(Los Angeles) Die Meldung von den pädophilen amerikanischen Priestern, die den reinigenden Skandal in der katholischen Kirche auslösten, könnte sich zu einem großen Teil als Medienente herausstellen. Mit einem zehnseitigen Schriftstück, das Mitte Dezember offiziell beim Oberlandesgericht des County von Los Angeles hinterlegt wurde, zieht Rechtsanwalt Donald H. Steier die Glaubwürdigkeit zahlreicher behaupteter sexueller Belästigungen von Minderjährigen durch katholische Priester dieser wichtigen kalifornischen Diözese in Zweifel.
Die Nachricht stammt von David F Pierre jr., dem Direktor der katholischen Internetseite TheMediaReport.com und Autor des Buches Double Standard: Abuse Scandals and the Attack on the Catholic Church (CreateSpace, Scotts Valley, California 2010), in dem er das zweierlei Maß anprangerte, das bei den Angriffen gegen die katholische Kirche angelegt werde.
Die von Rechtsanwalt Steier vorgelegte Dokumentation beruht auf mehr als einhundert Ermittlungen, die ein ehemaliger Mitarbeiter des FBI erstellte. Dieser behauptet, daß „ungefähr die HÄLFTE [Großschrift von Steier, Anm. d. Red.] der Anschuldigungen gegen Priester der katholischen Kirche völlig erfunden oder enorm übertrieben“ seien. „Meine Ermittlungen liefern objektive Informationen, die sich nicht mit den Inhalten der subjektiven Anzeigen in Einklang bringen lassen. Mit anderen Worten, in vielen Fällen haben die belegbaren Fakten gezeigt, daß die Anschuldigungen falsch sind.“
Die Nachricht sorgt für großes Aufsehen. Vor allem weil, laut Steier, die Beweise für die Schwindel so offensichtlich seien, daß allen die betrügerische Absicht eines großen Teils der ganzen Angelegenheit klar werden müsse. Doch dem ist nicht so. Für den Journalisten Pierre, der die Entwicklung des Pädophilie-Skandals genau beobachtet und seit Monaten bemüht ist, antikatholische Verleumdungen aufzudecken, die durch die Medien verbreitet werden, ist Steiers Enthüllung gar keine Neuigkeit. Seiner Meinung nach würde oft nur eine kleine Nachfrage genügen, um begründete Zweifel an den behaupteten Anschuldigungen aufkommen zu lassen. Um nicht mißverstanden zu werden unterstreicht auch Pierre, so wie es Seiter ebenso tut, daß keineswegs die Verantwortung von Priestern, die sich schuldig gemacht haben, in irgendeiner Weise verharmlost oder vertuscht werden solle. Es gehe aber darum, auf haltlose antikatholische Angriffe zu antworten und Betrügereien auf Kosten von katholischen Priestern und der katholischen Kirche aufzudecken.
Vincent Carroll von The Denver Post und Autor des Buchs: Christianity on Trial: Arguments Against Anti-Religious Bigotry (Encounter Books, New York 2001) schrieb bereits am 10. Oktober: „Wenn über Skandale geschrieben wird, in die die Kirche verwickelt ist, sind betrügerische oder zumindest höchst zweifelhafte Anschuldigungen viel häufiger als man meint, auch wenn die Sache nicht allzusehr verwundern sollte angesichts der astronomischen Summen, die von verschiedenen Diözesen im Lauf der Jahre bezahlt wurden.“
Anders ausgedrückt: Die Pädophilie ist ein horrendes Verbrechen, erst recht wenn sie Priester betrifft. Sie ist aber „auch eine Henne, die goldene Eier legt“, wie Marco Respinti schrieb, da sich bei diesem Thema, wo sich Sensibilität und Rauheit paaren, eine große Grauzone auftut, „sie sofort von den übelsten Gestalten bevölkert wird“, so Respinti. Die von Steier dem Gericht in Los Angeles vorgelegten Erhebungen scheinen dies umfassend zu bestätigen.
In den von Pierre veröffentlichten Auszügen aus Steiers Dokumentation heißt es: „Einige von mir vertretene, beschuldigte Priester wurden dem Lügendetektortest unterzogen, der von beeideten Gerichtssachverständigen durchgeführt wurde, die auch für das Gericht Los Angeles, den Sheriff und das FBI arbeiten. In vielen Fällen ergab der Test, daß die Unschuldsbeteuerungen meiner Mandanten der Wahrheit entsprechen. In diesen Fällen bot ich an, den Anklägern zu schreiben, um auch sie zu ersuchen, sich demselben Test zu unterziehen. In allen Fällen verweigerten sich die Ankläger einer Überprüfung ihrer Anschuldigungen durch Ermittlungsmethoden, wie sie allgemein von den Geheimdiensten verwendet werden.“
„Es gibt verschiedene Fälle, in denen die geschädigte Partei bezeugte, daß sie sich der sexuellen Mißbräuche erst bewußt wurden, als sie von anderen – teils von Verwandten – von Schadensersatzzahlungen durch die Erzdiözese und anderer katholischer Einrichtungen erfahren hatten.“
„Am Ende zahlreicher Ermittlungen stellte ich fest, daß die Erzählungen einiger Ankläger im Laufe der Zeit erheblich variierten, teilweise Jahre, Orte und sogar die Art des zur Anzeige gebrachten Mißbrauchs veränderten. In jedem dieser Fälle führten die Variationen zu einer Aufblähung der Anschuldigungen gegen meine Mandanten beziehungsweise zu einer drastischen Vergrößerung des erlittenen Schadens.“
„Es gibt auch Hinweise, wonach durch psychologische Methoden falsche Erinnerungen eingepflanzt wurden durch Therapeuten, die als „Berufsverteidiger von sexuellen Mißbrauchsopfern“ bezeichnet werden können, wenn nicht gar als perfekte Scharlatane.“
„Der größte Teil der rund 700 psychiatrischen Bescheinigungen, die in den Verfahren gegen Priester beigebracht wurden, wie es Paragraph 340.1 der Strafprozeßordnung des Staates Kalifornien bei Mißbrauchsfällen zwingend vorschreibt, um eine Anzeige einbringen zu können, wurden von ein und demselben Therapeuten ausgestellt.“
„Harte Worte?“, fragte sich Marco Respinti, um zur Antwort zu gelangen: „Nicht härter als die gegen Priester vorgebrachten Anschuldigungen, die nicht immer – wie es scheint – wahr zu sein scheinen.“ Nun liegt es in der Hand der Gerichte, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Die Massenmedien haben zu einem reinigenden Gewitter beigetragen, wo in der Kirche noch „Nachlässigkeit“ geherrscht haben sollte. Sie haben aber vor allem eine mediale Finsternis erzeugt, die eine antikirchliche Handschrift trägt, wie Papst Benedikt XVI. bei seinem Weihnachtsempfang 2010 für die römische Kurie sagte.
(labussolaquotidiana/Giuseppe Nardi, Bild: TheMediaReport.com)