„Euthanasie aus Humanität“ oder Das tödliche Spiel fortschrittlicher Intoleranz


(Rom) Am 22. Novem­ber 2010 lud Fabio Fazio, der neue Medi­en­star der ita­lie­ni­schen Lin­ken, Wil­hel­mi­ne (Mina) Schett und Beppi­no Eng­la­ro in sei­ne neue Sen­dung „Vie­ni via con me“ (Komm mit mir weg) ein, die von RAI 3, dem seit 1987 von der ita­lie­ni­schen Lin­ken kon­trol­lier­ten drit­ten Kanal des öffent­lich-recht­li­chen Fern­se­hens aus­ge­strahlt wird. Eng­la­ro ist der Vater von Elu­a­na Eng­la­ro, Schett die Frau von Pier­gi­or­gio Wel­by. Zwei Fäl­le von Eutha­na­sie, wie jener der Ame­ri­ka­ne­rin Ter­ri Schia­vo. Im fort­schritt­li­chen Jar­gon spricht man von „akti­ver Sterbehilfe“.

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Fazio, der sich im Gegen­satz zu sei­nen poli­tisch ver­bis­sen wir­ken­den lin­ken Kol­le­gen als der sym­pa­thi­sche jun­ge Mann „von neben­an“ prä­sen­tiert, ist Voll­blut­pro­pa­gan­dist. Ent­spre­chend wur­de die Sen­dung, wie beab­sich­tigt, zur Wer­be­sen­dung für Eutha­na­sie nach dem Mot­to: Töten aus Huma­ni­tät. Ein Mot­to, das den meist nicht aus­ge­spro­che­nen Umkehr­schluß beab­sich­tigt: Nicht-Töten sei gegen die Menschlichkeit!

Kampf für den Tod – Fall Eng­la­ro und Fall Welby

Pier­gi­or­gio Wel­by, durch Mus­kel­dys­tro­phie bewe­gungs­un­fä­hig, war auch Poli­ti­ker der Radi­ka­len Par­tei (anti­kle­ri­ka­ler Radi­kal­li­be­ra­lis­mus) und mach­te aus sei­nem indi­vi­du­el­len Lei­den einen poli­ti­schen Kampf für die Lega­li­sie­rung der Eutha­na­sie. 2006 rich­te­te er einen offe­nen Brief an Ita­li­ens Staats­prä­si­den­ten, in dem er ein „Recht auf Eutha­na­sie“ for­der­te. Die katho­li­sche Kir­che nahm ent­schie­den dage­gen Stel­lung und beton­te die Ein­zig­ar­tig­keit und Unver­füg­bar­keit des Lebens und die Unver­letz­lich­keit der Men­schen­wür­de. Am 20. Dezem­ber 2006 zog der betreu­en­de Arzt in Anwe­sen­heit der Füh­rungs­spit­ze der Radi­ka­len Par­tei den Stecker der lebens­er­hal­ten­den Maschi­nen raus, ohne straf­recht­li­che Konsequenzen.
Elu­a­na Eng­la­ro war seit 1992, ihrem 22. Lebens­jahr, durch einen Ver­kehrs­un­fall im Wach­ko­ma. Ihr Vater behaup­te­te, die Toch­ter habe „frü­her ein­mal“ den Wunsch geäu­ßert, in einem sol­chen Fall eutha­na­siert zu wer­den. Die jun­ge Frau wur­de seit 1994 auf­op­fernd von katho­li­schen Ordens­frau­en, den Barm­her­zi­gen Schwe­stern des Hei­li­gen Ger­hard, in Lec­co (Lom­bar­dei) betreut. Die­se wei­ger­ten sich, ihre Pati­en­tin ver­hun­gern zu las­sen. In einem mehr­jäh­ri­gen Rechts­streit fand Beppi­no Eng­la­ro schließ­lich Rich­ter, die das Abschal­ten der lebens­er­hal­ten­den Maschi­nen, an denen sei­ne Toch­ter hing, gestat­te­ten. Der Ober­ste Gerichts­hof Ita­li­ens lehn­te den Ein­spruch der Gene­ral­staats­an­walt­schaft ab. Der Euro­päi­sche Gerichts­hof wies, mit der Begrün­dung, daß sie nicht von Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen stamm­ten, ver­schie­de­ne Ein­ga­ben ab, mit der ein Ver­hun­gern und Ver­dur­sten Elu­a­nas ver­hin­dert wer­den soll­te. Die Ordens­frau­en baten die Fami­lie Eng­la­ro, ihnen das Sor­ge­recht für die Toch­ter abzu­tre­ten. Statt­des­sen ließ der Vater Elu­a­na Eng­la­ro mit Gerichts­be­schluß aus dem katho­li­schen Kran­ken­haus, in dem die Toch­ter 15 Jah­re lang gepflegt wor­den war, ent­fer­nen und in ein staat­li­ches Kran­ken­haus nach Udi­ne (Fri­aul) brin­gen, wo Pri­mar Ama­to De Mon­te bereit war, die Eutha­na­sie durch­zu­füh­ren. Die ita­lie­ni­sche Regie­rung ver­such­te im Eil­ver­fah­ren die Tötung Eng­la­ros zu ver­hin­dern. Vater Eng­la­ro, längst zum „Held des Fort­schritts“ erko­ren, erhielt star­ke Unter­stüt­zung von lin­ken, lai­zi­sti­schen und libe­ra­len Kräf­ten bis hin zu Frei­mau­re­rei. Es begann ein regel­rech­ter Wett­lauf. Die Ver­hin­de­rung von Eng­la­ros Tod wur­de zum „Skan­dal gegen die Mensch­lich­keit“ sti­li­siert. Lebens­schüt­zer, die vor der Kli­nik für das Leben demon­strier­ten, beka­men die „pro­gres­si­ve“ Agres­si­vi­tät zu spü­ren. Soll­te Eng­la­ro nicht ster­ben, sei dies eine „Nie­der­la­ge des Fort­schritts“. Elu­a­na Eng­la­ro ver­dur­ste­te am 9. Febru­ar 2009. Bis zuletzt hat­te sich die katho­li­sche Kir­che gegen die Ermor­dung ein­ge­setzt. In einer Vil­la in der Nähe von Udi­ne wur­de noch am sel­ben Tag der „Sieg für die Eutha­na­sie“ gefeiert.

