(Lahore) Über das weitere Schicksal der zum Tode verurteilten pakistanischen Christin herrscht Stillschweigen. Die Zeiten für ihre Befreiung könnten länger dauern, als zuletzt angenommen. Laut einigen pakistanischen Quellen müsse Asia Bibi zunächst ein Gesuch um Begnadigung beim Obersten Gerichtshof einbringen. Inzwischen traf Kardinal Jean-Louis Tauran in Pakistan ein.
Jamal Yousaf, Sprecher des pakistanischen Innenministers, begründete gegenüber Asianews die Verzögerung bei der Begnadigung damit, daß dem Minister noch kein Gnadengesuch von Asia Bibi vorliege. Das Fehlen mache es Staatspräsident Asif Ali Zardari „unmöglich“, dem internationalen Druck auf Freilassung der pakistanischen Christin zu entsprechen.
Ein Beamter des Innenministeriums, der anonym bleiben wollte, erklärte Asianews, daß sich eine Freilassung der jungen Familienmutter, wie es zuletzt möglich schien, in die Länge ziehen könnte. Der Christin müsse gegen das gegen sie verhängte Todesurteil wegen Blasphemie gegen den Islam den Instanzenweg gehen. Sie habe die Möglichkeit, Einspruch einzulegen. Erst wenn der Instanzenweg ausgeschöpft und das Todesurteil bestätigt worden sei, könne sie ein Gnadengesuch an den Staatspräsidenten richten.
Laut Artikel 45 der pakistanischen Verfassung hat der Staatspräsident die Macht jederzeit jedes Urteil jedweden Gerichts auszusetzen oder umzuwandeln,Verurteilte zu begnadigen oder Strafnachlässe zu gewähren. Eine Ausschöpfung des Instanzenweges sei daher nicht notwendig, wie Asianews berichtet. Beobachter sehen hinter der Verzögerung Widerstände bestimmter islamischer Kreise, die eine Aufweichung des Anti-Blasphemiegesetzes fürchten.
Safdar Shaheen Pirzarda, Rechtsberater der Präsidialkanzlei, erklärte: „Der Präsident kann eine Person begnadigen, die den Staat beleidigt hat. Der Präsident hat aber nicht die Macht, eine Begnadigung auszusprechen, wenn eine Beleidigung gegen die Religion, den Propheten Mohamed oder Allah begangen wurde.“
Inzwischen traf Kardinal Jean-Louis Tauran, Präsident des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog in Pakistan ein. In den kommenden drei Tagen wird der Kardinal zu zahlreichen Gesprächen mit der katholischen Gemeinschaft zusammentreffen und an einer interreligiösen Tagung teilnehmen. Heute traf er bereits mit mehreren Staatsvertretern zusammen darunter mit Shahbaz Bhatti, dem Minister für die religiösen Minderheiten, und anschließend mit Staatspräsident Asif Ali Zardari. Zentraler Punkt der Aussprache war der Fall der Christin Asia Bibi. Der Kardinal überbrachte dem Präsidenten die Botschaft Papst Benedikts XVI. mit der Aufforderung, die Mutter freizulassen.
Pakistanischen Quellen zufolge mußten inzwischen Asia Bibis Ehemann Ashiq Masih und ihre Kinder, ihr Haus im Bezirk Sheikupura aus Angst vor islamistischen Angriffenverlassen. Sie flüchteten sich an einen geheimen Orte. „Wir haben Angst. Wir erhielten zahlreiche Morddrohungen vor allem von islamischen Religionsführern. Vor unserem Haus fanden schon Proteste statt“, habe Masih aus dem geheimen Aufenthaltsort mitteilen lassen.
(Asianews/Giuseppe Nardi, Bild: Asianews)