(Asmara) Zu den Ländern, in denen Christen gefährlich leben, gehört Eritrea. Human Rights Watch bezeichnete das Land am Horn von Afrika als „riesiges Gefängnis“ mit zahlreichen Militärgefängnissen. Andere internationale Quellen sprechen von mindestens 30 solcher Gefängnisse. Das Land am Roten Meer ist vor allem für Christen ein „riesiges Gefängnis“.
Die katholische Hilfsorganisation Kirche in Not dokumentierte in den vergangenen zwei Jahren allein 13 Fälle von Christen, die in den Gefängnissen des Landes ums Leben kamen. Der jüngste Fall ist jener von Senait Oqbazgi Habta, einer 28jährigen Studentin. Auch sie starb in einem eritreischen Gefängnis. Sie war gemeinsam mit 15 anderen Studenten der Universität von Mai-Nehfi verhaftet worden, weil sie gemeinsam die Bibel lasen.
Die Christen wurden unmenschlichen Haftbedingungen unterworfen. Sie wurden in Containern eingesperrt und so der Hitze des Tages und der Kälte der Nacht ausgesetzt ohne Wasser, Toilette und medizinische Versorgung. Die an Malaria erkrankte Studentin weigerte sich, ein Dokument zu unterschreiben, mit dem sie ihrem christlichen Glauben abschwören sollte. Die Unterschrift wurde zur Voraussetzung für die notwendige ärztliche Versorgung gemacht. Senait Oqbazgi Habta starb unter menschenunwürdigen Haftbedingungen ohne jede Hilfe, weil sie an ihrem Glauben festhielt.
Im Militärgefängnis von Wi’a starb auch Azib Simon an unbehandelter Malaria. Der 38jährige Christ war nach seiner Verhaftung gefoltert worden. Das gleiche Schicksal erlitt Teklesenbet Gebreab Kiflom (36).
Im Gefängnis von Meiter starben Mogos Hagos Kiflom (37) und Mehari Gebreneguse Asgedom (42) an den Folgen der Mißhandlungen. Im Gefängnis von Mitire starb Yemane Kahasay Andom (43). Auch er war gefoltert und in einer unterirdischen Zelle in Einzelhaft gehalten worden. Obwohl an Malaria erkrankt, wurde ihm jegliche medizinische Versorgung verweigert. Im März 2010 starb der 37 Jahre alte Efrem Habtemichel Hagos in Einzelhaft im Militärlager von Adi-Nefase bei Assab. Todesursache: Malaria und Lungenentzündung. Da er sich weigerte, dem Christentum abzuschwören, wurde ihm jegliche ärztliche Versorgung verweigert. Man ließ ihn als „Ungläubigen“ einfach sterben.
Msgr. Joachim Schrödel, der die deutschen Katholiken im Nahen Osten betreut, sprach jüngst von einer schweren Versorgungskrise, die sich bald zu einer humanitären Krise erweitern könnte. Nach Jahren des Krieges suchte ein Teil der Bevölkerung eine neue Zukunft in den Nachbarstaaten oder durch Menschenschlepper in Europa.
Eritrea wird seit seiner Gründung von einem Ein-Parteiensystem beherrscht. Das Land verfügt weder über eine Verfassung noch über freie Wahlen. Offiziell sind neben dem Islam auch die koptisch-orthodoxe Kirche Eritreas, die katholische Kirche und die evangelisch-lutherische Kirche Eritreas anerkannt. Sie brauchen jedoch für alles eine ausdrückliche Genehmigung durch die Religionsbehörde des Landes. Das gilt nicht nur für das Drucken, Einführen und Verteilen religiöser Schriften, sondern auch für jegliche Form des Gottesdienstes. Das Klima im Land ist christenfeindlich. Die Dorfgemeinschaften während angehalten, den Christen die Nutzung der Friedhöfe für die Beerdigung ihrer Verstorbenen zu verweigern.
Der Staat greift massiv in das religiöse Leben der anerkannten Religionen und Konfessionen ein. Er kontrolliert den Islam und die koptische und evangelische Gemeinschaft durch eine regimetreue Führung. Auch Seminaristen, Priester und Ordensmänner sind offiziell von der Militärdienstpflicht betroffen. Sie erlaubt dem Staat, Einberufene unbefristet einzubehalten, da der Kriegszustand mit dem benachbarten Äthiopien nie aufgehoben wurde. Allerdings konnte die katholische Kirche eine gewisse Sonderregelung erreichen, der einen einjährigen Zivildienst für Kleriker vorsieht. Allerdings werden Seminaristen nach Ablauf des Jahres weiterhin unbefristet festgehalten.
49,2 Prozent der Eritreer sind Moslems, 47,3 Prozent Christen, der Rest gehört anderen Religionen an. Die Katholiken machen mit rund 153.000 Gläubigen vier Prozent der Bevölkerung aus. 1995 legte der Staat fest, daß die Religionsgemeinschaften sich ausschließlich auf die Ausübung des Kultus zu beschränken haben. Vor allem sollten sie keine sozialen Aktivitäten entfalten dürfen, die allein dem Staat vorbehalten waren. Ebenso durften sie keine finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten. Der Widerstand der katholischen Kirche gegen diese Einschränkungen erwirkte einen Teilerfolg.
2007 folgte jedoch ein weiteres Regierungsdekret, mit dem innerhalb von zwei Wochen alle 50 Schulen, 25 Krankenstationen, 60 Kindergärten der katholischen Kirche verstaatlicht werden sollten. Der Widerstand der Kirche wurde fortgesetzt mit dem Ergebnis, daß bis heute „nur“ ein landwirtschaftlicher Betrieb, eine Schule und ein Kindergarten bei Assab beschlagnahmt wurden. Weit schwerer wiegt für die katholische Kirche, daß seit 2007 18 katholische Missionare das Land verlassen mußten, weil die Regierung ihre Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr erneuerte. Seit 2006 erhalten eritreische Staatsbürger keine Ausreiseerlaubnis mehr, um an den päpstlichen Universitäten in Rom zu studieren oder um als Missionare im Ausland zu wirken.
Kirche in Not schätzt die Zahl der Gefangenen aus Glaubensgründen auf 2200. Das amerikanische Außenministerium geht sogar von 3200 Gefangenen aus. Verhaftungen riskieren vor allem Christen von nicht registrierten Gemeinschaften, sobald sich mehr als fünf von ihnen gemeinsam versammeln.
Es werden auch Fälle von Zwangsbekehrungen berichtet, wonach die Polizei Christen nicht anerkannter Gruppen zwinge, in die koptisch-orthodoxe Kirche einzutreten. Erst nach Leistung der entsprechenden Unterschrift, würden die Christen aus dem Gefängnis entlassen. In anderen Fällen mußten die verhafteten Christen zwischen einer der vier anerkannten Religionsgemeinschaften entscheiden, um freigelassen zu werden.
Habtu Ghebre-Ab, Sohn eritreischer Eltern, der an der US-Universität Cincinnati Geschichte unterrichtet, sagte in einer Sendung von Catholic Radio and Television Network (CRTN), daß Eritrea „für Gläubige einer der schlimmsten Orte auf der Welt ist, egal ob sie Moslems oder Christen sind“.
(Bussola quotidiana/Giuseppe Nardi, Bild: BQ)