neuauflage jener gescheiterten Ostpolitik von Kardinal Casaroli vorantrieb, die Papst Johannes Paul II. nach seiner Wahl sofort abstellte.
Dialog und Kompromiß sind sicher notwendig. Dabei gilt es jedoch einen Grundsatz zu befolgen. Wir können nicht auf unseren Glauben und unsere kirchliche Ordnung verzichten oder Abstriche daran machen, nur um dem Regime in Peking zu gefallen.
2007 entschied Papst Benedikt XVI., daß der Zeitpunkt gekommen war, Klarheit zu schaffen. Und die China-Kommission des Vatikans kam zum Schluß, daß das Maximum an Kompromissen ausgeschöpft war und man diese Linie stoppen müsse. Doch das Triumvirat bestehend aus dem Präfekten der Propaganda Fide, eines Mitarbeiters und Pater Heyndrickx meinen es besser zu wissen als wir alle.
Unsere offiziellen Bischöfe brauchen Unterstützung und Halt, damit sie nicht vor dem Druck der Regierung einknicken, und nicht “Verständnis“ dafür, wenn sie einknicken. Wir müssen sie vor der Gefahr bewahren, durch das Regime versklavt zu werden, und sie nicht noch in diese Versklavung hineinbegleiten.“
(Asianews/Giuseppe Nardi, Bild: Asianews)