(Bhopal) Der Narmada Samajik Kumbh, zu dem sich etwa zwei Millionen Hindus am Ufer des Flusses Narmada versammelt hatten, ist gestern mit weiteren verbalen Angriffen gegen Christen zu Ende gegangen. Das Massentreffen im Staat Madhya Pradesh ging von Hindu-Organisationen aus, zu denen auch paramilitärische Hindu-Gruppen gehören. Der bedrohliche Aufmarsch im Bezirk Mandala, der von indigener Stammesbevölkerung bewohnt wird, veranlaßte die dortige christliche Minderheit, die Regierung um Schutz zu bitten.
Mehrere Redner griffen die Christen des Landes an. „Am letzten Tag bezeichnete ein Redner die Christen als Ungeziefer, das ausgemerzt werden muß“, berichtet der katholische Seelsorger von Mandala, Pater George Thomas.
Vor allem die christlichen Missionare und deren Einsatz für die Ärmsten der Armen, in Mandala konkret der indigenen Stammesbevölkerung, waren Ziel der Angriffe beim Kumbh. „Die Christen sind wie Ungeziefer, das sich hinter dem Deckmantel der Arbeit verstecke, in Wirklichkeit aber das Blut der wehrlosen und unschuldigen Menschen saugt. Und dieses Ungeziefer muß getötet werden, sonst saugt es weiter das Blut aus“, so der Bericht von Pater Thomas.
Pater Thomas erklärte gegenüber Asianews auch, daß allerdings mehrere Sadhu (Asketen), vor allem Sadhu Asaramji Babuji öffentlich sowohl den Ton als auch den Inhalt dieser Rede kritisierten. Wenn es Probleme mit den christlichen Missionare gebe, so solle man sie einladen und mit ihnen reden. Es gebe keine Notwendigkeit, die Christen zu beleidigen, so Babuji.
Radikale Hindu-Organisationen hätten versucht, das Treffen auszunützen, so Pater Thomas. Er habe den Eindruck gehabt, daß der größte Teil der anwesenden Hindus als Pilger gekommen seien, um sich im Narmada zu waschen, die beeindruckende Menschenmenge zu sehen und die Festbeleuchtung.
Dennoch zeigt sich der katholische Priester besorgt. Zu viele Redner hätten antichristliche Ressentiments erkennen lassen und die Masse gegen die Christen aufzuhetzen versucht. „Vor allem der Ausdruck ‚Ungeziefer‘ ist äußerst gefährlich „, so Pater Thomas. „In Ruanda bezeichnete man die Tutsi als Ungeziefer, als das Massaker begann.“ Die „Haßbotschaft„der Redner könnte die Arbeit der Christen für die Menschenwürde gefährden.
Hinter den Versuchen, „die Herzen der Menschen gegen die Christen zu vergiften“, stecke laut Pater Thomas der Wille, sich dem Einsatz der Christen für die Stammesbevölkerung des Staates zu widersetzen. Die Stammesbevölkerung würde regelrecht ausgebeutet. Die Regierung stellte beträchtliche Summen zur wirtschaftlichen und infrastrukturellen Förderung der Gegend zur Verfügung. Nicht einmal ein Viertel der Gelder sei jedoch bei den Adressaten angekommen. „Diese blieben ruhig und unterwürfig, weil sie arm und ungebildet sind und über keine Organisation verfügen“, so der Priester.
Die Kirche baue in der Gegend hingegen Schulen und hilft den Einwohnern mit Programmen der Hilfe zur Selbsthilfe durch Genossenschaften, durch Chancen für die Frauen und so weiter. Diese Entwicklung führte dazu, daß sich die Stammesbevölkerung zu organisieren begann und eine eigene Partei gründete, die Gondvana Gantantra Party. „Unser Einsatz für die Würde und die Rechte der Menschen, aber auch für soziale Gerechtigkeit führte auch dazu, daß ein Teil von ihnen, Christus erkannte und sich taufen ließ“, so Pater Thomas.
Die militanten Hindus, wie jene der Rashtriya Swayamsevak Sangh, die Mitorganisatoren des Treffens am Kumbh waren, würden diese Situation als Bedrohung der bisherigen Machtverhältnisse betrachten. Sie unterstreichen, daß die Stammesbevölkerung immer Hindus gewesen seien. „Die Traditionen, die ursprüngliche Sprache, die Sitten beweisen, daß die Stammesbevölkerung keine Hindus sind“, so Pater Thomas. Die Stammesfamilien seinen matriarchalisch organisiert, die Hindufamilien patriarchalisch. Die Stämme sprechen eine dravidische Sprache, die Hindus eine arische Sprache. Die Stammesbevölkerung verbrannte ihre Verstorbenen früher nicht, die Hindus schon. Im Hinduismus galten die Stammesangehörigen als eine Art Untertanenvölker. Und genau so sollte es nach einigen radikalen Hinduorganisationen auch bleiben. Deshalb versucht man mit falschen Behauptungen einen Keil zwischen uns und die Stämme zu treiben.“
Als Beispiel für die Ausbeutung und Erniedrigung der Stämme bezeichnet Pater Thomas das gerade zu Ende gegangene Hindu-Treffen selbst. „Die Menschen von Mandala, vor allem die Stammesbewohner, leben ohne Trinkwasserversorgung, Straßen, Strom. Die Regierung interessiert sich nicht wirklich für diese Menschen. Aber für das Hindu-Treffen stellte die Regierung sofort die Mittel zur Verfügung, um die gesamte Gegend des Treffens mit Strom zu versorgen. Ausreichend Strom, ohne Unterbrechungen. Es wurde eine Menge Geld ausgegeben für das Treffen, um was zu tun? Um den Menschen zu sagen, daß die Christen schlecht seien. Das Treffen fand völlig an den Menschen der Gegend vorbei statt. Alle Lieferanten kamen von auswärts. Das Treffen fand hier statt, das Geld floß anderswo hin.“
Der Bezirk von Mandala ist ein indigener Stammesbezirk. Dies bedeutet nach indischem Recht, daß das Land, das Wasser und die Wälder den Stämmen gehören. „Doch alle Gesetze wurden für das Treffen mißachtet. Man gab der Stammesbevölkerung zu verstehen, daß sie selbst in ihrem eigenen Bezirk nichts zählen“, so Pater Thomas.
(Asianews/Giuseppe Nardi, Bild: Asianews)