(Bologna) Todesdrohungen, beleidigende E‑Mails, Beschimpfungen via Fax erreichen derzeit den Erzbischof von Bologna, Carlo Kardinal Caffarra. Am vergangenen Dienstag ging die jüngste Morddrohung ein. Am Sitz der Bologneser Kurie bezeichnet man die Eskalation als „besorgniserregend“.
Alles begann am Dienstag, den 11. Januar mit einem anonymen Telefonanruf an den Polizeinotruf. „Wir werden Kardinal Caffarra umbringen.“ Das waren die Worte, die der diensthabende Polizeibeamte um 19.29 Uhr notierte und die auf der Tonbandaufzeichnung zu hören sind: männliche Stimme, ohne besonderen Akzent, wahrscheinlich zwischen 40 und 45 Jahre alt. Die Polizei konnte die Telefonkabine ausfindig machen, von der aus der Anruf getätigt wurde. Weitere Ermittlungsdetails wurden nicht bekanntgegeben.
Die Sicherheitsorgane prüfen verschiedene Spuren. Die Lokalpresse blickt vor allem auf eine Aussage des Kardinals zum Jahresbeginn. Erzbischof Caffarra erklärte über die Kirchenzeitung, daß die Kirche keinen Kandidaten um das Amt des Bürgermeisters von Bologna unterstützen werde. Bologna ist das prestigeträchtigste Bürgermeisteramt der italienischen Linken. Damit rief der Kardinal einige Diözesanvertreter zur Ordnung, die bei den Vorwahlen der Linken Partei für die „rote Katholikin“ Amelia Frascaroli ergriffen hatten. Das politische Neutralitätsgebot des Kardinals wurde in Teilen der Bologneser Linken als „Schock“ aufgenommen. Die Ermittler prüfen, ob die Morddrohungen mit dieser Stellungnahme zusammenhängen könnten, die in der Stadt heftige Diskussionen auslöste und da die für den 23. Januar festgesetzten Vorwahlen unmittelbar bevorstehen.
Eine weitere Spur könnten die Stellungnahmen des Kardinals zur Homosexualität sein, für die er in Homosexuellenkreisen stark angefeindet wurde. Der Erzbischof von Bologna veröffentlichte zum Thema einen Hirtenbrief, in dem er nicht theologisch oder moralisch, sondern staatsrechtlich gegen die Gleichstellung von homosexuellen Beziehungen mit der Ehe Stellung bezog. Im Jahr 2009 verbot er einem Chor von Homosexuellen in einer Kirche aufzutreten.
Die Staatsanwaltschaft Bologna leitete Ermittlungen wegen schwerer Drohung mit dem erschwerenden Umstand des religiösen Hasses. Die Ermittlungen wurden vom Leitenden Staatsanwalt von Bologna, dem zuständigen Staatsanwalt für Staatsschutz und Terrorismus übertragen. Kardinal Caffarra ist Vorsitzender der Bischofskonferenz der Emilia-Romagna und Mitglied des engeren Rats der italienischen Bischofskonferenz, der für die Beziehungen zum Staat zuständig ist.
Bereits im Dezember 2009 waren telefonisch Drohungen gegen den Kardinal ausgesprochen worden. Die Ermittler prüfen nun eine mögliche Übereinstimmung der Stimmen, um zu verstehen, ob es sich um dieselbe Person handelt.
Allerdings haben die nun ausgesprochenen Drohungen eine andere Qualität. Die Ermittler orten ein größeres Aggressionspotential durch eine radikalere Sprache und eine hohe Intensität erkennbar an den verschiedenen genützten Kommunikationskanälen.
Vertreter aus Politik und öffentlichem Leben sprachen dem Purpurträger ihre Solidarität aus. Der Kardinal selbst läßt durch seinen Pressesprecher die Angelegenheit herunterspielen. Die Polizei hat jedoch die Sicherheitsmaßnahmen für Msgr. Caffarra verschärft.
Der Kardinal gehört zu den höchsten kirchlichen Würdenträgern, die seit der Liturgiereform auch im tridentinischen Ritus, also in der außerordentlichen Form des römischen Ritus zelebrierten.
(Giuseppe Nardi, Bild: La Bussola)