Lebens­schüt­zer pro­te­stie­ren gegen „ein­sei­ti­ge Euthanasie-Propaganda“

Ita­li­ens Lebens­schüt­zer pro­te­stier­ten gegen die „Pro­pa­gan­da für die Eutha­na­sie und gegen das Leben“. Die Bewe­gung für das Leben for­der­te eine Mög­lich­keit, auf die „ein­sei­ti­ge Dar­stel­lung“ ant­wor­ten zu kön­nen. „Wir wol­len den vie­len Schwer­kran­ken eine Stim­me ver­lei­hen, die leben wol­len und ihren Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen, die sie lie­be­voll und auf­op­fernd pfle­gen“, so der Vor­sit­zen­de der Bewe­gung für das Leben. „Das war eine Sen­dung für den Tod“, sag­te Don Car­lo Piz­zi, der eine Lebens­schutz­grup­pe als geist­li­cher Assi­stent beglei­tet. „Eine Ant­wort müß­te aus nahe­lie­gen­den Grün­den gewährt wer­den, wie ich mei­ne“, erklär­te Kar­di­nal Camil­lo Rui­ni, der frü­he­re Vor­sit­zen­de der ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz. „Auch jenen eine Stim­me zu geben, die den Wert des mensch­li­chen Lebens in all sei­nen Pha­sen von der Zeu­gung bis zum natür­li­che Tod auf­zei­gen wol­len, soll­te nor­mal sein und nicht als ‚Pole­mik‘ oder ‚Streit­punkt‘ her­ab­ge­setzt wer­den. Das ver­langt die Red­lich­keit“, so der Kardinal.

Fazio: Eutha­na­sie Ja – Lebens­schutz „inak­zep­ta­bel“

Die For­de­rung nach einer aus­glei­chen­den Sen­dung für das Leben lehn­te Fazio ent­schie­den ab: „Inak­zep­ta­bel. Lebens­schutz­or­ga­ni­sa­tio­nen kom­men nicht in mei­ne Sen­dung.“ Damit ver­stärk­te Fazio den bereits vor­han­de­nen Ein­druck ein­sei­ti­ger Par­tei­nah­me. Christ­de­mo­kra­ti­sche und bür­ger­li­che Poli­ti­ker pro­te­stier­ten gegen Fazi­os Ableh­nung: „Eine Schan­de“, erklär­te Pierfer­di­nan­do Casi­ni von der Zentrumsunion.

Der Ver­wal­tungs­rat der RAI faß­te einen Beschluß, in dem Fazio im Namen gel­ten­der Fair­ness-Regeln auf­ge­for­dert wur­de, Lebens­schüt­zer sowie Per­so­nen und Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge ein­zu­la­den, die für das Leben eintreten.

„Für mich bleibt die Idee, daß Lebens­schutz­or­ga­ni­sa­tio­nen in mei­ner Sen­dung repli­zie­ren, inak­zep­ta­bel. Damit wür­de ich zuge­ben, daß mei­ne Sen­dung für den Tod war“, lehn­te Fazio erneut unter dem Applaus der Radi­kal­li­be­ra­len ab. „Ich erzäh­le die Geschich­ten von Men­schen“, recht­fer­tig­te Fazio die Ein­la­dung an Mina Wel­by und Beppi­no Eng­la­ro. „Schänd­lich“ sei, so Casi­ni, daß Fazio mit „schö­nen Wor­ten“ sei­ne Ein­sei­tig­keit zu ver­schlei­ern ver­sucht, indem er denen, „die sich für das Leben ein­set­zen das Wort ver­bie­tet und die Kran­ken und Lei­den­den, die nicht getö­tet wer­den wol­len, zum Schwei­gen ver­ur­teilt“, so Casi­ni von der Bewe­gung für das Leben.

Alfre­do Man­to­va­no, Staats­se­kre­tär im Innen­mi­ni­ste­ri­um, star­te­te zugun­sten des Lebens­schut­zes den Appell „Laßt sie spre­chen“, die bereits am zwei­ten Tag von 117 Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ten unter­zeich­net wurde.

„Das Nein der Sen­dungs­ma­cher ist nicht nach­voll­zieh­bar“, ant­wor­te­te Rodol­fo De Lau­ren­ti­is, RAI-Ver­wal­tungs­rat. „Eine so deli­ka­te und zen­tra­le Fra­ge wie das Leben ver­langt eine aus­ge­wo­ge­ne Darstellung.“

(Giu­sep­pe Nar­di, Bild: flickr/​pierecall)

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