(Havanna) Eine Reportage des britischen Fernsehens BBC zeigte, daß die Entkriminalisierung der Abtreibung auf Kuba dazu führte, daß die Tötung des ungeborenen Kindes im Mutterleib als eine Methode der Familienplanung verstanden wird. Viele Kubaner betrachten Abtreibung als Form der Empfängnisregelung und Alternative zu Verhütungsmitteln.
Die Häufigkeit mit der Abtreibungen durchgeführt werden, verursachen den kubanischen Frauen ernsthafte Gesundheitsprobleme, so die BBC.
In der am 10. März ausgestrahlten Reportage hieß es: „Für die Mehrheit der kubanischen Frauen ist die Leichtigkeit, mit der Abtreibungen durchgeführt werden, ein Recht, auf das sie nicht verzichten wollen.“ Aber auch der Mißbrauch der Abtreibung liege auf der Hand, so die BBC.
Auf Kuba gibt es kein Abtreibungsgesetz. Seit 1965 sei die Tötung ungeborener Kinder jedoch in der Praxis legalisiert. Bis zur 10. Schwangerschaftswoche bedarf es keiner Angabe eines Grundes, um eine Abtreibung durchführen zu lassen. Sie wird selbstverständlich und ohne Fragen in jedem öffentlichen Krankenhaus kostenlos durchgeführt.
Eine Erhebung des kubanischen Statistikamtes ergab 2009, daß die Kubaner die Abtreibung „als Methode zur Empfängnisverhütung“ benützen, so die BBC-Reportage.
Unfruchtbarkeit durch Abtreibung
Die von BBC dazu befragten Experten erklärten, daß die kubanischen Frauen offensichtlich die Risiken der Abtreibung für ihre eigene Gesundheit nicht kennen. Sogar Miguel Sosa, der Vorsitzende der Kubanischen Gesellschaft für Familienplanung (SOCUDEF), dem kubanischen Ableger der internationalen Abtreibungslobby International Planned Parenthood Federation (IPPF) erklärte gegenüber der BBC mit der hohen Abtreibungsziffer konfrontiert, daß „Kuba Abtreibung für ein Gesundheitsproblem hält“ und er wolle dafür eintreten, „um sie zu reduzieren“. „2009 wurden mehr als die Hälfte aller Fälle von weiblicher Unfruchtbarkeit als Folgewirkung direkt auf eine oder mehrere vorher durchgeführte Abtreibungen zurückgeführt“, gab Soda zu.
Mit den hohen Abtreibungszahlen geht ein starker Alterungsprozeß der kubanischen Bevölkerung einher. Das demographische Wachstum ist bereits seit Jahren negativ.
Yndra Garcia hat neun Abtreibungen durchführen lassen seit ihrem 20. Lebensjahr. Als Grund gibt sie an, beim Gebrauch von Empfängnisverhütungsmitteln „nachlässig gewesen“ zu sein. Heute ist sie 28 Jahre alt und erstmals entschlossen, eine Schwangerschaft auszutragen, weil sie Angst vor weiteren Abtreibungen habe.
Ausmaß der Abtreibung verschleiert
Offiziell wurden 2009 auf Kuba 84.687 Abtreibungen gezählt. Das entspricht der Hälfte der Abtreibungszahlen von 1986. Doch der Schein der Zahlen trügt, wie die BBC in ihrer Reportage aufzeigte. Seit 1989 verschleiert Kuba die wirkliche Zahl der Abtreibungen hinter euphemistischen Angaben wie „menstruale Behandlung“. Darunter fallen alle Fälle, in denen ungeborene Kinder bis zur 6. Schwangerschaftswoche getötet werden. Sie fehlen in der jährlichen Abtreibungsstatistik. Wenn minderjährige Mädchen eine Abtreibung vornehmen lassen wollen, ist auf Kuba keine Zustimmung der Eltern erforderlich.
Abtreibungslogik a là cubana
Die BBC konfrontierte auch das kubanische Gesundheitsministerium mit den hohen Abtreibungszahlen. Die zuständige Beamtin Miriam Grant behauptete, daß die Abtreibung zurückgehen werde, sobald ausreichend alternative Verhütungsmittel zur Verfügung stünden. Die Regierung bemühe sich, verschiedene Methoden zu niedrigen Preisen anzubieten und fördere die Sexualerziehung in den Schulen.
(ACI/Giuseppe Nardi, Bild: ACI)